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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AWG 2002 §37 Abs2 Z5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der A-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Mag. Dr. Andreas Schuster, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Straße 18, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Jänner 2004, Zl. Senat-AB-03-0165, betreffend Maßnahme gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Jänner 2004 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 360 Abs. 1 GewO 1994 Spruchpunkt 1 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (BH) dahingehend abgeändert, dass die Frist zur nachweislichen Entfernung der konsenslosen Zwischenlagerungen von Kunststoffabfällen im Freien bei der gewerblichen Betriebsanlage der Beschwerdeführerin bis 30. April 2004 verlängert wurde. Spruchpunkte 2 und 3 des Bescheides der BH wurden ersatzlos behoben, gleichfalls wurde der Passus "Die Entsorgungsnachweise sind der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt unaufgefordert zwei Wochen nach der Entsorgung vorzulegen" behoben.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass durch die BH am Betriebsgelände der Beschwerdeführerin eine Überprüfung unter Beiziehung eines bautechnischen und eines maschinenbautechnischen Amtssachverständigen sowie eines Amtssachverständigen für Abfallchemie, für Deponietechnik und Gewässerschutz sowie eines brandschutztechnischen Sachverständigen durchgeführt worden sei. Der Amtssachverständige für Deponietechnik und Gewässerschutz habe betreffend die Lagerung von Kunststoffabfällen im Freigelände festgestellt, dass eine Gefährdung des Grundwassers gegeben sei, sofern eine Versickerung des Abwassers stattfinde. Nachdem die freien Lagerflächen keine geordnete Abwassererfassung aufweisen würden und auf Grund der Ausgestaltung der Lagerflächenbereiche eine solche derzeit auch nicht möglich sei sowie am umgebenden Areal mehrfache Sickerschächte, Fugen und Risse vorhanden seien, bestehe grundsätzlich die Gefahr eines Übertrittes von Abwasser in den Boden- und Grundwasserkörper. Es sei nicht nur das Gefahrenpotenzial des Materiales bei der bloßen Lagerung unter freiem Himmel durch das Einwirken von Niederschlagswässern gegeben, sondern zusätzlich im Feuerlöschfall durch die praktisch nicht vorhersehbare Abwasserzusammensetzung. Der brandschutztechnische Sachverständige habe festgestellt, dass die Lagerungen der Kunststoffabfälle im Freien zwar als nicht leicht entzündlich bzw. leicht brennbar einzustufen seien, jedoch im Brandfalle ein sehr schwer löschbares Brandgut darstellen würden. Weiters entsprächen die derzeitigen Lagerungen nicht den technischen Richtlinien des vorbeugenden Brandschutzes und seien in der derzeitigen Form nicht genehmigungsfähig. Bei einer weiteren Überprüfung sei vom Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz zusammenfassend festgehalten worden, dass die lagernden Kunststoffe, die Spuckstoffe und die zusätzlich vorgefundenen Kartonagen auf Grund der fehlenden Abwassererfassung und der Tatsache, dass belastete Abwässer anfallen und in den schützenswerten Grundwasserkörper versickern könnten, nach wie vor nicht ordnungsgemäß bereitgehalten würden. Von der Beschwerdeführerin sei ursprünglich eine gewerbebehördliche Genehmigung für die Lagerung von Kunststoffabfällen auf Freiflächen beantragt worden und seien der BH ergänzende Projektsunterlagen vorgelegt worden. Mit Schreiben vom 6. Mai 2003 habe die BH folgende Verfahrensordnung erlassen:
"Der A Ges.m.b.H. lagert auf dem A-Gelände im Standort S, B-Straße 200, auf insgesamt 3 Freilagerflächen im Ausmaß von
21.872 m3, 3.702 m3 und 70 m3 Kunststoff- und Spuckstofffraktionen. Dies ergibt eine Gesamtmenge von 25.644 m3. Die genaue Lage der jeweiligen Fraktionen ergibt sich aus dem Vermessungsplan der Abteilung Vermessung beim Amt der NÖ Landesregierung, Plan Nr.: 23433, vom 4. April 2003. Diese Lagerungen sind nicht genehmigt. Ebenfalls nicht genehmigt sind ca. 1.500 m3 (schätzungsweise 300 t) an Kunststoffabfällen in einer Lagerhalle an der B-Straße, direkt nördlich der durch die Halle führenden Gleise. Die örtliche Beschreibung geht aus der beigeschlossenen Verhandlungsschrift vom 10. April 2003 hervor.
