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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §59 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2001/03/0332 E 8. September 2004Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Handstanger, Dr. Berger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der M AG & Co KG in W, vertreten durch Cerha Hempel & Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 30. Juli 2001, Zlen. Z 5/01-45, Z 7/01-44, betreffend Zusammenschaltungsanordnung (mitbeteiligte Partei: U AG in W, vertreten durch Dr. Stefan Köck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Teilbescheid erließ die belangte Behörde auf Antrag der mitbeteiligten Partei gemäß § 41 Abs. 3 iVm § 111 Z. 6 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 100/1997 idF BGBl. I Nr. 32/2001, eine Anordnung für die Zusammenschaltung des öffentlichen Telekommunikationsnetzes der mitbeteiligten Partei mit dem öffentlichen Telekommunikationsnetz der Beschwerdeführerin. Entsprechend der Präambel des angefochtenen Bescheids gilt diese Teilanordnung, soweit sie sich auf die indirekte Zusammenschaltung (Phase I) bezieht, ab 1. Jänner 2001, soweit sie sich auf die direkte Zusammenschaltung (Phase II) bezieht, ab Rechtskraft des Bescheides und nur insoweit, als zwischen den Parteien nichts anderes vereinbart wird. Während der allgemeine Teil des Bescheides insbesondere Regelungen über direkte und indirekte Zusammenschaltung zwischen dem Festnetz der mitbeteiligten Partei und dem Mobil- sowie dem Festnetz der Beschwerdeführerin samt technischer Umsetzung der Zusammenschaltung und Verkehrslenkung enthält, werden in zu integrierten Bestandteilen der Anordnung erklärten Anhängen Definitionen und ein Abkürzungsverzeichnis dargestellt (Anhang 1), technische Spezifikationen getroffen (Anhang 3), Regelungen für "NÜP-Standorte" und Verkehrsübergabe (Anhang 4), Registrierungsparameter (Anhang 7), Verrechnungssätze (Anhang 8) und Koordinatoren/Ansprechpartner/Ansprechstelle (Anhang 9) getroffen, weiters Regelungen betreffend privater Netze (Anhang 12), Auskunfts- und Störmeldestellen (Anhang 13), personenbezogene Dienste (Anhang 14) sowie die Portierung von Diensterufnummern (Anhang 15). Weitere Regelungen des allgemeinen Teiles, nämlich hinsichtlich einer Befristung der verkehrsabhängigen Zusammenschaltungsentgelte (Punkt 11.2) und einer Anpassung an Entscheidungen der Regulierungsbehörde wegen Nichtdiskriminierung (Punkt 11.6) sowie von Anhängen, nämlich betreffend Zusammenschaltungsverbindungen (Anhang 2), Verkehrsarten (Anhang 5), Entgelte (Anhang 6), Zugang zu den tariffreien Diensten (Anhang 10) sowie betreffend Dienste mit geregelten Tarifobergrenzen und frei kalkulierbaren Mehrwertdiensten (Anhang 11), sollen einem gesonderten Teilbescheid vorbehalten bleiben.
Die belangte Behörde stellte fest, dass die Beschwerdeführerin konzessionierte Betreiberin eines öffentlichen Mobilfunknetzes für Sprachtelefonie sei, die sie über das analoge D-Netz und das digitale GSM-Netz erbringe; darüber hinaus auch Betreiberin des öffentlichen Sprachtelefondienstes mittels eines festen Telekommunikationsnetzes. Auch die mitbeteiligte Partei sei Inhaberin einer Konzession für das Erbringen des öffentlichen Sprachtelefondienstes mittels eines selbst betriebenen festen Telekommunikationsnetzes und für das öffentliche Anbieten von Mietleitungen mittels selbst betriebener fester Telekommunikationsnetze. Die Frage der Marktbeherrschung werde in einem weiteren Teilbescheid zu berücksichtigen sein. Die indirekte Zusammenschaltung der Netze der Parteien sei im Bescheid vom 11. November 1999, Z 8/99, und in zwei zusätzlich von den Verfahrensparteien vereinbarten Anhängen (Anhänge 5 und 6) geregelt. Im Zuge der Verhandlungen über eine Nachfolgeregelung für den mit 31. Dezember 2000 befristeten Bescheid vom 11. November 1999 hätten die Verfahrensparteien die Weitergeltung der Bedingungen des Bescheides samt der Anhänge vorerst bis zum 15. Februar 2001 und in der Folge bis zum 28. Februar 2001 vereinbart. Die Verfahrensparteien hätten nämlich am 7. Februar 2001 folgende Vereinbarung getroffen:
"Bis zum 30. September 2000 werden einander die Parteien wechselseitig allfällige Änderungswünsche für den diesem erstmaligen (indirekten) Zusammenschaltungsverhältnis nachfolgenden Vertrag für die Zeit ab dem 15. Februar 2001 mitteilen. Der Zusammenschaltungspartner einerseits sowie die M andererseits sind folglich verpflichtet, bis spätestens 30. September 2000 in Verhandlungen über die Festlegung der Zusammenschaltungsbedingungen ab dem 28. Februar 2001 einzutreten. Eine Anrufung der Regulierungsbehörde zur Neufestlegung der mit diesem Bescheid festgelegten Zusammenschaltungsbedingungen ist frühestens sechs Wochen nach dem 30. September 2000 zulässig. Wird die Regulierungsbehörde spätestens bis zum 28. Februar 2001 angerufen, so wenden die Parteien die gegenständliche Anordnung vorläufig weiter an, bis ein rechtskräftiger Spruch der Regulierungsbehörde vorliegt; eine solche Neuregelung tritt dann mit Wirkung vom 01. Jänner 2001, 00:00 Uhr, in Kraft."
