Index
72/02 Studienrecht allgemein;Norm
AHStG §21 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des HS in L, vertreten durch Dr. Michael Langhofer, Rechtsanwalt in 5202 Neumarkt am Wallersee, Hauptstraße 22, gegen den Bescheid des Fakultätskollegiums der Medizinischen Fakultät der Universität Graz vom 15. Jänner 2003, Zl. 39/522-2001/02, betreffend Aberkennung eines akademischen Grades, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit vom Dekan der Medizinischen Fakultät der Karl - Franzens - Universität Graz am 1. April 1994 und 12. September 1994 gefertigten Erledigungen wurden gemäß § 21 Abs. 4 Allgemeines Hochschulstudiengesetz (der Aktenlage zufolge im Hinblick auf Zeugnisse der Universitäten Erlangen-Nürnberg und Salzburg) an den genannten Universitäten abgelegte Prüfungen für das Studium der Medizin an der Universität Graz (mit Ausnahme der Prüfung im Fach Haut- und Geschlechtskrankheiten) anerkannt. Unter anderem wurde anerkannt "die Teilprüfung der zweiten Diplomprüfung aus Anatomie, abgelegt am 24. Mai 1994, in Verbindung mit den an der Universität Erlangen absolvierten Übungen aus makroskopischer Anatomie als Teilprüfung des ersten Rigorosums aus Anatomie", und die "Einführung in die vergleichende Verhaltensforschung, abgelegt am 3. Oktober 1993, in Verbindung mit den an der Universität Erlangen absolvierten Lehrveranstaltungen aus medizinischer Psychologie als Vorprüfung des zweiten Rigorosums aus medizinischer Psychologie". Die Prüfung über das Fach Haut- und Geschlechtskrankheiten legte der Beschwerdeführer an der Medizinischen Fakultät der Universität Graz am 4. April 1996 mit der Note "Genügend" ab. Am 20. Mai 1996 promovierte der Beschwerdeführer an der Karl - Franzens - Universität Graz zum Doktor der gesamten Heilkunde.
Den Feststellungen des (in Rechtskraft erwachsenen) Urteiles der sechsten Strafkammer des Landesgerichtes Traunstein vom 28. Oktober 2002 zufolge hat der Beschwerdeführer im Jahre 1997 durch Vorlage verfälschter bzw. gefälschter Urkunden seine Approbation als Arzt für die Bundesrepublik Deutschland unrechtmäßig erwirkt.
Bereits mit Schreiben vom 6. Dezember 2001 hatte das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz der Universität Graz mitgeteilt, dem Beschwerdeführer sei im Jahr 1997 die Approbation als Arzt unter anderem aufgrund eines Rigorosenzeugnisses der Universität Graz vom 4. April 1996 über das dritte medizinische Rigorosum und der Promotionsurkunde der Universität Graz vom 20. Mai 1996 über die Verleihung des akademischen Grades Doktor der gesamten Heilkunde erteilt worden. Die Universität Graz habe das an der Universität Salzburg betriebene Biologiestudium in wesentlichem Umfang auf das Medizinstudium angerechnet. Presseberichten zufolge habe der Beschwerdeführer in Österreich kein ordnungsgemäßes bzw. vollständiges Medizinstudium absolviert.
Mit Bescheid vom 4. Juli 2002 hob der Studiendekan der Medizinischen Fakultät der Universität Graz gemäß § 68 UniStG den Bescheid vom 20. Mai 1997 über die Verleihung des akademischen Grades Doktor der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.) an den Beschwerdeführer auf. Begründend wurde unter anderem dargelegt, der Beschwerdeführer habe am 25. März und 15. Juli 1994 Anträge auf Anrechnung von Studien und Anerkennung von Prüfungen gestellt, in denen er angegeben habe, an der Universität Salzburg vom 1989/90 bis 1994 Biologie und an der Universität Erlangen von 1989/90 bis 1991 Medizin studiert zu haben. Aus dem Anerkennungsbescheid vom 12. September 1994 gehe hervor, dass die Teilprüfung der zweiten Diplomprüfung aus Anatomie, abgelegt am 24. Mai 1994, in Verbindung mit den an der Universität Erlangen absolvierten Übungen aus makroskopischer Anatomie als Teilprüfung des ersten Rigorosums aus Anatomie und Einführung in die vergleichende Verhaltensforschung, abgelegt am 3. Oktober 1993, in Verbindung mit den an der Universität Erlangen absolvierten Lehrveranstaltungen aus medizinischer Psychologie als Vorprüfung des zweiten Rigorosums aus medizinischer Psychologie mit Datum vom 12. September 1994 anerkannt worden seien. Die Anerkennungsanträge seien vom Beschwerdeführer persönlich vorgelegt worden und trügen seine eigenhändige Unterschrift. Mit Schreiben vom 15. Juni 2001 habe die Universität Erlangen - Nürnberg über Anfrage der Karl - Franzens - Universität Graz mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt immatrikulierter Studierender und insbesondere nicht für Medizin an dieser Universität immatrikuliert gewesen sei. Daher sei mit Sicherheit auszuschließen, dass er an der Universität Erlangen - Nürnberg in einem gültigen Prüfungsverfahren Leistungsnachweise erworben habe. Es sei somit erwiesen, dass zumindest Teile der im Medizinstudium vorgeschriebenen Prüfungen mit Hilfe vorgetäuschter Leistungsnachweise und unter Vorlage von Unterlagen, die nicht den wahren Sachverhalt beurkundeten, anerkannt worden seien. Dies habe in weiterer Folge zur Verleihung des akademischen Grades aufgrund des unrechtmäßig erworbenen Anerkennungsbescheides geführt.