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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1997;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des N in L, geboren 1974, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 5. Mai 2004, Zl. St-18/04, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 5. Mai 2004 wurde der Beschwerdeführer, laut seinen Behauptungen ein jordanischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Die Bundespolizeidirektion Linz (die Erstbehörde) habe (in ihrem Bescheid vom 5. Jänner 2004) folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer sei am 22. Juni 1999 illegal, unter Umgehung der Grenzkontrolle, nach Österreich eingereist. Über seinen Asylantrag sei mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 13. Jänner 2000 gemäß §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 - AsylG negativ entschieden worden. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 2003 sei die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt worden. Über seinen Asylantrag sei seit 31. Jänner 2000 rechtskräftig negativ entschieden.
Der Beschwerdeführer sei nicht im Besitz eines Reisepasses oder einer fremdenpolizeilichen Bewilligung, die ihn zum Aufenthalt in Österreich berechtigen würde, und halte sich demnach nicht rechtmäßig in Österreich auf. Ihm sei vom Arbeitsmarktservice Linz eine bis 14. April 2004 gültige Arbeitserlaubnis ausgestellt worden. Aus dem inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 22. Juni 1999, also seit ca. 4 1/2 Jahren, könne noch kein so hoher Integrationsgrad abgeleitet werden, dass seine Ausweisung unzulässig wäre. Dass er in Österreich ein Familienleben führte, habe er weder behauptet, noch sei dies aus den Akten ersichtlich. Durch die Ausweisung werde in sein in Österreich geführtes Privatleben eingegriffen.
In seiner Berufung vom 20. Jänner 2004 habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass er einer geregelten Erwerbstätigkeit nachginge und für seinen Unterhalt vollkommen unabhängig sorgen könnte. Er wäre mit einer österreichischen Staatsbürgerin seit längerer Zeit liiert, und es wäre beabsichtigt, in naher Zukunft zu heiraten. Es wäre derzeit jedoch noch nicht möglich, weil ihm wichtige Dokumente fehlen würden. Er würde sich um die Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung gemäß § 19 Abs. 2 Z. 6 FrG bemühen.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde weiter begründend aus, dass sich der Beschwerdeführer seit dem rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens, seit 31. Jänner 2000, insofern rechtswidrig im Bundesgebiet aufhalte, als ihm seit diesem Zeitpunkt weder ein Einreisetitel noch ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass ihm entsprechend einer anderen gesetzlichen Bestimmung ein Aufenthaltsrecht zukäme, fänden sich keine und seien von ihm auch nicht behauptet worden. Er habe lediglich ausgeführt, dass er sich um eine humanitäre Niederlassungsbewilligung bemühen würde. Dies stelle jedoch ein zukünftiges Ereignis dar und sei daher zurzeit noch nicht relevant.
Da bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt die öffentliche Ordnung in hohem Maß gefährde, sei die Ausweisung gemäß § 37 Abs. 1 FrG zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Die öffentliche Ordnung werde schwer wiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begäben, um damit die österreichischen Behörde vor vollendete Tatsachen zu stellen; ebenso, wenn Fremde nach Auslaufen einer Aufenthaltsbewilligung bzw. nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verließen.
Vor diesem Hintergrund habe von der Ermessensbestimmung des § 33 Abs. 1 FrG Gebrauch gemacht werden müssen.
Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer beabsichtige, eine österreichische Staatsbürgerin zu ehelichen, stelle ein zukünftiges Ereignis dar und sei - ebenso wie sein Hinweis auf seinen großen Freundes- und Bekanntenkreis - dementsprechend zu relativieren. Wenngleich er auch einer geregelten Arbeitstätigkeit nachgehe, habe er allein auf Grund des Asylverfahrens nicht damit rechnen dürfen, nach Abschluss desselben weiterhin in Österreich verbleiben zu dürfen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Auf dem Boden der insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist und ihm seit der (rechtskräftigen) negativen Beendigung des über seinen Asylantrag geführten Verfahrens weder ein Einreisetitel noch ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei, begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer illegal in Österreich aufhalte und der Tatbestand des § 33 Abs. 1 (zweiter Halbsatz) FrG erfüllt sei, keinem Einwand.
