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L10017 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Tirol;Norm
AVG §10 Abs1 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der Gemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. Simon Brüggl, Rechtsanwalt in 6370 Kitzbühel, Rathausplatz 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 15. April 2004, Zl. BMLFUW-UW.2.1.5/0024-VI/1/2004, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender unstrittiger Sachverhalt:
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 19. Jänner 2004 wurde der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 73 Abs. 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 aufgetragen, binnen 3 Monaten ab Erhalt des Bescheides hinsichtlich der ehemaligen Hausmülldeponie E eine Variantenstudie vorzulegen, beinhaltend eine Gegenüberstellung verschiedener Sicherungs- und Sanierungsvarianten sowie ein umsetzungsfähiges Sicherungs- /Sanierungskonzept.
Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 28. Jänner 2004 zugestellt.
Der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde beauftragte mit Schreiben vom 28. Jänner 2004 den (auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auftretenden) Rechtsvertreter mit der "Prüfung des Sachverhaltes und Bescheides" und erteilte ihm noch vor Ablauf der Berufungsfrist den Auftrag zur Erhebung einer Berufung gegen den Bescheid vom 19. Jänner 2004. Nach den Angaben in der Beschwerde erfolgte diese Beauftragung im Zuge eines Telefonates.
Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2004 erhob die beschwerdeführende Gemeinde, vertreten durch den auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auftretenden Rechtsanwalt, Berufung. In der Berufungsschrift berief sich der einschreitende Rechtsvertreter auf die mündlich erteilte Vollmacht.
Die belangte Behörde erteilte ihm daraufhin mit Schreiben vom 17. März 2004 einen Verbesserungsauftrag unter Hinweis auf das in der Tiroler Gemeindeordnung 2001 im § 55 Abs. 4 enthaltene Schriftlichkeitsgebot; er wurde gemäß § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert, eine allenfalls vorhandene schriftliche Vollmacht vorzulegen, widrigenfalls das Anbringen zurückgewiesen werden würde.
Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2004 wurde eine mit 29. März 2004 datierte Vollmachtsurkunde übermittelt. Diese Vollmacht ist vom Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde sowie von zwei weiteren Gemeindevertretern unterfertigt; sie weist den Zusatz auf, dass ihr der Gemeinderatsbeschluss vom 9. Februar 2002 zugrundeliege.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. April 2004 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurück. Nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 66 Abs. 4, des § 10 Abs. 1 und 2, sowie des § 13 Abs. 3 AVG zitierte die belangte Behörde die Bestimmungen des § 55 Abs. 1, 4 und 5 der Tiroler Gemeindeordnung 2001 (TGO), LGBl. Nr. 35 und § 30 Abs. 1 leg. cit. und nahm in weiterer Folge in ihrer Begründung auf den hg. Beschluss vom 23. Juni 2003, 2003/17/0096, Bezug.
Dem genannten Beschluss sei der Fall zu Grunde gelegen, dass eine von einem Rechtsanwalt namens einer Tiroler Gemeinde eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen worden sei; dies u.a. mit der Argumentation, dass eine bloß mündlich erteilte Vollmacht im Hinblick auf § 55 Abs. 4 erster Satz TGO im Zusammenhang mit § 55 Abs. 5 leg. cit. unwirksam wäre. Nach der erstgenannten Bestimmung bedürften nämlich Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden solle, der Schriftform, sofern nicht wegen der Geringfügigkeit oder der Art der Angelegenheit die mündliche Form üblich sei. Verstoße ein Rechtsakt gegen den Abs. 4, so werde die Gemeinde daraus gemäß § 55 Abs. 5 TGO nicht verpflichtet. Die hier in Rede stehende Vollmachtserteilung sei einer Erklärung, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden solle, gleichzuhalten, weil sie zur Folge hätte, dass alle von der Vollmacht erfassten, vom Beschwerdeführer namens der Gemeinde gesetzten Prozesshandlungen, also auch solche, die zu Verpflichtungen der Gemeinde führten, letzterer zuzurechnen wären. Es sei auch nicht erkennbar, dass in Ansehung einer Vollmachtserteilung wie der gegenständlichen - welcher sogar eine Beschlussfassung durch den Gemeinderat zu Grunde gelegen sei - wegen der Geringfügigkeit oder der Art der Angelegenheit die mündliche Form üblich wäre.
