TE Vfgh Erkenntnis 2000/12/14 WI-3/00

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Veröffentlicht am 14.12.2000
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
Vlbg GWG §16
Vlbg GWG §18

Leitsatz

Keine Stattgabe der Anfechtung der Wahl zur Gemeindevertretung der Gemeinde Fraxern vom 02.04.00; Wahlvorschlag der Anfechtungswerberin wegen fehlender (Unterstützungs)Unterschriften zu Recht als nicht eingebracht gewertet

Spruch

Der Wahlanfechtung wird nicht stattgegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1. Mit Verordnung der Vorarlberger Landesregierung vom 11.1.2000, LGBl. 1, wurden für den 2.4.2000 die allgemeinen Wahlen zu den Gemeindevertretungen der Gemeinden des Landes Vorarlberg ausgeschrieben.

1.1.2. Die Wählergruppe "Laterns Aktiv" reichte - nachdem sie mit Schreiben vom 8.2.2000 beim Leiter der Gemeindewahlbehörde der Gemeinde Laterns eine von "15 wahlberechtigten Personen" unterschriebene "Wahlwerbungsanmeldung" abgegeben hatte - am 28.2.2000 (Tag des Einlangens) ein von ihrem zustellungsbevollmächtigten Vertreter sowie dessen Stellvertreter unterfertigtes (und an den Leiter der Gemeindewahlbehörde gerichtetes) Schreiben beim Gemeindeamt ein, das den folgenden Text enthält:

"Betreff: Wahlvorschlag der Liste "LATERNS AKTIV"

Gemäß Gemeindewahlgesetz, 5. Abschnitt, §16 (3) wird dem Leiter der Gemeindewahlbehörde der Wahlvorschlag der Liste

LATERNS AKTIV

mitgeteilt.

Zustellungsbevollmächtigter Vertreter der Wählergruppe "LATERNS AKTIV" ist:

Hr. Ing. D B, ..., 6830 Laterns Stellvertreter ist Hr. Ing. L H, ..., 6830 Laterns

ACHTUNG !! - Vermerk:

Die Kandidatenliste des Wahlvorschlages ist auf Seite 2 dieses Schreibens ersichtlich. Die Liste ist sowohl mit einer Reihung für den Wahlvorschlag als auch mit einer fortlaufenden Numerierung versehen. Die fortlaufende Numerierung entspricht nicht der Reihenfolge der Kandidaten des Wahlvorschlages für die GW! Zur übersichtlichen Darstellung ist auf Seite 3 noch einmal die genaue Reihenfolge des Wahlvorschlages für die GW extra aufgelistet."

Die zweite Seite dieses Schreibens trägt die Überschrift "Wahlvorschlag für die Liste 'LATERNS AKTIV'" und weist eine Tabelle auf, welche eine Rubrikenzeile mit den Eintragungen "FAMILIENNAME/VORNAME/BERUF/Geburtsjahr/Wohnadresse/Unterschrift" enthält und unter den fortlaufenden Nummern 1 bis 18 jeweils der Rubrik entsprechende handschriftliche Eintragungen, insbesondere auch eigenhändige Unterschriften. In einer eigenen Spalte dieser Tabelle wird ziffernmäßig eine Reihung (der Kandidaten) für die Gemeinderatswahl vorgenommen. Schließlich beinhaltet die dritte Seite des Schreibens eine Zusammenfassung der Angaben des vorhergehenden Blattes.

1.1.3. Mit Schreiben vom 2.3.2000 teilte die Gemeindewahlbehörde der Gemeinde Laterns der anfechtenden Wählergruppe mit, dass eine Prüfung der eingereichten Wahlvorschläge durch die Gemeindewahlbehörde in ihrer Sitzung vom 1.3.2000 ergeben habe, dass der Wahlvorschlag der Anfechtungswerberin als nicht eingebracht gelte und für die Wahl am 2.4.2000 nicht zugelassen werde, weil er "nicht die gemäß §16 Abs3 GWG erforderlichen Unterschriften von wahlberechtigten Personen aus der Gemeinde Laterns aus(weise)."

1.1.4. Der Vorschlag der Wählergruppe "Laterns Aktiv" wurde in weiterer Folge von der Gemeindewahlbehörde nicht veröffentlicht (§20 (Vorarlberger) Gemeindewahlgesetz - GWG, LGBl. 1999/30) und lag somit auch nicht der Wahl zur Gemeindevertretung der Gemeinde Laterns vom 2.4.2000 zu Grunde.

