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E1E;Norm
11992E119 EGV Art119;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2003/08/0255 E 4. August 2004 2003/08/0206 E 4. August 2004 2003/08/0251 E 4. August 2004 2004/08/0080 E 4. August 2004 2004/08/0078 E 4. August 2004 2004/08/0077 E 4. August 2004 2004/08/0064 E 4. August 2004 2003/08/0220 E 4. August 2004 2004/08/0024 E 4. August 2004 2003/08/0221 E 4. August 2004 2003/08/0254 E 4. August 2004 2003/08/0252 E 4. August 2004 2003/08/0253 E 4. August 2004 2004/08/0076 E 4. August 2004 2004/08/0153 E 4. August 2004 2004/08/0152 E 4. August 2004 2004/08/0151 E 4. August 2004 2004/08/0154 E 4. August 2004 2004/08/0079 E 4. August 2004 2003/08/0250 E 4. August 2004 2003/08/0216 E 4. August 2004 2003/08/0212 E 4. August 2004 2003/08/0213 E 4. August 2004 2003/08/0208 E 4. August 2004 2003/08/0209 E 4. August 2004 2003/08/0215 E 4. August 2004Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Strohmayer, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der B AG in W, vertreten durch die Hoffmann-Ostenhof Rechtsanwalts GmbH, 1010 Wien, Seilergasse 16/V/21, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 13. Oktober 2003, Zl. IVb-609- 2003/0019, betreffend Rückforderung von Beiträgen gemäß § 69 ASVG (mitbeteiligte Partei: Vorarlberger Gebietskrankenkasse in Dornbirn, vertreten durch Dr. Christoph Herbst, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 3), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4. August 2004, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerdeführerin Mag. Ralph Kilches für die Hoffmann-Ostenhof Rechtsanwalts GmbH, des Vertreters der belangten Behörde Dr. M und des Vertreters der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, Rechtsanwalt Dr. Christoph Herbst, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.263,30 und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.239,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach der Aktenlage hat die Beschwerdeführerin für die bei ihr in den Jahren 1998 bis 2002 in Vorarlberg gemäß § 5 Abs. 2 ASVG geringfügig beschäftigten Personen Pauschalbeiträge gemäß § 53a Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 ASVG geleistet und in der Folge die Rückerstattung dieser Beiträge beantragt.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 7. März 2002, G 219/01, Slg.Nr. 16474, im § 53a ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 138/1998 im Abs. 1 Z 1 die Ausdrücke "1."
sowie "und,", im Abs. 1 die Z 2 zur Gänze, den Abs. 2 zur Gänze sowie im Abs. 5 die Wendung "gemäß Abs. 1 Z 2 und", somit jene Bestimmungen, die die in Rede stehende Beitragspflicht der Beschwerdeführerin begründeten, als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. März 2003 in Kraft trete.
Die von der Beschwerdeführerin für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse in den Jahren 1998 bis 2001 gemäß § 53a Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 ASVG entrichteten Pauschalbeiträge waren von der Anlassfallwirkung des genannten Erkenntnisses erfasst und wurden der Beschwerdeführerin rückerstattet, während - was im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittig ist - keine Anlassfallwirkung für die Beiträge für das Jahr 2002 zum Tragen kam.
Im Wesentlichen unter Hinweis auf das Fehlen der Anlassfallwirkung hat die belangte Behörde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, mit dem diese den Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung der für das Jahr 2002 gemäß § 53a Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 ASVG entrichteten Pauschalbeiträge abgewiesen hat, bestätigt.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführerin hat darauf repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin behauptet in ihrer Beschwerde, die mittlerweile aufgehobenen, aber von der belangten Behörde im Beschwerdefall noch angewendeten Bestimmungen des § 53a Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 ASVG verstießen in zweifacher Weise gegen Normen des Gemeinschaftsrechtes und hätten daher nicht herangezogen werden dürfen. Einerseits verstoße diese Regelung gegen Art. 141 EG-Vertrag (früher Art. 119 EWG-Vertrag), weil geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gegenüber anderen vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnissen mittelbar diskriminiert würden, wobei von dieser Diskriminierung überwiegend Frauen betroffen wären. Andererseits verstoße die genannte Regelung gegen Art. 141 EG in Verbindung mit dem im Gemeinschaftsrecht verankerten allgemeinen Gleichbehandlungsprinzip, weil geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gegenüber anderen Formen der Beschäftigung mit höheren Kosten belastet würden.
