TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/8 2003/21/0129

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Veröffentlicht am 08.07.2004
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36;
FrG 1997 §44;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des Ü, geboren am 25. März 1974, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 14. Februar 2003, Zl. Fr-4250a-146/00, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 23. April 2001 war über den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 und 2 sowie §§ 37 und 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt worden. Den Anlass für dieses Aufenthaltsverbot bildeten vorrangig strafgerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers, insbesondere jene durch das Landesgericht Feldkirch vom 27. Jänner 2000 (in Verbindung mit der dazu ergangenen Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 4. Mai 2000) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten, der zugrunde lag, dass der Beschwerdeführer am 31. Oktober 1999 einerseits einer anderen Person dadurch, dass er dieser ein Messer mit einer 12 cm langen Klinge in die linke Gesäßhälfte gestoßen hatte, eine an sich schwere Verletzung, verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung sowie Berufsunfähigkeit, nämlich eine 12 cm lange und 2 cm breite Stichwunde mit Verletzung der Beckenbodenmuskulatur sowie des linken Harnleiters verbunden mit massivem Blutverlust, absichtlich zugefügt hatte und andererseits eine weitere Person durch die Äußerung, er sei bei der Mafia, "sie kommen schon noch dran", mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht hatte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Eine gegen das Aufenthaltsverbot gerichtete Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war erfolglos geblieben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2002, Zl. 2001/21/0102).

Am 3. Mai 2002 wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen. Seine "Schubhaftbeschwerde" wies der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg ab, die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 2003, Zl. 2003/02/0005, abgelehnt.

Mit Eingabe vom 13. Mai 2002 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des über ihn verhängten unbefristeten Aufenthaltsverbotes. Diesen Antrag begründete er im Wesentlichen damit, dass er Vater eines 1999 geborenen unehelichen Kindes sei. Dieses Kind sei österreichischer Staatsbürger, erhalte von ihm Unterhalt und stehe mit ihm in regelmäßigem Kontakt. Im Beschwerdeverfahren zur Zl. 2001/21/0102 habe dieses Kind wegen des Neuerungsverbotes nicht berücksichtigt werden können, nunmehr sei das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer wegen offenkundiger Rechtswidrigkeit nach § 44 iVm § 48 FrG aufzuheben.

Am 28. Mai 2002 wurde der Beschwerdeführer in die Türkei abgeschoben. Seinen Antrag auf Aufhebung des über ihn verhängten unbefristeten Aufenthaltsverbotes wies die belangte Behörde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 14. Februar 2003 gemäß § 44 FrG ab. Von der Möglichkeit zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes würde auch "zum jetzigen Zeitpunkt Gebrauch gemacht" werden, da der Beschwerdeführer durch das seinen Verurteilungen zugrunde liegende Gesamtfehlverhalten schwer gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen und zum Ausdruck gebracht habe, dass er nicht gewillt sei, sich an diese zu halten. Der Zeitraum eines allfälligen Wohlverhaltens seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei auch unter Berücksichtigung der geänderten familiären Situation nicht geeignet, die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes ausschlaggebende Gefahr als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen. Im Übrigen sei bezüglich der "Änderung" im Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszuführen, dass dieser kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen werden könne, da der Beschwerdeführer weder im Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes noch später in einer familiären Gemeinschaft mit seinem Kind gelebt habe. Seinen Unterhaltsverpflichtungen könne der Beschwerdeführer auch vom Ausland aus nachkommen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 10. Juni 2003, B 561/03-5, ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde in der Folge mit Beschluss vom 22. Juli 2003 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 44 FrG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Ein solcher Antrag kann nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Der Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes dient jedoch nicht dazu, die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, zu bekämpfen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 2001, Zl. 99/21/0341).

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die belangte Behörde seine bedingte Entlassung nach Verbüßung der "Halbstrafe" bei der Zukunftsprognose mit keinem Wort erwähnt habe und dass sie über seine familiären Beziehungen als Vater eines in Österreich geborenen und hier lebenden Kindes - die im Verwaltungsverfahren aufgestellte Behauptung, dieses Kind sei österreichischer Staatsbürger, wird nicht aufrechterhalten - ohne ausreichende Begründung hinweggegangen sei. Diesem Vorbringen ist indes zu erwidern, dass die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe (diese erfolgte nach der Aktenlage am 11. Oktober 2000) bereits bei Verhängung des Aufenthaltsverbotes vom 23. April 2001 zu berücksichtigen war. Die angesprochene familiäre Beziehung wiederum war zwar bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht aktenkundig, das uneheliche Kind des Beschwerdeführers ist aber bereits im Februar 1999 zur Welt gekommen. Im Hinblick darauf handelt es sich auch bei der Vaterschaft des Beschwerdeführers um einen Umstand, der schon vor dem Aufenthaltsverbot bestanden hat, weshalb auch hierin keine im Sinne des Vorgesagten maßgebliche Veränderung der Verhältnisse, die zu einer Aufhebung des Aufenthaltsverbotes führen könnte, zu erblicken ist.

Der Beschwerdeführer vermag auch sonst nicht aufzuzeigen, dass sich seit Verhängung des in Frage stehenden Aufenthaltsverbotes vom 23. April 2001 bis zur Erlassung des hier bekämpften Bescheides, also innerhalb eines Zeitraumes von knapp zwei Jahren, die maßgeblichen Gesichtspunkte zu seinen Gunsten geändert hätten. Soweit er eine Verletzung des Art. 8 EMRK behauptet und weiter moniert, dass eine konkrete spezialpräventive Prognose fehle, greift er in Wahrheit nur das seinerzeit verhängte Aufenthaltsverbot an, ohne konkret eine Änderungstatsache darzutun. Dass sich der Beschwerdeführer seit seiner bedingten Haftentlassung, wie behauptet, weiterhin wohlverhalten habe (wobei bezüglich des der Abschiebung nachfolgenden Zeitraumes naturgemäß auf sein Verhalten in der Türkei abzustellen ist), vermag nicht entscheidungswesentlich ins Gewicht zu fallen, zumal bei Erlassung des bekämpften Bescheides noch nicht einmal die bei der bedingten Entlassung aus der Strafhaft festgesetzte dreijährige Probezeit abgelaufen war.

Nach dem Gesagten kann der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz an die belangte Behörde hatte zu unterbleiben, weil von dieser kein Kostenersatzbegehren gestellt worden war.

Wien, am 8. Juli 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003210129.X00

Im RIS seit

11.08.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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