1.2.1. Mit ihrer am 18.4.2000 zur Post gegebenen, an den Verfassungsgerichtshof gerichteten und auf Art141 B-VG gestützten Anfechtung begehrt die Wählergruppe "Laterns Aktiv", "das Verfahren zur Wahl in die Gemeindevertretung der Gemeinde Laterns am 2.4.2000 ab der Anmeldung der Wahlwerbung für nichtig (zu)erklären und als rechtswidrig" aufzuheben.

Begründend wird in der Anfechtungsschrift wörtlich ua. Folgendes vorgebracht:

"Die Wählergruppe 'LATERNS AKTIV', deren Zustellungsbevollmächtigter D B ist, hat sich an der Wahlwerbung für die Wahl in die Gemeindevertretung der Gemeinde Laterns beteiligt und diese Beteiligung an der Wahlwerbung für die vorgenannte Wahl am 16.2.2000 gesetzesgemäß beim Leiter der Gemeindewahlbehörde angemeldet.

Für die Wahl in die Gemeindevertretung der Gemeinde Laterns brachte die Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' am 28.2.2000 den Wahlvorschlag ein und zwar mit Schreiben an den Leiter der Gemeindewahlbehörde vom 22.2.2000, eingelangt am 28.2.2000, welches folgenden Inhalt hatte:

Betreff: Wahlvorschlag der Liste 'LATERNS AKTIV'

Gemäß Gemeindewahlgesetz, 5. Abschnitt, §16 (3) wird dem Leiter der Gemeindewahlbehörde der Wahlvorschlag der Liste 'LATERNS AKTIV' mitgeteilt. Zustellungsbevollmächtigter Vertreter der Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' ist: Herr Ing. D B, ..., 6830 Laterns, Stellvertreter ist Herrn Ing. L H, ..., 6830 Laterns, Achtung!! - Vermerk: Die Kandidatenliste des Wahlvorschlages ist auf Seite 2 dieses Schreibens ersichtlich. Die Liste ist sowohl mit einer Reihung für den Wahlvorschlag als auch mit einer fortlaufenden Nummerierung versehen. Die fortlaufende Nummerierng entspricht nicht der Reihenfolge der Kandidaten des Wahlvorschlages für die GW! Zur übersichtlichen Darstellung ist auf Seite 3 noch einmal die genaue Reihenfolge des Wahlvorschlages für die GW extra aufgelistet. Für die Richtigkeit der gemachten Angaben:

Ing. B D:                   B D e.h.

Ing. L H:                   L H e.h.

Der beiliegende Wahlvorschlag für die Liste 'LATERNS AKTIV' enthält 18 Personen jeweils mit Familienname, Vorname, Beruf, Geburtsjahr, Wohnadresse und Unterschrift sowie die Reihung für die Wahl in die Gemeindevertretung der Gemeinde Laterns.

Die Gemeindewahlbehörde behandelte den Wahlvorschlag der Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' als nicht eingebracht.

In der Folge wurde für die Wahl in die Gemeindevertretung der Gemeinde Laterns nur der Wahlvorschlag 'Überparteiliche Gemeindeliste Laterns' veröffentlicht.

...

Am 28.2.2000 wurde von der angemeldeten Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' der Wahlvorschlag eingebracht, welcher von Ing. D B als Zustellungsbevollmächtigtem und dessen Stellvertreter Ing. H L unterfertigt ist und in welchem unmißverständlich zum Ausdruck gebracht wurde, daß es sich um den Wahlvorschlag der Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' handelt und die Kandidaten des Wahlvorschlages und deren Reihung aus den beiliegenden Seiten 2 und 3 ersichtlich sind.

In rechtswidriger Weise hat die Gemeindewahlbehörde diesen Wahlvorschlag wegen fehlender Unterschriften auf dem Wahlvorschlag als nicht eingebracht behandelt und keine Zurückstellung zur Ergänzung binnen 48 Stunden zugelassen.