1.1. Zum erstgenannten Argument führt die Beschwerdeführerin näher aus, es sei notorisch, dass der Anteil bei Frauen, die Teilzeitarbeit verrichteten, wesentlich höher sei als jener bei Männern; geringfügig Beschäftigte kämen vor allem in Handelsketten wie jener der Beschwerdeführerin zum Einsatz. Nach den vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger monatlich veröffentlichten Statistiken habe im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2002 bei den geringfügig Beschäftigten der Anteil bei Frauen etwa 72 % betragen. Die Dienstgeber müssten nach der in Rede stehenden Bestimmung zwar Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge für die bei ihnen geringfügig Beschäftigten zahlen; es komme jedoch kein Versicherungsverhältnis zustande, aus dem der Beschäftigte Ansprüche ableiten könnte. Dafür müsste sich der geringfügig Beschäftigte einer freiwilligen Kranken- und Pensionsversicherung unterwerfen und diese selbst bezahlen. Die Dienstgeber würden die in Rede stehenden Beiträge auf die Dienstnehmer überwälzen, die entweder mehr leisten müssten oder weniger Entgelt erhielten. Dadurch sei ein "geringfügiges" Arbeitsverhältnis schlechter gestellt, als ein solches mit einem über der Geringfügigkeitsgrenze liegenden Entgelt. Im Hinblick darauf, dass § 53a Abs. 1 Z 2 ASVG überwiegend Frauen betreffe, verstoße diese Bestimmung gegen Art. 141 EG, somit gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht. Unter allen Arbeitnehmern würden die "Geringfügigen" eine eigene Gruppe bilden, von der über 70 % Frauen seien. Sofern für diese Gruppe eine Sonderregelung gelte, die zu einer ungleichen Entlohnung führte, liege eine Diskriminierung vor. Insofern sei es legitim,
"zwischen Vollbeschäftigten, Teilzeitbeschäftigten und Geringfügigen zu vergleichen, und den Punkt hervorzuheben, dass bei Vollbeschäftigten und Teilzeitbeschäftigten eine Zahlung von 16,4 % von der Lohnsumme dem Dienstnehmer tatsächlich zu Gute kommt, weil dieser dadurch Ansprüche in der Krankenversicherung und der Pensionsversicherung hat. Diese Zahlungen des Dienstgebers sind Leistungen des Dienstgebers, die dem Dienstnehmer zu Gute kommen. Völlig anders liegt der Fall bei den Geringfügigen, die keinerlei Ansprüche erlangen."
1.2. Nach der zweiten Begründungslinie der Beschwerde verstoße § 53a Abs. 1 Z 2 ASVG gegen den im Gemeinschaftsrecht verankerten allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, weil geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gegenüber anderen Formen der Beschäftigung mit höheren Kosten belastet würden. Dazu heißt es in der Beschwerde wörtlich:
"Die völlig unterschiedlichen Anspruchsfolgen bei der Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen durch den Arbeitgeber je nachdem, ob es sich um ein geringfügiges oder ein Vollbeschäftigungs- bzw. ein Teilzeitdienstverhältnis handelt, ist sachlich nicht begründbar.
Der Zahlungspflicht des Arbeitgebers im Ausmaß von 16,4% der Lohnsumme steht absolut keine Gegenleistung beim einzelnen geringfügig Beschäftigten gegenüber. Diese müssen erst weitere Mittel aufwenden, um eine Versicherung bestreiten zu können."