Da die belangte Behörde am 28. Februar 2001 per Telefax angerufen worden sei, seien vereinbarungsgemäß die Bedingungen des Bescheides Z 8/99 samt der zusätzlich vereinbarten Anhänge weiterhin zwischen den Parteien wirksam. Eine direkte Zusammenschaltung der öffentlichen Telekommunikationsnetze der Verfahrensparteien sei noch nicht erfolgt.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass eine aufrechte Vereinbarung über eine Zusammenschaltung zwischen den Verfahrensparteien nicht bestehe; die Weitergeltung des Bescheids vom 11. November 1999, Z 8/99, samt zusätzlich vereinbarten Anhängen sei bis 28. Februar 2001 befristet gewesen. Da ein Großteil der Anträge der Verfahrensparteien übereinstimmten, hätten diese Teile ohne weitere Begründung übernommen werden können und seien nur jene Punkte zu begründen gewesen, über die zwischen den Verfahrensparteien unterschiedliche Auffassungen herrschten. So sei entgegen dem Antrag der Beschwerdeführerin entsprechend dem Antrag der mitbeteiligten Partei der Geltungsbeginn der Regelungen für die indirekte Zusammenschaltung (Phase I) mit 1. Jänner 2001 fest zu legen gewesen, weil entsprechend der Vereinbarung der Parteien vom 7. Februar 2001 im Fall einer Anrufung der Regulierungsbehörde bis 28. Februar 2001 die Regelungen des Bescheides vom 11. November 1999, Z 8/99, weiter gelten, bis eine rechtskräftige Entscheidung der Regulierungsbehörde vorliege; eine solche neue Regelung trete vereinbarungsgemäß dann mit 1. Jänner 2001 in Kraft (unter Hinweis auf die Vereinbarung laut Beilage 10). Die Beschwerdeführerin meine zwar, dass der Antrag der mitbeteiligten Partei nicht rechtzeitig gestellt worden sei, weil er erst mit Fax vom 28. Februar 2001 nach Ablauf der bekannt gegebenen Amtsstunden an die belangte Behörde übermittelt worden sei, sodass entsprechend § 13 Abs. 5 AVG (i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 137/2001) dieses Anbringen erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt gelte. Doch übersehe die Beschwerdeführerin dabei, dass zwischen dem "Einbringen" eines Antrages und dessen "Einlangen" zu unterscheiden sei, entsprechend der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs vom 26. Juni 2000, B 460/00, und vom 14. März 2001, B 2385/00. Zur Wahrung verfahrensrechtlicher Fristen sei nicht entscheidend, wann das Anbringen bei der Behörde einlange, sondern lediglich, wann es eingebracht worden sei. Bei der entsprechend der Verlängerungsvereinbarung der Parteien einzuhaltenden Frist handle es sich um eine verfahrensrechtliche Frist, weil sie für die Anrufung der Regulierungsbehörde und damit für die Einleitung des gegenständlichen Verfahrens maßgeblich sei. Deshalb sei die Einbringung am 28. Februar 2001 rechtzeitig erfolgt. Auf Grund dessen sei die vereinbarte Rückwirkung der zu treffenden Anordnung zum 1. Jänner 2001 ermöglicht worden.
