TE Vwgh Erkenntnis 2004/8/31 2004/21/0170

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Veröffentlicht am 31.08.2004
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. Elmar Kresbach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 19. April 2004, Zl. Fr 1284/04, betreffend ein befristetes Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Guinea-Bissau, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot. Begründend stellte sie fest, der Beschwerdeführer sei erstmals im Jahr 1998 illegal nach Österreich eingereist. Nachdem sein Asylantrag abgewiesen worden sei, sei er im Jahr 1999 zunächst nach Italien und dann in die Schweiz und nach Deutschland weiter gereist, wo er Asylanträge unter verschiedenen Identitäten gestellt habe. Im Jahr 2003 sei der Beschwerdeführer wiederum nach Österreich eingereist und habe einen weiteren Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. März 2004 gemäß § 68 AVG zurückgewiesen worden sei. Mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 24. Februar 2004 sei der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 erster Fall Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr, davon acht Monate bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum Jänner 2003 bis Oktober 2003 Heroin und Kokain erworben, besessen sowie gewerbsmäßig durch gewinnbringenden Verkauf an namentlich genannte Personen überlassen habe. Der Beschwerdeführer verfüge über keine Dokumente, habe weder familiäre Bindungen noch einen festen Wohnsitz in Österreich und sei mittellos. Ausgehend von den genannten strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im Hinblick auf die bei der Suchtgiftkriminalität bestehende große Wiederholungsgefahr die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde. Der Beschwerdeführer habe durch seine gewerbsmäßige Mitwirkung am Suchtgifthandel mit harten Drogen zu einer Gesundheitsgefährdung im großen Ausmaß beigetragen. Unter diesem Gesichtspunkt erweise sich das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot vor allem zum Schutz der Gesundheit Anderer als im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten. Da der Beschwerdeführer in Österreich nicht integriert sei, gehe die Abwägung der Interessen nach § 37 Abs. 2 FrG zu seinen Lasten aus. Im Übrigen seien keine Umstände erkennbar, die im Rahmen des Ermessensspielraumes der belangten Behörde nach § 36 Abs. 1 FrG heranzuziehen wären. Was die Dauer des Aufenthaltsverbotes betreffe, so könne vor Ablauf von zehn Jahren ein positiver Gesinnungswandel des Beschwerdeführers nicht prognostiziert werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

In seiner Beschwerde lässt der Beschwerdeführer die genannten strafbaren Handlungen und die deshalb vom Strafgericht über ihn rechtskräftig verhängte teilbedingte Freiheitsstrafe unbestritten. Wenn die belangte Behörde daher von der Erfüllung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z. 1 (zweiter Anwendungsfall) FrG ausgeht, so bestehen dagegen keine Bedenken.

Gegen die Gefährlichkeitsprognose im Sinne des § 36 Abs. 1 FrG verweist der Beschwerdeführer auf die bedingte Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe und die diesbezüglich zugrunde liegenden Erwägungen des Strafgerichtes. Abgesehen davon, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. November 2003, Zl. 2002/21/0152) die zur Vollziehung des Fremdengesetzes zuständige Behörde bei der Prüfung der Frage, ob die von einem Fremden begangene Straftat die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertige, nicht an die für die Gewährung der bedingten Strafnachsicht maßgeblichen Erwägungen des Gerichtes gebunden ist, sondern diese Frage vielmehr eigenständig und ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts zu beurteilen hat, ist die belangte Behörde bei dieser Beurteilung von der mit der Suchtgiftkriminalität im Allgemeinen verbundenen großen Wiederholungsgefahr ausgegangen. Zutreffend hat die belangte Behörde diese Wiederholungsgefahr auch im vorliegenden Fall angesichts der (in der Beschwerde nicht in Abrede gestellten) Mittellosigkeit des Beschwerdeführers in Verbindung mit dem in der Vergangenheit gezeigten Verhalten - gewerbsmäßiger Heroin- und Kokainhandel während eines unmittelbar nach der Einreise gelegenen Zeitraumes - angenommen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2004, Zl. 2003/21/0144). An dieser Gefährdungsprognose können weder die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers bis zur gegenständlichen Verurteilung noch die zwischenzeitige - allerdings erst kürzlich erfolgte - Verbüßung der Freiheitsstrafe etwas ändern.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, er sei bis zur rechtskräftigen Zurückweisung seines zweiten Asylantrages (die Rechtskraft sei am 26. März 2004 eingetreten) zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen, weshalb das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot rechtswidrig sei. Dieser Einwand geht schon deshalb ins Leere, weil es nur auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides - zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr Asylwerber - ankommt.

Die unter dem Gesichtspunkt des § 37 FrG vorgenommene Beurteilung der belangten Behörde wird in der Beschwerde nicht in Frage gestellt. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt am Ergebnis dieser Interessenabwägung angesichts des Fehlens einer maßgeblichen Integration des Beschwerdeführers und des als besonders hoch zu bewertenden öffentlichen Interesses an der Verhinderung der äußerst sozialschädlichen Suchtgiftkriminalität, auch wenn im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nur eine diesbezügliche Verurteilung vorlag, keine Bedenken (vgl. auch dazu das obzitierte Erkenntnis, Zl. 2003/21/0144).

Schließlich erweist sich auch der Beschwerdeeinwand, die zehnjährige Befristung des Aufenthaltsverbotes sei "unter Berücksichtigung der Integration" des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu lange bemessen, als unberechtigt, weil eine solche Integration angesichts der unstrittig fehlenden familiären Bindungen des Beschwerdeführers und seines relativ kurzen Aufenthalts in Österreich nicht erkennbar ist. Vielmehr kann der Ansicht der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, dass im Hinblick auf die bereits angesprochene Wiederholungsgefahr der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen ein Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht vor Ablauf von zehn Jahren vorhersehbar ist.

Da somit bereits die Beschwerde erkennen lässt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. August 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004210170.X00

Im RIS seit

24.09.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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