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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art141 Abs1 litaLeitsatz
Keine Stattgabe der Anfechtung der Wahl zur Gemeindevertretung der Gemeinde Fraxern vom 02.04.00; Wahlvorschlag der Anfechtungswerberin wegen fehlender (Unterstützungs)Unterschriften zu Recht als nicht eingebracht gewertetSpruch
Der Wahlanfechtung wird nicht stattgegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Mit Verordnung der Vorarlberger Landesregierung vom 11.1.2000, LGBl. 1, wurden für den 2.4.2000 die allgemeinen Wahlen zu den Gemeindevertretungen der Gemeinden des Landes Vorarlberg (so auch für die Gemeinde Fraxern) ausgeschrieben.
1.1.2. Die Wählergruppe "FPÖ und offene Dorfliste Fraxern" reichte - nachdem sie mit Schreiben vom 1.2.2000 unter Anschluss von "eigenhändig unterschriebenen Unterstützungserklärungen von 50 wahlberechtigten Bürgern der Gemeinde Fraxern" ihre Beteiligung an der Wahlwerbung beim Leiter der Gemeindewahlbehörde angemeldet hatte - am 28.2.2000 ein von ihrem zustellungsbevollmächtigten Vertreter unterfertigtes (und an den Leiter der Gemeindewahlbehörde Fraxern gerichtetes) Schreiben beim Gemeindeamt ein, das den folgenden Text enthält:
"Betrifft: Gemeindevertretungswahl 2000
Listenbezeichnung: FPÖ und offene Dorfliste Fraxern
Anlage: Wahlvorschlag gereiht
Die angemeldete Wählergruppe 'FPÖ und offene Dorfliste Fraxern' bringt für die Wahl in die Gemeindevertretung am 2. April 2000 in der Gemeinde Fraxern den beiliegenden Wahlvorschlag in gereihter Reihenfolge ein.
Dieser Wahlvorschlag (im Original) beinhaltet 23 wahlberechtigte Bürger der Gemeinde Fraxern und ist von jedem Kandidaten eigenhändig unterschrieben.
...
Beilage: Listenaufstellung im Original, bestehend aus zwei Seiten."
Diesem Schreiben waren zwei mit "Seite 1" und "Seite 2" bezeichnete Blätter als Anlage beigefügt. Das erste Blatt trägt die Überschrift "Anmeldung der Partei FPÖ und offene Dorfliste Fraxern zur Wahlwerbung für die Gemeindevertretungswahl 2000" und weist neben Namen und Unterschrift des Zustellungsbevollmächtigten sowie seines Stellvertreters eine Tabelle auf, welche eine Rubrikenzeile mit den Eintragungen "Familienname/Vorname/Geb.Jahr/Straße/Unterschrift" und unter den fortlaufenden Nummern 1 bis 9 jeweils der Rubrik entsprechende handschriftliche Eintragungen, insbesondere auch eigenhändige Unterschriften, enthält. Auf dem mit "Anmeldung der Partei" überschriebenen zweiten Blatt werden unter den fortlaufenden Nummern 10-23 die erwähnten tabellarischen Eintragungen fortgesetzt. Schließlich wurde dem Schreiben (vom 28.2.2000) eine Zusammenfassung der Angaben in den beiden vorhin erwähnten Blättern in Druckschrift beigelegt.
1.1.3. Mit Schreiben vom 9.3.2000 teilte die Gemeindewahlbehörde der Gemeinde Fraxern der anfechtenden Wählergruppe mit, sie habe in ihrer Sitzung am 8.3.2000 "festgestellt, dass der Wahlvorschlag der 'FPÖ und offene Dorfliste Fraxern' keine Unterschriften von Wahlberechtigten enthält" und "der Wahlvorschlag ... daher als nicht eingebracht gilt."
1.1.4. Der Vorschlag der Wählergruppe "FPÖ und offene Dorfliste Fraxern" wurde in weiterer Folge von der Gemeindewahlbehörde nicht veröffentlicht (§20 (Vorarlberger) Gemeindewahlgesetz - GWG, LGBl. 1999/30) und lag somit auch nicht der Wahl zur Gemeindevertretung der Gemeinde Fraxern vom 2.4.2000 zu Grunde.
1.2.1. Mit ihrer am 13.4.2000 zur Post gegebenen, an den Verfassungsgerichtshof gerichteten und auf Art141 B-VG gestützten Anfechtung begehrt die "FPÖ und offene Dorfliste Fraxern", das Verfahren zur Wahl in die Gemeindevertretung der Gemeinde Fraxern für nichtig zu erklären und als rechtswidrig aufzuheben.
Begründend wird in der Anfechtungsschrift wörtlich ua. Folgendes vorgebracht:
"Am 28.2.2000 brachte die Wählergruppe 'FPÖ und offene Dorfliste Fraxern' den Wahlvorschlag mit Schreiben an den Leiter der Gemeindewahlbehörde vom 28.2.2000 ein, welches Schreiben folgenden
Inhalt hatte:
'Betrifft: Gemeindevertretungswahl 2000
Listenbezeichnung: 'FPÖ und offene Dorfliste Fraxern'
Anlage:
Wahlvorschlag gereiht
Die angemeldete Wählergruppe 'FPÖ und offene Dorfliste Fraxern' bringt für die Wahl in die Gemeindevertretung am 2.4.2000 in der Gemeinde Fraxern den beiliegenden Wahlvorschlag in gereihter Reihenfolge ein.
Dieser Wahlvorschlag (im Original) beinhaltet 23 wahlberechtigte Bürger der Gemeinde Fraxern und ist von jedem Kandidaten eigenhändig unterschrieben.
Für die Wählergruppe:
Werner Nachbaur e.h.
Werner Nachbaur, Zustellungsbevollmächtigter 'FPÖ und offene
Dorfliste Fraxern'
Beilage:
Listenaufstellung im Original, bestehend aus zwei Seiten'
Dabei wurde unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß die in der Beilage gereiht angeführten Personen die gereihten Kandidaten des Wahlvorschlages sind. Das vorgenannte Schreiben selbst wurde von Werner Nachbaur als Zustellungsbevollmächtigem der 'FPÖ und offene Dorfliste Fraxern', welche(r) übrigens auch als zweitgereihter Kandidat auf der Beilage aufscheint, unterfertigt.
In rechtswidriger Weise hat die Gemeindewahlbehörde diesen Wahlvorschlag nicht als eingebracht gelten lassen und kundgemacht, sondern diesen Wahlvorschlag wegen fehlender Angaben über die Kandidaten und fehlender Unterschriften auf dem Wahlvorschlag als nicht eingebracht behandelt und entgegen §16 Abs3 GWG eine Zurückstellung zur Ergänzung binnen 48 Stunden - trotz Aufforderung - unterlassen.
Gemäß §16 Abs3 GWG hätte die Gemeindewahlbehörde - nachdem sich die Gemeindewahlbehörde auf den Standpunkt stellte, daß der Wahlvorschlag wegen fehlender Angaben über die Kandidaten und fehlender Unterschriften auf dem Wahlvorschlag selbst fehlerhaft sei - Werner Nachbaur als zustellungsbevollmächtigtem Vertreter der 'FPÖ und offene Dorfliste Fraxern' den Wahlvorschlag zur Ergänzung (durch die Angaben über die gereihten Kandidaten samt Geburtsjahr, Beruf, Wohnadresse und Unterschriften) binnen 48 Stunden zurückstellen müssen und der 'FPÖ und offene Dorfliste Fraxern' in dieser Weise die Teilnahme an der Wahl in die Gemeindevertretung der Gemeinde Fraxern ermöglichen müssen.
Durch die Behandlung des Wahlvorschlages als nicht eingebracht und die Nichtzurückstellung zur Ergänzung, nämlich zur Fehlerbehebung durch Ergänzung der Angaben über die gereihten Kandidaten samt Geburtsjahr, Beruf, Wohnadresse und Unterschriften binnen 48 Stunden wurde die Kandidatur der 'FPÖ und offene Dorfliste Fraxern' in rechtswidriger Weise zum offensichtlichen Vorteil für die Wählergruppe (Partei) 'Gemeindeliste Fraxern mit Bürgermeister Josef Summer' verhindert.
...
Dem von der Wahlbehörde eingenommenen Standpunkt, wonach 'der Wahlvorschlag der FPÖ und offene Dorfliste Fraxern wegen fehlender Unterschriften zur Ergänzung binnen 48 Stunden nach dem Gesetz nicht zurückgestellt werden konnte', ist entgegenzuhalten:
Es ist selbstverständliche Aufgabe und Absicht des GWG, die Anmeldung und Kandidatur von Wählergruppen bestmöglich zu fördern und nicht zu verhindern.
§16 GWG sieht vor, daß auf einem Wahlvorschlag u.a. neben den Unterschriften Familien- und Vornamen, Geburtsjahr, Beruf, Wohnungsadresse aufscheinen muß und bei Fehlen dieser Angaben (ganz oder teilweise) der Wahlvorschlag dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Partei zur Ergänzung binnen 48 Stunden zurückzustellen ist.
Nach den gängigen Auslegungsregeln ist davon auszugehen, daß 'diese Angaben', die 'ganz oder teilweise' fehlen, verbessert werden können.
Im Vorsatz des §16 Abs3 GWG 'fehlen diese Angaben ganz oder teilweise, so ist der Wahlvorschlag ... zur Ergänzung binnen 48 Stunden zurückzustellen' sind als 'diese Angaben' 'Unterschriften', 'Familien- und Vorname', 'Geburtsjahr' sowie 'Wohnungsadresse' genannt. Nachdem eindeutig im §16 Abs3 GWG die Rede von der 'Angabe des Familien- und Vornamens, Berufes, Geburtsjahres, der Adresse und der eigenhändigen Unterschrift' ist, ist auch das Element 'Unterschrift' unter den Begriff 'Angaben' zu subsumieren. Die Ansicht der Wahlbehörde, das Wort 'Angaben' schließe Unterschriften aus, entspricht nicht dem Gesetzestext. Das Fehlen einer Unterschrift unterliegt ebenso der Möglichkeit nachträglicher Verbesserung wie die übrigen Angaben. Im übrigen sieht auch §16 Abs6 vor, daß fehlende Unterschriften binnen 48 Stunden beigebracht werden können, wenn die Anzahl der Unterschriften unter das erforderliche Minimum sinkt. Diese Regelung deckt sich nicht nur mit der 'Ergänzung binnen 48 Stunden' bei dem Fehlen irgendwelcher 'Angaben', sondern drückt vielmehr den ganz allgemeinen Gedanken aus, daß 'fehlende Unterschriften' nachgebracht werden können. Zu diesem Ergebnis muß man auch nach dem Größenschluß gelangen: Wenn es sogar möglich ist, ungültig gewordene Unterschriften durch ganz andere zu ersetzen, dann muß es im wesentlich weniger gravierenden Fall des gleichbleibenden Unterzeichners möglich sein, daß dieser seine Unterschrift nachbringen kann.
§16 GWG kennt sogar eine Ersatzlösung für den Fall, daß kein zustellungsbevollmächtigter Vertreter angeführt wurde. Gemäß §16 Abs4 GWG wird der Mangel des Fehlens eines zustellungsbevollmächtigten Vertreters sogar automatisch dadurch geheilt, daß 'der Erstunterzeichnete' als 'zustellungsbevollmächtigter Vertreter' gilt. Daraus ist abzulesen, daß der Bestimmung des §16 GWG der Grundgedanke der Aufrechterhaltung eines Wahlvorschlages trotz Fehlerhaftigkeit zugrunde liegt. Im Falle einer fehlenden Unterschrift ist also gleichfalls auf die Intention einer Aufrechterhaltung des Wahlvorschlages zu schließen - eben dies geschieht mit der ohnedies durch andere Auslegungsregeln eindeutig gegebenen Nachbringungsmöglichkeit der Unterschrift als eine der 'Angaben'.
Schließlich ist der Zweck eines Gemeindewahlgesetzes nicht zu übersehen: Der Zweck des Wahlgesetzes ist die Herstellung eines demokratischen Willensbildungsprozesses, sodaß das GWG nicht in einer Einengung für wahlwerbende Gruppen, sondern in einer Ermöglichung ihrer Teilnahme an der Wahl auszulegen ist. Auch daraus ist abzuleiten, daß das Fehlen von Unterschriften durch Zurückstellung zur Ergänzung heilbar sein muß.
Das Versäumnis der Wahlbehörde, der Wählergruppe 'FPÖ und offene Dorfliste Fraxern' den Wahlvorschlag nicht wenigstens zur Ergänzung binnen 48 Stunden wegen fehlender Angaben, darunter auch wegen fehlender Unterschriften, gemäß §16 GWG zurückzustellen (wenn er schon nicht von vornherein als eingebracht behandelt wird), ist ein berechtigter Grund für die Anfechtung der Wahl in die Gemeindevertretung der Gemeinde Fraxern.
Die Gemeindewahlbehörde hätte den (eindeutig als solchen erkennbaren) Wahlvorschlag der Wählergruppe 'FPÖ und offene Dorfliste Fraxern' als eingebracht behandeln und kundmachen müssen. Statt dessen hat sie in rechtswidriger Weise eine Auslegung des GWG gewählt, die den Wahlvorschlag vernichtet hat und sicherlich nicht der Herstellung eines demokratischen Willensbildungsprozesses in der Gemeinde Fraxern diente."
1.2.2. Die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zur Erstattung einer Gegenschrift aufgeforderte Landeswahlbehörde beim Amt der Vorarlberger Landesregierung legte die Wahlakten vor, gab jedoch keine Stellungnahme ab.
1.3.1. §16 GWG lautet samt Überschrift wie folgt:
"16
Anmeldung der Wahlwerbung und Wahlvorschläge für die Wahlen in die Gemeindevertretung
(1) Wählergruppen, die sich an der Wahlwerbung für die Wahlen in die Gemeindevertretung beteiligen (Parteien), haben dies spätestens sechs Wochen vor dem Wahltag dem Leiter der Gemeindewahlbehörde anzumelden. Die Anmeldung hat schriftlich zu erfolgen und hat zu enthalten:
a) die unterscheidende Parteibezeichnung;
b) die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters der Partei und seines Stellvertreters.
Die Anmeldung bedarf zu ihrer Gültigkeit der Unterschrift von so vielen in der Gemeinde wahlberechtigten Personen, als im Abs3 für den Wahlvorschlag vorgeschrieben sind. Der Bürgermeister ist verpflichtet, das Einlangen der Anmeldung spätestens an dem auf die Überreichung der Anmeldung nächstfolgenden Tag durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde öffentlich bekanntzumachen. Falls eine Wählergruppe binnen dieser Frist einen Wahlvorschlag für die Wahlen in die Gemeindevertretung einbringt, gilt dieser gleichzeitig als Anmeldung.
(2) Wird in einer Gemeinde eine Anmeldung nach Abs1 bis zu dem dort bezeichneten Zeitpunkt nicht erstattet, gilt die Frist für die Einbringung des Wahlvorschlages für die Wahlen in die Gemeindevertretung als versäumt, und es finden für diese Gemeinden die Bestimmungen des 9. Abschnittes (betreffend das Wahlverfahren für die Wahlen in die Gemeindevertretung in Ermangelung von Wahlvorschlägen) Anwendung. Wurde aber in einer Gemeinde wenigstens eine Anmeldung nach Abs1 rechtzeitig erstattet, ist sowohl die Wählergruppe, die die Anmeldung erstattet hat, wie auch jede andere Wählergruppe berechtigt, sich an der Wahlwerbung zu beteiligen und bis spätestens fünf Wochen vor dem Wahltag dem Leiter der Gemeindewahlbehörde einen Wahlvorschlag vorzulegen. Erst die rechtzeitige Einreichung eines den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechenden Wahlvorschlages in einer Gemeinde, in der eine Anmeldung nach Abs1 erstattet wurde, berechtigt eine Wählergruppe (Partei) zur Beteiligung an der Wahlwerbung.