Die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt als Gewerbebehörde
1. Instanz fordert Sie gemäß § 360 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1994 auf, folgenden der Rechtsordnung entsprechenden Zustand Ihrer gewerblichen Betriebsanlage im Standort S, B-Straße 200, herzustellen:
1. Die konsenslosen Zwischenlagerungen von Kunststoffabfällen im Freien von 25.644 m3 sind bis 30. Juli 2003 nachweislich zu entfernen.
2. Die in der Lagerhalle an der B-Straße, direkt nördlich der durch die Halle führenden Gleise, gelagerten Feinfraktionen aus Kunststoffen von ca. 1.500 m3 (schätzungsweise 300 t), welche keinerlei Brandabschnitte aufweist, ist unverzüglich, jedoch längstens innerhalb von 3 Werktagen, gerechnet ab Zustellung dieser Verfahrensanordnung, zu räumen.
3. Weitere Anlieferungen sind einzustellen.
Die Verhandlungsschrift vom 10.4.2003 sowie der Vermessungsplan der Abteilung Vermessung, Zahl 23433 vom 4. April 2003, bilden einen wesentlichen Bestandteil dieser Verfahrensanordnung, und sind mit der Bezugsklausel ('Hierauf bezieht sich die Verfahrensanordnung vom 2. Mai 2003, 12-B- 0245/13') versehen. Die Entsorgungsnachweise sind der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt unaufgefordert 2 Wochen nach der Entsorgung vorzulegen. Weitere Anlieferungen sind einzustellen:
Kommen Sie dieser Aufforderung nicht nach, wird die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes verfügen."
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 12. August 2003, Zl. RU4-K-531/067, sei der H-GesmbH die abfallbehördliche Genehmigung zur Durchführung eines Versuchsbetriebes zur Aufbereitung von Kunststoffabfällen für die Anlage zur Aufbereitung von Kunststoffabfällen und Herstellung von Kunststoffformteilen gemäß § 29 Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 8 AWG 2002 erteilt worden.
Seitens der belangten Behörde sei eine ergänzende Verhandlung sowie ein Ortsaugenschein am Betriebsgelände der Beschwerdeführerin durchgeführt worden, bei welcher der Amtssachverständige für Deponietechnik und Gewässerschutz unter anderem festgestellt habe, dass die Kunststoffabfälle und Spuckstoffe aus der Halle entfernt worden seien, die auf der freien Lagerfläche befindlichen Kunststoffabfälle weiterhin in unveränderter Form vor Ort lagern würden. Insbesondere habe sich die Abfallmenge insgesamt nicht wesentlich verändert und sei daher dem Auftrag der BH nicht entsprochen worden. Bezüglich der Fristen habe der Amtssachverständige ausgeführt, dass die Abtransportmenge von zumindest 500 m3 pro Tag sowohl aus technischer Sicht als auch einvernehmlich mit der Beschwerdeführerin festgelegt worden sei und dieses Transportvolumen als technisch möglich und realisierbar erachtet werde, eine Entsorgung z.B. auf Deponien auf Grund der vorhandenen Kapazitäten, wie auch auf Erfahrungen bei der Räumung einer näher bezeichneten Deponie zeigten, problemlos möglich sei.
