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L66454 Landw Siedlungswesen Oberösterreich;Norm
FlVfGG §1 Abs1 idF 1967/078;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde 1.) des Gerhard E in P und 2.) des Franz W in S, beide vertreten durch Dr. Johann Wolfgang Hochleitner, Rechtsanwalt in 4070 Eferding, Kirchenplatz 8, gegen den Bescheid des Landesagrarsenats beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. September 2003, Zl. Agrar(Bod)-100284/4-2003, betreffend Anerkennung eines Kaufvertrags als Flurbereinigungsmaßnahme, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer ist Eigentümer des landwirtschaftlichen Betriebs in U 17, P, mit einer Gesamtfläche von 28,38 ha. Weiters bewirtschaftet er Pachtflächen im Ausmaß von ca. 12 ha.
Mit Kaufvertrag vom 22. April 2002 erwarb der Erstbeschwerdeführer vom Zweitbeschwerdeführer mit Ausnahme eines Waldgrundstücks die Liegenschaft A 11, S, mit einer Fläche von insgesamt 17,6 ha. Die Entfernung zwischen den Zukaufsflächen und den Altflächen beträgt ca. 8 km.
Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2002 beantragten die Beschwerdeführer bei der Agrarbezirksbehörde (ABB) die Anerkennung des Kaufvertrages vom 22. April 2002 als Flurbereinigungsvertrag. In der Begründung des Antrags wird ausgeführt, dass der Erwerberbetrieb (des Erstbeschwerdeführers) jährlich einen Aufwand im Hinblick auf Futterzukauf in der Größenordnung von etwa EUR 5.800,-- bis 7.200,-- für Gerste (für Zucht und Mast) zu bewerkstelligen und aufzuwenden habe. Durch den gegenständlichen Erwerbsvorgang werde daher insofern ein Strukturmangel beseitigt, indem Zukaufsobliegenheiten deutlich reduziert werden könnten, sodass die vom Erwerberbetrieb erzielten Deckungsbeiträge erhöht werden könnten.
Unter Verweis auf eine dem Antrag angeschlossene Stellungnahme der Bezirksbauernkammer E dürfe nochmals hervorgehoben werden, dass durch den gegenständlichen Erwerbsvorgang im Hinblick auf die Großvieheinheiten auch förderungsfeindliche Strukturen beseitigt würden, womit im Ergebnis abermals nicht nur das landwirtschaftliche Einkommen des Erwerberbetriebs strukturell gesichert werden könne, sondern darüber hinaus auch Eigenkapitalbildungen ermöglicht werden könnten, die abermals geeignet seien - auch in Zeiten instabiler Marktsituationen - die Lebensfähigkeit des landwirtschaftlichen Betriebs des Erstbeschwerdeführers im Vollerwerb zu sichern. Letztlich beseitige der gegenständliche Grunderwerb eine unwirtschaftliche Betriebsgröße, sodass bei der nach Erwerb zugrunde liegenden Flächensituation die Bewirtschaftungsverhältnisse nachhaltig und deutlich verbessert wären.
In der Stellungnahme der Bezirksbauernkammer E wird ausgeführt, dass der Betrieb des Erstbeschwerdeführers aus einer erfolgreichen Ferkelproduktion mit anschließender Mast und parallel dazu einer F1-Jungsauenproduktion bestehe. In den letzten Jahren habe sich der Betrieb des Erstbeschwerdeführers ein zweites finanzielles Standbein aufgebaut, nämlich die Kompostierung von biogenen Abfällen. Die Kompostiermenge im Jahr 2001 betrage
5.600 m3, was einer Fertigkompostmenge von 1.440 m3 entspreche. Durchgeführte Einkommensberechnungen unter Zuhilfenahme der Standarddeckungsbeiträge ließen erkennen, dass der Betrieb mit der derzeitigen Eigenflächenausstattung und Betriebsorganisation auf Dauer nicht als Vollerwerbsbetrieb geführt werden könne. Es bestehe die Gefahr, dass die Tierhaltung im derzeitigen Umfang nicht aufrecht erhalten werden könne, die weitere Ausweitung der Kompostierung sei unter den gegebenen Umständen nicht möglich. Ein Vollerwerbsbetrieb müsse, um der Besitzerfamilie ein ausreichendes Einkommen zu gewährleisten, den Verbrauch der Familie decken und zusätzlich eine Eigenkapitalbildung ermöglichen. Ein Zieleinkommen von ca. EUR 40.000,-- pro Jahr sei bei den vorhandenen Eigenflächen nur durch die entsprechende Tierhaltung bzw. die Kompostierung zu gewährleisten. In der derzeitigen Situation sei der Betrieb des Erstbeschwerdeführers allerdings durch die geringe Eigenflächenausstattung in seiner Entwicklung begrenzt und von den derzeitigen Pachtflächen extrem abhängig. Die Eigenflächenaufstockung durch den beabsichtigten Grundkauf sichere also die Existenz des Betriebs, weshalb die Grundaufstockung befürwortet werde, da durch sie die Basis für die Erhaltung eines Vollerwerbsbetriebs geschaffen und ein wesentlicher Agrarstrukturmangel, nämlich Flächenknappheit, beseitigt werde.
