RS OGH 1996/6/17 9Bkd3/95, 1Bkd3/09

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 17.06.1996
beobachten
merken

Norm

DSt 1990 §1 Abs1 H
DSt 1990 §3

Rechtssatz

Dem Disziplinarbeschuldigten musste auf Grund seiner Kenntnisse der Bestimmungen der Strafprozessordnung bekannt sein, dass als "Verteidigerpost" nur jene Mitteilungen eines Häftlings anzusehen sind, die er an seinen Verteidiger richtet (AnwBl 1993, 767). Schreiben inhaftierter Klienten an dritte Personen und nicht an ihren Verteidiger sind niemals "Verteidigerpost", auch wenn sich der Inhalt dieser Briefe mit der Verteidigung beziehungsweise mit der Deckung des Honorars des Verteidigers beschäftigt. Das vom Disziplinarbeschuldigten angeführte Motiv seiner Vorgangsweise, nämlich die dringende Regelung der Honorarfrage, macht sein Verschulden nicht geringfügig.

Entscheidungstexte

  • 9 Bkd 3/95
    Entscheidungstext OGH 17.06.1996 9 Bkd 3/95
  • 1 Bkd 3/09
    Entscheidungstext OGH 22.02.2010 1 Bkd 3/09
    Auch; Beisatz: Die gesetzliche Privilegierung des Verkehrs zwischen Rechtsanwalt und Klienten betrifft ausschließlich den Kontakt zwischen diesen beiden Personen. Das Herstellen von Kontakten mit dritten Personen durch Überbringen von Briefen und Mitteilungen, gleich einem Boten, liegt hingegen außerhalb dieser Privilegierung und stellt einen kontrollpflichtigen „Verkehr mit der Außenwelt" im Sinn des § 189 StPO dar. Der Mitbeschuldigte ist Dritter in diesem Sinn, auch wenn er vom selben Anwalt wie der Empfänger der Mitteilung verteidigt wird. (T1); Beisatz: Gemäß § 9 Abs 1 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen. Hiebei hat er selbstverständlich auch die gesetzlichen Vorschriften betreffend die Überwachung des Briefverkehrs eines Untersuchungshäftlings mit der Außenwelt zu beachten. Gegen diese Vorschriften hat der Disziplinarbeschuldigte verstoßen und demnach seine Berufspflichten verletzt. Da sein Fehlverhalten infolge wiederholter Anzeigeerstattung durch die Strafvollzugsbehörde einem größeren Personenkreis bekannt geworden ist, hat er auch Ehre und Ansehen des Rechtsanwaltsstandes beeinträchtigt. (T2)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1996:RS0101379

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten