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21/03 GesmbH-Recht;Norm
AlVG 1977 §12 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Kleinhappel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rabensteig 8/3a, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 7. März 2001, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/2000-4865, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 24 Abs. 2 AlVG die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes für das Jahr 1997 widerrufen und gemäß § 25 Abs. 1 leg. cit. der unberechtigt empfangene Betrag zurückgefordert. In der Begründung wurde nach Gesetzeszitaten ausgeführt, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe mit Bescheid vom 17. Juli 2000 die Zuerkennung des Leistungsbezuges für das Jahr 1997 widerrufen und den unberechtigt empfangenen Betrag von S 53.753,-- zurückgefordert, weil auf Grund der Vorlage des Einkommen- und Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1997 und den Belegen der W. GmbH festgestellt worden sei, dass dem Beschwerdeführer der Leistungsanspruch nicht gebührt habe.
In der Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, es liege keiner der Rückforderungstatbestände des § 25 AlVG vor, weil er zu keiner Zeit unwahre Angaben über seine Beschäftigung bei der W. GmbH gemacht hätte. Er hätte dem Arbeitsmarktservice monatlich seine Einnahmen und Ausgaben unter Vorlage von Urkunden bekannt gegeben. Es hätte nie einen Hinweis gegeben, dass nach Vorlage des Steuerbescheides eine Rückforderungsmöglichkeit bestünde. In den Monaten, in denen seine Einnahmen die Ausgaben überstiegen hätten, hätte er ohnehin keinen Bezug erhalten. Der Rückzahlungsanspruch sei ausgeschlossen, weil er den Leistungsanspruch nicht durch unwahre Angaben herbeigeführt hätte. Es läge ein gutgläubiger Leistungsverbrauch vor. Im Zeitpunkt der Einmalzahlung durch die regionale Geschäftsstelle wäre seine Einkommens- und Ausgabensituation des Jahres 1997 umfassend bekannt gewesen.
Die belangte Behörde ist von folgenden Feststellungen und rechtlichen Erwägungen ausgegangen:
Der Beschwerdeführer habe am 4. Februar 1997 einen Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gestellt. Nach dem Inhalt des Antrages habe sein letztes Dienstverhältnis bei der H. GmbH als Geschäftsführer vom 1. Jänner 1986 bis 8. Februar 1997 gedauert. Die Frage, ob er derzeit in Beschäftigung stehe (z.B. als Dienstnehmer, Geschäftsführer, etc.) habe er verneint. Bei der Frage nach eigenem Einkommen habe er seine Witwerpension sowie ab Februar bzw. März eine selbständige Tätigkeit auf Honorarbasis angegeben. In der am 25. Februar 1997 aufgenommenen Niederschrift habe er hinsichtlich seiner selbständigen Tätigkeit angegeben, im Monat Februar an zwei Tagen, nämlich dem 20. und 28., tätig gewesen zu sein. Den Gesamtbetrag seines Einkommens gemäß § 36a AlVG habe er unter Vorlage von Rechnungen mit S 2.918,25 angegeben. Für den Monat März 1997 habe er für sechs Tage ein Einkommen in Höhe von S 121.335,82 erklärt. Da er in diesem Monat ein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erzielt habe, habe er für diesen Zeitraum keine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung erhalten. Für den Monat April habe er ein Einkommen in Höhe von S 1.580,50 und für den Monat Mai in Höhe von S 61.069,-- angegeben. Im Monat Mai habe wiederum kein Anspruch auf eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung bestanden. Für den Monat Juli habe er einen Betrag von S 1.829,12 an Einkommen erklärt, für den Monat August habe er einen "Minusbetrag" von S 102.488,38 angegeben.
Auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Erklärungen habe die regionale Geschäftsstelle davon ausgehen müssen, dass er als vorübergehend selbständig erwerbstätig im Sinne des § 12 Abs. 3 AlVG anzusehen sei. Eine Erwerbstätigkeit sei vorübergehend, wenn sie befristet vereinbart worden sei und sich nicht über mehr als zwei Kalendermonate erstrecke. Auf Grund der Einschätzung als vorübergehende selbständige Tätigkeit seien dem Beschwerdeführer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für die Monate, für die er ein Einkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze erklärt habe, angewiesen worden. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten und unterschriebenen Erklärungen hätten jeweils den Hinweis erhalten, dass nach Erhalt des Einkommen- und Umsatzsteuerbescheides für das betreffende Jahr dieser binnen zwei Wochen vorzulegen sei. Zusätzlich enthalte die Erklärung auch die Angabe, kein weiteres Einkommen als das in der Erklärung angegebene, erzielt zu haben.
Im März 1999 habe der Beschwerdeführer eine Aufstellung seiner Honorarnoten vorgelegt. Daraufhin sei eine Nachzahlung für die Monate April, Juni und Juli, ausgenommen die Tage, an denen laut Honorarnoten eine Beschäftigung ausgeübt worden sei, erfolgt. Nach den dem Arbeitsmarktservice für die Zeit seit Juni 2000 vorliegenden Urkunden sei der Beschwerdeführer aber im gegenständlichen Zeitraum für die W. GmbH in jedem Monat des zu beurteilenden Zeitraumes tätig gewesen. Darüber hinaus sei aus dem am 21. Februar 2000 einlangenden Steuerbescheid und der dazugehörigen Steuererklärung für das Jahr 1997 klar ersichtlich, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Zeitraum auch weiteres, nicht erklärtes Einkommen erzielt habe. Auf Grund der nunmehr zur Verfügung stehenden Unterlagen ergebe sich eindeutig, dass im gegenständlichen Zeitraum keine vorübergehende, sondern eine durchgehende Erwerbstätigkeit vorgelegen sei. Für eine solche selbständige Erwerbstätigkeit sehe § 36a AlVG vor, dass zunächst eine vorläufige Beurteilung der Arbeitslosigkeit anhand von monatlichen Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen und eine endgültige Beurteilung anhand des Steuerbescheides zu erfolgen habe. Das durch den Steuerbescheid für das Jahr 1997 festgestellte Einkommen sei im Wege einer durchschnittlichen Berechnung auf die einzelnen Monate aufzuteilen. Als monatliches Einkommen gelte bei einer durchgehenden selbständigen Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich aus dem Steuerbescheid ergebenden Jahreseinkommens. Dieses betrage S 264.453,--, das durchschnittliche Monatseinkommen daher S 19.340,50. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit seien nicht berücksichtigt worden. Wegen Überschreitens der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze habe der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gehabt. Die Zuerkennung der Leistungen sei daher zu widerrufen und diese rückzufordern gewesen. § 25 Abs. 1 AlVG normiere auch einen verschuldensunabhängigen Rückforderungstatbestand, der jedenfalls zum Tragen komme.
Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom Februar 1997 nicht angegeben, dass seine Geschäftsführertätigkeit bis 6. August 1999 bestanden habe. Ein Geschäftsführer einer GmbH, der in einem Anstellungsverhältnis zu dieser Gesellschaft die Anwartschaft erworben habe, gelte erst dann als arbeitslos, wenn nicht nur das Anstellungsverhältnis (das Beschäftigungsverhältnis), sondern auch die Organstellung (die Geschäftsführertätigkeit) beendet sei. Ob der Geschäftsführer tatsächlich eine Tätigkeit entfalte oder keinerlei Tätigkeiten als Geschäftsführer ausübe, weil der Betrieb geschlossen sei, sei ohne Bedeutung. Mit der Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH sei die Geschäftsführertätigkeit nicht beendet worden, sondern erst vielmehr mit der Löschung der GmbH am 6. August 1999. Daraus ergebe sich, dass Arbeitslosigkeit gemäß § 12 Abs. 1 AlVG nie vorgelegen sei und wegen Verschweigung der Geschäftsführertätigkeit der empfangene Betrag zurückzufordern sei.
Die Höhe des Rückforderungsbetrages errechne sich wie folgt:
Der tägliche Anspruch aus der Arbeitslosenversicherung habe im Jahr 1997 S 507,-- betragen. Im März sei ihm ein Betrag von S 9.635,-- für den Monat Februar (für 19 Tage) ausbezahlt worden. Im April 1999 habe er eine Nachzahlung für die Monate April, Juni und Juli 1997 im Ausmaß von 87 Tagen in Höhe von S 43.611,-- erhalten. Im Mai 1999 sei die Nachzahlung eines weiteren Tages für den Monat Februar in Höhe von S 507,-- erfolgt. Der Rückforderungsbetrag errechne sich daher mit S 53.753,--.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat den Widerruf und die Rückforderung für den gesamten Zeitraum unter anderem darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer während des gesamten Zeitraumes Geschäftsführer einer GmbH war und dies bei Antragstellung nicht gemeldet hat.
Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass das die Anwartschaft begründende Dienstverhältnis mit 8. Februar 1997 geendet habe und die organschaftliche Stellung erst mit 6. August 1999 gelöscht wurde.
Ausgehend von diesem unstrittigen Sachverhalt kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den Widerruf und die Rückforderung der Leistungen im gesamten Streitzeitraum ausgesprochen hat: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 26. Mai 2004, 2001/08/0119, m.w.N.) setzt die "Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses" im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG jedenfalls voraus, dass der Vertrag und die beiderseitigen Hauptpflichten aus dem versicherungspflichtigen anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnis erloschen sind. Der bloße Umstand, dass das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers - bei Fortdauer seiner Organstellung - endet, bedeutet noch keinen Entfall der Hauptleistungspflicht des Geschäftsführers, gleichgültig ob er für seine Geschäftsführertätigkeit weiterhin Entgelt erhält oder nicht. Auch auf die tatsächliche Tätigkeit nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses kommt es nicht an. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet wurde, sowie dann, wenn der bisherige Geschäftsführer einer GmbH nach deren Auflösung als Liquidator eintritt. Auf dem Boden dieser Rechtslage kann der Annahme der belangten Behörde, es sei im Beschwerdefall zu keiner Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Beschwerdeführers im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG gekommen, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.
Da somit diese Begründungslinie den Spruch des angefochtenen Bescheides zur Gänze zu tragen vermag, erweist sich die Beschwerde schon deshalb als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 4. August 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001080068.X00Im RIS seit
06.09.2004