Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg vom 25. Februar 2003, Zl. LGS SBG/2/1218/2003, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 3. Jänner 2003 auf Gewährung von Arbeitslosengeld gemäß § 7 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) mangels Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Dezember 2002 der Bescheid des Magistrates der Stadt Salzburg vom 9. Juli 2002, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "unselbständige Erwerbstätigkeit" abgewiesen worden sei, bestätigt worden sei. Da der Beschwerdeführer marokkanischer Staatsangehöriger sei, unterliege er den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG). Gemäß § 3 Abs. 2 AuslBG dürfe ein Ausländer, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt sei, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitze. Gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG dürfe die Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn der Ausländer gemäß dem Fremdengesetz 1997 (FrG) ein Aufenthaltsrecht, das den Zweck der Ausübung einer Beschäftigung nach diesem Bundesgesetz mit einschließe, oder eine Niederlassungsbewilligung besitze, deren Zweck gemäß dem § 13 Abs. 3 oder 113 Abs. 5 des FrG nach Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung auf jeglichen Aufenthaltszweck erstreckt werden könne, ausgenommen im Falle des Antrages auf Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung oder im Fall des § 27 FrG.
Als marokkanischer Staatsbürger unterliege der Beschwerdeführer auch den Bestimmungen des FrG. Da er weder die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis noch für einen Niederlassungsnachweis erfülle, sei für den Beschwerdeführer ein legaler Aufenthalt in Österreich nur mit dem Aufenthaltstitel Niederlassungsbewilligung möglich. Der Beschwerdeführer habe vom 9. März 2001 bis zum 30. November 2001 über eine quotenfreie Niederlassungsbewilligung für den Arbeitszweck Künstler verfügt. Am 2. November 2001 habe er beim Magistrat der Stadt Salzburg einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit eingebracht. Dieser Antrag sei mit Bescheid vom 9. Juli 2002 abgelehnt worden. Dieser Bescheid sei in zweiter Instanz mit dem rechtskräftigen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Dezember 2002 bestätigt worden. Die belangte Behörde sehe es daher als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer zum Antragszeitpunkt am 3. Jänner 2003 über keine für die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit erforderliche Niederlassungsbewilligung zum Zwecke der Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit verfügt habe. Dies sei vom Beschwerdeführer in der Berufung auch nicht bestritten worden. Es sei dem Beschwerdeführer auf Grund der zitierten Bestimmungen des AuslBG demnach verwehrt, eine unselbständige Beschäftigung aufzunehmen. Er erfülle daher nicht sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld im Sinne des § 7 AlVG und stehe der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 7 Abs. 1 Z. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Gemäß § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf.
§ 7 Abs. 3 Z. 2 und 3 AlVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 103/2001 bestimmt:
"Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,
...
2. der die Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung auf Grund der gesetzlichen Vorschriften nicht verwehrt ist und
3. die nicht den Tatbestand des § 34 Abs. 3 Z 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75, unter Berücksichtigung des § 34 Abs. 4 FrG erfüllt."
eine Beschäftigung aufnehmen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass das Arbeitslosengeld den Eigentumsschutz des in Österreich im Verfassungsrang stehenden Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur EMRK genieße und der Gesetzgeber diese Rechte ohne Benachteiligung irgendwelcher Gruppen oder Minderheiten zu gewährleisten habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe in der Rechtsprechung zu § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG ausgesprochen, dass dieser Bestimmung in verfassungskonformer Interpretation nicht die Bedeutung beigemessen werden könne, dass sie einen Fremden, dessen Inlandsaufenthalt rechtlich nicht beendet werden dürfe, aus Gründen, die auf einen österreichischen Staatsbürger nicht zutreffen könnten, vom Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausschließe. Die belangte Behörde habe die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt. Sie habe die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers damit begründet, dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel verfüge. Einem Österreicher könne jedoch niemals ein Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld mit der Begründung abgelehnt werden, dass ihm ein Aufenthaltstitel in Österreich fehle. Damit habe die belangte Behörde § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG nicht in verfassungskonformer Weise ausgelegt. Solange sich der Antragsteller in Österreich aufhalte, darf der Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld nicht mit der Begründung abgewiesen werden, dass dem Antragsteller die Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung auf Grund der gesetzlichen Vorschriften verwehrt sei. Auch § 7 Abs. 3 Z. 3 AlVG bedeute rechtlich nichts anderes, als dass Anspruch auf Arbeitslosengeld so lange bestehe, "bis die Verschaffung des Antragstellers in das Ausland rechtlich auch durchsetzbar ist".
