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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs2 idF 1994/518;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des JS in W, vertreten durch Dr. Otmar Wacek, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 26. September 2002, Zl. UVS-3/12814/18-2002, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe sich am 8. September 2001 um 23:10 Uhr in Neukirchen, Marktstraße Richtung Zentrum, auf der Höhe des Hauses Nr. 178, trotz Aufforderung durch ein ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, dass er sich beim vorhergehenden Lenken des nach dem Kennzeichen bestimmten Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.
Er habe dadurch § 5 Abs. 2 i.V.m. § 99 Abs. 1 lit. b StVO verletzt, weswegen über den Beschwerdeführer gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.744,-- (488 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, der Beschwerdeführer sei im Zuge der seinerzeitigen Kontrolle zur Durchführung des Alkomattestes aufgefordert worden. Der Beschwerdeführer habe sich in Reaktion auf diese Aufforderung vom Ort der Amtshandlung entfernt, sei erst nach einer Zeit von 10 bis 15 Minuten wieder zum Ort der Amtshandlung zurückgekehrt und habe daraufhin seine Bereitschaft zur Durchführung des Alkomattestes bekundet. Angesichts dieser Umstände sei von einer Verweigerung der Durchführung des Alkomattestes auszugehen. Eine solche Verweigerung könne nicht nur durch die ausdrückliche Artikulation der nicht bestehenden Bereitschaft zur Durchführung des Alkomattestes, sondern auch in der Verwirklichung von Verhältnissen, die einer Durchführung des Alkomattestes faktisch entgegenstünden, gesetzt werden. Dies habe der Beschwerdeführer durch seine nicht im Konsens mit den amtshandelnden Gendarmerieorganen verwirklichte Entfernung vom Ort der Amtshandlung realisiert. Sein Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1993, Zl. 92/03/0260, könne einerseits daran nichts ändern, sondern bestätige vielmehr, dass ein Gendarmeriebeamter, der eine Aufforderung zur Durchführung des Alkomattestes ausspreche, nicht verpflichtet sei, dem Beschwerdeführer "einen 'kurzen Aufschub' zur Verrichtung der kleinen Notdurft im WC seines Hauses einzuräumen". Diese Entscheidung sei so zu interpretieren, dass einem zum Alkomattest aufgeforderten Probanden die "kontrollierte" Notdurftverrichtung zu ermöglichen sei, kontrolliert in dem Sinne, dass einem Probanden keine Möglichkeiten zur Verfälschung des folgenden Testergebnisses eröffnet würden. Im gegenständlichen Fall sei von allen drei in die Amtshandlung involvierten Gendarmerieorganen übereinstimmend und schlüssig dargelegt worden, dass gegebenenfalls die Möglichkeit zur Verrichtung der kleinen Notdurft eingeräumt worden wäre, dies jedoch seitens des Beschwerdeführers ohnehin nicht begehrt worden sei, "sondern dieses Argument nur zuletzt als Hinweis zur Begründung seines Weggehens ergänzend angeführt worden sei". Mit seiner Entfernung vom Ort der Amtshandlung in "unüberblickbare Gefilde" und noch dazu über eine Zeitspanne (10 bis 15 Minuten), die jedes Maß einer vorstellbaren Austretzeit bei Weitem überschreite, sei auch das Ausmaß eines "kurzen Aufschubes" im Sinne der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zweifelsfrei überschritten gewesen, weswegen dieses Judikat auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden sei.
Die Darstellung der vom Beschwerdeführer angeführten Zeugin D.G. sei wenig glaubwürdig, wenn sie einerseits angebe, nur wenige Gehminuten vom Ort der Amtshandlung entfernt zu wohnen und insgesamt aus ihrer Aussage ein Bestreben des baldigen Nachhausekommens ableitbar sei, und sie andererseits vorgebe, rund drei Minuten abgewartet zu haben, bis der Beschwerdeführer von seinem Ort der Notdurftverrichtung wieder zur Amtshandlung zurückgekehrt sei, und sie dann dem weiteren Verlauf der Amtshandlung keine Bedeutung mehr beigemessen habe. Völlig unglaubwürdig und nicht nachvollziehbar sei die Rechtfertigung des Beschwerdeführers und die diesbezügliche Bestätigung der Zeugin, dass dem Beschwerdeführer für den Fall des Weggehens von der Amtshandlung die Verhaftung angedroht worden sei. Die Aussage der Entlastungszeugin werde von der belangten Behörde als "Falschaussage" gewertet.
Angesichts der insgesamt übereinstimmenden und schlüssigen Aussagen der Gendarmeriebeamten sei kein Zweifel an deren Stichhältigkeit zu finden und diesen daher volle Beweiskraft beizumessen. Folglich sei von der Verweigerung des Alkomatestes durch den Beschwerdeführer auszugehen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159 (StVO 1960) i.d.F. BGBl. Nr. 518/1994, lautet:
"(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand
1.
ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder
2.
als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,
auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen."
Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO in der (zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses am 2. Februar 2002 günstigeren) Fassung BGBl. I Nr. 32/2002 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 1.162,-- bis EUR 5.813,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Feststellung der belangten Behörde, dass alle drei in die Amtshandlung involvierten Gendarmerieorgane übereinstimmend und schlüssig dargelegt hätten, gegebenenfalls hätten sie ihm die Möglichkeit zur Verrichtung der kleinen Notdurft eingeräumt, dies sei jedoch seitens des Beschwerdeführers ohnehin nicht begehrt worden, sondern habe er dieses Argument nur "zuletzt als Hinweis zur Begründung seines Weggehens ergänzend angeführt", sei aktenwidrig. Aus dem Akt ergebe sich, dass alle drei einvernommenen Beamten übereinstimmend angegeben hätten, dass dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Erledigung seiner Bedürfnisse am nahe gelegenen Gendarmerieposten nicht angeboten worden sei. Daraus gehe hervor, dass dem Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit gegeben worden sei, seine Notdurft in gesetzlich gebotener bzw. zumindest menschenwürdiger Weise verrichten zu können, ohne dass er sich gleichzeitig der Gefahr der Unterstellung einer Verweigerung des Alkotests durch die Dienst habenden Organe ausgesetzt haben würde.
Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers ist nicht zielführend. Auf Grund der Aussagen der bei der Amtshandlung anwesenden Beamten ist die belangte Behörde nachvollziehbar und schlüssig davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer gegebenenfalls die Möglichkeit zur Verrichtung der Notdurft eingeräumt worden wäre, dies jedoch von ihm nicht begehrt worden sei, sondern nur "zuletzt als Hinweis zur Begründung seines Weggehens ergänzend angeführt worden sei". Aus den Aussagen der Meldungslegerin und des Beamten F.M. (der Beamte H.M. kam erst später zu der Amtshandlung dazu) ging hervor, dass Gegenstand der Debatte betreffend das Weggehen des Beschwerdeführers das von ihm geltend gemachte Recht war, sich 15 Minuten entfernen zu dürfen, bis der Alkotest durchgeführt werden durfte. In diesem Zusammenhang erklärten die Meldungslegerin und der Beamte F.M. auch, dass dem Beschwerdeführer nicht angeboten worden sei, den nahe gelegenen Gendarmerieposten aufzusuchen, weil dieses beim Weggehen angeführte Bedürfnis nicht Gegenstand der Diskussion betreffend seinen Wunsch wegzugehen gewesen sei bzw. dies vom Beschwerdeführer (vor dem Weggehen) nicht thematisiert worden sei. Der erst später hinzugekommene Beamte H.M. begründete die Aussage, es sei von ihm kein Angebot gemacht worden, auf den Gendarmerieposten zu gehen, weil der Beschwerdeführer ihm gegenüber überhaupt nicht geäußert habe, auf die Toilette gehen zu müssen. Von einer Aktenwidrigkeit in dieser Hinsicht kann daher keine Rede sein. Die Meldungslegerin führte darüber hinaus aus, dass ihm zu seinem abschließenden Hinweis angeboten worden sei, diesem Bedürfnis in unmittelbarer Nähe der Amtshandlung nachzukommen. Auch die Frage, in welcher Form einem zum Alkotest Aufgeforderten, der angibt, vorher dringend auf die Toilette zu müssen, die Möglichkeit, diesem Bedürfnis nachzukommen, eingeräumt werden muss, hat sich im vorliegenden Fall gar nicht gestellt, weil die belangte Behörde auf Grund der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung zu Recht davon ausging, dass das verfahrensgegenständliche Sich-Entfernen des Beschwerdeführers nicht in dem Umstand gelegen war, dringend auf die Toilette zu müssen.
Wenn sich der Beschwerdeführer weiters gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass die "nicht in Konsens mit den amtshandelnden Gendarmerieorganen verwirklichte Entfernung vom Ort der Amtshandlung" eine Verweigerung der Durchführung des Alkomattests impliziere, wendet, da gerade der mangelnde Konsens auf die falsche Rechtsansicht der Dienst habenden Organe, dass "jedes sich Entfernen" vom Anhalteort rechtfertige, eine im Zuge befindliche Amtshandlung als beendet zu erklären, zurückzuführen sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Beamten haben vielmehr nach Ansicht der belangten Behörde sein Weggehen im Hinblick darauf, dass es damit begründet worden war, 15 Minuten weggehen zu dürfen, als nicht berechtigt erachtet und dem nicht zugestimmt. Zu Recht hat die belangte Behörde daher auf Grund des "Sich-Entfernens" des Beschwerdeführers nach der Aufforderung, den Alkotest abzulegen, die Verweigerung des Alkotestes durch den Beschwerdeführer angenommen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Jänner 1991, Zl. 90/02/0181, und vom 25. Juni 1999, Zl. 99/02/0077).
Sofern der Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom 20. April 1993, Zl. 92/03/0260, im Hinblick darauf eingeht, dass er den Ort der Amtshandlung im Hinblick auf sein Bedürfnis, seine Notdurft zu verrichten, verlassen hätte dürfen, genügt es darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde zu Recht auf Grund der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung von einer derartigen Situation nicht auszugehen hatte.
Aber selbst wenn man der Auffassung wäre, die Beamten hätten im vorliegenden Fall einem kurzfristigen Entfernen des Beschwerdeführer zustimmen müssen bzw. ein kurzfristiges Entfernen wäre berechtigt gewesen, damit er dem beim Weggehen geäußerten Bedürfnis entsprechen könne, könnte im vorliegenden Fall, in dem der Beschwerdeführer unbestritten erst 10 bis 15 Minuten später wieder zu dem Ort der Amtshandlung zurückkehrte, jedenfalls nicht von einem solchen berechtigten kurzfristigen Sich-Entfernen vom Ort der Amtshandlung gesprochen werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 8. September 2004
Schlagworte
Alkotest Verweigerung Alkotest Zeitpunkt OrtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002030290.X00Im RIS seit
12.10.2004