TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/8 2002/03/0327

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Veröffentlicht am 08.09.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;

Norm

GGBG 1998 §27 Abs2 Z4;
GGBG 1998 §3 Z6;
GGBG 1998 §7 Abs4;
GGBG 1998 §7 Abs8 Z1;
GGBG 1998 §7 Abs8 Z2;
GGBG 1998 §7 Abs8 Z3;
GGBG 1998 §7 Abs8;
VStG §22 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dr. KW in W, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 20. September 2002, Zl. Senat-SW-01- 0017, betreffend Übertretung gemäß GGBG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Schwechat vom 17. Juni 2001 wurde dem Beschwerdeführer Folgendes vorgeworfen:

     "Sie haben am 13. September 2000, um 13.45 Uhr, in ...,

Trafostation, als Vorstandsmitglied und somit als zur Vertretung

nach außen Berufener der F...W... AG gefährliche Güter der Klasse

8, Ziffer 81c ADR (Batterien, nass, gefüllt mit Säure, UN 2794,

Masse 1.600 kg) zur Beförderung mit dem Lastkraftwagen mit dem

Kennzeichen W-... durch Herrn S...C... übergeben, obwohl Sie als

Verlader nicht dafür sorgten, dass

1) die Vorschriften über die Handhabung und Verstauung der Ladung beachtet wurden, da zwei Batterien nicht gegen das Herabfallen, Verrutschen bzw. Umfallen gesichert waren,

2) die Verwendung der Verpackung als Versandstück zulässig war, da der Akkukasten nicht gegen die in den Batterien enthaltenen ätzenden Stoffe beständig war, weil er auf einer Seitenwand eine starke Beschädigung aufwies und der Akkukasten über die Höhe seiner Wände hinaus mit Batterien beladen war,

3) die Verwendung der Verpackung als Versandstück hinsichtlich der Kennzeichnung zulässig war, da das Versandstück (Akkukasten) nicht deutlich und dauerhaft mit der Kennzeichnungsnummer des Gutes, der die Buchstaben 'UN' vorangestellt werden und nicht mit einem Gefahrzettel nach Muster Nr. 8 versehen war,

4) die Vorschriften über die Kennzeichnung der Beförderungseinheit beachtet wurden, da an der Vorder- und Rückseite der Beförderungseinheit keine rechteckigen, rückstrahlenden, orangefarbenen Warntafeln deutlich sichtbar angebracht waren,

5) die vorgeschriebenen Ausstattungsgegenstände ordnungsgemäß mitgeführt wurden, da ein Unterlegkeil, zwei selbststehende Warnzeichen, eine geeignete Warnweste oder Warnkleidung, eine Handlampe und die erforderliche Ausrüstung zur Durchführung der in den Sicherheitshinweisen nach Rn 10385 ADR genannten zusätzlichen und besonderen Maßnahmen fehlten und

6) die vorgeschriebenen Ausstattungsgegenstände ordnungsgemäß mitgeführt wurden, da ein Feuerlöschgerät fehlte und bei einem Feuerlöschgerät die Plombierung fehlte und die Überprüfungsfrist bereits abgelaufen war." (Absätze nicht im Original)

Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

     "1)        Rn 10414 Abs 1 ADR iVm § 7 Abs 8 Z 3 GGBG iVm § 27

Abs 2 Z 4 GGBG

     2) Rn 2807 Abs 6 lit. a und lit c ADR iVm § 7 Abs 8 Z 3 GGBG

iVm § 27 Abs 2 Z 4 GGBG

     3) Rn 2812 Abs 1 und Abs 2 ADR iVm § 7 Abs 8 Z 3 GGBG iVm

§ 27 Abs 2 Z 4 GGBG

     4) Rn 10500 Abs 1 ADR iVm § 7 Abs 8 Z 3 GGBG iVm § 27 Abs 2

Z 4 GGBG

     5) Rn 10260 lit a, lit b und c ADR iVm § 7 Abs 8 Z 2 GGBG iVm

§ 27 Abs 2 Z 4 GGBG

     6) Rn 10240 Abs 1 und Abs 3 ADR iVm § 7 Abs 8 Z 2 GGBG iVm

§ 27 Abs 2 Z 4 GGBG".

     Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen

Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde insoweit geändert, als die unter den Punkten 1., 2., 3. und 4. angelasteten Tatbestände eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 8 Z. 3 und § 27 Abs. 2 Z. 4 GGBG darstellten und hiefür eine Geldstrafe in Höhe von EUR 581,38 (Ersatzfreiheitsstrafe: 80 Stunden) verhängt werde und die in den Punkten 5. und 6. angelasteten Verwaltungsübertretungen eine Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 8 Z. 2 und § 27 Abs. 2 Z. 4 GGBG darstellten, für die eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 336,36 (Ersatzfreiheitsstrafe: 50 Stunden) verhängt werde.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt Vorstandsmitglied und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der F.W. AG gewesen sei. Dadurch sei er - unabhängig von der internen Aufgabenverteilung - für durch dieses Unternehmen begangene Verwaltungsübertretungen strafrechtlich verantwortlich. Unbestritten sei ebenfalls, dass die F.W. AG Verlader der verfahrensgegenständlichen Gefahrgüter gewesen sei. Aus den Zeugenaussagen des Anzeigenlegers und des seinerzeitigen Lenkers, sowie den bei der Kontrolle angefertigten Fotos ergebe sich zweifelsfrei, dass die Batterien (zumindest teilweise) nicht gegen Auslaufen, Rutschen, Umfallen, Beschädigung und Kurzschluss gesichert gewesen seien, weshalb sie nicht unter die Ausnahmebestimmung der Rn 2801a Abs. 4 lit. b ADR gefallen seien und somit sämtliche Vorschriften nach dem GGBG bzw. ADR einzuhalten gewesen seien. Die vom Vertreter des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung vorgebrachte Verantwortung, dass die Sendung ordnungsgemäß, wie vom Zeugen H. empfohlen, übergeben worden sei, sei durch die Zeugenaussagen des Anzeigenlegers und des Lenkers sowie die Fotos eindeutig widerlegt.

Aus der Anzeige und den Zeugenaussagen des Anzeigenlegers und des seinerzeitigen Lenkers sei des Weiteren bewiesen, dass vom gegenständlichen Transport sämtliche im angefochtenen Straferkenntnis angeführte Mängel vorgelegen hätten. Dabei sei es unerheblich, ob die gefährlichen Güter in Versandstücken oder in Containern verladen oder in Versandstücken oder in Containern unmittelbar zur Beförderung übergeben worden seien. Aus den Zeugenaussagen des seinerzeitigen Lenkers und des Hilfsmeisters der F.W. AG ergebe sich zweifelsfrei, dass die Batterien ohne jegliche Kontrolle sowohl der zu verladenden Versandstücke als auch des Fahrzeuges und dessen Ausrüstungsteile verladen bzw. dem Beförderer übergeben worden seien und die Fahrzeug- und Verladevorschriften sowie die Vorschriften für die Aufschriften, Gefahrzettel, Tafeln und sonstigen Informationen über die gefährlichen Güter sowie das Fahrzeug und den Container nicht beachtet worden seien, weshalb jedenfalls eine Verladung oder Übergabe entgegen § 7 Abs. 8 GGBG vorliege und somit die entsprechenden Einwendungen ins Leere gingen.

Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb Rn 10414 ADR unanwendbar sein sollte, zumal der Verlader die Verladevorschriften zu beachten habe. Auch die Ausnahmebestimmung nach Rn 81118 Abs. 2 ADR komme nicht zum Tragen, da die gegenständliche Beförderung in einem Akkukasten und nicht in einem Container verladen bzw. übergeben worden sei. § 7 Abs. 8 Z. 3 GGBG fordere die Einhaltung der Verladevorschriften und damit auch die Einhaltung der Bestimmung der Rn 2807 Abs. 6 lit. a und c ADR. Die Zeugenaussagen und Lichtbilder bewiesen, dass der Akkukasten derart beschädigt gewesen sei, dass er keinesfalls gegen ätzende Stoffe beständig gewesen sein könne. Es liege diesbezüglich jedenfalls keinerlei spekulativer Vorhalt der Behörde vor.

Auch Rn 2812 Abs. 1 und 2 ADR seien anzuwenden, zumal es sich bei den Akkukästen um einen Sonderfall von Verpackung handle und das Versandstück aus Verpackung mit Inhalt bestehe.

Daraus folge, dass die angelasteten Tatbestände verwirklicht worden seien.

§ 27 Abs. 2 Z. 4 GGBG stelle das Verladen oder Übergeben gefährlicher Güter entgegen § 7 Abs. 8 leg. cit. unter Sanktion.

§ 7 Abs. 8 Z. 2 GGBG fordere, dass sich der Verlader vergewissere, dass die Fahrzeuge oder Container und deren Ausrüstungsteile sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befänden, woraus folge, dass es sich bei den unter den Punkten 5. und 6. angelasteten Tatbeständen um eine Verwaltungsübertretung handle. Das selbe gelte für die Punkte 1., 2., 3. und 4., da § 7 Abs. 8 Z. 3 GGBG die Beachtung der Fahrzeug- und Verladevorschriften sowie der Vorschriften für die Aufschriften, Gefahrzettel, Tafeln und sonstigen Informationen über die gefährlichen Güter sowie das Fahrzeug und den Container fordere. Der Beschwerdeführer habe demnach die ihm nunmehr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht begangen.

Der Beschwerdeführer bestreite auch, dass ihn ein Verschulden treffe. Eine nach § 9 VStG verantwortliche Person könne sich in Ansehung eines Verstoßes gegen eine die juristische Person treffende Verpflichtung insoweit entlasten, als sie Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten ließen. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, einen geprüften Gefahrgutbeauftragten mit der Einschulung und regelmäßigen Überwachung der Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen beauftragt zu haben, der auch die Herren S. und M. geschult habe und persönlich regelmäßig die Einhaltung aller einschlägigen Verwaltungsvorschriften überprüfe und bislang keine Übertretung feststellen habe können, werde durch Zeugenaussagen der Herren H., S. und M. widerlegt. Aus diesen Zeugenaussagen ergebe sich nämlich, dass der Zeuge H. vor dem verfahrensgegenständlichen Vorfall einmal bei der F.W. AG gewesen sei und erklärt habe, dass die Batterien, wenn sie gegen Kurzschluss gesichert, unbeschädigt und sauber seien, in den grauen Boxen transportiert werden dürften, ohne Gefahrgutbestimmungen einhalten zu müssen. Es sei jedoch bei der Übergabe bzw. Verladung der Batterien niemand da gewesen, welcher die Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen genau gekannt und kontrolliert hätte, weshalb keinesfalls ein Maßnahmen- und Kontrollsystem eingerichtet worden sei, welches die Verwaltungsübertretungen nach dem GGBG hintanhalten hätte können.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998 (GGBG), ist dieses Bundesgesetz anzuwenden auf die Beförderung gefährlicher Güter

"1. ganz oder teilweise auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs. 1 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960), wenn die Beförderung nicht ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Betriebsgeländes stattfindet."

Gemäß § 2 Z. 1 lit. a GGBG i.d.F. BGBl. I Nr. 108/1999 gelten für die Beförderung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 u.a. innerhalb Österreichs die Anlagen A und B der Richtlinie 94/55/EG in der Fassung der Richtlinie 1999/47/EG.

Gemäß § 3 Z. 6 GGBG ist Verlader, wer die gefährlichen Güter in Versandstücken einschließlich Großpackmittel (IBC) in ein Fahrzeug oder in einen Container verlädt oder die gefährlichen Güter in Versandstücken einschließlich Großpackmittel (IBC) oder in einem Container dem Beförderer unmittelbar zur Beförderung übergibt.

