TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/7 2001/18/0117

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Veröffentlicht am 07.09.2004
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997 §21 Abs2;
FrG 1997 §104 Abs1 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §104 Abs3 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z5;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
StGB §70;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des S, geboren 1964, vertreten durch Dr. Helge Doczekal, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. April 2001, Zl. SD 303/01, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. April 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen indischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 5 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei zuletzt am 7. August oder am 7. September 2000 über die grüne Grenze illegal nach Österreich gelangt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26. Februar 2001 sei er wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 104 Abs. 1 und 3 FrG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten, davon zwölf Monate bedingt, verurteilt worden. Nachdem er bereits zuvor im Frühjahr 2000 unter Zuhilfenahme eines Schleppers illegal nach Österreich gelangt wäre, habe er von April 2000 bis zu seiner Festnahme am 12. September 2000 ausländische Staatsbürger, die ohne behördliche Genehmigung nach Österreich eingereist seien, kontaktiert und anschließend die Weiterschleusung dieser Personen (insgesamt ca. 150) nach Italien bzw. Frankreich (somit in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. in einen Nachbarstaat Österreichs) organisiert. Zu diesem Zweck habe er etwa 74 Busfahrscheine für Fahrten von Wien nach Mailand bzw. Nizza angekauft und an diese Personengruppe weitergegeben sowie entsprechende Buchungen in einem Reisebüro durchgeführt. Er habe in gewerbsmäßiger Absicht gehandelt, wobei er aus seinen Handlungen jeweils einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil erlangt habe. Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens habe der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt, der derzeit beim Bundesasylamt anhängig sei. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz sei dem Beschwerdeführer versagt worden.

Damit seien sowohl der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 als auch jener der Z. 5 FrG (in der maßgeblichen Fassung nach der Novelle BGBl. I Nr. 134/2000) erfüllt. Im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch das Schlepperunwesen sei das Aufenthaltsverbot im Grund des § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer sei ledig und für niemanden sorgepflichtig. Familiäre Bindungen zum Bundesgebiet seien nicht behauptet worden. Unter Bedachtnahme auf seinen überaus kurzen und zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet liege kein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in sein Privat- oder Familienleben vor. Eine Prüfung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes gemäß § 37 FrG sei daher nicht vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf das Fehlen besonderer, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der belangten Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können. Das Aufenthaltsverbot sei unbefristet auszusprechen gewesen, weil nicht vorhergesehen werden könne, wann die von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit weggefallen sein werde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, wegen gewerbsmäßiger Schlepperei gemäß § 104 Abs. 1 und 3 FrG idF der Novelle BGBl. I Nr. 34/2000 rechtskräftig verurteilt worden zu sein. Demnach steht fest, dass er mit dem Vorsatz, dass dies gegen einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil für ihn oder für einen anderen geschehe, im Zeitraum von April 2000 bis zum 12. September 2000 die rechtswidrige Einreise von Fremden in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union gewerbsmäßig (§ 70 StGB) dadurch gefördert hat, dass er die Weiterschleusung von insgesamt ca. 150 Personen, die zuvor teils mittels erschlichenen griechischen Sichtvermerken, teils auf andere Art illegal nach Österreich eingereist waren, von Wien nach Italien organisiert hat, insbesondere (im Zeitraum vom 15. Juni 2000 bis zum 12. September 2000) durch den Ankauf und die Weitergabe von 74 Busfahrscheinen für die Fahrten von Wien nach Mailand bzw. Nizza und durch die Vornahme der entsprechenden Reservierungen für 74 Personen bei der Filiale eines französischen Reiseunternehmens in Wien. Der Beschwerdeführer wurde hiefür nach § 104 Abs. 3 FrG zu einer Freiheitsstrafe von achzehn Monaten (davon zwölf Monate bedingt) verurteilt. Aus diesem Grund bestehen gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die Tatbestände des § 36 Abs. 2 Z. 1 und Z. 5 FrG erfüllt seien und dass (im Hinblick auf die Vielzahl der strafbaren Handlungen im Zeitraum vieler Monate) die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keine Bedenken.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe Indien auf Grund politischer Verfolgung fluchtartig verlassen müssen und sei gezwungen gewesen, ohne gültige Einreisepapiere nach Österreich zu gelangen. Über seinen Asylantrag sei noch nicht rechtskräftig entschieden worden.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Gemäß § 21 Abs. 1 AsylG findet das Fremdengesetz - mit Ausnahme von einzelnen, hier nicht in Betracht kommenden Bestimmungen - auch auf Asylwerber Anwendung. Diese sind gemäß § 21 Abs. 2 erster Halbsatz AsylG (lediglich) gegen die Zurückschiebung, Zurückweisung oder Abschiebung in ihren Herkunftsstaat geschützt. Die illegale Einreise wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde nicht als für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes relevantes Fehlverhalten zur Last gelegt.

3. Ferner kommt dem Beschwerdevorwurf, der angefochtene Bescheid sei mangelhaft begründet, keine Berechtigung zu. Der Bescheid lässt klar erkennen, welchen Sachverhalt die belangte Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat und welche Erwägungen für ihre Beurteilung maßgeblich waren.

4. Für die belangte Behörde bestand auch keine Veranlassung, von ihrem Ermessen im Grund des § 36 Abs. 1 FrG zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, zeigt doch die Beschwerde keine Umstände auf, die für eine derartige Ermessensübung sprächen. Auch sind aus dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhalt mit den Verwaltungsakten solche Umstände nicht ersichtlich.

5. Gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass mit dem Aufenthaltsverbot in Ansehung der unstrittig fehlenden familiären oder sonstigen Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich kein Eingriff in dessen Privat- oder Familienleben verbunden sei, bestehen keine Bedenken. Aus seinem erst etwa achtmonatigen Aufenthalt in Österreich lässt sich kein nennenswerter Grad an Integration ableiten. Damit erübrigt sich - wie von der belangten Behörde zutreffend beurteilt - eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2000/18/0182).

6. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 7. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001180117.X00

Im RIS seit

20.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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