1.3. Die - sich teilweise überschneidenden - Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich in zwei Gruppen zusammenfassen:
Einerseits vertritt die Beschwerdeführerin im Hinblick auf Art. 141 EG die Ansicht, die Belastung des Dienstgebers mit den Pauschalbeiträgen wirke sich derart aus, dass die Beitragslast auf die geringfügig Beschäftigten überwälzt werde, wodurch ihre Entlohnung geschmälert und zudem, trotz dieses - indirekten - Beitrages zu den Pauschalzahlungen des Dienstgebers, kein Anspruch auf Leistungen der Kranken- und Pensionsversicherung bestehe;
diese Diskriminierung betreffe überwiegend Frauen.
Andererseits stellt die Beschwerdeführerin einen Vergleich mit vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen an;
diesen gegenüber sei die geringfügige Beschäftigung deshalb benachteiligt, weil sie mit höheren Kosten belastet sei und der Beschäftigte selbst weitere Mittel aufwenden müsste, um Ansprüche in der Kranken- und Pensionsversicherung zu erlangen.
2. Mit diesen Argumenten gelingt es der Beschwerdeführerin aus folgenden Gründen nicht, einen Verstoß der in Rede stehenden Regelung gegen Normen des Gemeinschaftsrechtes, der die behauptete Diskriminierung bzw. Ungleichbehandlung von Frauen zur Folge hätte, aufzuzeigen:
2.1. Gemäß § 5 Abs. 2 ASVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 475/2001 galt im Jahre 2002 ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens EUR 23,16, insgesamt jedoch von höchstens EUR 301,54 gebührte oder für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als EUR 301,54 gebührte. Keine geringfügige Beschäftigung lag hingegen vor, wenn das im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag von EUR 301,54 nur deshalb nicht überstieg, weil infolge Arbeitsmangels im Betrieb die sonst übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht wurde (Kurzarbeit) oder die Beschäftigung im Laufe des betreffenden Kalendermonates begonnen oder geendet hat oder unterbrochen wurde.
2.2.1. § 53a ASVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 1/2002, die die genannten vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmungen unberührt ließ, hat - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung - folgenden Wortlaut:
"§ 53a. (1) Der Dienstgeber hat für alle bei ihm gemäß § 5 Abs. 2 beschäftigten Personen zu leisten:
1. einen Beitrag zur Unfallversicherung in der Höhe von 1,4 % der allgemeinen Beitragsgrundlage und,
2. sofern die Summe der monatlichen allgemeinen Beitragsgrundlagen (Entgelt ohne Sonderzahlungen) dieser Personen das Eineinhalbfache des Betrages gemäß § 5 Abs. 2 übersteigt, einen Pauschalbeitrag in der Höhe von 16,4 % der Beitragsgrundlage gemäß Abs. 2; davon entfallen
a) auf die Krankenversicherung als allgemeiner Beitrag 3,6 % und als Zusatzbeitrag 0,25 %,
b) auf die Pensionsversicherung als allgemeiner Beitrag 9,25 % und als Zusatzbeitrag 3,3 %.
(2) Grundlage für die Bemessung des Pauschalbeitrages gemäß Abs. 1 Z 2 ist die Summe der Entgelte (einschließlich der Sonderzahlungen), die der Dienstgeber jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Personen zu zahlen hat.
...
(5) Die gemäß Abs. 1 Z 2 und gemäß Abs. 3 auf die Pensionsversicherung entfallenden Beiträge sind an den Ausgleichsfonds der Pensionsversicherungsträger (§ 447g) zu überweisen."
2.2.2. Art. 141 EG lautet:
"(1) Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.
(2) Unter 'Entgelt' im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber auf Grund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.
Gleichheit des Arbeitsentgelts ohne Diskriminierung auf Grund des Geschlechts bedeutet,
a) dass das Entgelt für eine gleiche nach Akkord bezahlte Arbeit auf Grund der gleichen Maßeinheit festgesetzt wird,
b) dass für eine nach Zeit bezahlte Arbeit das Entgelt bei gleichem Arbeitsplatz gleich ist.
(3) Der Rat beschließt gemäß dem Verfahren des Art. 251 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses Maßnahmen zur Gewährleistung der Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, einschließlich des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit.
