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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31990L0387 ONP-RL Einführung Art5a Abs3 idF 31997L0051;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der T Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Cerha Hempel & Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 15. Juni 1999, Zl. M 1/99-218, betreffend Feststellung der Marktbeherrschung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 33 Abs. 4 TKG iVm § 111 Z 5 TKG festgestellt, dass die Beschwerdeführerin "auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Sprachtelefondienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes sowie auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Mietleitungsdienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes marktbeherrschend im Sinn des TKG ist" (Spruchpunkt A). Ferner wurden mit dem bekämpften Bescheid gemäß § 33 Abs. 4 TKG iVm § 111 Z 5 TKG die Anträge der Beschwerdeführerin auf Feststellung, ob diese auf den Märkten für Satellitenstromwege, für internationale Mietleitungen, für DDL-D und DDL-S-Mietleitungen, sowie auf dem Markt für Freephonedienste marktbeherrschend sei, zurückgewiesen (Spruchpunkt B). Schließlich wurde im bekämpften Bescheid ausgesprochen, dass über die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des § 33 Abs. 4 TKG auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Sprachtelefondienstes mittels eines Mobilkommunikationsnetzes sowie auf dem Markt für das Erbringen von Zusammenschaltleistungen gemäß § 59 Abs. 1 AVG gesondert abgesprochen wird (Spruchpunkt C).
In ihrer Begründung geht die belangte Behörde im Wesentlichen davon aus, dass der Umsatzanteil der Beschwerdeführerin - die bis zum 31. Dezember 1997 diesbezüglich der einzige Anbieter gewesen sei - auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Sprachtelefondienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes auch über das Jahr hin 1998 hinweg gesehen "bei 98,60 %, in den letzten beiden Monaten ... nach wie vor bei 96,54 %" gelegen sei, der "Anteil aktivierter Teilnehmeranschlüsse" sei per 31. Dezember 1998 "bei 99,72 %" gelegen. Daraus könne geschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 1998 "keinem wesentlichen Wettbewerb" ausgesetzt gewesen sei. Es sei daher sicher, dass die Beschwerdeführerin auch "seit 1.1.1999 und im Bescheiderlassungszeitraum" noch über einen Marktanteil von weit mehr als 25 % verfüge, sodass sie im Sinn des § 33 Abs. 2 TKG jedenfalls marktbeherrschend auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Sprachtelefondienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes im Sinn des TKG sei.
Auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Mietleitungsdienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes habe die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 1. Jänner 1998 bis zum 31. Dezember 1998 über einen umsatzmäßigen Marktanteil von 91,03 % verfügt. Betrachte man die Mietleitungsenden der Beschwerdeführerin, so sei auch hier ihre überragende Marktstellung bei einem Anteil von 90,91 % per 31. Dezember 1998 offensichtlich. Der Marktanteil liege somit klar über der im § 33 Abs. 2 TKG aufgestellten 25 % Grenze. Auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Mietleitungsdienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes verfüge die Beschwerdeführerin daher ebenfalls über eine marktbeherrschende Stellung im Sinn des TKG. Weiters führt die belangte Behörde aus, dass die relevanten Märkte für die Zusammenschaltung die drei in Anhang I der Zusammenschaltungsrichtlinie 97/33/EG genannten Märkte sowie der nationale Zusammenschaltungsmarkt gemäß Art. 7 Abs. 2 der Zusammenschaltungsrichtlinie 97/33/EG seien. Diese vier Märkte würden in den Spruchpunkten A und C des bekämpften Bescheides genannt. Auf den im Spruchpunkt B genannten Marktsegmenten könne daher eine Marktbeherrschung im Sinne des § 33 Abs. 4 TKG nicht bestehen, weshalb die in diesem Spruchpunkt genannten Feststellungsanträge zurückzuweisen gewesen seien.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die Beschwerdepunkte werden wie folgt ausgeführt:
"Der bekämpfte Bescheid verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem durch § 33 TKG gewährleisteten Recht, nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als marktbeherrschendes Unternehmen festgestellt zu werden. Insbesondere verletzt der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführerin in ihrem Recht gemäß § 33 Abs 4 iVm Abs 1 TKG nicht als marktbeherrschendes Unternehmen festgestellt zu werden, wenn sie nicht auf dem jeweiligen sachlich und räumlich relevanten Markt marktbeherrschend ist."
