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60/02 Arbeitnehmerschutz;Norm
AÜG §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Stephan Duschel, Rechtsanwalt in 1220 Wien, St. Wendelinplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. September 2001, GZ: UVS-07/A/37/6245/2000/28, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien:
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Bundesminister für Finanzen) zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 7. Juni 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der S Immobilien GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit näher angegebenem Sitz in W zwei namentlich näher bezeichnete Ausländer mit der "Staatsangehörigkeit Restjugoslawien" zur Durchführung von Maurer(hilfs)arbeiten vom 4. November 1998 bis 5. November 1998 in näher angeführten Räumlichkeiten in W beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigenbestätigung oder eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Wegen dieser beiden Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 AuslBG wurde der Beschwerdeführer mit Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Wochen) bestraft.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass hinsichtlich beider Ausländer deren Arbeitsstelle und Wohnadressen in der verbalen Tatanlastung zu entfallen haben und auch weder Entsendebewilligungen noch EU-Entsendebestätigungen vorgelegen seien. In der Straffrage wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf je S 12.000,-- (entspricht EUR 872,07) und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je zwei Tage herabgesetzt wurden. Auch der Kostenersatz wurde entsprechend reduziert. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, insbesondere der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 5. April 2001 und Darstellung der wesentlichen Rechtslage führte die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, es werde als erwiesen angenommen, dass die beiden Ausländer am 4. und 5. November 1998 gegen eine Entlohung von S 70,-- pro Stunde, welche von der J.S. GmbH auszubezahlen gewesen wäre, auf einer näher genannten Baustelle in einem Kellerlokal in W Bau(hilfs)arbeiten (Abschlagen von Verputz und Transport des Schuttes) für die S Immobilien GmbH durchgeführt hätten, ohne dass hiefür die erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen vorgelegen wären. Das gegenständliche Souterrainlokal sei zum Tatzeitpunkt unbestrittener Maßen im Eigentum der S Immobilien GmbH gestanden und es sei unstrittig, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der S Immobilien GmbH gewesen sei und somit dieses Unternehmen nach außen zu vertreten gehabt habe.
Die beiden Ausländer seien von Kontrollorganen des Arbeitsmarktservice bei Bauarbeiten angetroffen worden und hätten angegeben, für den Bruder des Beschwerdeführers, Christian S., für einen Stundenlohn von S 70,-- zu arbeiten, sie hätten dies bereits zwei Tage getan. Die Ausländer hätten die Kontrollorgane zu den Büros der Unternehmen des Beschwerdeführers und seines Bruders, der S Immobilien GmbH und der J.S. GmbH geführt, dort sei ihnen erklärt worden, dass eine Ausbezahlung von Entgelt nicht möglich sei, solange der Bruder des Beschwerdeführers, Christian S. nicht zurückgekehrt sei.
Es sei als erwiesen anzusehen, dass die Ausländer ohne die erforderlichen ausländerbeschäftigungsrechtlichen Papiere von der J.S. GmbH beschäftigt worden seien. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, seines Bruders sowie eines der beiden Ausländer sowie des Arbeitnehmers der J.S. GmbH, A.S., sei hingegen unglaubwürdig, dass es sich bei der Tätigkeit der beiden Ausländer um einen Freundschaftsdienst für den A.S. gehandelt habe, der im gegenständlichen Kellerlokal einen Ausländerklub hätte einrichten wollen.
Das gegenständliche Souterrainlokal sei im Eigentum der S Immobilien GmbH gestanden, deren Unternehmensgegenstand die Vermietung und Vergabe von Liegenschaften gewesen sei. Im Rahmen dieses Unternehmens seien auch Renovierungen erfolgt; größere Arbeiten seien an Professionisten vergeben worden, kleinere Arbeiten hätte der Beschwerdeführer selbst vorgenommen. Gelegentlich sei auch die J.S. GmbH herangezogen worden. Erforderliches Material sei jedenfalls über diese eingekauft worden. Christian S., der Geschäftsführer der J.S. GmbH und Bruder des Beschwerdeführers, habe diese Darstellung bestätigt, und habe ausgeführt, dass er gelegentlich Arbeitskräfte gegen Faktura an das Unternehmen seines Bruders überlassen habe; mit dem gegenständlichen Vorhaben hätte er selbst und die von ihm vertretene J.S. GmbH nichts zu tun gehabt; eine Firmenbaustelle in der G.gasse hätte es nicht gegeben.