(4) Im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben hindert der Grundsatz der Gleichbehandlung die Mitgliedstaaten nicht daran, zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung bzw. zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen."
2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) steht der in Artikel 141 Abs. 1 und 2 EG verankerte Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit nicht nur der Anwendung von Vorschriften entgegen, die unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts enthalten, sondern auch der Anwendung von Vorschriften, die Ungleichbehandlungen von männlichen und weiblichen Arbeitnehmern auf Grund von nicht auf dem Geschlecht beruhenden Kriterien aufrechterhalten, sofern sich diese Ungleichbehandlungen nicht mit objektiv gerechtfertigten Faktoren erklären lassen, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts zu tun haben (vgl. das Urteil vom 23. Oktober 2003 in den Rechtssachen C-4/02 und C-5/02, ("Schönheit") und ("Becker") mwN).
Der EuGH vertritt zu Art. 141 EG die Ansicht, diese Bestimmung soll einerseits Wettbewerbsverzerrungen auf Grund der schlechteren Entlohnung von Frauen in bestimmten Mitgliedstaaten verhindern, aber auch sozialpolitische Ziele verwirklichen. Obwohl die Bestimmung nur die Mitgliedstaaten anspricht, können auch Privatpersonen daraus Rechte ableiten. Die Betroffenen können sich unmittelbar auf Art. 141 EG berufen, wenn sie unmittelbar auf Grund von Gesetzen oder Kollektivverträgen diskriminiert werden, oder wenn sie für gleiche Arbeit im gleichen privaten oder öffentlichen Betrieb ein unterschiedliches Entgelt erhalten (vgl. das Urteil vom 8. April 1976, Rs 43/75, ("Defrenne II")).
Die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Teile des § 53a ASVG enthalten unbestritten keine unmittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts. Daher ist zu prüfen, ob sie eine mit Art. 141 Abs. 1 und 2 EG unvereinbare mittelbare Diskriminierung begründen. Für den Nachweis einer mittelbaren Diskriminierung ist es erforderlich zu prüfen, ob sich die Bestimmung auf weibliche Arbeitnehmer ungünstiger auswirkt als auf männliche (vgl. das Urteil vom 9. Februar 1999, Rs C-167/97, ("Seymour-Smith und Perez"), Slg. 1999/I-00623).
Nach der Judikatur des EuGH umfasst der Begriff des Entgelts in Art. 141 EG (früher Art. 119 Absatz 2 EWG-Vertrag) alle gegenwärtigen und künftigen in bar oder als Sachleistungen gewährten Vergütungen, vorausgesetzt, dass sie der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wenigstens mittelbar auf Grund des Dienstverhältnisses gewährt, wobei der Umstand, dass bestimmte Leistungen nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden, nicht ausschließt, dass sie den Charakter eines Entgelts im Sinne von Artikel 141 EG haben (vgl. insbesondere das Urteil vom 17. Mai 1990, Rs 262/88, ("Barber"), Slg. 1990/I-01889, mwN).
Dieses Begriffsverständnis geht davon aus, dass sich der Arbeitgeber, und sei es einseitig, verpflichtet, seinen Arbeitnehmern bestimmte Leistungen zu zahlen oder besondere Vergütungen zu gewähren, und dass die Arbeitnehmer demgemäß erwarten, dass der Arbeitgeber ihnen diese Leistungen zahlt oder diese Vergütungen gewährt. Was sich nicht aus dieser Verpflichtung ergibt und worauf sich somit auch keine entsprechende Erwartung der Arbeitnehmer richtet, fällt folglich nicht unter den Begriff des Entgelts. Etwa sind Renten, zu deren Zahlung sich der Arbeitgeber gegenüber seinen weiblichen und männlichen Arbeitnehmern im Rahmen eines betrieblichen Versorgungssystems in gleicher Höhe verpflichtet hat, aber auch die vom Arbeitslohn abgezogenen Beiträge der Arbeitnehmer zur Finanzierung dieses Systems, Entgelt im Sinne von Art. 141 EG. Dagegen fallen die Arbeitgeberbeiträge, die dazu bestimmt sind, die finanzielle Grundlage zur Deckung der Kosten der zugesagten Renten, für deren Finanzierung je nach Geschlecht unterschiedliche versicherungsmathematische Faktoren verwendet werden, zu ergänzen und damit deren zukünftige Zahlung gewährleisten, die den Gegenstand der vom Arbeitgeber eingegangenen Verpflichtung bildet, nicht unter den in Rede stehenden Entgeltbegriff (vgl. das Urteil vom 22. Dezember 1993, Rs C-152/91, ("Neath"), Slg. 1993/I-06935).
Vergütungen, die ihrer Natur nach Leistungen der sozialen Sicherheit sind, sind grundsätzlich nicht vom Entgeltbegriff auszuschließen, doch können unmittelbar durch Gesetz geregelte, keinerlei vertragliche Vereinbarungen innerhalb des Unternehmens oder in dem betroffenen Gewerbezweig zulassende Sozialversicherungssysteme oder -leistungen, wie
z. B. Altersrenten, die allgemein umschriebenen Gruppen von Arbeitnehmern zwingend zustehen, nicht in den Entgeltbegriff, wie er in Art. 119 EWG-Vertrag (jetzt Art. 141 EG) eingegrenzt worden ist, einbezogen werden. Diese Regelungen sichern den Arbeitnehmern nämlich Ansprüche aus gesetzlichen Systemen, an deren Finanzierung Arbeitnehmer, Arbeitgeber und gegebenenfalls die öffentliche Hand in einem Maße beteiligt sind, das weniger vom Dienstverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als von sozialpolitischen Erwägungen abhängt. Der Arbeitgeberanteil an der Finanzierung dieser Systeme stellt keine unmittelbare oder mittelbare Zahlung an den Arbeitnehmer dar und ist daher kein Entgelt (vgl. die Urteile vom 25. Mai 1971, Rs 80/70, ("Defrenne I"), Slg. 1971/00445, und vom 29. November 2001, Rs C-366/99, ("Griesmar"), Slg. 2001/I-09383). Auch die durch Gesetz geregelten Leistungen der sozialen Sicherheit, die zwingend für allgemein umschriebene Gruppen von Arbeitnehmern gelten, fallen nicht unter diesen Entgeltbegriff (vgl. das Urteil vom 30. Jänner 1997, Rs C- 139/95, ("Balestra"), Slg. 1997/I-00549).
2.4. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweist sich die Ansicht der Beschwerdeführerin, die in § 53a Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 ASVG enthaltene Regelung verstoße gegen Art. 141 EG, als verfehlt, weil die genannte Bestimmung nicht die Entlohnung regelt, sondern ausschließlich vorsieht, dass der Dienstgeber Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung zu leisten hat. Solche Beiträge sind jedoch - ebenso wie jene, die bei vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zu entrichten sind - vom Entgeltbegriff des Art. 141 EG nicht umfasst; dies trifft auch auf Leistungen zu, die im Rahmen gesetzlicher Sozialversicherungssysteme zu gewähren sind. Fällt die in § 53a Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 ASVG vorgesehene Regelung über die Zahlung eines Dienstgeberbeitrages aber nicht in den Anwendungsbereich des Art. 141 EG, kommt schon deshalb ein Verstoß gegen die genannte gemeinschaftsrechtliche Norm nicht in Betracht.
2.4.1. Die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde und in ihrer Replik zur Unterstützung ihrer Ansicht ins Treffen geführten Urteile des EuGH vermögen an dieser Beurteilung nichts zu ändern, weil die diesen Entscheidungen zu Grunde liegenden Sachverhalte nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar sind; in jenen Fällen ging es nämlich jeweils um Diskriminierungsfragen wegen überwiegend Frauen zukommender geringerer Entlohnung im Sinne eines Entgelts gemäß Art. 141 Abs. 2 EG; diese Bestimmung ist aber - wie gezeigt wurde - im vorliegenden Fall nicht anzuwenden.
2.5. Im Vergleich zu vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse unter dem Aspekt des Fehlens eines Leistungsanspruches - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin -
schon deshalb nicht benachteiligt, weil die geringfügig Beschäftigten die Möglichkeit haben, sich neben der verpflichtenden Unfallversicherung (vgl. § 7 Z 3 lit. a ASVG) in der Kranken- und Pensionsversicherung selbst zu versichern (vgl. die am 1. Jänner 1998 gleichzeitig mit § 53a ASVG in der hier anzuwendenden Fassung in Kraft getretene Bestimmung des § 19a ASVG), wodurch sie auch die von der Beschwerdeführerin vermissten Leistungsansprüche in diesen Versicherungszweigen erwerben können. Dass die geringfügig Beschäftigten dafür (Dienstnehmer)Beiträge zu entrichten haben, stellt sie gegenüber vollversicherungspflichtig Beschäftigten nicht schlechter, weil auch jene (Dienstnehmer)Beiträge für die Kranken- und Pensionsversicherung zu entrichten haben.
Insgesamt vermag die Beschwerdeführerin mit den zur Beitrags- und Leistungssituation geringfügig Beschäftigter wiedergegebenen Argumenten keine Diskriminierung wegen eines Verstoßes der in Rede stehenden Bestimmungen gegen Art. 141 EG aufzuzeigen.
3. Soweit die Beschwerdeführerin in der behaupteten Schlechterstellung der geringfügig Beschäftigten gegenüber den vollversicherungspflichtig Beschäftigten einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sieht, hat sie offenbar die Bestimmung des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (in der Folge: RL) im Auge. Diese RL hat ihrem Art. 1 zufolge zum Ziel, dass auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit und der sonstigen Bestandteile der sozialen Sicherung im Sinne von Art. 3 der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit schrittweise verwirklicht wird. Nach ihrem Art. 3 Abs. 1 findet die Richtlinie Anwendung auf die gesetzlichen Systeme, die Schutz gegen die Risiken Krankheit, Invalidität, Alter, Arbeitsunfall, Berufskrankheit und Arbeitslosigkeit bieten.
In Art. 4 Abs. 1 RL heißt es :
"Der Grundsatz der Gleichbehandlung beinhaltet den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, und zwar im Besonderen betreffend: - den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen; - die Beitragspflicht und die Berechnung der Beiträge; - die Berechnung der Leistungen..."
3.1. Der EuGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Art. 4 Abs. 1 RL für sich betrachtet unter Berücksichtigung der Zielsetzung der RL und ihres Inhalts hinreichend genau und unbedingt ist, um von einem Einzelnen in Anspruch genommen und vom Gericht angewendet zu werden. Auf Grund des Art. 4 Abs. 1 RL haben Frauen Anspruch auf die gleiche Behandlung und auf Anwendung der gleichen Regelung wie Männer, die sich in gleicher Lage befinden, wobei die Richtlinie, soweit sie nicht durchgeführt wird, das einzige Bezugssystem bleibt (vgl. das Erkenntnis vom 14. Jänner 2004, Zl. 2002/08/0038, und aus der dort dargestellten Rechtsprechung des EuGH das Urteil vom 24. Juni 1987, Rs 384/85, ("Clarke"), Slg. 1987, 02865).
Im Urteil vom 14. Dezember 1995, Rs C-317/93, ("Nolte"), Slg. 1995, I-4625, hat der EuGH die Frage, ob eine nationale Regelung, die Beschäftigungen mit regelmäßig weniger als fünfzehn Stunden in der Woche und einem Arbeitsentgelt bis zu einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße von dem System der gesetzlichen Renten(Pensions)versicherung ausschließt, eine gegen Artikel 4 Absatz 1 RL verstoßende Diskriminierung auf Grund des Geschlechts darstelle, wenn hievon wesentlich mehr Frauen als Männer betroffen sind, verneint, weil der nationale Gesetzgeber in vertretbarer Weise davon habe ausgehen können, dass die fraglichen Rechtsvorschriften erforderlich waren, um ein sozialpolitisches Ziel zu erreichen, das mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes nichts zu tun habe (vgl. auch das Urteil vom 14. Dezember 1995, Rs C-444/93, ("Megner" und "Scheffel"), Slg. 1995, I-4741).
