TE Vwgh Beschluss 2004/7/8 2004/21/0141

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Veröffentlicht am 08.07.2004
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Index

E1E;
E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
E3L E05204020;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
59/04 EU - EWR;

Norm

11997E234 EG Art234;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art8;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art9 Abs1;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art9;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7;
AVG §38;
FrG 1997 §47 Abs2;
FrG 1997 §49 Abs1;
VwGG §62 Abs1;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren: * Vorabentscheidungsantrag des VwGH oder eines anderen Tribunals: 99/21/0018 B 18. März 2003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, in der Beschwerdesache des H, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 31. März 2004, Zl. Fr 205/04, betreffend Erstniederlassungsbewilligung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Vorabentscheidung des in den hg. Beschwerdesachen Zlen. 99/21/0018 und 2002/21/0067 angerufenen Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ausgesetzt.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung abgewiesen. Der Beschwerdeführer sei zwar mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet; gemäß § 49 Abs. 1 in Verbindung mit § 47 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, sei ihm aber keine Niederlassungsbewilligung auszustellen, weil die Ehe des Beschwerdeführers eine "Scheinehe" sei. Der Beschwerdeführer habe sich auf diese Ehe berufen, obwohl er nie beabsichtigt habe, ein gemeinsames Familienleben zu führen.

Mit hg. Beschluss vom 18. März 2003, Zlen. 99/21/0018 und 2002/21/0067 (EU 2003/0001 und 0002), wurden dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften folgende Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG vorgelegt:

1. Sind die Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (RL), dahin auszulegen, dass die Verwaltungsbehörden - ungeachtet des Bestehens eines innerbehördlichen Instanzenzuges - die Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet ohne Erhalt der Stellungnahme einer (in der österreichischen Rechtsordnung nicht vorgesehenen) zuständigen Stelle nach Art. 9 Abs. 1 der RL - außer in dringenden Fällen - dann nicht treffen dürfen, wenn gegen ihre Entscheidung bloß die Erhebung von Beschwerden an Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts mit nachgenannten Einschränkungen zulässig ist: Diesen Beschwerden kommt nicht von vornherein eine aufschiebende Wirkung zu, den Gerichtshöfen ist eine Zweckmäßigkeitsentscheidung verwehrt und sie können den angefochtenen Bescheid nur aufheben; weiters ist der eine Gerichtshof (Verwaltungsgerichtshof) im Bereich der Tatsachenfeststellungen auf eine Schlüssigkeitsprüfung, der andere Gerichtshof (Verfassungsgerichtshof) darüber hinaus auf die Prüfung der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte beschränkt?

2. Sind die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der unter Pkt. 1. genannten RL auf türkische Staatsangehörige anzuwenden, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder Art. 7 des Beschlusses des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) zukommt?

Da einerseits der beschwerdeführenden Partei die Rechte eines begünstigten Drittstaatsangehörigen zukommen und andererseits Art. 8 und 9 der genannten RL nicht nur für die Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet sondern u.a. auch für die Entscheidung, durch die die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verweigert wird, gelten, bildet die erste Frage auch im gegenständlichen Fall eine Vorfrage, die zufolge des Auslegungsmonopols des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in Angelegenheiten des (primären oder sekundären) Gemeinschaftsrechts von einem anderen Gericht zu entscheiden ist.

Da das entsprechende Verfahren zur Einholung einer Vorabentscheidung bereits anhängig ist, liegen die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs. 1 VwGG auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor, sodass mit einer Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens vorgegangen werden konnte (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 27. April 2004, Zl. 2004/21/0090). Wien, am 8. Juli 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004210141.X00

Im RIS seit

17.09.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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