Entgegen den Anträgen der Beschwerdeführerin sei von einer Regelung hinsichtlich Verzugszinsen ebenso abzusehen gewesen wie hinsichtlich einer solchen für eine Sicherheitsleistung: Unter Berücksichtigung der bestehenden klaren gesetzlichen Regelungen über die Höhe von Verzugszinsen erübrige sich eine vertragliche Regelung, weil bei Fehlen einer vertraglichen Vereinbarung die gesetzlichen Bestimmungen subsidiär zur Anwendung gelangten. Mangels Vorlage von konkreten Beweisen für eine schlechte Zahlungsmoral der mitbeteiligten Partei habe von einer verpflichtenden Festlegung einer Sicherheitsleistung abgesehen werden können. Überdies habe die mitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme vom 25. Juli 2001 angemerkt, dass sie "ihre Zahlungsverpflichtungen laufend und pünktlich" einhalte.
Die Erlassung eines Teilbescheides sei gemäß § 59 Abs. 1 AVG zulässig, wenn ein Bescheidpunkt für sich allein und ohne inneren Zusammenhang mit anderen Punkten einem gesonderten Abspruch zugänglich sei. Die von den Verfahrensparteien unter dem Punkt 11.2 des allgemeinen Teils (Befristung der verkehrsabhängigen Zusammenschaltungsentgelte), und von der mitbeteiligten Partei unter Punkt 11.6 (Anpassung an Entscheidungen der Regulierungsbehörde wegen Nichtdiskriminierung), in Anhang 2 (Zusammenschaltungsverbindungen), Anhang 5 (Verkehrsarten), Anhang 6 (Entgelte), Anhang 10 (Regelungen betreffend Zugang zu den tariffreien Diensten) und Anhang 11 (Regelungen betreffend Dienste mit geregelten Tarifobergrenzen und frei kalkulierbaren Mehrwertdiensten) beantragten Regelungen bildeten für die im Übrigen beantragte Zusammenschaltungsanordnung keine Grundlage und seien weder technisch noch rechtlich von den in den übrigen Bescheidpunkten getroffenen Bestimmungen abhängig.
Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, sowie Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und stellt den Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Schwerpunkt der Beschwerdeausführungen liegt auf der Frage der Zulässigkeit eines Teilbescheides; im Übrigen rügt die Beschwerdeführerin die vermeintliche Rückwirkung der Anordnung der indirekten Zusammenschaltung sowie die Unterlassung von Regelungen betreffend Sicherheitsleistung und Verzugszinsen. Schon das Vorbringen betreffend die Unzulässigkeit der Erlassung eines Teilbescheides über einzelne Inhalte der Zusammenschaltung zwischen den Verfahrensparteien bei Vorbehalt von Regelungen in einem Folgebescheid führt die Beschwerde zum Erfolg.
§ 59 Abs. 1 AVG lautet:
"(1) Der Spruch hat die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden."
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 13. März 1984, Slg 11357/A) setzt die Zulässigkeit eines Teilbescheides voraus, dass jeder der getrennten Bescheidpunkte für sich allein und ohne inneren Zusammenhang mit anderen Punkten einem gesonderten Abspruch zugänglich ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn ein Bescheidpunkt die notwendige Grundlage (Vorstufe) für einen weiteren Bescheidinhalt darstellt.
Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage erweist sich die von der belangten Behörde getroffene Erlassung eines Teilbescheides als rechtswidrig, weil die mit dem angefochtenen Bescheid erlassenen Regelungen (insbesondere Art und Umfang der Zusammenschaltung) die notwendige Grundlage für die einem weiteren Bescheid vorbehaltenen Bestimmungen (insbesondere hinsichtlich des Entgeltes) bilden. Dass die Entgelte einen wesentlichen, das Äquivalenzgefüge bestimmenden Bestandteil einer Zusammenschaltungsanordnung darstellen, wurde bereits im hg. Erkenntnis vom 28. April 2004, Zl. 2002/03/0319, ausgesprochen.
Die Erlassung eines Teilbescheides bloß über die genannten Teile der Gesamtzusammenschaltungsanordnung verletzt die Beschwerdeführerin im Recht auf eine einheitliche Entscheidung der Angelegenheit und macht den angefochtenen Bescheid inhaltlich rechtswidrig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1995, Zl. 94/07/0096), was zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu führen hatte, ohne dass es noch eines Eingehens auf die weiteren Beschwerdepunkte bedurft hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 8. September 2004
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Trennbarkeit gesonderter Abspruch VerfahrensbestimmungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001030331.X00Im RIS seit
12.10.2004