Die ABB holte im Ermittlungsverfahren eine fachliche Stellungnahme ihres landwirtschaftlichen Amtssachverständigen ein. Darin heißt es zusammengefasst, dass der Zukauf betriebswirtschaftlich vorteilhaft sei, eine bessere flächenmäßige Gestaltung (Arrondierung) und somit eine rationellere Bewirtschaftungsmöglichkeit des Altbestandes wie auch des Kaufobjektes ginge damit nicht einher.
Mit Bescheid der ABB vom 6. Februar 2003 wurde der Antrag der Beschwerdeführer gemäß §§ 1, 28 und 30 des Oberösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes LGBl. Nr. 73/1979 (OÖ FLG 1979) abgewiesen.
Die Abweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass mit dem Erwerbsvorgang keine Maßnahmen der Bodenreform oder eine Verbesserung der Erschließung der Grundstücke einher ginge. Die Erhebungen hätten ergeben, dass das Kaufobjekt einige Kilometer vom Betrieb des Erstbeschwerdeführers entfernt läge und somit an die Stammliegenschaft nicht angrenze. Ein räumliches Naheverhältnis zu Grundstücken, die bereits vom Käufer bewirtschaftet würden, sei nicht gegeben. Bei diesem Kauf handle es sich um eine Aufstockung, die das Familieneinkommen des Käufers sichere und im Sinn des OÖ LSG 1970 zu beurteilen sei.
Um die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im Sinne des OÖ FLG 1979 zu verbessern, wären Maßnahmen der Bodenreform oder eine Verbesserung der Erschließung der Grundstücke Voraussetzung. Da weder Größe, Ausformung oder Erschließung des Kaufobjekts, noch dessen Bewirtschaftbarkeit verändert würden, könne auch von einer Verbesserung der wirtschaftlichen Größe nicht gesprochen werden. Die wirtschaftliche Größe eines landwirtschaftlichen Betriebs sei in jedem Fall individuell zu beurteilen. In Oberösterreich würden ca. 60 % der landwirtschaftlichen Betriebe als Nebenerwerbsbetriebe und ca. 40 % als Vollerwerbsbetriebe geführt. 70 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche werde von Betrieben unter 30 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche bewirtschaftet. Obwohl die geplante Aufstockung als wirtschaftlich beurteilt werden könnte, handle es sich beim derzeitigen Ausmaß von Grund und Boden (28,4 ha Eigengrund, 12 ha Pacht) jedenfalls um eine wirtschaftliche Betriebsgröße des Altbestands.
Die Beschwerdeführer beriefen.
Die belangte Behörde führte unter Teilnahme ihres Vorsitzenden und des agrartechnisch sachkundigen Mitglieds und im Beisein des Erstbeschwerdeführers und dessen Rechtsvertreters eine örtliche Erhebung durch. Im Erhebungsbericht vom 16. Mai 2003 heißt es, dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb U 17 des Käufers (Erstbeschwerdeführers) einschließlich der Pachtflächen im Ausmaß von etwa 12 ha eine Gesamtgröße von ungefähr 40 ha aufweise. Der Betrieb sei zum Großteil arrondiert, die nicht unmittelbar an den Hofkomplex angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Eigentumsflächen befänden sich in einer günstigen Entfernung zur Hofstelle. Der Hofkomplex selbst habe eine Gesamtfläche von 17,7 ha, der kleinste Komplex, gebildet aus dem Grundstück 1082, sei immer noch 1,5 ha groß.
Die Kaufliegenschaft stelle einen vollkommen arrondierten, 17,6 ha großen Komplex dar, welcher nur durch die die Liegenschaft erschließende öffentliche Straße, Grundstück 1106/2, getrennt werde. Der westliche Teil, auf welchem sich die Liegenschaftsgebäude befänden, werde im Westen durch ein Gerinne begrenzt und als Wiese genutzt. Der östliche Teil bestehe aus Ackerflächen, lediglich im südöstlichsten Bereich befänden sich wieder Wiesen- und Waldflächen. Die Entfernung der Kaufliegenschaft von der Stammliegenschaft des Käufers (Erstbeschwerdeführers) betrage etwa 8 km.
Durch eine Flurbereinigung seien Mängel in der Agrarstruktur zu beheben oder zumindest zu mildern, wobei eine besser zu bewirtschaftende flächenmäßige Gestaltung, wie etwa eine Arrondierung von Grundstücken eintreten müsse. Im vorliegenden Fall wiesen sowohl die zur bisherigen Stammliegenschaft des Käufers (Erstbeschwerdeführers) gehörigen Grundstücke als auch die Erwerbsgrundstücke günstige Bewirtschaftungsbedingungen hinsichtlich Ausformung, Flächenausmaß und Erschließung auf. Lediglich das Grundstück Nr. 66, KG L, stelle den 3.364 m2 großen südwestlichen, ungünstig ausgeformten und gesondert zu bewirtschaftenden Ausläufer eines 3,0 ha großen Komplexes der Liegenschaft U 17/18 dar. Dieser leichte Mangel werde aber durch das Kaufgeschäft nicht gemildert.
Da somit sowohl hinsichtlich der Stammliegenschaft des Käufers (Erstbeschwerdeführers) als auch der Erwerbsliegenschaft bereits bisher bestandene agrarstrukturelle, auf die Grundstücke bezogene Mängel nicht gemildert würden und durch das Kaufgeschäft auch keine flächenmäßigen Verbesserungen einträten, lägen die Voraussetzungen für eine Flurbereinigung nicht vor.
Die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Argumente zielten auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Betriebskennzahlen ab. Die Festigung des Bestands der Liegenschaft werde vom Unterfertigenden nicht in Frage gestellt und werde als positiv beurteilt. Sie stelle jedoch ebenso wenig wie die Verringerung eines allfälligen Arbeitsaufwandes bei der Bewirtschaftung oder eine bessere Maschinen- oder Gebäudeauslastung einen Flurbereinigungstatbestand dar. Die Argumente der Beschwerdeführer seien nachvollziehbar und plausibel, die mit dem Kauf erreichte Besitzaufstockung stelle allerdings eine klassische Siedlungsmaßnahme dar, weshalb ein näheres Eingehen auf diese Argumente nicht erforderlich sei.
Die belangte Behörde führte am 11. September 2003 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Erstbeschwerdeführer und sein Rechtsvertreter vertraten dabei den bereits im Verfahren erster Instanz eingenommenen Standpunkt und meinten, es läge ein Agrarstrukturmangel vor, da der Vollerwerb für Schweine- und Ferkelzucht und Kompostierung nur durch Zukauf von Grund gesichert werden könne.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. September 2003 wurde der Berufung der Beschwerdeführer spruchgemäß keine Folge gegeben.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens wird in der Begründung des angefochtenen Bescheids ausgeführt, dass die Flurbereinigung als eine dem Umfang nach beschränkte Form der Zusammenlegung angesehen werden könne, die auf eine neue, bessere Einteilung und Erschließung der Flur abziele. Der durch einen Vertrag (Erwerbsvorgang) herbeigeführte Effekt müsse daher dem Erfolg eines (amtswegigen) Zusammenlegungsverfahrens ähnlich sein (freilich nur in Beziehung auf ein kleines Gebiet), damit die Agrarbehörde einen Grunderwerb als Maßnahme der Bodenreform anerkennen dürfe. Nicht jede Verbesserung der Bewirtschaftungsverhältnisse entspreche den einschlägigen Bestimmungen des OÖ FLG 1979, sondern nur eine solche, die mit einer die Agrarstruktur verbessernden Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes einhergehe.
Entscheidend sei, ob durch ein Rechtsgeschäft die Agrarstrukturen in räumlicher Beziehung (also die Bodenordnung) nachhaltig verbessert werde. Ein enges räumliches Naheverhältnis zwischen Altbesitz und Vertragsobjekt sei hiefür die Grundvoraussetzung. Bloße Besitzaufstockungen und damit einhergehende betriebswirtschaftliche Vorteile, wie etwa eine bessere Auslastung von Maschinen und sonstigen Produktionsmitteln, stellten keine Flurbereinigung dar, und zwar auch dann nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Ziel des § 1 OÖ LSG 1970, nämlich die Schaffung und Erhaltung solcher bäuerlicher Betriebe, deren Erträgnisse allein oder in Verbindung mit einem Nebenerwerb einer bäuerlichen Familie einen angemessenen Lebensunterhalt nachhaltig sicherten, erreicht werde. Allfällige Nachteile auf Seiten des Veräußererbetriebs müssten mit berücksichtigt werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach judiziert habe, sei nicht jeder Zuerwerb eines direkt angrenzenden Grundstücks zwangsläufig als Flurbereinigung zu beurteilen. Weiters sei davon auszugehen, dass ein Mangel der Agrarstruktur im Sinn des § 1 Abs. 2 Z. 1 OÖ FLG 1979 nur dann vorliege, wenn durch ihn die Bewirtschaftung des Altbesitzes behindert werde.
Auch die belangte Behörde vertrete die Auffassung, dass ein Grunderwerb dann einen flurbereinigenden Effekt habe, wenn er sich mit dem Erfolg eines Zusammenlegungsverfahrens vergleichen ließe. Maßgebend hiefür sei vor allem eine bessere flächenmäßige Gestaltung (Arrondierung) der zum Betrieb gehörigen Besitzkomplexe. Auch bei Vorliegen eines an sich aufstockungswürdigen Betriebs bedeute nicht jede Grundaufstockung eine nach dem OÖ FLG 1979 begünstigte Maßnahme. Der Erwerb der Liegenschaft A 11 sei zwar dem Erhebungsbericht zufolge als agrarstrukturverbessernde Besitzaufstockung im Sinne des OÖ LSG 1970 zu beurteilen, nicht aber als eine dem OÖ FLG 1979 entsprechende Neueinteilung und Erschließung. Daher sei auch den in der Berufungsverhandlung vom 11. September 2003 gestellten Beweisanträgen betreffend die zeugenschaftliche Einvernahme des Dipl. Ing. F.S. (zur Einkommensberechnung der derzeitigen Betriebsorganisation des Erstbeschwerdeführers) und des Ing. R.H. (des Verfassers der Stellungnahme der Bezirksbauernkammer E) nicht entsprochen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und stellten einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im 2. Abschnitt mit dem Titel "Flurbereinigung" befindlichen §§ 28 bis 30 OÖ FLG 1979 lauten (auszugsweise):
"Voraussetzungen
(1) An Stelle eines Zusammenlegungsverfahrens kann ein Flurbereinigungsverfahren durchgeführt werden, wenn dadurch
a) im Sinne des § 1 die Besitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse in einem kleineren Gebiet oder bei einer kleineren Anzahl land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe oder lediglich durch einzelne Maßnahmen verbessert oder neu gestaltet werden oder
b) eine zweckmäßige Zwischenlösung bis zur späteren Durchführung eines Zusammenlegungsverfahrens erreicht wird.
(2) Ein Flurbereinigungsverfahren kann weiters durchgeführt werden, um Maßnahmen, die auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften der Bodenreform oder im allgemeinen öffentlichen Interesse getroffen werden, vorzubereiten oder zu unterstützen.
§ 29
Flurbereinigungsverfahren
Im Flurbereinigungsverfahren sind die Bestimmungen über die Zusammenlegung (1. Abschnitt) mit nachstehenden Abänderungen
sinngemäß anzuwenden:
....
§ 30
Flurbereinigungsverträge und -übereinkommen
(1) Dem Flurbereinigungsverfahren sind Verträge, die von den Parteien in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen wurden (Flurbereinigungsverträge), oder Parteienübereinkommen, die von der Agrarbehörde in einer Niederschrift beurkundet wurden (Flurbereinigungsübereinkommen), zugrunde zu legen, wenn die Agrarbehörde mit Bescheid feststellt, daß sie zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich sind. In einem solchen Falle kann von der Erlassung der im Flurbereinigungsverfahren sonst vorgesehenen Bescheide Abstand genommen werden.
(2) Der Bescheid nach Abs. 1 ist nach Rechtskraft dem für die Erhebung der Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt mitzuteilen.
(3) Bescheide nach Abs. 1, die den Bestimmungen des § 1 widersprechen, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler (§ 68 Abs. 4 Z. 4 AVG)."
Die Ziele und Aufgaben eines Flurbereinigungsverfahrens sind in § 1 Abs. 1 und 2 OÖ FLG 1979 (idF LGBl. Nr. 86/2001), auf den in den §§ 28, 29 leg. cit. verwiesen wird, angeführt. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"§ 1
Ziele und Aufgaben der Zusammenlegung
(1) Im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen und umweltverträglichen Landwirtschaft können die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch
1. die Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie
2. die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe
nach zeitgemäßen volkswirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten in einem Zusammenlegungsverfahren verbessert oder neu gestaltet werden.