Das gegenständliche Souterrainlokal stehe im Eigentum der S Immobilien GmbH und die relevanten Arbeiten seien im wirtschaftlichen Interesse der S Immobilien GmbH erfolgt, und zwar mit Arbeitskräften der J.S. GmbH. Das Vorliegen eines Auftrages der S Immobilien GmbH an die J.S. GmbH im vorliegenden Fall sei vom Beschwerdeführer und seinem Bruder verneint, eine gelegentliche Überlassung von Arbeitskräften der J.S. GmbH an die S Immobilien GmbH in anderen Fällen aber zugegeben worden. Daher müsse es sich im gegenständlichen Fall um einen solchen Vorgang gehandelt haben. Dafür habe auch gesprochen, dass die S Immobilien GmbH ausgesprochen wenig Personal, und zwar lediglich den Beschwerdeführer und dessen Ehegattin, gehabt habe; es sei nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer oder seine Ehegattin selbst die gegenständlichen Adaptierungsarbeiten, die nicht A.S. hätten zugerechnet werden können, durchgeführt hätten, sondern dass dafür - allenfalls neben A.S. als Vorarbeiter - eben jene beiden - unbewilligten - Arbeitskräfte der J.S. GmbH herangezogen worden seien, die bei der Kontrolle dort angetroffen worden seien. Es sei somit als erwiesen angenommen worden, dass B.F. und S.N. nach dem AuslBG unbewilligte Arbeitskräfte der J.S. GmbH gewesen seien, die diese für die gegenständlichen Arbeiten im Souterrainlokal G.gasse der S Immobilien GmbH zur Verfügung gestellt habe. Der Beschwerdeführer habe daher als zur Vertretung nach außen Berufener der S Immobilien GmbH zu verantworten, dass sein Unternehmen als Beschäftiger und damit Arbeitgeber im Sinne des AuslBG zwei unbewilligte, von der J.S. GmbH überlassene Arbeitskräfte für die gegenständlichen Arbeiten herangezogen und damit beschäftigt gehabt habe. Er habe weder behauptet noch glaubhaft gemacht, dass ihm die Einhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei. Es sei somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite zumindest in der Form fahrlässigen Verhaltens auszugehen gewesen. Im Hinblick auf den von ATS 10.000,-- bis 60.000,-- reichenden Strafrahmen hätten sich die von der erstinstanzlichen Behörde bemessenen Strafen als zu hoch erwiesen und seien daher spruchgemäß herabzusetzen gewesen. Die Spruchänderung habe der Präzisierung der Tatanlastung gedient.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und beantragte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 i. d.F. BGBl. I Nr. 78/1997, lauten wie folgt:
"§ 2. ...
(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern
die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger
Vorschriften ausgeübt wird,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der
Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
d)
nach den Bestimmungen des § 18 oder
e)
überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.
(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind
...
c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes
...
(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. ...
§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
...
§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,
1. wer
a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und 4c) ausgestellt wurde,
...
bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10 000 S bis zu 60 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20 000 S bis zu 120 000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20 000 S bis zu 120 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40 000 S bis zu 240 000 S;
..."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, lauten:
"§ 3. (1) Überlassung von Arbeitskräften ist die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte.
(2) Überlasser ist, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet.
(3) Beschäftiger ist, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.
(4) Arbeitskräfte sind Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbstständig sind.
§ 4. (1) Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
..."
Die belangte Behörde geht davon aus, dass die beiden Ausländer von der (von seinem Bruder vertretenen) J.S. GesmbH beschäftigt worden seien, und hält den Beschwerdeführer dafür verantwortlich, dass das von ihm vertretene Unternehmen diese Ausländer als überlassene Arbeitskräfte verwendet habe.
Die belangte Behörde begründet dies damit, "da das Vorliegen eines Auftrages an die J.S. GmbH verneint worden sei, aber eine gelegentliche Überlassung von Arbeitskräften der J.S. GmbH an die S Immobilien GmbH zugegeben worden sei, es sich im gegenständlichen Fall also um einen solchen Vorgang gehandelt haben müsse".
Damit hat die belangte Behörde aber im Rahmen ihrer Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht schlüssig begründet, weshalb im vorliegenden Fall etwa kein Werkvertrag, sondern eine Überlassung von Arbeitskräften vorlag. Für einen Werkvertrag sprach nämlich zum Beispiel, dass das Material vom handelsrechtlichen Geschäftsführer der J.S. GmbH beigestellt worden ist. Die Feststellungen der belangten Behörde reichen für die Annahme der Verwendung überlassener Arbeitskräfte durch das vom Beschwerdeführer vertretene Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG sohin nicht aus. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer und sein Bruder das Vorliegen eines Auftrages von der S Immobilien GmbH an die J.S. GmbH verneint hatten, kann nicht zwingend der Schluss gezogen werden, es müsse eine Überlassung von Arbeitskräften stattgefunden haben. Nähere, für die Verwendung von der J.S. GmbH überlassener Arbeitskräfte sprechende Feststellungen sind dem angefochtenen Bescheid aber nicht zu entnehmen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. Juni 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001090211.X00Im RIS seit
11.08.2004