Die von den Amtssachverständigen festgestellte Grundwassergefährdung durch die Freilagerungen sowie die hohe Brandlast der Freilagerungen seien geeignet, eine Gefährdung oder Belästigung im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 herbeizuführen, was die Genehmigungspflicht der Errichtung und des Betriebes der Betriebsanlage begründen würde. Da die Anlage der Beschwerdeführerin nicht genehmigt sei, habe für die BH zumindest der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 bestanden. Gemäß § 360 Abs. 1 2. Satz GewO 1994 habe die Behörde, wenn der Gewerbeausübende bzw. Anlageninhaber der vorherigen Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkomme, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen zu verfügen. Die verfügte Maßnahme müsse notwendig und geeignet sein, den - wenn auch nur im Rahmen eines Verdachtes gegebenen - rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. § 360 Abs. 1 GewO 1994 lasse der Behörde keinen Raum für eine Interessensabwägung im Sinne einer Vermeidung von Härten. Die von der Beschwerdeführerin angeführte Genehmigung für einen Versuchsbetrieb gemäß § 29 Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 8 AWG 2002 für die Verarbeitung von Kunststoffabfällen sei im vorliegenden Fall rechtlich nicht relevant, da diese Genehmigung der H-GmbH und nicht der Beschwerdeführerin erteilt worden sei. Die Beschwerdeführerin könne grundsätzlich jede rechtlich zulässige Art wählen, um dem Entfernungsauftrag zu entsprechen. Ob die Entfernung des Materiales durch Verarbeitung im benachbarten Betrieb der H-GesmbH erfolge oder das Material deponiert werde, stehe im Ermessen der Beschwerdeführerin. Jedoch sei die im Bescheid der BH vorgeschriebene Frist zu kurz bemessen, sodass diese Leistungsfrist entsprechend zu verlängern gewesen sei. Insoweit die Beschwerdeführerin in der Berufung ausgeführt habe, dass betreffend die Freilagerungen ein Entfernungsauftrag nach § 32 AWG 1990 anhängig sei, werde festgestellt, dass mit Bescheid der BH vom 21. Juli 2003 ein Behandlungsauftrag gemäß § 73 AWG 2003 bzw. § 32 AWG 1990 betreffend die Lagerungen in der Halle erteilt worden sei. Dabei handle es sich um zwei unterschiedliche Sachen, da einerseits nach § 73 AWG 2002 bzw. § 32 AWG 1990 auf die Eigenschaft der abgelagerten Materialien und deren erforderliche Behandlung als Abfall abgestellt werde und es andererseits nach der GewO 1994 nur um die (Wieder)Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gehe, unabhängig davon, ob eine gesonderte Behandlung von abgelagerten Materialien auf Grund ihrer Eigenschaften oder Gefährdungsmöglichkeiten erforderlich sei oder nicht. Von einer identen Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG könne nicht gesprochen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid ihrem gesamten Vorbringen nach im Recht auf Nichterlassung einer einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 verletzt.
In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt sie im Wesentlichen vor, dass die Voraussetzung des § 360 Abs. 1 GewO 1994 nicht erfüllt sei, weil "der Mangel einer genehmigten Betriebsanlage gemäß § 366 Abs. 1 Z 2 GewO 1994" nicht vorliege und damit auch nicht ein Verdacht entstanden sein könne, dass eine Übertretung dieser Vorschrift vorliege. So werde weder im erstinstanzlichen noch im angefochtenen Bescheid dargelegt, warum die gegenständliche Lagerung einer gesonderten Bewilligungspflicht nach der GewO 1994 unterliegen solle. Die im § 74 Abs. 2 GewO 1994 genannten Umstände, die zu einer Bewilligungspflicht führen könnten, seien im gegenständlichen Verfahren ausschließlich im Hinblick auf die Abfalleigenschaft, nicht jedoch auf deren Eignung nach § 74 Abs. 2 Z 1, 2 und 3 GewO 1994 geprüft worden. Mit Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung vom 12. August 2003, Zl. RU4-K-531/067, sei der H-GesmbH die Genehmigung zum Betrieb zur Erzeugung von Kunststoffformteilen erteilt worden. In diesem Bescheid sei ausdrücklich normiert worden, dass die gegenständlichen gelagerten Materialien für diesen Probebetrieb verwendet werden müssten. Diese Materialien lägen in unmittelbarer örtlichen Nähe der Produktionsstätte und würden sich daher im unmittelbaren örtlichen Zusammenhang zum genehmigten Produktionsbereich befinden, sodass die Freilagerflächen und die eigentliche genehmigte Produktionsstätte eine Betriebseinheit darstellen würden. Es würde nicht darauf ankommen, in wessen Eigentum diese Materialien stünden, sondern darauf, ob für diese Materialien eine Bewilligung zur Lagerung und Verwertung existiere, was durch die genannte abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung gegeben sei.
Selbst wenn die verfahrensgegenständliche Lagerung nicht von der genannten abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung umfasst wäre, sei durch die belangte Behörde stets das gelindeste zum Ziel führende Mittel zu wählen und würde die Verwertung dieser Materialien unmittelbar angrenzend an die Freilagerfläche die geringstmögliche Beeinträchtigung der Interessen im Sinn des § 74 Abs. 2 GewO 1994 darstellen. Eine Verbringung an andere Orte stelle dagegen allein durch den dafür erforderlichen Transport eine große Belastung dar, sodass die Anordnung dahingehend zu lauten gehabt hätte, dass eine Verwertung in der Probebetriebsanlage zu erfolgen habe.
Hinsichtlich desselben Sachverhaltes sei ein abfallwirtschaftsrechtliches Verfahren durchgeführt worden. Die Vorschriften des AWG 2002 seien als lex specialis zu den Vorschriften der GewO 1994 anzusehen, sodass im Falle des Eingreifens des AWG 2002 eine weitere Befassung im Rahmen der GewO 1994 ausgeschlossen sei und das Verfahren ausschließlich nach AWG 2002 abzuwickeln sei, sodass schon aus diesem Grund die Erlassung des angefochtenen Bescheides unzulässig gewesen sei.
Darüber hinaus habe sich die belangte Behörde nicht mit den Einwendungen der Beschwerdeführerin, dass die bescheidgegenständlichen Materialien zur Produktion im Probebetrieb bzw. zur Energiegewinnung dringend benötigt würden, befasst.
Weiters habe die belangte Behörde keinerlei Ermittlungen dahingehend getätigt, ob die bloße Lagerung der Materialien einer bestimmungsgemäßen Verwendung im Rahmen des Probebetriebes gedient habe und die Lagerung dieser Materialien daher konsensgemäß erfolge.
Zuletzt hätten die beigezogenen Amtssachverständigen keine Proben entnommen, um feststellen zu können, welche Materialien tatsächlich abgelagert worden seien und diese Materialien ohne weitere Untersuchung augenscheinlich als "Abfall aus fachlicher Sicht" bezeichnet. Wären Proben gezogen worden, so hätte deren Auswertung ergeben, dass die gelagerten Stoffe einwandfrei zur Verarbeitung im genanten Probebetrieb bestimmt seien.
§ 360 Abs. 1 GewO 1994 lautet:
"(1) Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern (...). Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen."