Der Tatbestand des § 34 Abs. 3 Z. 2 i.V.m. Abs. 4 FrG sei im vorliegenden Fall somit "mangels Fehlens eines Ausweisungsbescheides" nicht gegeben. Es werde zwar gegen den Beschwerdeführer ein Ausweisungsverfahren eingeleitet werden, es sei jedoch nicht absehbar, wann die Ausweisung des Beschwerdeführers rechtlich durchsetzbar sei. Bis das Ausweisungsverfahren rechtskräftig beendet sei, stünden dem Beschwerdeführer noch einige Möglichkeiten zur Erlangung eines Aufenthaltstitels in Österreich offen.
Hiezu ist zunächst festzuhalten, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Dezember 2002 rechtskräftig abgewiesen wurde; es wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Gewährung von Arbeitslosengeld am 3. Jänner 2003 über keinen Aufenthaltstitel in Österreich verfügte und sich daher zu diesem Zeitpunkt nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Dass es nach dem Gesetz nicht zulässig gewesen wäre, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu setzen oder zu vollstrecken, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Der dem Beschwerdefall zu Grunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich daher wesentlich von jenem, der dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 1998, Zl. 96/08/0314, zu Grunde lag: Nach dem für dieses Erkenntnis maßgeblichen Sachverhalt hatte der Fremde Abschiebungsschutz nach Art. 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention genossen und es bestand keine Möglichkeit, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu setzen und zu vollstrecken. Dass im vorliegenden Beschwerdefall zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Gewährung von Arbeitslosengeld ein Ausweisungsbescheid noch nicht erlassen worden war, ändert nichts daran, dass der Beschwerdeführer zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet war und auch keine Umstände vorlagen, die der Erlassung und Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen entgegengestanden wären. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung auch keine Umstände dargelegt, die einer Ausweisung entgegenstünden, sondern im Wesentlichen lediglich ausgeführt, dass er, solange er sich in Österreich aufhalte, einen Aufenthaltstitel im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne habe. Das Beschwerdevorbringen, wonach dem Beschwerdeführer bis zur rechtskräftigen Beendigung des Ausweisungsverfahrens "noch einige Möglichkeiten zur Erlangung eines Aufenthaltstitels in Österreich" offen stünden, legt nicht dar, dass und gegebenenfalls aus welchen Gründen die Erlassung und Vollstreckung aufenthaltsbeendender Maßnahmen unzulässig wäre; zudem handelt es sich - wollte man es dahingehend verstehen, dass eine Ausweisung unzulässig wäre - auch um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beachtliche Neuerung.
Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, dass dem Beschwerdeführer die Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung auf Grund der gesetzlichen Vorschriften verwehrt war und er daher der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand. Zu der vom Beschwerdeführer behaupteten nicht verfassungskonformen Auslegung des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG durch die belangte Behörde kann auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 1998 verwiesen werden, wonach es nicht verfassungswidrig sein kann, wenn das Gesetz denjenigen Arbeitslosen, der sich zwar tatsächlich im Inland aufhält, dies aber rechtlich nicht darf, dem sich gesetzeskonform verhaltenden ausländischen Arbeitslosen gleichstellt, sofern es nach dem Gesetz zulässig ist, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu setzen und zu vollstrecken.
Soweit der Beschwerdeführer ausführt, dass der "Tatbestand des § 34 Abs. 3 Z. 2 i.V.m. Abs. 4 Fremdengesetz" im vorliegenden Fall "mangels Fehlens eines Ausweisungsbescheides" nicht gegeben sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass er zum Antragszeitpunkt über keinen Aufenthaltstitel verfügt hat, sodass ihm bereits nach § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG die Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung auf Grund der gesetzlichen Vorschriften verwehrt war.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 4. August 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003080048.X00Im RIS seit
07.09.2004