(3) Der Wahlvorschlag muss von 1 v.H. der Wahlberechtigten, wenigstens aber von 15 Wahlberechtigten der betreffenden Gemeinde eigenhändig unterschrieben sein. Mehr als 100 Unterschriften sind jedoch in keinem Fall erforderlich. Bei Wahlvorschlägen, die von Parteifraktionen eingebracht werden, die bereits in der Gemeindevertretung vertreten sind, genügen anstelle der Unterschriften der Wahlberechtigten der betreffenden Gemeinde die Unterschriften der Mehrheit der Gemeindevertreter dieser Fraktion. Den Unterschriften auf einem Wahlvorschlag ist neben dem Familien- und Vornamen auch das Geburtsjahr und die Wohnungsadresse beizufügen. Fehlen diese Angaben ganz oder teilweise, so ist der Wahlvorschlag dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Partei zur Ergänzung binnen 48 Stunden zurückzustellen. Wird diese Frist eingehalten, so gilt der Wahlvorschlag als rechtzeitig eingebracht. Der Wahlvorschlag muss enthalten:
a) die unterscheidende Parteibezeichnung;
b)
die Parteiliste, d. i. ein Verzeichnis von höchstens doppelt so vielen Wahlwerbern, als Gemeindevertreter zu wählen sind, weniger einen, in der beantragten, mit fortlaufenden Ziffern bezeichneten Reihenfolge unter Angabe des Familien- und Vornamens, Berufes, Geburtsjahres, der Adresse und der eigenhändigen Unterschrift jedes Wahlwerbers; bei Wahlwerbern, die ausländische Unionsbürger sind, ist eine förmliche Erklärung des Wahlwerbers anzuschließen, dass er im Staat, dessen Bürger er ist, das passive Wahlrecht besitzt (§9 Abs2);
c)
die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters der Partei und seines Stellvertreters.
(4) Wenn ein Wahlvorschlag keinen zustellungsbevollmächtigten Vertreter anführt, so gilt der Erstunterzeichnete als Vertreter der Partei und der Zweitunterzeichnete als sein Stellvertreter.
(5) Der Wahlvorschlag darf nur von Personen unterzeichnet werden, die in der betreffenden Gemeinde wahlberechtigt sind. Jeder Wahlberechtigte darf nur einen Wahlvorschlag unterzeichnen. Wenn ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet, ist seine Unterschrift auf allen Wahlvorschlägen ungültig.
(6) Wenn ein Wahlvorschlag den Voraussetzungen des Abs3 nicht mehr entspricht, weil ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet hat, ist der Wahlvorschlag dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter mit der Einladung zurückzustellen, die fehlenden Unterschriften binnen 48 Stunden beizubringen. Wenn die fehlenden Unterschriften innerhalb dieser Frist beigebracht werden, gilt der Wahlvorschlag als rechtzeitig eingebracht."
1.3.2. §18 GWG hat - mit Überschrift - folgenden Wortlaut:
"§18
Prüfung der Wahlvorschläge für die Wahlen in die Gemeindevertretung
(1) Die Gemeindewahlbehörde hat zu überprüfen, ob die einlangenden Wahlvorschläge für die Wahlen in die Gemeindevertretung die erforderliche Zahl von Unterschriften von Wahlberechtigten der betreffenden Gemeinde enthalten und ob die in den Parteilisten vorgeschlagenen Bewerber wählbar sind.
(2) Bei begründeten Zweifeln am Inhalt einer Erklärung eines ausländischen Unionsbürgers nach §16 Abs3 litb kann die Gemeindewahlbehörde die Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen Verwaltungsbehörde des Staates, dessen Bürger der Wahlwerber ist, verlangen, mit der bestätigt wird, dass er dort das passive Wahlrecht besitzt oder dass diesen Behörden ein Verlust des passiven Wahlrechtes nicht bekannt ist.
(3) Weist ein Wahlvorschlag nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften auf, so gilt er als nicht eingebracht. Bewerber, die nicht wählbar sind, werden im Wahlvorschlag gestrichen. In beiden Fällen ist der zustellungsbevollmächtigte Vertreter der Partei entsprechend zu verständigen.