Gemäß §16 Abs3 GWG hätte die Gemeindewahlbehörde - nachdem sich die Gemeindewahlbehörde auf den Standpunkt stellte, daß der Wahlvorschlag wegen Unterschriften auf dem Wahlvorschlag selbst fehlerhaft sei - Ing. D B als zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' den Wahlvorschlag zur Ergänzung (durch Angaben über die Kandidaten und Unterschriften) binnen 48 Stunden zurückstellen müssen und der Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' in dieser Weise die Teilnahme an der Wahl in die Gemeindevertretung der Gemeinde Laterns ermöglichen müssen.

Durch die Nichtzurückstellung zur Ergänzung durch Beibringung der nach Ansicht der Gemeindewahlbehörde fehlenden Unterschriften binnen 48 Stunden wurde die Kandidatur der Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' in rechtswidriger Weise verhindert.

Diese aufgezeigten Rechtswidrigkeiten waren für das Wahlergebnis von Einfluß, da rechtswidrig der Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' die Zurückstellung ihres Wahlvorschlages zur Ergänzung fehlender Angaben, worunter auch Unterschriften zu verstehen sind, binnen 48 Stunden nicht ermöglicht und der Wahlvorschlag als nicht eingebracht behandelt und diese Wählergruppe für die Wahl nicht zugelassen wurde.

Im übrigen hätte die Gemeindewahlbehörde den Wahlvorschlag der Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' als eingebracht behandeln müssen, da dem Schreiben an den Leiter der Gemeindewahlbehörde vom 22.2.2000 eine mit 'Wahlvorschlag für die Liste Laterns Aktiv' überschriebene Kandidatenliste samt Unterschriften und Reihung beigeschlossen war und dieser Wahlvorschlag als solcher unmißverständlich erkennbar war.

Dem von der Wahlbehörde eingenommenen Standpunkt, wonach 'der Wahlvorschlag der Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' wegen fehlender Unterschriften zur Ergänzung binnen 48 Stunden nach dem Gesetz nicht zurückgestellt werden konnte' ist entgegenzuhalten:

Es ist selbstverständliche Aufgabe und Absicht des GWG, die Anmeldung und Kandidatur von Wählergruppen bestmöglich zu fördern und nicht zu verhindern.

§16 GWG sieht vor, daß auf einem Wahlvorschlag u.a. neben den Unterschriften Familien- und Vornamen, Geburtsjahr, Beruf, Wohnungsadresse aufscheinen muß und bei Fehlen dieser Angaben (ganz oder teilweise) der Wahlvorschlag dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Partei zur Ergänzung binnen 48 Stunden zurückzustellen ist.

Nach den gängigen Auslegungsregeln ist davon auszugehen, daß 'diese Angaben', die 'ganz oder teilweise' fehlen, verbessert werden können.

Im Vorsatz des §16 Abs3 GWG 'fehlen diese Angaben ganz oder teilweise, so ist der Wahlvorschlag zur Ergänzung binnen 48 Stunden zurückzustellen' sind als 'diese Angaben' 'Unterschriften', 'Familien- und Vorname', 'Geburtsjahr' sowie 'Wohnungsadresse' genannt. Nachdem eindeutig im §16 Abs3 die Rede von der 'Angabe des Familien- und Vornamens, Berufes, Geburtsjahres, der Adresse und der eigenhändigen Unterschrift' ist, ist auch das Element 'Unterschrift' unter den Begriff 'Angaben' zu subsumieren. Die Ansicht der Wahlbehörde, das Wort 'Angaben' schließe Unterschriften aus, entspricht nicht dem Gesetzestext. Das Fehlen einer Unterschrift unterliegt ebenso der Möglichkeit nachträglicher Verbesserung wie die übrigen Angaben. Im übrigen sieht auch §16 Abs6 vor, daß fehlende Unterschriften binnen 48 Stunden beigebracht werden können, wenn die Anzahl der Unterschriften unter das erforderliche Minimum sinkt. Diese Regelung deckt sich nicht nur mit der 'Ergänzung binnen 48 Stunden' bei dem Fehlen irgendwelcher 'Angaben', sondern drückt vielmehr den ganz allgemeinen Gedanken aus, daß 'fehlende Unterschriften' nachgebracht werden können. Zu diesem Ergebnis muß man auch nach dem Größenschluß gelangen: Wenn es sogar möglich ist, ungültig gewordene Unterschriften durch ganz andere zu ersetzen, dann muß es im wesentlich weniger gravierenden Fall des gleichbleibenden Unterzeichners möglich sein, daß dieser seine Unterschrift nachbringen kann.