Daraus wiederum folge, dass eine durch die vorgelegte Vollmacht etwa bloß beurkundete vorangegangene mündliche Vollmachtserteilung durch den Bürgermeister an den Beschwerdevertreter mangels Einhaltung der im § 55 Abs. 4 erster Satz TGO vorgesehenen Schriftform deswegen unwirksam wäre, weil ihr Inhalt untrennbar sei und daher in sich schließe, dass die Gemeinde im gedachten Falle ihrer Wirksamkeit durch Handlungen des Bevollmächtigten auch verpflichtet würde. Sei aber § 55 Abs. 4 erster Satz TGO der Wirksamkeit einer mündlichen Vollmacht solcherart entgegen gestanden, so bedeute dies für den vorliegenden Fall, dass die Rechtshandlungen des namens der Gemeinde einschreitenden Rechtsanwaltes auf Grund einer diesem - allenfalls - vom Bürgermeister zwar rechtzeitig, jedoch bloß mündlich erteilten Vollmacht eben nicht zurechenbar wären, weil jedenfalls nicht ausgeschlossen werden könnte, dass der Gemeinde hieraus Pflichten (und nicht bloß Rechte) erwüchsen.
Der dieser Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt sei dem vorliegenden vergleichbar. Anhaltspunkte dafür, dass der in der TGO ausdrücklich "gemachte" Formvorbehalt zwar bei der Einbringung von höchstgerichtlichen Beschwerden nicht, aber bei der Einbringung von Berufungen sehr wohl zum Tragen komme, lägen nicht vor. Ein Vorbringen, dass im Gegenstande wegen der Geringfügigkeit oder der Art der Angelegenheit eine mündliche Vollmachtserteilung üblich wäre, sei auch nicht erstattet worden. Aus der Vollmachtsurkunde selbst wiederum ergebe sich, dass dieser eine Beschlussfassung durch den Gemeinderat zu Grunde gelegen sei. Auch dies spreche im Hinblick auf die Bestimmung des § 30 TGO, wonach der Gemeinderat über alle Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden habe, in Verbindung damit, dass in der demonstrativen Auflistung jener Angelegenheiten, über die der Gemeinderat insbesondere zu entscheiden habe, die Erteilung von Vollmachten zur Erhebung von Berufungen nicht enthalten sei, dafür, dass die im § 55 Abs. 4 TGO zum Schriftformgebot enthaltene Ausnahmeregel nicht zum Tragen komme.
Im Einklang mit der oben dargestellten Judikatur sei festzustellen, dass die mündliche Bevollmächtigung keine Übertragung der Vertretungsmacht bewirken habe können. Was die vorgelegte schriftliche Vollmacht anlange, so sei festzuhalten, dass diese mit 29. März 2004 datiert sei, vom Bürgermeister sowie von zwei weiteren Gemeindevertretern unterfertigt sei und einen Hinweis auf einen Gemeinderatsbeschluss vom 9. Februar 2004 enthalte. Der Gemeinderatsbeschluss könne im Hinblick auf die Bestimmung des § 55 Abs. 1 TGO, wonach der Bürgermeister die Gemeinde nach außen vertrete, für sich genommen keine Vollmachtserteilung an den Einschreiter bewirken, weil hier nicht das nach dem Gesetz zur Außenvertretung berufene Organ tätig geworden sei. Die Bevollmächtigung durch den Bürgermeister sei erst am 29. März 2004, also nach Ablauf der Berufungsfrist erfolgt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei jedoch für die Wirksamkeit einer durch einen Vertreter vorgenommenen fristgebundenen Verfahrenshandlung das Vorliegen einer entsprechenden Bevollmächtigung durch den Vertretenen zum Zeitpunkt der Verfahrenshandlung erforderlich. Erfolge die Begründung des Vollmachtsverhältnisses zur Vertretung bei einer fristgebundenen Verfahrenshandlung erst nach Fristablauf, so bewirke dies nicht die Rechtswirksamkeit der von dem noch nicht Bevollmächtigten seinerzeit gesetzten Verfahrenshandlungen. Die namens der Beschwerdeführerin eingebrachte Berufung sei daher zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht. Sie erachtet sich in ihrem Recht auf Sachentscheidung über ihre Berufung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 10 Abs. 1 und 2 AVG lauten:
"§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.