(4) Weisen mehrere Wahlvorschläge den Namen desselben Wahlwerbers auf, so ist dieser von der Gemeindewahlbehörde aufzufordern, binnen drei Tagen zu erklären, für welchen der Wahlvorschläge er sich entscheidet. Auf allen anderen Wahlvorschlägen wird er gestrichen. Wenn er sich in der vorgesehenen Frist nicht erklärt, wird er auf dem als erster eingelangten Wahlvorschlag, der seinen Namen trägt, belassen."
2. Über die Wahlanfechtung wurde erwogen:
2.1.1.1. Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, so auch über die Anfechtung einer Gemeindevertretungswahl (zB VfSlg. 14.847/1997). Nach Art141 Abs1 zweiter Satz B-VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden.
2.1.1.2. Kraft §67 Abs2 VerfGG sind zur Anfechtung der Wahl eines allgemeinen Vertretungskörpers grundsätzlich jene Wählergruppen berechtigt, die der Wahlbehörde rechtzeitig Wahlvorschläge vorlegten. Dazu nimmt der Verfassungsgerichtshof seit dem Erkenntnis VfSlg. 4992/1965 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt ein, dass die Anfechtungslegitimation, jedenfalls soweit die Frage der Gültigkeit des eingereichten Wahlvorschlages das Ergebnis der Wahlanfechtung - wie hier - mitbestimmen kann, nicht zusätzlich davon abhängt, ob dieser Vorschlag rechtswirksam eingereicht wurde (so zB VfSlg. 7387/1974, 10.217/1984, 11.256/1987, 12.287/1990, 13.187/1992).
2.1.1.3. Nach §68 Abs1 VerfGG muss die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem anzuwendenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht werden.
2.1.2. Nun sieht zwar §50 GWG administrative Einsprüche - iS eines Instanzenzuges nach §68 Abs1 VerfGG - vor, doch nur gegen ziffernmäßige Ermittlungen einer Gemeindewahlbehörde (sh. VfSlg. 14.282/1995).
Zur Geltendmachung aller anderen (d.s. alle nicht ziffernmäßige Ermittlungen betreffenden) Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens steht - weil insoweit ein zunächst zu durchlaufender Instanzenzug iSd §68 Abs1 VerfGG nicht eingerichtet ist - die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens (§68 Abs1 erster Teilsatz VerfGG) offen (vgl. zB VfSlg. 11.167/1986, 13.089/1992, 14.282/1995).
Im vorliegenden Fall strebt die anfechtende Partei in ihrer Anfechtungsschrift nicht die - nach dem Gesagten dem Einspruchsverfahren nach §50 GWG vorbehaltene - Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen einer Wahlbehörde an; sie rügt vielmehr die - in den Bereich sonstiger Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens fallende - Nichtberücksichtigung ihres Wahlvorschlages aus formalen Gründen, wofür die sofortige Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B-VG eingeräumt ist.
2.1.3. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Frist zur Anfechtung ist in diesem Fall die Beendigung des Wahlverfahrens (sh. VfSlg. 9085/1981, 10.610/1985), das ist bei Gemeindevertretungswahlen in Vorarlberg die der jeweiligen Gemeindewahlbehörde obliegende Kundmachung des Wahlergebnisses in Form der Veröffentlichung gemäß §49 GWG (vgl. VfSlg. 14.282/1995).
Diese Verlautbarung fand hier am 2.4.2000 statt. Die am 13.4.2000 zur Post gegebene Wahlanfechtungsschrift wurde somit rechtzeitig eingebracht.
2.1.4. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen zutreffen, ist die Wahlanfechtung zulässig.
