TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/7 2001/18/0131

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Veröffentlicht am 07.09.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §19 Abs2;
AsylG 1997 §21 Abs1 Z1;
AsylG 1997 §21 Abs1 Z2;
AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997 §42 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §36 Abs2 Z8;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des E, geboren 1980, vertreten durch Mag. Martin Eckel, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. Jänner 2001, Zl. SD 40/01, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 30. Jänner 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und 2

Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 22. Dezember 2000 versteckt in einem LKW illegal in das Bundesgebiet eingereist. An diesem Tag habe er anlässlich einer Fahrscheinkontrolle in der Wiener Straßenbahnlinie 18 keinen gültigen Fahrschein vorweisen können. Da er keine identitätsbezeugenden Dokumente bei sich gehabt habe, sei er nach Bestimmungen des Fremdengesetzes vorläufig festgenommen worden. Er habe bei seiner Anhaltung (nur) S 320,-- und $ 21,-- bei sich gehabt. Damit seien die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt, weil diese Beträge keinesfalls ausreichen würden, um seinen Unterhalt im Bundesgebiet auch nur für kürzeste Zeit zu finanzieren. Bei seiner Einvernahme am 28. Dezember 2000 habe er einen Asylantrag gestellt, der von der Erstbehörde am selben Tag an das Bundesasylamt übermittelt worden sei. Er erfülle nicht die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1  AsylG für eine Nichtanwendung des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG, weil er seinen Asylantrag nicht in der in jener Gesetzesstelle vorgesehenen qualifizierten Form eingebracht habe. Seinem Vorbringen, er sei unglücklicherweise auf dem Weg zum Bundesasylamt verhaftet worden, werde erwidert, dass er bei seiner Anhaltung am 22. Dezember 2000 nicht (sogleich) deponiert habe, um Asyl ansuchen zu wollen. Es sei jedoch naheliegend, dass jemand diesen Umstand (nämlich im Begriffe zu stehen, einen Asylantrag zu stellen) bei einer Anhaltung erwähne. Seinem Berufungsvorbringen sei zu entgegnen, dass er bei seinen Einvernahmen am 22. Dezember und 28. Dezember 2000 (und in der Berufung selbst) allfällige Unterhaltsmittel darlegen hätte können. Die Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz diene nicht dazu, im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Durch die (bloße) Ankündigung, seinen Lebensunterhalt durch legale Arbeit verdienen zu wollen, könne der Nachweis ausreichend vorhandener Unterhaltsmittel nicht geführt werden. Im Hinblick darauf, dass der weder über einen Einreisetitel noch über einen Aufenthaltstitel verfügende Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich gelangt sei, sich hier - mangels Zuerkennung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz - nicht rechtmäßig aufhalte und nicht in der Lage sei, die Mittel für seinen Unterhalt nachzuweisen, bestünden keine Zweifel, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG gefährde. Der Beschwerdeführer sei am Tag seiner illegalen Einreise festgenommen worden. Er verfüge über keine familiären Bindungen im Bundesgebiet. Eine Interessenabwägung gemäß § 37 FrG sei nicht vorzunehmen. Da sonst keine zu seinen Gunsten sprechenden Umstände gegeben seien, habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können. Ein Wegfall der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit könne nicht vor Verstreichen der festgesetzten Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes erwartet werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist. Gemäß § 36 Abs. 2 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ und durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel untermauert nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen.

Unterstützungsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, sind zur Dartuung ausreichender Unterhaltsmittel nicht geeignet. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2004, Zl. 2003/18/0313, mwN.)

Aus diesen Gründen ist das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer "rechne auf Grund der Asylantragstellung mit der Zuerkennung einer Aufenthaltsberechtigung durch das Bundesasylamt, wodurch ihm auch diverse Möglichkeiten am österreichischen Arbeitsmarkt offen stehen" bzw. er habe die Absicht, "sich im Rahmen der durch die Einleitung des Asylverfahrens offen stehenden Möglichkeiten auch zu versorgen" (wie etwa den Bezug von staatlichen Hilfen oder von Versorgungseinrichtungen für Asylwerber), verfehlt. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang rügt, dass er nicht über die Folgen der Unterlassung einer Erklärung über weitere Unterhaltsmittel belehrt worden sei, weshalb er sich lediglich auf die Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen beschränkt habe, ist ihm zu entgegnen, dass die Initiative zur Darlegung von Unterhaltsmitteln vom Fremden auszugehen hat. Dazu kommt, dass dem Beschwerdeführer die Folgen der Verletzung seiner Nachweispflicht spätestens mit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides klar geworden sein mussten. Abgesehen davon war er in der Beschwerde noch immer nicht in der Lage, ein diesbezüglich zweckdienliches Vorbringen zu erstatten.