§16 GWG kennt sogar eine Ersatzlösung für den Fall, daß kein zustellungsbevollmächtigter Vertreter angeführt wurde. Gemäß §16 Abs4 GWG wird der Mangel des Fehlens eines zustellungsbevollmächtigten Vertreters sogar automatisch dadurch geheilt, daß 'der Erstunterzeichnete' als 'zustellungsbevollmächtigter Vertreter' gilt. Daraus ist abzulesen, daß der Bestimmung des §16 GWG der Grundgedanke der Aufrechterhaltung eines Wahlvorschlages trotz Fehlerhaftigkeit zugrunde liegt. Im Falle einer fehlenden Unterschrift ist also gleichfalls auf die Intention einer Aufrechterhaltung des Wahlvorschlages zu schließen - eben dies geschieht mit der ohnedies durch andere Auslegungsregeln eindeutig gegebenen Nachbringungsmöglichkeit der Unterschrift als eine der 'Angaben'.

Schließlich ist der Zweck eines Gemeindewahlgesetzes nicht zu übersehen: Der Zweck des Wahlgesetzes ist die Herstellung eines demokratischen Willensbildungsprozesses, sodaß das GWG nicht in einer Einengung für wahlwerbende Gruppen, sondern in einer Ermöglichung ihrer Teilnahme an der Wahl auszulegen ist. Auch daraus ist abzuleiten, daß das Fehlen von Unterschriften durch Zurückstellung zur Ergänzung heilbar sein muß.

Das Versäumnis der Wahlbehörde, der Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' den Wahlvorschlag zur Ergänzung binnen 48 Stunden wegen fehlender Unterschriften gemäß §16 GWG zurückzustellen, sowie die Behandlung des Wahlvorschlages der Wählergruppe 'LATERNS AKTIV' als nicht eingebracht sind berechtigte Gründe für die Anfechtung der Wahl in die Gemeindevertretung der Gemeinde Laterns ab der Anmeldung der Wahlwerbung.

Die Gemeindewahlbehörde hat in rechtswidriger Weise eine Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des GWG gewählt, die den Bestand des Wahlvorschlages vernichtet hat."

1.2.2. Die im verfassungsgerichtlichen Verfahren zur Erstattung einer Gegenschrift aufgeforderte Landeswahlbehörde beim Amt der Vorarlberger Landesregierung legte die Wahlakten vor, gab jedoch keine Stellungnahme ab.

1.3.1. §16 GWG lautet samt Überschrift wie folgt:

"16

Anmeldung der Wahlwerbung und Wahlvorschläge für die Wahlen in die Gemeindevertretung

(1) Wählergruppen, die sich an der Wahlwerbung für die Wahlen in die Gemeindevertretung beteiligen (Parteien), haben dies spätestens sechs Wochen vor dem Wahltag dem Leiter der Gemeindewahlbehörde anzumelden. Die Anmeldung hat schriftlich zu erfolgen und hat zu enthalten:

a) die unterscheidende Parteibezeichnung;

b) die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters der Partei und seines Stellvertreters.

Die Anmeldung bedarf zu ihrer Gültigkeit der Unterschrift von so vielen in der Gemeinde wahlberechtigten Personen, als im Abs3 für den Wahlvorschlag vorgeschrieben sind. Der Bürgermeister ist verpflichtet, das Einlangen der Anmeldung spätestens an dem auf die Überreichung der Anmeldung nächstfolgenden Tag durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde öffentlich bekanntzumachen. Falls eine Wählergruppe binnen dieser Frist einen Wahlvorschlag für die Wahlen in die Gemeindevertretung einbringt, gilt dieser gleichzeitig als Anmeldung.