2.2.1. Zu Folge der hier maßgeblichen Rechtslage (§16; sh. Pkt. 1.3.1.) ist grundsätzlich zwischen der Anmeldung der Beteiligung an der Wahlwerbung und der Einbringung eines Wahlvorschlages (für die Wahlen in die Gemeindevertretung) zu unterscheiden. Die Anmeldung der Beteiligung an der Wahlwerbung hat spätestens sechs Wochen vor dem Wahltag beim Leiter der Gemeindewahlbehörde zu erfolgen (§16 Abs1 erster Satz GWG). Der Wahlvorschlag ist gemäß §16 Abs2 zweiter Satz GWG spätestens fünf Wochen vor dem Wahltag dem Leiter der Gemeindewahlbehörde vorzulegen, wenn aber eine Wählergruppe binnen der für die Anmeldung der Beteiligung an der Wahlwerbung vorgesehenen Frist (also bis spätestens sechs Wochen vor dem Wahltag) bereits einen Wahlvorschlag einbringt, dann gilt dieser gleichzeitig als Anmeldung der Beteiligung an der Wahlwerbung (§16 Abs1 letzter Satz GWG). Was die Gültigkeit dieser beiden wahlrechtlichen Eingaben im Hinblick auf ihre ausreichende Unterstützung durch in der Gemeinde wahlberechtigte Personen anlangt, so schreibt das Gesetz vor, dass sie - von Ausnahmen abgesehen - jeweils von 1 v.H. der Wahlberechtigten, wenigstens aber von 15 Wahlberechtigten der betreffenden Gemeinde (eigenhändig) unterschrieben sein müssen (§16 Abs1 dritter Satz und Abs3 erster Satz GWG).
Die die Einbringung von Wahlvorschlägen betreffende Bestimmung des §16 Abs3 GWG unterscheidet weiters zwischen der eigenhändigen Unterschrift eines Wahlwerbers auf der einen integrierenden Bestandteil des Wahlvorschlages bildenden "Parteiliste" (§16 Abs3 siebter Satz litb GWG), mit der der Wahlwerber seine Zustimmung zur Kandidatur bekundet, einerseits und der eigenhändigen Unterschrift eines Wahlberechtigten auf dem Wahlvorschlag selbst (§16 Abs3 erster Satz GWG), mit der der Wahlberechtigte seine Unterstützung für den Wahlvorschlag (einschließlich der Parteiliste) zum Ausdruck bringt, andererseits.
Nach §18 Abs1 GWG hat die Gemeindewahlbehörde ua. zu überprüfen, ob die eingelangten Wahlvorschläge die erforderliche Zahl von Unterschriften von Wahlberechtigten der betreffenden Gemeinde enthalten; weist ein Wahlvorschlag nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften auf, so gilt er zu Folge des §18 Abs3 GWG als nicht eingebracht.
Unter dem Begriff "Unterschriften" in der soeben genannten Vorschrift des §18 Abs3 GWG sind dabei - wie sich in systematischer Interpretation der einschlägigen Bestimmungen, nämlich der §§16 Abs3, 18 Abs1 und 3 GWG, ergibt - nur solche iSd §16 Abs3 erster Satz GWG - das sind die (Unterstützungs)Unterschriften von Wahlberechtigten auf dem Wahlvorschlag selbst - zu verstehen und nicht auch die (Zustimmungs)Unterschriften der einzelnen Wahlwerber iSd §16 Abs3 siebter Satz litb GWG. Von diesem Gesetzesverständnis geht im Übrigen auch die Anfechtungswerberin selbst aus.
Daraus folgt insbesondere, dass die gültige Einbringung eines Wahlvorschlages unter Umständen sowohl die (eigenhändige) Unterschrift einer Person als Wahlwerber auf der Parteiliste (§16 Abs3 siebter Satz litb GWG) als auch die (eigenhändige) Unterfertigung des Wahlvorschlages als solchen (§16 Abs3 erster Satz GWG) durch die selbe Person als Wahlberechtigter verlangt. Ob eine solche Regelung zweckmäßig ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen, verfassungsrechtliche Bedenken bestehen dagegen nicht.
2.2.2. Für den hier vorliegenden Fall ergibt sich daraus vor allem Folgendes: Die in Punkt 1.1.2. angeführte Eingabe der Anfechtungswerberin vom 1.2.2000 kann schon deshalb nicht als "Wahlvorschlag" gewertet werden, weil sie keine "Parteiliste" (§16 Abs3 litb GWG) enthält.