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er legte eidesstattliche Erklärungen des ehemaligen Dekans der Medizinischen Fakultät der Universität Graz, Univ. Prof. Dr. K. sowie des Dr. B. vor. Univ. Prof. Dr. K. bestätigte, dass er "soweit nicht die Anrechnung aus dem abgeschlossenen Biologiestudium möglich war, die Zeugnisse und Bestätigungen des Herrn Mag. DDr. Helmut S., die ich als Pflichtpraktika bzw. Pflichtfamulaturen bzw. Rigorosenprüfungen angerechnet habe, eingesehen habe; erst nach Vorlage dieser Unterlagen habe ich die Anrechnungen gesetzesgemäß durchgeführt". Dr. B. bestätigte unter anderem, dass er "Herrn DDr. S. die Universität in Erlangen gezeigt und mit ihm den Lehrplan durchgegangen" habe. Er habe "Herrn DDr. S. des öfteren von der Universität abgeholt, nachdem wir uns zum Abendessen verabredet haben. Ich kann bestätigen, dass nach meiner Kenntnis Herr DDr. S. zahlreiche Lehrveranstaltungen auf der Universität in Erlangen besucht und an diesen teilgenommen hat".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Fakultätskollegium der Medizinischen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz die Berufung des Beschwerdeführers (unter Wiederholung des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides) als unbegründet ab. Begründend wurde dargelegt, aus der Mitteilung der Universität Erlangen - Nürnberg ergebe sich zweifelsfrei, dass Nachweise über rechtsgültig und ordnungsgemäß erbrachte Prüfungsleistungen nicht vorliegen könnten. Den mit der Berufung vorgelegten eidesstättigen Erklärungen könne zum einen nicht entnommen werden, welche Unterlagen der Dekan eingesehen habe; der Erklärung von Dr. B. sei lediglich der Umstand gemeinsamen Aufenthaltes in Erlangen, aber nicht die Tatsache einer ordnungsgemäßen Absolvierung von Studienleistungen an der Universität Erlangen - Nürnberg zu entnehmen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Ein Antrag auf Ersatz der Aufwendungen wurde nicht gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 68 UniStG hat die Studiendekanin oder der Studiendekan den Verleihungsbescheid aufzuheben und einzuziehen, wenn sich nachträglich ergibt, dass der akademische Grad insbesondere durch gefälschte Zeugnisse erschlichen worden ist.
Die belangte Behörde gründete ihre Beweiswürdigung hinsichtlich der Erschleichung des akademischen Grades durch den Beschwerdeführer insbesondere auf den von der Universität Erlangen - Nürnberg mitgeteilten Umstand, dass der Beschwerdeführer an dieser Universität niemals immatrikuliert gewesen sei. Der Beschwerde gelingt es nicht, eine Fehlerhaftigkeit der aus diesem Umstand gezogenen Schlussfolgerung, dass die vom Beschwerdeführer zur Anerkennung vorgelegten Zeugnisse der Universität Erlangen - Nürnberg nicht in einem ordnungsgemäßen Prüfungsverfahren zustande gekommen sein könnten, aufzuzeigen. Weder der von der Beschwerde hervorgehobene Umstand, dass Dekan Univ. Prof. K. die Einsichtnahme in "Unterlagen" bestätigte, noch der Hinweis auf den von Dr. B. bestätigten Umstand, dass der Beschwerdeführer an der Universität Erlangen - Nürnberg "Lehrveranstaltungen besucht" habe, ist geeignet, eine Fehlerhaftigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde aufzuzeigen. Weder das Vorhandensein von "Unterlagen" (von der Beschwerde als "Originaldokumente" bezeichnet) noch die - offenbar lediglich eine tatsächliche Anwesenheit des Beschwerdeführers an der Universität bekundende - Erklärung von Dr. B. könnte die im Übrigen gar nicht bestrittene Feststellung entkräften, dass der Beschwerdeführer an der Universität Erlangen - Nürnberg nicht immatrikuliert war. Die Beschwerde enthält sich jeglichen Hinweises darauf, auf welche Weise der Beschwerdeführer bei dieser Sachlage Nachweise über die Ablegung von Prüfungen im Rahmen des Studiums der Medizin an dieser Universität auf rechtmäßige Weise erlangt haben sollte. Gleiches gilt für den - im Übrigen neuen und nicht konkretisierten - Hinweis der Beschwerde auf die Teileinstellung des in Deutschland geführten Strafverfahrens (vgl. zum Ganzen auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Zl. 2004/10/0021, betreffend die Aberkennung der von der Universität Salzburg dem Beschwerdeführer verliehenen akademischen Grade eines Magisters der Naturwissenschaften und eines Doktors der Naturwissenschaften).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 22. Juli 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003100046.X00Im RIS seit
26.08.2004