(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen."
§ 30 Abs. 1 erster und zweiter Satz der Tiroler Gemeindeordnung 2001 - TGO, LGBl. Nr. 36, lautet:
"§ 30 Aufgaben des Gemeinderates
(1) Der Gemeinderat ist das oberste Organ der Gemeinde. Er hat über alle Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden und die Geschäftsführung der übrigen Gemeindeorgane zu überwachen."
Der dritte Satz des § 30 Abs. 1 TGO enthält eine Aufzählung jener Angelegenheiten, über die der Gemeinderat insbesondere zu entscheiden hat. Die Erteilung von Vollmachten zur Erhebung von Berufungen ist darin nicht genannt.
§ 55 Abs. 1, 4 und 5 TGO lautet:
"§ 55 Vertretung der Gemeinde nach außen
(1) Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde nach außen.
...
(4) Rechtsgeschäfte und sonstige Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform, sofern nicht wegen der Geringfügigkeit oder der Art der Angelegenheit die mündliche Form üblich ist. Schriftstücke sind vom Bürgermeister zu unterfertigen. Liegt der Willensbildung ein Beschluss eines Gemeindeorganes zu Grunde, so ist darauf Bezug zu nehmen. In diesen Fällen ist das Schriftstück vom Bürgermeister und von je zwei Mitgliedern des betreffenden Gemeindeorganes zu unterfertigen.
(5) Verstößt ein Rechtsakt gegen den Abs. 4 oder liegt diesem der erforderliche Beschluss eines Gemeindeorganes nicht zu Grunde, so wird die Gemeinde daraus nicht verpflichtet."
Unter dem Aspekt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin geltend, ihr ausgewiesener Rechtsvertreter habe sich in der Berufungsschrift vom 11. Februar 2004 ausdrücklich auf die mündlich erteilte Vollmacht berufen. Damit sei der Bestimmung des § 10 Abs. 1 AVG Genüge getan worden, normiere diese Bestimmung doch ausdrücklich, dass vor der Behörde eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden könne und bei berufsmäßigen Parteienvertretern die Berufung auf die erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis ersetze. Die Bestimmung des § 55 Abs. 4 erster Satz TGO in Zusammenhang mit § 55 Abs. 5 leg. cit. stelle keine Sonderregel zu § 10 Abs. 1 AVG dar, sondern gelange nur im Innenverhältnis zwischen dem Rechtsvertreter und der Gemeinde zur Anwendung. Die gegenteilige Rechtsauffassung der belangten Behörde stehe auch in Widerspruch zur klaren Bestimmung des § 8 Abs. 1 RAO, wonach sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwaltes auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich erstrecke und die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetze.
Diesem Vorbringen ist zum einen entgegen zu halten, dass § 10 Abs. 1 AVG die Erteilung einer mündlichen Vollmacht zwar kennt, allerdings nur "vor der Behörde"; dieser Fall liegt hier unbestritten nicht vor. Zum anderen beinhaltet die Bestimmung des § 10 Abs. 1 AVG (bzw. § 8 Abs. 1 RAO) eine Möglichkeit für eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person, sich anstelle des urkundlichen Nachweises lediglich auf die erteilte Vollmacht zu berufen. Dass bedeutet aber nicht, dass die Berufung auf die erteilte Vollmacht nach § 10 Abs. 1 AVG das Vorliegen einer - auch im Innenverhältnis wirksam zustande gekommenen - Vollmacht ersetzen kann; es entfällt lediglich die Pflicht des urkundlichen Nachweises eines zustande gekommenen Bevollmächtigungsverhältnisses.