(2) Zur Erreichung dieser Ziele sind in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht werden durch
1. Mängel der Agrarstruktur (wie zum Beispiel zersplitterter Grundbesitz, ganz oder teilweise eingeschlossene Grundstücke, ungünstige Grundstücksformen, unwirtschaftliche Betriebsgrößen, beengte Orts- oder Hoflage, unzulängliche Verkehrserschließung, ungünstige Geländeformen, ungünstige Wasserverhältnisse, unzureichende naturräumliche Ausstattung) oder
2. Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse (wie z.B. die Errichtung, Änderung oder Auflassung von Eisenbahnen, Straßen und Wegen, Wasserläufen, Wasserversorgungs-, Energieversorgungs- oder Abwasseranlagen, Hochwasser-, Wildbach- oder Lawinenschutzbauten, Schulbauten, Sportplätzen, Friedhöfen)."
Im vorliegenden Beschwerdefall steht fest und blieb von den Beschwerdeführern auch unbestritten, dass mit dem vorliegenden Erwerbsvorgang weder beim Altbestand noch bei den Kaufflächen eine andere flächenmäßige Gestaltung (Arrondierung), Grenzlängengestaltung, eine andere Ausformung oder Enklavenbeseitigung herbeigeführt wurde. Die Flurstruktur des Altbesitzes und der Kaufflächen blieb unverändert. Alt- und Kaufflächen grenzen nicht einmal aneinander, sie sind 8 km voneinander entfernt. Der Neubestand der Grundflächen des landwirtschaftlichen Betriebes auf Käuferseite (Altbestand und Kauffläche) weist nun weit von einander entfernte Besitzkomplexe auf.
Damit gleicht der hier vorliegende Fall in allen entscheidungswesentlichen Punkten demjenigen, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 2003/07/0145, zu Grunde lag. Auch dort blieb die Flurstruktur des Altbesitzes und des Zukaufs unverändert, mit dem (nicht relevanten) Unterschied, dass die Zukaufsflächen 3 km vom Altbestand entfernt lagen. Es wurde in der zugrundliegenden Beschwerde vom selben Rechtsvertreter im Wesentlichen ebenfalls vorgebracht, dass mit dem Zukauf eine unwirtschaftliche Betriebsgröße ausgeglichen werden sollte, womit eine zur Durchführung der Flurbereinigung erforderliche Maßnahme vorgelegen sei.
Wie im zitierten Erkenntnis, auf dessen Entscheidungsgründe nach § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist auch im vorliegenden Fall zu betonen, dass der Zukauf von Grundstücken in einer solchen Entfernung gegebenenfalls zur Beseitigung des Mangels der unzureichenden Betriebsgröße führt, aber gleichzeitig den Effekt eines zersplitterten Grundbesitzes auf Käuferseite mit sich bringt. Im Rahmen eines Zusammenlegungs/Flurbereinigungsverfahrens stünde eine solche Flureinteilung wegen des damit verbundenen Agrarstrukturmangels des zersplitterten Grundbesitzes im Widerspruch mit dem Gesetz. Auch im hier vorliegenden Fall erweist sich der vorliegende Kaufvertrag nicht als "für eine Flurbereinigung erforderlich."
Auch die im hier vorliegenden Beschwerdeverfahren erstatteten Verfahrensrügen führen nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil sie die nicht erfolgte Erhebung rechtlich nicht relevanter Umstände betreffen. Wie im zitierten Beschwerdefall zu 2003/07/0145 ist auch im hier vorliegenden Fall darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Erwerbsvorgang gegebenenfalls in den Anwendungsbereich des OÖ LSG 1970 fallen kann. Aus der Verwirklichung eines Tatbestandes des OÖ LSG 1970 kann aber - ungeachtet der Ähnlichkeit des mit dem Siedlungsrecht verfolgten Zweckes mit den Zielsetzungen der Flurbereinigung - auf das Vorliegen eines zur Flurbereinigung erforderlichen Geschäftes im Sinn des § 30 OÖ FLG 1979 noch nicht zwingend geschlossen werden (vgl. das zum Tir FLG 1996 ergangene hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2000, 97/07/0138). Dazu bräuchte es zusätzlich die im zitierten Erkenntnis näher dargestellten Voraussetzungen.
Eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer durch die Abweisung ihres Antrages lag daher nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung hat der Verwaltungsgerichtshof aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, stammt die angefochtene Entscheidung doch von einem Landesagrarsenat und damit von einem Tribunal im Sinne des Art. 6 MRK, weshalb diese Bestimmung dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegensteht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Mai 2001, 97/07/0191, vom 17. Mai 2001, 2000/07/0259, und vom 20. September 2001, 98/07/0033, mwN).
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 8. Juli 2004
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003070144.X00Im RIS seit
02.08.2004