TE Vwgh Erkenntnis 2004/8/4 2003/08/0098

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.08.2004
beobachten
merken

Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §23 Abs1;
AlVG 1977 §23 Abs2 Z2;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Ing. Mag. M in A, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger, Rechtsanwalt in 6330 Kufstein, Maderspergerstraße 8/I, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 21. März 2003, Zl. LGSTi/V/1212/3336 14 05 61-709/2003, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Schwaz vom 10. Februar 2003 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer die Höhe des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 1. September 2002 bis zum 31. Jänner 2003 berichtigt, das Arbeitslosengeld herabgesetzt und der Beschwerdeführer zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe des Gesamtbetrages von EUR 2.381,78 verpflichtet. Mit Schreiben vom 17. Februar 2003, ergänzt durch ein Schreiben vom 11. März 2003, erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen diesen Bescheid. Mit Telefax vom 17. März 2003, laut dem im Verwaltungsakt einliegenden Sendebericht dem Beschwerdeführer am 17. März 2003 um 14.58 Uhr übermittelt, wurde der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 20. März 2003 eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, dem Beschwerdeführer zugestellt am 25. März 2003, wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde u.a. aus, dass sie ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt habe. Demnach habe der Beschwerdeführer am 5. Juli 2002 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Schwaz einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld gestellt, das ihm ab Antragstellung in der Höhe von EUR 39,35 täglich zuerkannt worden sei. Auf Seite 2 des bundeseinheitlichen Antragsformulares habe der Beschwerdeführer die Frage 3 ("Ich bin arbeitsfähig") bejaht, die Frage 4 ("Ich habe einen Antrag auf Gewährung einer Pension gestellt") habe der Beschwerdeführer verneint. Er habe auf Seite 4 des Antragsformulars u.a. den Hinweis zur Kenntnis genommen und mit seiner Unterschrift bestätigt, dass er nach den Bestimmungen des § 50 Abs. 1 AlVG verpflichtet sei, jede Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse sofort mitzuteilen. Laut Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Tirol, vom 28. Jänner 2003 habe der Beschwerdeführer am "28. August 2003" (gemeint offenbar: 2002) einen Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension gestellt. Dieser Antrag sei jedoch abgelehnt worden, da Berufsunfähigkeit nicht vorgelegen sei. Den Umstand, dass er einen Antrag auf Berufsunfähigkeitspension gestellt habe, habe er dem Arbeitsmarktservice Schwaz nicht bekannt gegeben. Er habe von seinem Recht auf Parteiengehör keinen Gebrauch gemacht.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 24 Abs. 2 AlVG die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen sei, wenn sich die Zuerkennung oder Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt. Gemäß § 23 Abs. 1 AlVG könne Personen, die u.a. eine Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit beantragt haben, bis zur Entscheidung über ihren Antrag auf diese Leistung vorschussweise Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe gewährt werden. Mit dem Antrag auf Berufsunfähigkeitspension habe der Beschwerdeführer zum Ausdruck gebracht, dass er Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit habe. Daher sei die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld) auf die Leistung "Pensionsvorschuss auf Basis Arbeitslosengeld" umzustellen gewesen. Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG sei bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt habe oder wenn er hätte erkennen müssen, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Im Zuge der Antragstellung habe der Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift bestätigt, dass er alle Änderungen der im bundeseinheitlichen Antragsformular genannten Angaben unverzüglich zu melden habe. Dieser Meldeverpflichtung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer sei daher zur Rückzahlung des zu Unrecht bezogenen Arbeitslosengeldes zu verpflichten gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid darauf, dass der Beschwerdeführer den von ihm gestellten Antrag auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension nicht gemeldet hat; sie hat auf Grund des Pensionsantrages mit dem angefochtenen Bescheid die Höhe des Arbeitslosengeldes herabgesetzt. Die belangte Behröde hat dabei jedoch - ungeachtet des Vorbringens des Beschwerdeführers, wonach er wusste, dass er nicht mehr als 50 % arbeitsunfähig sei - keine Erwägungen dazu angestellt, ob mit der Zuerkennung der Pension im Sinne des § 23 Abs. 2 Z. 2 AlVG zu rechnen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 97/08/0419, m.w.H.).

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 4. August 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003080098.X00

Im RIS seit

20.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten