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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1997 §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde der O, vertreten durch Dr. Volker Mogel, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/I/3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 2. April 2004, Zl. Fr 681/04, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Nigeria, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein bis 31. März 2009 befristetes Aufenthaltsverbot. Begründend stellte die belangte Behörde fest, das Bundesasylamt habe den Asylantrag der am 11. Dezember 2003 in das Bundesgebiet eingereisten Beschwerdeführerin gemäß den §§ 7 und 8 AsylG rechtskräftig abgewiesen. Auch ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist betreffend den letztgenannten Bescheid sei abgewiesen worden, ein diesbezügliches Berufungsverfahren sei noch offen. Da aber der noch nicht rechtskräftig entschiedene Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht geeignet sei, die Rechtskraft der negativen Asylentscheidung zu beseitigen, stehe § 21 Abs. 1 AsylG dem gegenständlichen Aufenthaltsverbot nicht entgegen. Nach ihren Angaben bei der Asylbehörde sei die Beschwerdeführerin mittellos und verfüge in Österreich weder über einen Wohnsitz noch über familiäre Bindungen. Die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin sei mit der Gefahr verbunden, dass sie ihren Lebensunterhalt durch kriminelle Handlungen bestreite bzw. einer österreichischen Gebietskörperschaft wirtschaftlich zur Last falle. Was die von der Beschwerdeführerin in der Berufung gegen das erstinstanzliche Aufenthaltsverbot vorgebrachte Beziehung zu einem anderen Asylwerber, die einer Lebensgemeinschaft sehr nahe komme, betreffe, so sei dieser Umstand nicht geeignet, ein Überwiegen der Privatinteressen der Beschwerdeführerin am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Sinn des § 37 FrG darzutun. Im Fall der Beschwerdeführerin könne die belangte Behörde auch keine Umstände erkennen, die eine Ausübung des Ermessens im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG zugunsten der Beschwerdeführerin geboten erscheinen ließe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 36 Abs. 1 FrG ist die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen (die nationale Sicherheit, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer) erheblich gefährdet. Daraus folgt, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 36 Abs. 1 FrG nur dann in Betracht kommt, wenn ein solches erforderlich ist, um die festgestellte, vom Fremden ausgehende Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden. In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2004, Zl. 2001/21/0028).
Der Tatbestand nach § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG ist dann verwirklicht, wenn der Fremde den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend dieser Tatbestand verwirklicht sei, bringt die Beschwerdeführerin vor, sie verfüge in Österreich über einen ausgeprägten Freundes- und Bekanntenkreis, von dem sie auch bislang versorgt worden sei. Damit vermag die Beschwerdeführerin die von der belangten Behörde angenommene Mittellosigkeit nicht zu widerlegen, müsste doch diesbezüglich nachgewiesen werden, inwieweit diese Leistungen gesichert sind (vgl. dazu das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 2001/21/0028).
Soweit die Beschwerde § 21 Abs. 1 AsylG anspricht, bestreitet sie die Feststellungen der belangten Behörde nicht, wonach der Asylantrag der Beschwerdeführerin bereits mit Bescheid des Bundesasylamtes rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die Beschwerdeführerin legt zwar dar, aus welchen Gründen ihrem noch nicht rechtskräftig entschiedenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen den genannten Asylbescheid gute Erfolgsaussichten zukämen. Diese Ausführungen gehen jedoch insofern ins Leere, als die belangte Behörde im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides unstrittig vom rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ausgehen durfte, woran der in Rede stehende Wiedereinsetzungsantrag nichts änderte (dass diesem Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 71 Abs. 6 AVG zuerkannt worden wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet). Zu Recht vertrat die belangte Behörde daher die Auffassung, die Beschwerdeführerin sei bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht Asylwerberin im Sinn des § 21 Abs. 1 AsylG gewesen.
Entgegen der Beschwerdemeinung begegnet es beim Verwaltungsgerichtshof auch keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde aus der Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin die Gefahr ableitete, diese werde ihren Unterhalt im Wege strafbarer Handlungen zu finanzieren versuchen und/oder die Republik Österreich finanziell belasten. Daran ändert der Hinweis der Beschwerde auf das bisherige Wohlverhalten der Beschwerdeführerin nichts, weil es für die genannte Gefährlichkeitsprognose nicht erforderlich ist, dass der Fremde bereits tatsächlich straffällig geworden oder einer österreichischen Gebietskörperschaft wirtschaftlich zur Last gefallen ist (vgl. zum Ganzen neben dem bereits wiederholt zitierten Erkenntnis, Zl. 2001/21/0028, etwa auch das Erkenntnis vom 4. September 2003, Zl. 2003/21/0083).
Im Hinblick auf § 37 FrG wendet die Beschwerdeführerin ein, sie befinde sich "seit bereits Anfang Dezember 2003" in Österreich und unterhalte mit einem namentlich genannten Asylwerber, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen möchte, eine Lebensgemeinschaft. Auch bei Zugrundelegung dieser (seit verhältnismäßig kurzer Zeit bestehenden) Umstände - auch die belangte Behörde ist im Übrigen von einem Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin durch das gegenständliche Aufenthaltsverbot ausgegangen - ist aber der Auffassung, das Aufenthaltsverbot sei im Hinblick auf die genannte Gefährdung öffentlicher Interessen im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten und wiege in seinen Auswirkungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung (§ 37 Abs. 2 FrG), nicht entgegen zu treten.
Schließlich sind auch unter Einbeziehung des in der Beschwerde betonten Alters der Beschwerdeführerin (diese war bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits volljährig) entgegen der Beschwerdemeinung keine Umstände ersichtlich, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zugunsten der Beschwerdeführerin Gebrauch zu machen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 31. August 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004210185.X00Im RIS seit
13.09.2004