TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/8 2004/21/0148

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Veröffentlicht am 08.07.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §46;
AVG §58 Abs2 impl;
AVG §58 Abs2;
FrG 1997 §56 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des M, vertreten durch Mag. Sonja Scheed, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Brachelligasse 16, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 25. März 2004, Zl. III-1020075/FrB/04, betreffend Abschiebungsaufschub, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 3. Februar 2004 auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gemäß § 56 Abs. 2 des Fremdengesetzes - FrB, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gegen den Beschwerdeführer sei nach einer Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz ("zuletzt" sei über ihn wegen § 28 Abs. 2 SMG eine unbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt worden) mit rechtskräftigem Bescheid vom 9. Jänner 2003 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot ausgesprochen worden.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er stamme aus Sierra Leone, entspreche nicht den Tatsachen. Schon im Asylverfahren habe er "absolut keine Grundkenntnisse" über den angegebenen Heimatstaat gehabt, seine Angaben zur Reiseroute seien nicht nachvollziehbar gewesen und die von ihm als Ausreisedokument verwendete Identitätskarte habe sich als "Totalfälschung" herausgestellt. Als die Fremdenpolizeibehörde beim Honorarkonsulat von Sierra Leone in Wien die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer beantragt habe und das Konsulat am 14. Oktober 2003 die Abstammung des Beschwerdeführers in einem Telefoninterview zu klären versucht habe, sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer kein Staatsangehöriger von Sierra Leone sei. Der Beschwerdeführer sei bis dato nicht gewillt gewesen, seine richtige Identität preis zu geben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 56 Abs. 2 FrG ist die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unzulässig ist (§ 57) oder aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Beschluss vom 19. November 2003, Zl. 2002/21/0054, unter Bezugnahme auf Vorjudikatur dargelegt, dass eine Abschiebung nur dann aus "tatsächlichen Gründen unmöglich" im Sinn des § 56 Abs. 2 FrG sei, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe nicht auf zumutbare Weise vom Fremden selbst beseitigt werden können. Die Verweigerung des Abschiebungsaufschubes setzt in einem solchen Fall voraus, dass die Fremdenpolizeibehörde auf Grund schlüssiger Beweiswürdigung Feststellungen trifft, die den rechtlichen Schluss zulassen, die Gründe für die tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung können vom Beschwerdeführer selbst jederzeit auf zumutbare Weise beseitigt werden.

Die Beschwerde lässt im vorliegenden Fall unbestritten, dass es sich bei der Identitätskarte des Beschwerdeführers um eine Fälschung gehandelt hat und dass dieser im Asylverfahren Fragen zu seinen Kenntnissen über Sierra Leone nicht beantworten habe können. Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei auf Grund seiner abenteuerlichen Flucht aus dem Heimatstaat, seiner fehlenden Schulausbildung und dem mittlerweile erst verarbeiteten Kulturunterschied nicht in der Lage gewesen, seine Gedanken im Asylverfahren logisch darzulegen, gelingt es der Beschwerde nicht, die Schlüssigkeit der Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen.

Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, Honorarkonsulate seien "üblicherweise" nicht mit Personen aus dem Land, welches sie repräsentieren, besetzt. Erkennbar unter Bezugnahme auf die Angaben des Honorarkonsulates von Sierra Leone in Wien zur Identität des Beschwerdeführers meint dieser, es sei auch "die Frage aufzuwerfen", welches Interesse Sierra Leone an der Heimholung des bereits strafgerichtlich verurteilten Beschwerdeführers habe. "Möglicherweise" verneine dieser Staat die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers auch deshalb, weil der Beschwerdeführer von dort geflohen sei. Die belangte Behörde hätte daher mit kompetenten Honorarkonsulaten des Staates Sierra Leone in anderen europäischen Staaten Kontakt aufnehmen müssen. Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Der Beschwerdeführer bringt keine stichhaltigen Gründe vor, weshalb Auskünfte anderer Honorarkonsulate von Sierra Leone bezüglich seiner Identität zu einem anderen Ergebnis hätten führen können.

Als nicht zielführend erweist sich auch der Einwand, es sei dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen, durch eigene Bemühungen die Ausstellung eines Heimreisedokumentes bei den Behörden von Sierra Leone zu erwirken. Die Beschwerde weist in diesem Zusammenhang auf die eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten des Beschwerdeführers seit seiner Inschubhaftnahme am 20. Jänner 2004 hin. Dem ist aber entgegen zu halten, dass dem Beschwerdeführer spätestens mit der erwähnten Befragung durch das Honorarkonsulat im Oktober 2003 bewusst sein musste, dass die Klärung seiner Identität und die Ausstellung des Heimreisezertifikates von seiner Mithilfe abhängen. Dass der Beschwerdeführer schon vor der Inschubhaftnahme die ihm diesbezüglich zumutbare Unterstützung geleistet hätte, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Entgegen der Beschwerdemeinung handelt es sich gegenständlich somit nicht um einen Fall, in dem die Identität der abzuschiebenden Person "nicht feststellbar" ist (vgl. dazu abermals den bereits zitierten Beschluss, Zl. 2002/21/0054).

Was die in § 56 Abs. 2 FrG genannte Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinn des § 57 FrG betrifft, so vermag die Beschwerde durch ihre bloß allgemeinen Hinweise auf den Bürgerkrieg in Sierra Leone und auf die instabile (humanitäre) Situation in diesem Land das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung von Abschiebungsschutz nicht darzutun. Dass nämlich jeder nach Sierra Leone Abgeschobene eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung zu befürchten hätte, wird in der Beschwerde nicht dargetan.

Da somit bereits das Beschwerdevorbringen zeigt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 8. Juli 2004

Schlagworte

Begründung von Ermessensentscheidungen Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Allgemein Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Beweismittel Auskünfte Bestätigungen Stellungnahmen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004210148.X00

Im RIS seit

09.08.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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