§ 7 Abs. 8 GGBG sieht für den Verlader Folgendes vor:

"(8) Der Verlader

1. darf gefährliche Güter nur verladen oder dem Beförderer unmittelbar übergeben, wenn sie auf Grund der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften befördert werden dürfen;

2. hat sich vor dem Verladen der Versandstücke in die Fahrzeuge oder Container nach Maßgabe der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass sich die Fahrzeuge oder Container und dass sich deren Ausrüstungsteile in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden;

3. hat die Fahrzeug- und Verladevorschriften sowie die Vorschriften für die Aufschriften, Gefahrzettel, Tafeln und sonstigen Informationen über die gefährlichen Güter sowie das Fahrzeug und den Container zu beachten und

4. hat beim Verladen von Versandstücken die Zusammenladeverbote auch unter Berücksichtigung der bereits im Fahrzeug oder Container befindlichen gefährlichen Güter sowie die Vorschriften über die Trennung von Nahrungs-, Genuss- und Futtermitteln zu beachten."

Gemäß § 27 Abs. 2 Z. 4 GGBG begeht, wer

"4. als Verlader gefährliche Güter entgegen § 7 Abs. 8 verlädt oder übergibt ...",

wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 1.000,-- bis S 50.000,-- zu bestrafen.

Im vorliegenden Fall fand eine Beförderung im Sinne des § 2 Z. 1 lit. a GGBG, nämlich innerhalb Österreichs, statt. Es war daher die in dieser Bestimmung genannte Richtlinie in der angeführten Fassung (im Folgenden: Richtlinie/ADR) anzuwenden. Die in § 2 Z. 1 GGBG angeführte Richtlinie 1999/47/EG, mit der eine Änderung der Richtlinie 94/55/EG erfolgt ist, ist jene Richtlinie, mit der die Richtlinie/ADR im Zeitpunkt der Erlassung der Novelle BGBl. I Nr. 108/1999 zuletzt geändert worden war. Vor dieser Änderung war die Richtlinie/ADR auch durch die Richtlinie 96/86/EG geändert worden.

Mit der Richtlinie/ADR wurden die Regelungen des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR; Stammfassung im BGBl. Nr. 522/1973) in das Gemeinschaftsrecht umgesetzt (siehe dazu Abs. 2 und Abs. 12 der Einleitung der Richtlinie 94/55/EG). Da der Inhalt der Richtlinie/ADR mit dem ADR übereinstimmt, wird der Beschwerdeführer nicht dadurch in Rechten verletzt, wenn die belangte Behörde im Spruch und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die inhaltsgleichen Regelungen des ADR herangezogen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 2003, Zl. 2001/03/0342).

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, dass gemäß Art. 4 7. ZPMRK eine Doppelbestrafung unzulässig sei. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. September 2002 sei gegenüber dem Beschwerdeführer auf Grund desselben beanstandeten Vorfalls vom 13. September 2002 eine Verwaltungsübertretung nach dem § 7 Abs. 4 Z. 3 GGBG (gemeint wohl richtig: § 7 Abs. 4 GGBG) i.V.m. § 27 Abs. 1 Z. 3 GGBG festgestellt worden und dafür eine Geldstrafe in der Höhe von rund EUR 2.906,91 verhängt worden. Mit dieser ersten Bestrafung sei der Tatsachenkomplex "Beförderung Batterien" unter Gefahrgutaspekten abschließend erledigt. § 27 Abs. 2 GGBG ordne in ihrem letzten Satz zwingend an, dass in der gegenständlichen Konstellation eine Bestrafung gemäß § 27 Abs. 2 GGBG zu unterbleiben habe. Es seien mit dem genannten Verwaltungsstrafverfahren die wesentlichen Unrechts- und Schuldaspekte des Täterverhaltens bereits ausgeschöpft. Das unter Punkt 2. und 3. des vorliegenden Strafverfahrens dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde vorgeworfene Täterverhalten sei überhaupt wortgleich mit jenem des Punktes 3. und 4. des Strafverfahrens der belangten Behörde zu Zl. Senat-SW- 01-0017 (die Beschwerde zu dem in diesem Verfahren von der belangten Behörde ergangenen Berufungsbescheid ist zu Zl. 2002/03/0307 protokolliert, über die mit Erkenntnis vom heutigen Tag entschieden wurde).