Aber auch der Auffassung der Anfechtungswerberin, dass ihre Eingabe an den Leiter der Gemeindewahlbehörde der Gemeinde
Fraxern vom 28.2.2000 (sh. ebenfalls Pkt. 1.1.2.) den gesetzlichen Anforderungen genüge, kann nicht beigepflichtet werden.
Die unter Punkt 1.1.2. beschriebene Eingabe der Anfechtungswerberin an den Leiter der Gemeindewahlbehörde der Gemeinde Fraxern vom 28.2.2000 weist nämlich auf ihrem Deckblatt - mit Ausnahme der Unterschrift des Zustellungsbevollmächtigten - überhaupt keine (eigenhändige) Unterschrift auf; das Gleiche trifft auf die beigelegte zusammenfassende Liste zu. Die Anlage mit den Seitenbezeichnungen "1" und "2" wiederum weist zwar Unterschriften auf; wie oben unter Punkt 2.2.1. bereits erwähnt wurde, behauptet jedoch nicht einmal die Anfechtungswerberin, dass diese Unterschriften als solche iSd §16 Abs3 erster Satz GWG aufzufassen wären.
Zusammenfassend ergibt sich daraus, dass mit der Eingabe vom 28.2.2000 ein dem GWG entsprechender, die erforderliche Anzahl von Unterschriften (iSd §16 Abs3 erster Satz GWG) aufweisender Wahlvorschlag nicht vorgelegt wurde, weshalb die Gemeindewahlbehörde in rechtsrichtiger Anwendung des §18 Abs3 GWG davon ausging, dass der Wahlvorschlag der Anfechtungswerberin als nicht eingebracht gelte.
2.2.3.1. Auch dem weiteren Vorbringen der Anfechtungswerberin, dass ihr Wahlvorschlag von der Wahlbehörde "zur Ergänzung binnen 48 Stunden wegen fehlender Angaben, darunter wegen fehlender Unterschriften, gemäß §16 GWG zurückzustellen" gewesen wäre, kann nicht beigepflichtet werden.
2.2.3.2. In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach alle - die Wahlbehörde streng bindenden - Formalvorschriften der Wahlordnungen strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen sind. Nach dem vierten Satz des §16 Abs3 GWG ist den Unterschriften auf einem Wahlvorschlag neben dem Familien- und Vornamen auch das Geburtsjahr und die Wohnungsadresse beizufügen. Fehlen diese (den Unterschriften beizufügenden) Angaben ganz oder teilweise, so ist nach dem vierten Satz der erwähnten Gesetzesbestimmung der Wahlvorschlag dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Partei zur Ergänzung binnen 48 Stunden zurückzustellen. Entgegen der Auffassung der Anfechtungswerberin sind dieser Form der Mängelbehebung nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur die den Unterschriften beizufügenden Angaben (Familien- und Vorname, Geburtsjahr, Wohnungsadresse), so sie (ganz oder teilweise) fehlen, nicht aber fehlende Unterschriften auf dem Wahlvorschlag (selbst) zugänglich. Eine Zurückstellung zur Beibringung fehlender Unterschriften ist vielmehr nur für den - hier nicht vorliegenden - Fall vorgesehen, dass ein Wahlvorschlag den Voraussetzungen des §16 Abs3 leg. cit. deshalb nicht mehr entspricht, weil ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet hatte und seine Unterschrift in Folge dessen auf allen Wahlvorschlägen ungültig ist (§16 Abs5 und 6 GWG).
2.2.4. Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass der Wahlvorschlag der Anfechterin von der zuständigen Wahlbehörde zu Recht nicht zur Ergänzung (binnen 48 Stunden) zurückgestellt sondern sogleich als nicht eingebracht gewertet wurde. Auf das weitere Vorbringen in der Anfechtungsschrift brauchte bei dieser Sachlage nicht mehr eingegangen zu werden.
3. Da die im Zusammenhang mit der Einbringung des Wahlvorschlages geltend gemachten Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens nicht gegeben sind, war der Wahlanfechtung nicht stattzugeben.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Wahlen, Wahlvorschlag, MängelbehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:WI1.2000Dokumentnummer
JFT_09998794_00W00I01_00