TE Vwgh Erkenntnis 2004/7/15 2001/02/0254

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Veröffentlicht am 15.07.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §82 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 21. September 2001, Zl. VwSen-107620/2/BI/KM, betreffend Übertretung der StVO (mitbeteiligte Partei: PS in L, vertreten durch Mag. Markus Hager, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Graben 18/3), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 21. März 2001 wurde der Mitbeteiligte für schuldig befunden, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher genannten Gesellschaft m.b.H. und somit als zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten, dass eine Werbetafel (Ausmaß: 104 cm x 60 cm) an einem näher genannten Ort in Linz ("Straße im Sinne der StVO") zumindest am 12. Dezember 2000, 10.18 Uhr, am 8. Jänner 2001, 11.01 Uhr, und am 23. Jänner 2001, 09.06 Uhr, laut Anzeigen des städtischen Tiefbauamtes vom 12. Dezember 2000, 9. Jänner 2001 und 24. Jänner 2001 aufgestellt gewesen sei, ohne dass hiefür eine straßenpolizeiliche Bewilligung für die Benützung einer Straße zu einem verkehrsfremden Zweck im Sinne des § 82 Abs. 1 StVO vorgelegen habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. d i.V.m. § 82 Abs. 1 StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Berufung.

Mit Bescheid vom 21. September 2001 gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten Folge, behob das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze und stellte "die jeweiligen Strafverfahren" ein.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, dass dann, wenn eine Tafel gegen Umfallen gesichert sei, was in der Regel bei der technischen Beschaffenheit eines sog. "A-Ständers" angenommen werden dürfe, eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten sei, weshalb auch keine Bewilligungspflicht für das Aufstellen derartiger "A-Ständer" erforderlich sei. Es sei weder vom "Anzeiger" G. E. noch von der Behörde erster Instanz behauptet worden, dass die angeführten Werbeständer, deren technische Beschaffenheit der eines "A-Ständers" gleiche, eine Beeinträchtigung bzw. Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs herbeizuführen geeignet seien. Dies sei auch nicht zu erwarten, weil die Tafeln in der Fußgängerzone an Stellen platziert gewesen seien, die im Fußgängerverkehr in der Regel "umgangen" würden, weil niemand zu einer Telefonzelle oder einem Lichtmasten einen derart geringen Abstand halte, dass die Gefahr einer Kollision mit dem Werbeständer bestehe. Eine Gefährdung bzw. Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Fußgängerwie auch des Fahrzeugverkehrs - soweit dieser in einer Fußgängerzone mit Schrittgeschwindigkeit erlaubt sei - sei daher von vornherein auszuschließen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG erhobene Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof; dieser hat erwogen:

Der beschwerdeführende Bundesminister wendet u.a. ein, die von der belangten Behörde angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (Erkenntnis vom 28. April 1993, Zl. 92/02/0204) sei nicht geeignet, die Argumentation der belangten Behörde zu unterstützten, zumal dieses Erkenntnis die Frage zu behandeln gehabt habe, ob bei einer politischen Flugblattverteilung durch eine Einzelperson auf einem breiten Gehsteig Bewilligungspflicht aufgrund des § 82 Abs. 1 StVO vorliege.

Nach § 82 Abs. 1 StVO ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z. B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das Gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen.

Zutreffend hat der beschwerdeführende Bundesminister im Zusammenhang mit dem bereits im angefochtenen Bescheid zitierten hg. Erkenntnis vom 28. April 1993, Zl. 92/02/0240, dargelegt, dass es in jenem Fall um die Frage der Bewilligungspflicht bei der Verteilung von politischen Flugblättern durch Einzelpersonen auf einem drei bis 4 m breiten Gehsteig ging. Davon unterscheidet sich aber der vorliegende Beschwerdefall deshalb, weil es um die Benützung einer Straße zu einem in § 82 Abs. 1 StVO ausdrücklich genannten, verkehrsfremden Zweck, nämlich der Werbung (für einen Gewerbebetrieb), geht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zl. 95/02/0291), sodass es unerheblich ist, ob den aufgestellten Werbeständern von den Fußgängern - wie die belangte Behörde darlegt - leicht ausgewichen werden kann und diese Werbeständer - wie die belangte Behörde behauptet - eine besondere Standfestigkeit besitzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. März 1994, Zl. 93/02/0207).

Da die belangte Behörde zu Unrecht von der Bewilligungsfreiheit für die Werbeständer und daher von einer Straffreiheit des Mitbeteiligten ausgegangen ist, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 15. Juli 2004

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001020254.X00

Im RIS seit

05.08.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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