Die Beschwerde ist zunächst nicht im Recht, wenn sie vorbringt, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Voraussetzungen der Genehmigungspflicht nach § 74 Abs. 2 GewO 1994 zu prüfen. Die Genehmigungspflicht der Errichtung und des Betriebes (§ 74 Abs. 2 GewO 1994) bzw. der Änderung einer Betriebsanlage (§ 81 Abs. 1 GewO 1994) setzt die mit der Errichtung und dem Betrieb bzw. der Änderung der Betriebsanlage verbundene konkrete Eignung voraus, die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen, und ist immer schon dann gegeben, wenn diese Auswirkungen auf bestimmte Personen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 und 2 GewO 1994 oder auf bestimmte Tätigkeits- oder Sachbereiche im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 3 bis 5 GewO 1994 nicht auszuschließen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2002/04/0013). Der angefochtene Bescheid enthält in diesem Sinn auf Grundlage der eingeholten Amtssachverständigengutachten ausreichende Feststellungen darüber, dass die verfahrensgegenständliche Lagerung von Kunststoffabfällen geeignet ist, im Brandfall das Leben oder die Gesundheit zumindest des Gewerbetreibenden zu gefährden (§ 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994) sowie eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen (§ 74 Abs. 2 Z 5 GewO 1994).
Soweit in der Beschwerde behauptet wird, der gewerberechtliche Konsens für die verfahrensgegenständliche Lagerung von Kunststoffabfällen im Freien sei bereits durch die der H-GesmbH gemäß § 29 Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 8 AWG, BGBl. Nr. 325/1990 idF vor dem 2. November 2002, erteilte abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung des Amtes der NÖ Landesregierung (richtig: des Landeshauptmannes von NÖ) vom 12. August 2003 gegeben, ist festzustellen, dass diese Genehmigung - nach Ausweis der in der Begründung dieses Bescheides enthaltenen Betriebsbeschreibung - lediglich die Lagerung von Kunststoffabfällen in einer bestehenden Betriebs- und Lagerhalle erfasst.
Wenn die Beschwerde behauptet, das vorliegende Verfahren sei ausschließlich nach dem AWG 2002 abzuwickeln, ist dem entgegenzuhalten, dass Lager für Abfälle, die der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff GewO 1994 unterliegen, gemäß § 37 Abs. 2 Z 5 iVm § 38 AWG 2002 vom konzentrierten Genehmigungsverfahren ausgenommen sind, sodass die Zuständigkeit der belangten Behörde gegeben war.
Die Beschwerde rügt weiters, die belangte Behörde habe nicht das Gelindeste zum Ziel führende Mittel gewählt und insbesondere nicht vorgeschrieben, dass eine Verwertung der im Freien gelagerten Kunststoffabfälle in der abfallwirtschaftsrechtlich genehmigten "Probebetriebsanlage" der H-GesmbH zu erfolgen habe. Dem ist entgegenzuhalten, dass die gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 verfügte Maßnahme notwendig und geeignet sein muss, den - wenn auch nur im Rahmen eines Verdachtes gegebenen - rechtswidrigen Zustand zu beseitigen und § 360 Abs. 1 GewO 1994 der Behörde damit aber keinen Raum für eine Interessensabwägung im Sinne einer Vermeidung von Härten lässt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 2000, Zl. 2000/04/0156 mwH). Im vorliegenden Fall konnte nur die Entfernung der Kunststofflagerungen im Freien die Beseitigung der rechtswidrigen Lagerung bewirken. Darüber hinaus führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht aus, dass es durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgten Änderungen des erstinstanzlichen Bescheides der Beschwerdeführerin frei gestellt sei, ob sie die Entfernung des Materials durch die Verarbeitung im Betrieb der H-GesmbH oder durch eine Deponierung bewerkstelligt.
Schließlich vermag die Beschwerde auch nicht die Relevanz der von ihr behaupteten Verfahrensfehler darzutun, zumal sie übersieht, dass die von ihr vermissten Ermittlungen der belangten Behörde schon deshalb nicht erforderlich waren, da - wie oben dargestellt - die verfahrensgegenständlichen Lagerungen nicht Teil der abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung des Probebetriebes der H-GesmbH waren und somit auch ihre mögliche Zweckbestimmung für diesen Probebetrieb keinen Einfluss auf das Fehlen der notwendigen gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung hat.
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. Juli 2004
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004040041.X00Im RIS seit
25.08.2004