(2) Wird in einer Gemeinde eine Anmeldung nach Abs1 bis zu dem dort bezeichneten Zeitpunkt nicht erstattet, gilt die Frist für die Einbringung des Wahlvorschlages für die Wahlen in die Gemeindevertretung als versäumt, und es finden für diese Gemeinden die Bestimmungen des 9. Abschnittes (betreffend das Wahlverfahren für die Wahlen in die Gemeindevertretung in Ermangelung von Wahlvorschlägen) Anwendung. Wurde aber in einer Gemeinde wenigstens eine Anmeldung nach Abs1 rechtzeitig erstattet, ist sowohl die Wählergruppe, die die Anmeldung erstattet hat, wie auch jede andere Wählergruppe berechtigt, sich an der Wahlwerbung zu beteiligen und bis spätestens fünf Wochen vor dem Wahltag dem Leiter der Gemeindewahlbehörde einen Wahlvorschlag vorzulegen. Erst die rechtzeitige Einreichung eines den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechenden Wahlvorschlages in einer Gemeinde, in der eine Anmeldung nach Abs1 erstattet wurde, berechtigt eine Wählergruppe (Partei) zur Beteiligung an der Wahlwerbung.

(3) Der Wahlvorschlag muss von 1 v.H. der Wahlberechtigten, wenigstens aber von 15 Wahlberechtigten der betreffenden Gemeinde eigenhändig unterschrieben sein. Mehr als 100 Unterschriften sind jedoch in keinem Fall erforderlich. Bei Wahlvorschlägen, die von Parteifraktionen eingebracht werden, die bereits in der Gemeindevertretung vertreten sind, genügen anstelle der Unterschriften der Wahlberechtigten der betreffenden Gemeinde die Unterschriften der Mehrheit der Gemeindevertreter dieser Fraktion. Den Unterschriften auf einem Wahlvorschlag ist neben dem Familien- und Vornamen auch das Geburtsjahr und die Wohnungsadresse beizufügen. Fehlen diese Angaben ganz oder teilweise, so ist der Wahlvorschlag dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Partei zur Ergänzung binnen 48 Stunden zurückzustellen. Wird diese Frist eingehalten, so gilt der Wahlvorschlag als rechtzeitig eingebracht. Der Wahlvorschlag muss enthalten:

a) die unterscheidende Parteibezeichnung;

b)

die Parteiliste, d. i. ein Verzeichnis von höchstens doppelt so vielen Wahlwerbern, als Gemeindevertreter zu wählen sind, weniger einen, in der beantragten, mit fortlaufenden Ziffern bezeichneten Reihenfolge unter Angabe des Familien- und Vornamens, Berufes, Geburtsjahres, der Adresse und der eigenhändigen Unterschrift jedes Wahlwerbers; bei Wahlwerbern, die ausländische Unionsbürger sind, ist eine förmliche Erklärung des Wahlwerbers anzuschließen, dass er im Staat, dessen Bürger er ist, das passive Wahlrecht besitzt (§9 Abs2);

c)

die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters der Partei und seines Stellvertreters.

(4) Wenn ein Wahlvorschlag keinen zustellungsbevollmächtigten Vertreter anführt, so gilt der Erstunterzeichnete als Vertreter der Partei und der Zweitunterzeichnete als sein Stellvertreter.

(5) Der Wahlvorschlag darf nur von Personen unterzeichnet werden, die in der betreffenden Gemeinde wahlberechtigt sind. Jeder Wahlberechtigte darf nur einen Wahlvorschlag unterzeichnen. Wenn ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet, ist seine Unterschrift auf allen Wahlvorschlägen ungültig.

(6) Wenn ein Wahlvorschlag den Voraussetzungen des Abs3 nicht mehr entspricht, weil ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet hat, ist der Wahlvorschlag dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter mit der Einladung zurückzustellen, die fehlenden Unterschriften binnen 48 Stunden beizubringen. Wenn die fehlenden Unterschriften innerhalb dieser Frist beigebracht werden, gilt der Wahlvorschlag als rechtzeitig eingebracht."

1.3.2. §18 GWG hat - mit Überschrift - folgenden Wortlaut:

"§18

Prüfung der Wahlvorschläge für die Wahlen in die Gemeindevertretung

(1) Die Gemeindewahlbehörde hat zu überprüfen, ob die einlangenden Wahlvorschläge für die Wahlen in die Gemeindevertretung die erforderliche Zahl von Unterschriften von Wahlberechtigten der betreffenden Gemeinde enthalten und ob die in den Parteilisten vorgeschlagenen Bewerber wählbar sind.