1.2. Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer bei seiner Anhaltung lediglich S 320,-- und $ 21,-- bei sich hatte und im Übrigen nur auf möglicherweise künftig zur Verfügung stehende Unterhaltsmittel verwiesen hat, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand. Schon in Anbetracht der aus der Mittellosigkeit resultierenden Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft ist auch die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass vorliegend die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

2. Die von der Beschwerde nicht bekämpfte Auffassung der belangten Behörde, dass § 37 Abs. 1 und 2 FrG der Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstünden, ist in Anbetracht seines nur etwa einmonatigen Aufenthaltes im Bundesgebiet und des Fehlens von familiären Bindungen unbedenklich.

3.1. Nach Auffassung des Beschwerdeführers stand der Erlassung des vorliegenden Aufenthaltsverbotes § 21 Abs. 1 AsylG entgegen. Diese Bestimmung lautet in ihrer hier maßgeblichen Fassung vor der Asylgesetznovelle 2003, BGBl. I Nr. 101, wie folgt:

"(1) Auf Asylwerber findet - soweit im folgenden nicht anderes festgelegt wird - das Fremdengesetz insgesamt Anwendung, die §§ 33 Abs. 2, 36 Abs. 2 Z. 7, 55 und 61 bis 63 FrG jedoch nicht auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, sofern sie

1. den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht haben;

2. den Antrag anläßlich der Grenzkontrolle oder anläßlich eines von ihnen sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt haben."

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe dem § 21 Abs. 1 AsylG eine zu enge und formalistische Bedeutung unterstellt, wenn sie meine, er hätte entweder selbständig beim Bundesasylamt einen Antrag stellen oder dies ausdrücklich vor den einvernehmenden Beamten äußern müssen. Die belangte Behörde habe die Bestimmung zu Lasten des Beschwerdeführers dahingehend ausgelegt, dass er das "Pech hatte, noch vor Erreichen des Bundesasylamtes verhaftet worden zu sein".

3.2. Nach der zitierten Gesetzesbestimmung findet auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung insbesondere § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG unter der weiteren - alternativen - Voraussetzung keine Anwendung, dass sie ihren Asylantrag in der im § 21 Abs. 1 Z. 1 oder Z. 2 AsylG beschriebenen qualifizierten Form "eigeninitiativ" eingebracht haben. Abgesehen davon, dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides dem unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereisten Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinn des § 19 Abs. 2 AsylG (noch) nicht zukam und dem Beschwerdevorwurf schon deshalb der Boden entzogen ist, fehlte es vorliegend an der aufgezeigten weiteren (kumulativen) Voraussetzung der Z. 1 oder Z. 2 des § 21 Abs. 1 AsylG.

Auszugehen ist zunächst davon, dass vorliegend die Z. 2 leg. cit. unstreitig nicht erfüllt ist. Die Voraussetzung der Z. 1 leg. cit. ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann erfüllt, wenn sich der Fremde selbst zum Bundesasylamt begibt und dort den Asylantrag deponiert hat. Da selbst eine tatsächlich vorgenommene Antragstellung durch einen Vertreter oder im Postweg (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 19. Oktober 2001, Zl. 98/02/0119, vom 10. April 2003, Zl. 2002/18/0202, und vom 26. Juni 2003, Zl. 99/18/0013) die Voraussetzungen der Z. 1 leg. cit. nicht erfüllen kann, kann eine gar nicht vorgenommene, sondern lediglich beabsichtigte Antragstellung diese Voraussetzungen schon gar nicht erfüllen. Nach dem (eindeutigen) Gesetzeswortlaut kommt es auf die Gründe, aus denen die Antragstellung beim Bundesasylamt unterblieben sein mag, nicht an. Dem Beschwerdeführer wäre es im Übrigen frei gestanden, seinen Asylantrag im Sinn des § 21 Abs. 1 Z. 2 AsylG auf Grund eines von ihm mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes zu stellen.

4. Schließlich kann der Verwaltungsgerichtshof unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen auch nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte, ergeben sich doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid oder dem übrigen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten besondere Umstände, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

5. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 7. September 2004

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Auslegung Diverses VwRallg3/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001180131.X00

Im RIS seit

20.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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