TE Vwgh Beschluss 2004/9/7 2004/05/0184

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Veröffentlicht am 07.09.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1;
VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des Dr. J, vertreten durch Mag. G, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 23. Juni 2004, Zl. VwSen-210406/11/Lg/Ni, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Verwaltungsstrafsache nach der Oö. Bauordnung (weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 13. Mai 2003 wegen einer Übertretung nach der Oö. Bauordnung wurde von der belangten Behörde für den 30. März 2004, 10.00 Uhr, eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Der Beschwerdeführer, der zu dieser Verhandlung geladen war, hat die Verhandlung versäumt.

In seinem Wiedereinsetzungsantrag gab der Beschwerdeführer an, er sei am 22. März 2003 vom Verhandlungstermin verständigt worden und habe seinem Vertreter mitgeteilt, dass seiner Vertagungsbitte nicht stattgegeben worden sei. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe daraufhin seine Sekretärin beauftragt, bei der belangten Behörde anzurufen; der Sekretärin sei auf telefonische Anfrage mitgeteilt worden, dass eine Vertagungsbitte nicht notwendig wäre, weil die Verhandlung ohnehin für den 20. April 2004 anberaumt wäre. An diesem Tag habe sich herausgestellt, dass die Verhandlung nicht für den 20. April 2004 anberaumt war. Der Beschwerdeführervertreter legte dem Wiedereinsetzungsantrag eine eidesstättige Erklärung seiner Angestellten bei, wonach dieser telefonisch mitgeteilt worden wäre, dass die Verhandlung am 20. April 2004 stattfinde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Wiedereinsetzungsantrag ab. Es sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass der Irrtum durch eine falsche Auskunft einer Mitarbeiterin der belangten Behörde erzeugt worden sei. Zwei in Betracht kommende Personen verneinen die Erteilung einer derartigen Auskunft. Gegen eine Bekanntgabe des 20. April 2004 spreche auch, dass für diesen Termin keine "verwechslungsfähigen" Verhandlungen der zuständigen Kammer oder des Berichters der belangten Behörde anberaumt gewesen sei. Es wäre Sache des Beschwerdeführervertreters gewesen, sich angemessene Klarheit über die Frage zu verschaffen, ob die von seiner Sekretärin behauptete Terminverschiebung tatsächlich stattgefunden habe. Die dem Vertreter des Beschwerdeführers unterlaufene Sorgfaltswidrigkeit sei verschuldet und nicht als minderer Grad des Versehens einzustufen.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Teilnahme an einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren verletzt. Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid übersehen, dass mit Schriftsatz vom 23. März 2004, der am 24. März 2004 bei der belangten Behörde eingelangt sei, eine weitere Vertagung der Verhandlung vom 20. April 2004 beantragt worden sei, woraus die belangte Behörde hätte ableiten können, dass der Beschwerdeführer von einem Verhandlungstermin am 20. April 2004 ausgehe. Es sei unbekannt, wie dieser Schriftsatz von der belangten Behörde behandelt wurde. Aus diesen Umständen sei dem Vertreter des Beschwerdeführers kein Verschulden vorzuwerfen. Weiters werden Verfahrensmängel geltend gemacht.

Nach Einleitung des Vorverfahrens gab der Beschwerdeführer mit seinem Schriftsatz vom 26. August 2004 bekannt, dass er hinsichtlich aller Beschwerdepunkte klaglos gestellt sei. Er stellte den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge die belangte Behörde zum Kostenersatz verpflichten.

Die belangte Behörde äußerte sich dazu dahingehend, dass ein weiterer Bescheid in der gegenständlichen Berufungssache nicht ergangen sei; die belangte Behörde habe aber eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 13. September 2004 ausgeschrieben. Dazu wurde eine entsprechende Ladung vorgelegt, wonach die öffentliche mündliche Berufungsverhandlung betreffend das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 13. Mai 2003 wegen einer Übertretung der Oö. Bauordnung am 13. September 2004, 10.00 Uhr, stattfinden werde.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Eine derartige Klaglosstellung (im engeren Sinne) setzt allerdings eine Beseitigung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch wen und aus welchem Titel auch immer, insbesondere eine formelle Aufhebung durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof voraus (siehe beispielsweise den hg. Beschluss vom 26. April 2001, Zl. 2000/16/0028).

Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann jedoch auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (vgl. hiezu etwa die hg. Beschlüsse vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A - verstärkter Senat - und vom 10. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.322/A). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch einen behördlichen Akt dasselbe Ergebnis herbeigeführt wird, das der Beschwerdeführer mit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes anstrebt; in einem so gelagerten Fall wird auch von einer "materiellen" Klaglosstellung gesprochen (vgl. den hg. Beschluss vom 22. September 1989, Zl. 88/17/0231).

Ein solcher Fall ist hier gegeben.

Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Entscheidend ist also, dass aus der Versäumung der Verhandlung ein Rechtsnachteil entsteht. Dieser Rechtsnachteil mag hier vorgelegen sein, nunmehr liegt er aber nicht mehr vor, weil eine neue Berufungsverhandlung anberaumt wurde; genau dasselbe Ergebnis wäre im Falle der Stattgebung des Wiedereinsetzungsantrages erzielt worden. Der Beschwerdeführer erachtet sich deshalb "hinsichtlich aller Beschwerdepunkte" klaglos gestellt.

Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Da keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist, war bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 VwGG anzuwenden. Dessen Absatz 2 hat zum Inhalt, dass der im § 58 Abs. 1 VwGG verankerte Grundsatz, dass mangels einer ausdrücklichen Regelung über einen Aufwandersatz jede Partei ihren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat, im Falle einer Einstellung wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde nicht zum Tragen kommt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in solchen Fällen grundsätzlich Kosten zuzusprechen. Welcher Partei er Kosten zuzusprechen hat, hängt davon ab, wie das verwaltungsgerichtliche Verfahren aller Voraussicht nach ohne Eintritt der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde ausgegangen wäre, also bei offenkundiger Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wäre dem Beschwerdeführer ein Aufwandersatz zuzusprechen, wenn die Beschwerde offenkundig unbegründet ist, hingegen der belangten Behörde. Würde die Entscheidung über diese Frage einen - angesichts der weggefallenen Beschwer - unverhältnismäßigen Aufwand an Prüfungstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes erfordern, kann der Verwaltungsgerichtshof die Kostenfrage nach freier Überzeugung entscheiden. Dies wird dann, wenn der fiktive Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht völlig eindeutig ist, zur Rückkehr zum Grundsatz des § 58 Abs. 1 VwGG, mithin zur gegenseitigen Aufhebung der Kosten führen (hg. Beschluss vom 7. Oktober 1997, Zl. 97/11/0094).

Letzteres trifft im vorliegenden Fall zu. Nach freier Überzeugung kommt der Verwaltungsgerichtshof damit gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu dem Ausspruch, ein Zuspruch von Aufwandersatz finde nicht statt.

Wien, am 7. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004050184.X00

Im RIS seit

04.11.2004

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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