(2) Bei begründeten Zweifeln am Inhalt einer Erklärung eines ausländischen Unionsbürgers nach §16 Abs3 litb kann die Gemeindewahlbehörde die Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen Verwaltungsbehörde des Staates, dessen Bürger der Wahlwerber ist, verlangen, mit der bestätigt wird, dass er dort das passive Wahlrecht besitzt oder dass diesen Behörden ein Verlust des passiven Wahlrechtes nicht bekannt ist.

(3) Weist ein Wahlvorschlag nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften auf, so gilt er als nicht eingebracht. Bewerber, die nicht wählbar sind, werden im Wahlvorschlag gestrichen. In beiden Fällen ist der zustellungsbevollmächtigte Vertreter der Partei entsprechend zu verständigen.

(4) Weisen mehrere Wahlvorschläge den Namen desselben Wahlwerbers auf, so ist dieser von der Gemeindewahlbehörde aufzufordern, binnen drei Tagen zu erklären, für welchen der Wahlvorschläge er sich entscheidet. Auf allen anderen Wahlvorschlägen wird er gestrichen. Wenn er sich in der vorgesehenen Frist nicht erklärt, wird er auf dem als erster eingelangten Wahlvorschlag, der seinen Namen trägt, belassen."

2. Über die Wahlanfechtung wurde erwogen:

2.1.1.1. Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über die Anfechtung von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, so auch über die Anfechtung einer Gemeindevertretungswahl (zB. VfSlg. 14.847/1997). Nach Art141 Abs1 zweiter Satz B-VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden.

2.1.1.2. Kraft §67 Abs2 VerfGG sind zur Anfechtung der Wahl eines allgemeinen Vertretungskörpers grundsätzlich jene Wählergruppen berechtigt, die der Wahlbehörde rechtzeitig Wahlvorschläge vorlegten. Dazu nimmt der Verfassungsgerichtshof seit dem Erkenntnis VfSlg. 4992/1965 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt ein, dass die Anfechtungslegitimation, jedenfalls soweit die Frage der Gültigkeit des eingereichten Wahlvorschlages das Ergebnis der Wahlanfechtung - wie hier - mitbestimmen kann, nicht zusätzlich davon abhängt, ob dieser Vorschlag rechtswirksam eingereicht wurde (so zB VfSlg. 7387/1974, 10.217/1984, 11.256/1987, 12.287/1990, 13.187/1992).

2.1.1.3. Nach §68 Abs1 VerfGG muss die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem anzuwendenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht werden.

2.1.2. Nun sieht zwar §50 GWG administrative Einsprüche - iS eines Instanzenzuges nach §68 Abs1 VerfGG - vor, doch nur gegen ziffernmäßige Ermittlungen einer Gemeindewahlbehörde (sh. VfSlg. 14.282/1995).

Zur Geltendmachung aller anderen (d.s. alle nicht ziffernmäßige Ermittlungen betreffenden) Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens steht - weil insoweit ein zunächst zu durchlaufender Instanzenzug iSd §68 Abs1 VerfGG nicht eingerichtet ist - die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens (§68 Abs1 erster Teilsatz VerfGG) offen (vgl. zB VfSlg. 11.167/1986, 13.089/1992, 14.282/1995).

Im vorliegenden Fall strebt die anfechtende Partei in ihrer Anfechtungsschrift nicht die - nach dem Gesagten dem Einspruchsverfahren nach §50 GWG vorbehaltene - Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen einer Wahlbehörde an; sie rügt vielmehr die - in den Bereich sonstiger Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens fallende - Nichtberücksichtigung ihres Wahlvorschlages aus formalen Gründen, wofür die sofortige Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B-VG eingeräumt ist.

2.1.3. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Frist zur Anfechtung ist in diesem Fall die Beendigung des Wahlverfahrens (s. VfSlg. 9085/1981, 10.610/1985), das ist bei Gemeindevertretungswahlen in Vorarlberg die der jeweiligen Gemeindewahlbehörde obliegende Kundmachung des Wahlergebnisses in Form der Veröffentlichung gemäß §49 GWG (vgl. VfSlg. 14.282/1995).

Diese Verlautbarung fand hier am 3.4.2000 statt. Die am 18.4.2000 zur Post gegebene Wahlanfechtungsschrift wurde somit rechtzeitig eingebracht.

2.1.4. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen zutreffen, ist die Wahlanfechtung zulässig.