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Gemäß § 7 Abs. 4 GGBG ist der Auftraggeber verpflichtet, dem Absender sämtliche zur Erfüllung der dem Absender gemäß Abs. 3 auferlegten Pflichten erforderlichen Unterlagen zu übergeben, soweit dieser nicht bereits im Besitz dieser Unterlagen ist, und die hiefür erforderlichen Anweisungen erteilen. Den Verlader treffen demgegenüber die in § 7 Abs. 8 GGBG vorgesehenen Verpflichtungen, wenn er die gefährlichen Güter in Versandstücken oder in einem Container verlädt oder unmittelbar dem Beförderer übergibt. Vom Wortlaut beider Bestimmungen her ist im Übrigen nicht ersichtlich, dass von ihnen gleichartiges Verhalten gegenüber dem Auftraggeber und dem Verlader geahndet wird. Selbst wenn aber auf Grund dieser Normen inhaltlich gleichartiges Verhalten verfolgt werden könnte, bestünden dagegen keine Bedenken, da in § 7 Abs. 4 und Abs. 8 GGBG an den Auftraggeber betreffend die Besorgung einer Güterbeförderung bzw. an den Verlader unterschiedliche Verhaltensanforderungen gestellt werden, die in den unterschiedlichen Funktionen dieser Personen im Hinblick auf die Beförderung ihre Grundlage haben und die daher jeweils auch einen unterschiedlichen Unwertgehalt haben (vgl. zum Verhältnis der Strafnormen im GGBG betreffend eine Person in den Funktionen als Zulassungsbesitzer und als Beförderer u.a. das hg. Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 2000/03/0143). Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, dass gerade jene dem Beschwerdeführer als Auftraggeber zur Last gelegten Vorwürfe, in Bezug auf die auch eine Bestrafung als Verlader erfolgte, vom Verwaltungsgerichtshof im bereits angeführten Beschwerdeverfahren Zl. 2002/03/0307 als nicht in § 7 Abs. 4 GGBG gedeckt angesehen wurden und der diesbezügliche Berufungsbescheid sogar (wegen Untrennbarkeit des Spruches) zur Gänze als rechtswidrig aufgehoben wurde (siehe das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/03/0307).

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass gemäß § 3 Z. 6 GGBG Verlader sei, "wer die gefährlichen Güter in Versandstücken ... in ein Fahrzeug oder in einen Container verlädt

oder die gefährlichen Güter in Versandstücken ... oder in einem Container dem Beförderer unmittelbar zur Beförderung übergibt". Im Lichte des im erstinstanzlichen Straferkenntnis genannten Vorwurfes der Übergabe bestimmter Güter zur Beförderung mit dem Lastkraftwagen sei lediglich die zweite gesetzliche Tatbestandsalternative anzuwenden. Da der verfahrensgegenständliche Akkukasten schon begrifflich kein "Versandstück" sei, komme allein die Tatbestandsvariante "in einem Container" in Betracht. Verfahrensgegenständlich sei daher im Sinne des § 27 Abs. 2 Z. 4 die Tatanschuldigung der Übergabe gefährlicher Güter in einem Container entgegen § 7 Abs. 8 GGBG. Die Behörde stütze sich auf § 7 Abs. 8 Z. 2 und 3 GGBG. Die in diesen Gesetzesbestimmungen enthaltenen Pflichten seien jedoch nicht einschlägig. § 7 Abs. 8 Z. 2 GGBG enthalte kein Verbot hinsichtlich der Übergabe, sondern eine Vergewisserungspflicht. Schon aus diesem Grund komme eine Strafbarkeit gemäß § 27 Abs. 2 Z. 4 GGBG nicht in Betracht. § 7 Abs. 8 Z. 2 GGBG beziehe sich allein auf das "Verladen von Versandstücken" in Fahrzeuge oder Container. Zunächst sei ein Akkukasten, wie dargetan, kein Versandstück. Die F.W. AG habe aber auch keine Verladung vorgenommen. Die genannte Bestimmung sei daher auch insoweit unanwendbar. Damit sei gleichzeitig auch der Anwendung der verwiesenen Rn 10260 und Rn 10240 Abs. 1 und 3 ADR (Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, Stammfassung: BGBl. Nr. 522/1973, richtigerweise wäre Rn 10260 und Rn 10240 Abs. 1 und 3 der Anlage B der Richtlinie 94/55/EG anzuwenden gewesen) die Grundlage entzogen.

Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers kommt Berechtigung zu. Es ist zutreffend, dass die Strafnorm des § 27 Abs. 2 Z. 4 GGBG für den Verlader zwei Tatbestandsalternativen kennt, nämlich dass eine Person gefährliche Güter entgegen § 7 Abs. 8 verlädt oder unmittelbar an den Beförderer übergibt. In diesem Sinne sieht die Definition des Verladers in § 3 Z. 6 GGBG vor, dass Verlader ist, wer "die gefährlichen Güter in Versandstücken einschließlich Großpackmittel (IBC) in ein Fahrzeug oder in einen Container verlädt oder die gefährlichen Güter in Versandstücken einschließlich Großpackmittel (IBC) oder in einem Container dem Beförderer unmittelbar zur Beförderung übergibt". Im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren wurde dem Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenem Organ der F.W. AG vorgeworfen, dass er gefährliche Güter der Klasse 8 Z. 81c ADR zur Beförderung übergeben habe, obwohl er nicht dafür gesorgt habe, dass die näher angeführten Vorschriften eingehalten worden (Punkte 1 und 4) bzw. die Verwendung der Verpackung als Versandstück zulässig gewesen sei (Punkte 2 und 3) bzw. die vorgeschriebenen Ausstattungsgegenstände nicht ordnungsgemäß mitgeführt worden seien (Punkte 5 und 6). Für den Fall, dass der Verlader die gefährlichen Güter dem Beförderer unmittelbar übergibt (und also nicht selber verlädt), sieht § 7 Abs. 8 Z. 1 GGBG ausdrücklich vor, dass dies nur dann zulässig ist, wenn die gefährlichen Güter auf Grund der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften befördert werden dürfen. Die belangte Behörde hat sich bei den verfahrensgegenständlichen Übertretungen auf § 7 Abs. 8 Z. 2 und Z. 3 GGBG gestützt. In diesem Zusammenhang ist dem Beschwerdeführer Recht zu geben, dass dies Verhaltensanordnungen sind, die sich allein an den Verlader, der die gefährlichen Güter in Versandstücken in ein Fahrzeug oder in einen Container verlädt, richten. Es kann nicht angenommen werden, dass auch der Verlader, der gefährliche Güter unmittelbar dem Beförderer übergibt (und somit selbst die Verladung nicht durchführt), die in § 7 Abs. 8 Z. 2 und 3 GGBG normierten Verpflichtungen, die sich auf das konkrete Verladen von gefährlichen Gütern auf das Fahrzeug und den Container, in die verladen wird, und deren Ausrüstungsteile beziehen, zu beachten hat, da er selbst die Verladung nicht vornimmt und somit auch keinen Einfluss auf den Zustand des Fahrzeuges oder des Containers (in den die gefährlichen Güter verladen werden sollen) oder deren Ausrüstungsteile bzw. die Art der Verladung der gefährlichen Güter nehmen kann.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Es brauchte daher auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr eingegangen zu werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 8. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002030327.X00

Im RIS seit

12.10.2004

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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