2.1. Im Licht des § 37 Abs. 1 FrG bringt die Beschwerde vor, dass der vom Beschwerdeführer gegen den negativen Asylbescheid (des unabhängigen Bundesasylsenates) an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde mit hg. Beschluss vom 22. März 2000 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden und ihm daher bis zur Ablehnung seiner Beschwerde mit hg. Beschluss vom 17. September 2003 die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG zugekommen sei, weshalb die Ansicht der belangten Behörde, dass er sich seit ca. viereinhalb Jahren (seit dem 31. Jänner 2000) unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielte, unrichtig sei. Auch habe er nach diesem Ablehnungsbeschluss am 12. November 2003 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen gestellt und sei daher berechtigt, die Entscheidung darüber im Inland abzuwarten. Ferner wäre die Behörde verpflichtet gewesen, die Entscheidung über diesen Antrag abzuwarten und das Ausweisungsverfahren zu unterbrechen. Der Beschwerdeführer sei seit 15. April 2001 in Österreich erwerbstätig, verfüge über eine bis 14. April 2006 gültige Arbeitserlaubnis und unterstütze damit seine ganze Familie in Jordanien, die von ihm abhängig sei. Sein Vater sei hüftoperiert und zuckerkrank, und es bezögen beide (offensichtlich gemeint: die Eltern des Beschwerdeführers) lediglich eine Pension, von der sie nicht leben könnten. Der Beschwerdeführer sei seit zwei Jahren mit einer österreichischen Staatsbürgerin liiert, die er nach Vorliegen der hiefür erforderlichen Dokumente und nach Durchführung ihrer Scheidung zu heiraten beabsichtige, was zu berücksichtigen sei, führe er doch mit seiner Verlobten bereits ein gemeinsames Familienleben. Auch spreche sein großer Freundes- und Bekanntenkreis für das hohe Maß seiner Integration in Österreich.
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
Im Rahmen ihrer Beurteilung gemäß § 37 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde auf den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 22. Juni 1999, seine Beziehungen zu einer österreichischen Staatsbürgerin und seinem Freundes- und Bekanntenkreis und seine Arbeitstätigkeit Bedacht genommen. Die aus dem bisherigen Aufenthalt in Österreich resultierenden Interessen des Beschwerdeführers werden jedoch dadurch erheblich relativiert, dass diese auf einen Aufenthalt zurückzuführen sind, der jedenfalls seit Erlassung des obzitierten hg. Ablehnungsbeschlusses unrechtmäßig war und davor während des Asylverfahrens und des hg. Beschwerdeverfahrens über den negativen Asylbescheid des unabhängigen Bundesasylsenates (vgl. den hg. Beschluss vom 22. März 2000, Zl. AW 2000/20/0067) nur auf Grund eines Asylantrages berechtigt war, der sich als unbegründet herausgestellt hat.
Den genannten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthaltes gegenüber. Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 31. März 2004, Zl. 2004/18/0066, mwN) kommt den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen jedenfalls seit Erlassung des obzitierten hg. Ablehnungsbeschlusses unrechtmäßigen Aufenthalt wesentlich beeinträchtigt.
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass er am 12. November 2003 einen Antrag auf Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung im Sinn des § 19 Abs. 2 Z. 6 FrG gestellt habe, weil er seine in Jordanien lebende Familie unterstützen müsse, die von ihm abhängig sei, und er seit zwei Jahren mit einer österreichischen Staatsbürgerin liiert sei, die er zu heiraten beabsichtigte, sodass die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, die Entscheidung über diesen Antrag abzuwarten, so zeigt er damit keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG auf (vgl. hinsichtlich der Berücksichtigungswürdigkeit aus humanitären Gründen im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2004, Zl. 2003/18/0304, mwN). Schon deshalb ist der Beschwerdehinweis auf eine Antragstellung im Sinn des § 19 Abs. 2 Z. 6 FrG nicht zielführend.
Auch führt der in der Beschwerde behauptete Umstand, dass der Beschwerdeführer mit der österreichischen Staatsbürgerin, die er zu heiraten beabsichtige, zusammenlebe, zu keiner anderen Beurteilung, zumal die bloße Absicht der Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin dem Beschwerdeführer nicht die Stellung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen im Sinn des § 47 Abs. 3 Z. 1 FrG verschaffen kann.
Im Übrigen ist der Beschwerde, soweit sie in Jordanien bestehende persönliche Interessen des Beschwerdeführers in Form der Angewiesenheit der ganzen Familie auf seine finanzielle Hilfe aus Österreich geltend macht, zu erwidern, dass Unterhaltsleistungen, wenngleich allenfalls eingeschränkt, auch aus dem Ausland erbracht werden können.
Die Ansicht der belangten Behörde, die Ausweisung des Beschwerdeführers sei - weil zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten - gemäß § 37 Abs. 1 FrG zulässig, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 1. Juli 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004180142.X00Im RIS seit
04.08.2004Zuletzt aktualisiert am
29.03.2010