2.2.1. Zu Folge der hier maßgeblichen Rechtslage (§16; sh. Pkt. 1.3.1.) ist grundsätzlich zwischen der Anmeldung der Beteiligung an der Wahlwerbung und der Einbringung eines Wahlvorschlages (für die Wahlen in die Gemeindevertretung) zu unterscheiden. Die Anmeldung der Beteiligung an der Wahlwerbung hat spätestens sechs Wochen vor dem Wahltag beim Leiter der Gemeindewahlbehörde zu erfolgen (§16 Abs1 erster Satz GWG). Der Wahlvorschlag ist gemäß §16 Abs2 zweiter Satz GWG spätestens fünf Wochen vor dem Wahltag dem Leiter der Gemeindewahlbehörde vorzulegen, wenn aber eine Wählergruppe binnen der für die Anmeldung der Beteiligung an der Wahlwerbung vorgesehenen Frist (also bis spätestens sechs Wochen vor dem Wahltag) bereits einen Wahlvorschlag einbringt, dann gilt dieser gleichzeitig als Anmeldung der Beteiligung an der Wahlwerbung (§16 Abs1 letzter Satz GWG). Was die Gültigkeit dieser beiden wahlrechtlichen Eingaben im Hinblick auf ihre ausreichende Unterstützung durch in der Gemeinde wahlberechtigte Personen anlangt, so schreibt das Gesetz vor, dass sie - von Ausnahmen abgesehen - jeweils von 1 v.H. der Wahlberechtigten, wenigstens aber von 15 Wahlberechtigten der betreffenden Gemeinde (eigenhändig) unterschrieben sein müssen (§16 Abs1 dritter Satz und Abs3 erster Satz GWG).

Die die Einbringung von Wahlvorschlägen betreffende Bestimmung des §16 Abs3 GWG unterscheidet weiters zwischen der eigenhändigen Unterschrift eines Wahlwerbers auf der einen integrierenden Bestandteil des Wahlvorschlages bildenden "Parteiliste" (§16 Abs3 siebter Satz litb GWG), mit der der Wahlwerber seine Zustimmung zur Kandidatur bekundet, einerseits und der eigenhändigen Unterschrift eines Wahlberechtigten auf dem Wahlvorschlag selbst (§16 Abs3 erster Satz GWG), mit der der Wahlberechtigte seine Unterstützung für den Wahlvorschlag (einschließlich der Parteiliste) zum Ausdruck bringt, andererseits.

Nach §18 Abs1 GWG hat die Gemeindewahlbehörde ua. zu überprüfen, ob die eingelangten Wahlvorschläge die erforderliche Zahl von Unterschriften von Wahlberechtigten der betreffenden Gemeinde enthalten; weist ein Wahlvorschlag nicht die erforderliche Zahl von Unterschriften auf, so gilt er zu Folge des §18 Abs3 GWG als nicht eingebracht.

Unter dem Begriff "Unterschriften" in der soeben genannten Vorschrift des §18 Abs3 GWG sind dabei - wie sich in systematischer Interpretation der einschlägigen Bestimmungen, nämlich der §§16 Abs3, 18 Abs1 und 3 GWG, ergibt - nur solche iSd. §16 Abs3 erster Satz GWG - das sind die (Unterstützungs)Unterschriften von Wahlberechtigten auf dem Wahlvorschlag selbst - zu verstehen und nicht auch die (Zustimmungs)Unterschriften der einzelnen Wahlwerber iSd. §16 Abs3 siebter Satz litb GWG. Von diesem Gesetzesverständnis geht im Übrigen auch die Anfechtungswerberin selbst aus.

Daraus folgt insbesondere, dass die gültige Einbringung eines Wahlvorschlages unter Umständen sowohl die (eigenhändige) Unterschrift einer Person als Wahlwerber auf der Parteiliste (§16 Abs3 siebter Satz litb GWG) als auch die (eigenhändige) Unterfertigung des Wahlvorschlages als solchen (§16 Abs3 erster Satz GWG) durch die selbe Person als Wahlberechtigter verlangt. Ob eine solche Regelung zweckmäßig ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen, verfassungsrechtliche Bedenken bestehen dagegen nicht.

2.2.2. Die Anfechtungswerberin steht nun zunächst auf dem Standpunkt, dass ihre Eingabe an den Leiter der Gemeindewahlbehörde der Gemeinde Laterns vom 28.2.2000 (sh. Pkt. 1.1.2.) den gesetzlichen Anforderungen genüge.

Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden.

Die unter Punkt 1.1.2. beschriebene Eingabe der Anfechtungswerberin an den Leiter der Gemeindewahlbehörde der Gemeinde Laterns (vom 28.2.2000) weist auf ihrer ersten und dritten Seite - mit Ausnahme der Unterschriften des Zustellungsbevollmächtigten sowie seines Vertreters - überhaupt keine (eigenhändige) Unterschrift auf. Die zweite Seite wiederum weist zwar Unterschriften auf; wie oben unter Punkt 2.2.1. bereits erwähnt wurde, behauptet jedoch nicht einmal die Anfechtungswerberin, dass diese als Unterfertigung eines Wahlvorschlages iSd. §16 Abs3 erster Satz GWG aufzufassen wären.

Zusammenfassend ergibt sich daraus, dass mit der beim Gemeindeamt am 28.2.2000 eingelangten Eingabe ein dem GWG entsprechender, die erforderliche Anzahl von Unterschriften (iSd. §16 Abs3 erster Satz GWG) aufweisender Wahlvorschlag nicht vorgelegt wurde, weshalb die Gemeindewahlbehörde in rechtsrichtiger Anwendung des §18 Abs3 GWG davon ausging, dass der Wahlvorschlag der Anfechtungswerberin als nicht eingebracht gelte.

2.2.3.1. Auch dem weiteren Vorbringen der Anfechtungswerberin, dass ihr Wahlvorschlag von der Wahlbehörde "zur Ergänzung binnen 48 Stunden wegen fehlender Unterschriften gemäß §16 GWG zurückzustellen" gewesen wäre, kann nicht beigepflichtet werden.

2.2.3.2. In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach alle - die Wahlbehörde streng bindenden - Formalvorschriften der Wahlordnungen strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen sind. Nach dem vierten Satz des §16 Abs3 GWG (und ausschließlich um diese Bestimmung geht es im hier maßgeblichen Zusammenhang und nicht um die von der Anfechtungswerberin für ihre Argumentation ebenfalls ins Treffen geführte Wendung "unter Angabe des Familien- und Vornamens, Berufes, Geburtsjahres, der Adresse und der eigenhändigen Unterschrift jedes Wahlwerbers" in litb des sechsten Satzes des §16 Abs3 GWG; diese Wendung bezieht sich nämlich lediglich auf die einen Teil des Wahlvorschlages bildende "Parteiliste") ist den Unterschriften auf einem Wahlvorschlag neben dem Familien- und Vornamen auch das Geburtsjahr und die Wohnungsadresse beizufügen. Fehlen diese (den Unterschriften beizufügenden) Angaben ganz oder teilweise, so ist nach dem vierten Satz der erwähnten Gesetzesbestimmung der Wahlvorschlag dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter der Partei zur Ergänzung binnen 48 Stunden zurückzustellen. Entgegen der Auffassung der Anfechtungswerberin sind dieser Form der Mangelbehebung nach dem klaren Gesetzeswortlaut nur die den Unterschriften beizufügenden Angaben (Familien- und Vorname, Geburtsjahr, Wohnungsadresse), so sie (ganz oder teilweise) fehlen, nicht aber fehlende Unterschriften auf dem Wahlvorschlag (selbst) zugänglich. Eine Zurückstellung zur Beibringung fehlender Unterschriften ist vielmehr nur für den - hier nicht vorliegenden - Fall vorgesehen, dass ein Wahlvorschlag den Voraussetzungen des §16 Abs3 leg. cit. deshalb nicht mehr entspricht, weil ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnet hatte und seine Unterschrift in Folge dessen auf allen Wahlvorschlägen ungültig ist (§16 Abs5 und 6 GWG).

2.2.4. Somit ergibt sich, dass der Wahlvorschlag der Anfechterin von der zuständigen Wahlbehörde zu Recht nicht zur Ergänzung (binnen 48 Stunden) zurückgestellt sondern sogleich als nicht eingebracht gewertet wurde.

3. Da die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens nicht gegeben sind, war der Wahlanfechtung nicht stattzugeben.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Wahlen, Wahlvorschlag, Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:WI3.2000

Dokumentnummer

JFT_09998786_00W00I03_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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