Da beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts die Mitgliedstaaten für die Sozialpolitik zuständig sind, haben sie die geeigneten Maßnahmen zur Verwirklichung ihrer sozialpolitischen Ziele auszuwählen. Bei der Ausübung dieser Befugnis verfügen die Mitgliedstaaten über einen weiten Ermessensspielraum (vgl. das Urteil vom 8. Februar 1996, Rs C- 8/94, ("Laperre"), Slg. 1996, I-00273).
3.2. Die im Beschwerdefall bedeutsame Pauschalierungsbestimmung des § 53a ASVG wurde im Zusammenhang mit der Einbeziehung der geringfügig Beschäftigten in die Kranken- und Pensionsversicherung eingeführt. Im Hinblick auf das dabei vom Gesetzgeber verfolgte sozialpolitische Ziel, alle Erwerbseinkommen, somit auch jenes von geringfügig Beschäftigten, in den Schutzbereich der Sozialversicherung einzubinden (vgl. die erläutenden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der 54. ASVG-Novelle, 886 BlgNR XX. GP, 74, 76 und 99 f , sowie der 55. ASVG-Novelle, 1234 BlgNR XX. GP, 29), kann vor dem Hintergrund der eben wiedergegebenen Rechtsprechung, die den Ausschluss geringfügig Beschäftigter von der Arbeitslosen-, Kranken- und Pensionsversicherung zulässt, von einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts keine Rede sein. Der Verwaltungsgerichtshof hegt keinen Zweifel daran, dass die der Neuregelung der Versicherungspflicht geringfügiger Beschäftigungen zu Grunde liegenden Annahmen des Gesetzgebers zutreffen, nämlich dass eine in bestimmten Wirtschaftszweigen zu beobachtende steigende Tendenz des Ersatzes vollversicherungspflichtiger durch geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse geeignet ist, die finanzielle Leistungskraft eines auf dem Umlagesystem beruhenden Systems der gesetzlichen Kranken- und Pensionsversicherung zu schwächen, darüber hinaus die soziale Absicherung der von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen betroffenen Dienstnehmer gefährdet und überdies wettbewerbsverzerrende Effekte hat. Dies ist ein auch im Sozialversicherungsrecht zulässiger Regelungsgesichtspunkt (vgl. das Erkenntnis VfSlg. 14.802/1997). Die Eignung der mit dem ASRÄG 1997 in diesem Zusammenhang gesetzten gesetzgeberischen Maßnahmen, dieser Entwicklung zu steuern, wird in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. Die Beitragspflicht für den Dienstgeber übersteigt auch nicht jenes Ausmaß, welches bei Bestehen von nicht geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen von insgesamt gleicher Lohnsumme zu entrichten wäre. Somit steht die Regelung des Art. 4 Abs. 1 RL der in Rede stehenden Bestimmung auch dann nicht entgegen, wenn davon wesentlich mehr Frauen als Männer betroffen gewesen sind.
Insgesamt bestehen keine Zweifel, dass die gesetzliche Vorschreibung von pauschalen Dienstgeberbeiträgen für geringfügig Beschäftigte, ohne dass damit ein Leistungsanspruch des Beschäftigten in der Kranken- und Pensionsversicherung verbunden wäre, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Daraus ergibt sich auch, dass hinsichtlich der Frage nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts eine Vorlage an den EuGH nicht erforderlich ist.
Da der behauptete Verstoß gegen Normen des Gemeinschaftsrechts nicht vorliegt - Rechtswidrigkeit wegen eines Verstoßes gegen nationales Recht hat die Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht -, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Ein Kostenersatz für die Gegenschrift war der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nicht zuzusprechen, weil sie nicht durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht wurde (vgl. das Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 94/08/0139).
Wien, am 4. August 2004
Gerichtsentscheidung
EuGH 62002J0004 Schönheit VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003080249.X00Im RIS seit
21.09.2004Zuletzt aktualisiert am
16.12.2011