Daraus ergibt sich, dass nur die Spruchpunkte A und B des angefochtenen Bescheides bekämpft werden.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Mit hg. Erkenntnis vom 9. September 2003, Zl. 2003/03/0095, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass nach der - auch im Beschwerdefall geltenden - Rechtslage (TKG idF vor der Novellierung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2000) gemäß Art. 133 Z. 4 B-VG Angelegenheiten, über die die belangte Behörde entschieden hat, nach österreichischem nationalen Recht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgenommen waren und dass sich die vom EuGH mit Urteil vom 22. Mai 2003 (Rs C-462/99) aus Art. 5a Abs. 3 der Richtlinie 90/387/EWG idF der Richtlinie 97/51/EG abgeleitete Verpflichtung des Verwaltungsgerichtshofes zur Nachprüfung nur auf den Schutz der dem Einzelnen vom Gemeinschaftsrecht eingeräumten materiellen Rechte, nicht aber auch auf den Schutz bloß im nationalen Recht verankerter individueller Rechte beziehen kann.
Daraus folgt, dass auch im Beschwerdefall auf das eine Verletzung lediglich letzterer Rechte betreffende Beschwerdevorbringen nicht einzugehen ist.
Dass aber mit dem angefochtenen Bescheid aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleitete individuelle Rechte (im Hinblick auf Richtlinienbestimmungen derart, dass sie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind und sich der Einzelne daher nach ständiger Rechtsprechung des EuGH auf sie berufen kann, und zwar auch, soweit sie so geartet sind, dass sie Rechte festlegen, die der Einzelne dem Staat gegenüber geltend machen kann (vgl. Urteil des EuGH vom 22. Mai 2003, Rs C 462/99, Rz 114 mwH)) der Beschwerdeführerin verletzt worden seien, ist für den Verwaltungsgerichtshof auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht zu finden. Selbst unter der Annahme, dass mit den von der Beschwerdeführerin für eine richtlinienkonforme Interpretation herangezogenen Richtlinienbestimmungen (als inhaltlich unbedingt und hinreichend genau) aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleitete individuelle Rechte des Einzelnen eingeräumt sein sollten, erweist sich die Beschwerde im Licht des hg. Erkenntnisses vom 18. November 2003, Zl. 2002/03/0284, in dem (auch) auf die gemeinschaftsrechtrechtlichen Grundlagen sowie die Übereinstimmung des nationalen Rechts damit (im auch im vorliegenden Beschwerdefall relevanten Bereich) Bezug genommen wird, aus den dort angeführten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, als unbegründet. Soweit die Beschwerde vorbringt, dass internationale Mietleitungen marktmäßig von den Mietleitungen nationalen Charakters zu unterscheiden seien, ist ihr entgegenzuhalten, dass - wie in dem zitierten hg. Erkenntnis ausgeführt - durch das maßgebliche Gemeinschaftsrecht bestimmte Märkte normativ vorgegeben sind, u.a. der Markt für den Mietleitungsdienst, ohne dass dieser Markt weiter unterteilt wäre. Wenn die Beschwerdeführerin ausführt, dass sie "Satellitenstromwege allein im internationalen Telefonverkehr" anbiete, und diese entgegen der belangten Behörde nicht "zum einheitlichen ('festen') Mietleitungsmarkt" (ohne Hervorhebung im Original) zählten, ist für sie nichts gewonnen. Schon aus ihrem Vorbringen, das sich alleine auf den IN MARSAT-Funkdienst bezieht, ergibt sich, dass dieser Dienst nicht mittels eines selbstbetriebenen festen Telekommunikationsnetzes erfolgt, weshalb er von der im bekämpften Bescheid getroffenen Feststellung betreffend den Markt für das Erbringen des öffentlichen Mietleitungsdienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes nicht erfasst sein kann. Weiters hat die belangte Behörde auf der in der Beschwerde hiezu genannten Seite 12 des angefochtenen Bescheides - anders als diese meint - lediglich zum Ausdruck gebracht, dass u.a. Satellitenstromwege ein "Marktsegment ... des Marktes für das Anbieten von Mietdienstleitungen" darstellen, nicht aber ausgesprochen, dass es dabei um den Markt für das Erbringen des öffentlichen Mietleitungsdienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes geht.
2.2. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2.3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Vorlageaufwand war der belangten Behörden nicht zuzusprechen, weil eine Vorlage von Verwaltungsakten im vorliegenden Beschwerdeverfahren seitens der belangten Behörde nicht erfolgte.
Wien, am 8. September 2004
Gerichtsentscheidung
EuGH 61999J0462 Connect Austria VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Bescheide von Kollegialbehörden iSd B-VG Art133 Z4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003030111.X00Im RIS seit
28.10.2004Zuletzt aktualisiert am
04.11.2011