Treten aber Zweifel über den Inhalt und Umfang sowie über den Bestand einer Vertretungsbefugnis auf, so ist die Behörde nach § 10 Abs. 2 AVG befugt, sich Klarheit darüber zu verschaffen und die Vollmacht nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die TGO regelt die rechtsgeschäftliche Vertretung der Gemeinde in § 55; diese Bestimmung sieht - in der Regel - in Abs. 4 die Schriftform für Rechtsgeschäfte vor. Der belangten Behörde gegenüber berief sich der einschreitende Rechtsvertreter nun auf eine bloß mündlich erteilte Vollmacht; angesichts des genannten Schriftlichkeitsgebotes konnte die belangte Behörde daher zu Recht vom Vorliegen eines Tatbestandes ausgehen, der eine Vorgangsweise nach § 10 Abs. 2 AVG rechtfertigte.
Wenn die Beschwerdeführerin weiter davon spricht, dass die Rechtsauffassung im zitierten hg. Beschluss vom 23. Juni 2003, 2003/17/0096, nicht aufrecht zu erhalten sei, weil in verfehlter Weise davon ausgegangen worden sei, die Bestimmung des § 55 Abs. 4 TGO wäre eine Sonderregel zu § 10 Abs. 1 AVG, so irrt sie insofern, als dieser Beschluss diese beiden Normen nicht in dieser Weise zueinander in Verbindung setzt. Bei Berufung nach § 10 Abs. 1 AVG auf eine schriftliche, an den Beschwerdevertreter durch den Bürgermeister erteilte Vollmacht wäre (möglicherweise) bei der belangten Behörde gar kein Zweifel im Sinne des § 10 Abs. 2 AVG entstanden.
Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, dass der vorliegende Sachverhalt demjenigen gleicht, der dem zitierten hg. Beschluss vom 23. Juni 2003 zu Grunde lag. Unter Hinweis auf diesen Beschluss bleibt festzuhalten, dass sich aus § 55 Abs. 1 TGO ergibt, dass die Vollmachtserteilung an den Beschwerdevertreter durch den zur Vertretung der Gemeinde nach außen berufenen Bürgermeister zu erfolgen gehabt hätte. Der - innerhalb der Berufungsfrist gefasste - Beschluss des Gemeinderates vom 9. Februar 2004 bewirkte daher für sich genommen keinesfalls eine Vollmachtserteilung an den Einschreiter, weil hier nicht das nach dem Gesetz zur Außenvertretung berufene Organ der Gemeinde tätig geworden ist.
Die nach der Verbesserung vorgelegte schriftliche Vollmacht wurde nun zwar von dem zur Vertretung der Gemeinde nach außen berufenen Bürgermeister erteilt, sie nimmt auch - offenbar im Hinblick auf § 55 Abs. 4 dritter und vierter Satz TGO - auf den zitierten Beschluss des Gemeinderates Bezug und enthält die Unterschriften zweier Gemeindevertreter. Freilich datiert diese Vollmacht erst vom 29. März 2004. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aber für die Wirksamkeit einer durch einen Vertreter vorgenommenen fristgebundenen Verfahrenshandlung das Vorliegen einer entsprechenden Bevollmächtigung durch den Vertretenen zum Zeitpunkt der Verfahrenshandlung erforderlich. Erfolgt hingegen die Begründung des Vollmachtsverhältnisses zur Vertretung bei einer fristgebundenen Verfahrenshandlung erst nach Fristablauf, so bewirkt dies nicht die Rechtswirksamkeit der von dem noch nicht Bevollmächtigten seinerzeit gesetzten Verfahrenshandlungen (vgl. dazu den zitierten hg. Beschluss vom 23. Juni 2003, mwN).
Da in den Verwaltungsverfahrensgesetzen eine dem § 38 ZPO vergleichbare Regelung nicht getroffen ist, kommt die nachträgliche Genehmigung einer (bis dahin) von einem Scheinvertreter gesetzten fristgebundenen Verfahrenshandlung nicht in Frage (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 1997, Zl. 95/19/1825, und vom 26. Juni 2002, Zl. 2001/04/0209). Die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde genannte Rechtsprechung, wonach ein Vollmachtsmangel auch durch nachträgliche Beurkundung der Vollmacht bzw. durch seitens des Vollmachtsgebers ausgesprochene Genehmigung der für ihn bereits gesetzten Handlungen beseitigt werden kann, bezieht sich auf die Fälle des mangelnden Nachweises eines bereits bestehenden Vollmachtsverhältnisses. Ein solches lag aber im gegenständlichen Fall gerade nicht vor, erfolgte doch - wie eben dargelegt - die Begründung des Vollmachtsverhältnisses erst nach Fristablauf.
Daraus folgt aber, dass die erst am 29. März 2004, also nach Ablauf der Beschwerdefrist vom hiezu berufenen Organ der Gemeinde, dem Bürgermeister, erteilte Vollmacht nicht geeignet war, die Vertretungsbefugnis des Beschwerdevertreters zur Einbringung der Berufung namens der Gemeinde zu begründen.
Die Beschwerdeführerin vertritt erkennbar die Auffassung, dass bereits mit der mündlichen (telefonischen) Bevollmächtigung durch den Bürgermeister ein Vollmachtsverhältnis begründet worden wäre. Diese Argumentation verhilft aber aus nachstehenden Gründen der Beschwerde nicht zum Erfolg:
Eine bloß mündlich erteilte Vollmacht wäre vorliegendenfalls im Hinblick auf § 55 Abs. 4 erster Satz TGO im Zusammenhalt mit § 55 Abs. 5 leg. cit. nämlich unwirksam. Nach der erstgenannten Bestimmung bedürfen Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, der Schriftform, sofern nicht wegen der Geringfügigkeit oder der Art der Angelegenheit die mündliche Form üblich ist. Verstößt ein Rechtsakt gegen den Abs. 4, so wird die Gemeinde daraus gemäß § 55 Abs. 5 TGO nicht verpflichtet. Die hier in Rede stehende Vollmachtserteilung ist einer Erklärung, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, gleichzuhalten, weil sie zur Folge hätte, dass alle von der Vollmacht erfassten, vom Beschwerdevertreter namens der Gemeinde gesetzten Prozesshandlungen, also auch solche, die zu Verpflichtungen der Gemeinde führten, Letzterer zuzurechnen wären. Es ist auch nicht erkennbar, dass in Ansehung einer Vollmachtserteilung wie der gegenständlichen - welcher sogar eine Beschlussfassung durch den Gemeinderat zu Grunde lag - wegen der Geringfügigkeit oder der Art der Angelegenheit die mündliche Form üblich wäre. Daraus wiederum folgt, dass eine durch die vorgelegte Vollmacht etwa bloß beurkundete, vorangegangene mündliche Vollmachtserteilung durch den Bürgermeister an den Beschwerdevertreter mangels Einhaltung der in § 55 Abs. 4 erster Satz TGO vorgesehenen Schriftform unwirksam wäre.
Stand aber § 55 Abs. 4 erster Satz TGO der Wirksamkeit einer mündlichen Vollmacht entgegen, so bedeutet dies für den vorliegenden Fall, dass die Rechtshandlungen des namens der Gemeinde einschreitenden Rechtsanwaltes auf Grund einer diesem - allenfalls - vom Bürgermeister zwar rechtzeitig, jedoch bloß mündlich erteilten Vollmacht eben nicht zurechenbar wären, weil jedenfalls nicht ausgeschlossen werden könnte, dass der Gemeinde hieraus Pflichten (und nicht bloß Rechte) erwüchsen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 8. Juli 2004
Schlagworte
Formgebrechen behebbare BevollmächtigungBeginn Vertretungsbefugnis Vollmachtserteilungnachträgliche VollmachtserteilungVertretungsbefugnis Inhalt UmfangMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des EinschreitersFormgebrechen behebbare VollmachtsvorlageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004070101.X00Im RIS seit
02.08.2004Zuletzt aktualisiert am
28.09.2018