TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/8 2003/03/0119

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Veröffentlicht am 08.09.2004
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Index

E3D E08300000;
E3D E08500000;
91/01 Fernmeldewesen;

Norm

31997D0181 GSM-Mobilfunknetzbetreiber spanisch;
TKG 1997 §33 Abs2;
TKG 1997 §33 Abs4;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:* Ausgesetztes Verfahren: 99/03/0375 B 29. Jänner 2003 * EuGH-Entscheidung: EuGH 61999CJ0462 22. Mai 2003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der M Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 23. Juni 1999, Zl. M 1/99-256, betreffend Feststellung der Marktbeherrschung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 33 Abs. 4 TKG i. V.m. § 111 Z. 5 TKG festgestellt, dass die Beschwerdeführerin "auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Sprachtelefondienstes mittels eines Mobilkommunikationsnetzes sowie auf dem Markt für das Erbringen von Zusammenschaltungsleistungen marktbeherrschend im Sinn des Telekommunikationsgesetzes ist" (Spruchpunkt A). Ferner wurde mit dem bekämpften Bescheid gemäß § 33 Abs. 4 TKG i.V.m.

§ 111 Z. 5 TKG der Antrag der Beschwerdeführerin "auf Feststellung des Nichtbestandes der marktbeherrschenden Stellung der jeweiligen Netze" der Beschwerdeführerin "auf dem Markt für Zusammenschaltung zurückgewiesen" (Spruchpunkt B). Schließlich wurde im angefochtenen Bescheid der Antrag der Beschwerdeführerin "auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art 177 EGV (alt) über die Frage, nach welcher Berechnungsmethode der Marktanteil am Zusammenschaltungsmarkt zu ermitteln sei", zurückgewiesen (Spruchpunkt C).

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass auf dem Markt für das Erbringen des öffentlichen Sprachtelefondienstes mittels eines Mobilkommunikationsnetzes im Jahr 1998 und danach bis zum Bescheiderlassungszeitpunkt "drei Unternehmen mit nicht unerheblichen Marktanteilen" tätig gewesen seien. Die Beschwerdeführerin sei daher "mehr als nur einem unwesentlichen Wettbewerb im Sinne des § 33 Abs. 1 Z. 1 TKG ausgesetzt" gewesen. Sie sei aber sowohl im Zeitraum vom 1. Jänner 1998 bis zum 28. Februar 1999 als auch in den ersten beiden Monaten des Jahres 1999 - unter Heranziehung der Umsätze, aber auch (bloß ergänzend) unter Heranziehung der Verkehrsminuten -

"deutlich über der 25 %-Grenze" des § 33 Abs. 2 TKG gelegen. Die Vermutung des § 33 Abs. 2 TKG sei nicht erschüttert worden. Im Übrigen zeige auch die Anwendung der in § 33 Abs. 1 Z. 2 TKG genannten Kriterien, dass vorliegend die Vermutung der marktbeherrschenden Stellung richtig sei.

Auf dem Markt für das Erbringen von Zusammenschaltungsleistungen seien einige Unternehmen tätig. Die Unternehmen mit den größten Umsätzen seien die T AG, die Beschwerdeführerin sowie die S GmbH. Die T AG habe im Jahr 1998 über einen Marktanteil von über 40 % verfügt (im Jänner und im Februar 1999 habe der Marktanteil noch über 35 % betragen), die Beschwerdeführerin über einen solchen von über 39,13 % (im Jänner und Februar 1999 habe der Marktanteil 36,42 % betragen), die S GmbH über einen solchen von unter 15 % (im Jänner und Februar 1999 unter 20 %). Auf dem Markt für das Erbringen von Zusammenschaltungsleistungen bestehe "ein nicht nur unwesentlicher Wettbewerb". Auf Grund der Marktanteile werde gemäß § 33 Abs. 2 TKG vermutet, dass sowohl die T AG als auch die Beschwerdeführerin auf dem Markt für das Erbringen von Zusammenschaltungsleistungen marktbeherrschend seien. Trotz sinkender Marktanteile der T AG, etwa konstanter Marktanteile der Beschwerdeführerin und steigender Marktanteile der S GmbH erübrige sich auf Grund der bedeutenden Überschreitungen der im § 33 Abs. 2 TKG festgelegten 25 %-Grenze durch die Beschwerdeführerin eine Beurteilung der Marktstellung der Beschwerdeführerin nach den Kriterien des § 33 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. Umstände, welche diese Vermutung im Hinblick auf die Kriterien des § 33 Abs. 1 Z. 2 TKG umstoßen könnten, seien im Ermittlungsverfahren (auch nicht seitens der Beschwerdeführerin trotz Aufforderung) nicht hervorgekommen.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Beschwerdepunkte wurden wie folgt ausgeführt:

"Der bekämpfte Bescheid verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem durch § 33 TKG gewährleisteten Recht, nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als marktbeherrschendes Unternehmen festgestellt zu werden. Insbesondere verletzt der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführerin in ihrem Recht gemäß § 33 Abs. 4 iVm Abs. 1 TKG nicht als marktbeherrschendes Unternehmen festgestellt zu werden, wenn sie nicht auf dem jeweiligen sachlich und räumlich relevanten Markt marktbeherrschend ist."

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Mit hg. Erkenntnis vom 9. September 2003, Zl. 2003/03/0095, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass nach der - auch im Beschwerdefall geltenden - Rechtslage (TKG i.d.F. vor der Novellierung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2000) gemäß Art. 133 Z. 4 B-VG Angelegenheiten, über die die belangte Behörde entschieden hat, nach österreichischem nationalen Recht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgenommen waren und dass sich die vom EuGH mit Urteil vom 22. Mai 2003 (Rs C-462/99) aus Art. 5a Abs. 3 der Richtlinie 90/387/EWG i.d.F. der Richtlinie 97/51/EG abgeleitete Verpflichtung des Verwaltungsgerichtshofes zur Nachprüfung nur auf den Schutz der dem Einzelnen vom Gemeinschaftsrecht eingeräumten materiellen Rechte, nicht aber auch auf den Schutz bloß im nationalen Recht verankerter individueller Rechte beziehen kann.

Daraus folgt, dass auch im Beschwerdefall auf das eine Verletzung lediglich letzterer Rechte betreffende Beschwerdevorbringen nicht einzugehen ist.

Dass aber mit dem angefochtenen Bescheid aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleitete individuelle Rechte (im Hinblick auf Richtlinienbestimmungen derart, dass sie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind und sich der Einzelne daher nach ständiger Rechtsprechung des EuGH auf sie berufen kann, und zwar auch, soweit sie so geartet sind, dass sie Rechte festlegen, die der Einzelne dem Staat gegenüber geltend machen kann (vgl. Urteil des EuGH vom 22. Mai 2003, Rs C-462/99, Rz 114 m.w.H.)) der Beschwerdeführerin verletzt worden seien, ist für den Verwaltungsgerichtshof auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht zu finden. Selbst unter der Annahme, dass mit den von der Beschwerdeführerin für eine richtlinienkonforme Interpretation herangezogenen Richtlinienbestimmungen (als inhaltlich unbedingt und hinreichend genau) aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleitete individuelle Rechte des Einzelnen eingeräumt sein sollten, erweist sich die Beschwerde im Lichte der hg. Erkenntnisse vom 18. November 2003, Zl. 2002/03/0284 (in dem (auch) auf die gemeinschaftsrechtrechtlichen Grundlagen sowie die Übereinstimmung des nationalen Rechts damit (im auch im vorliegenden Beschwerdefall relevanten Bereich) Bezug genommen wird), und vom 17. Juni 2004, Zl. 2003/03/0118, aus den dort angeführten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, als unbegründet.

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass der digitale und der analoge Mobilfunkdienst als getrennte Märkte anzusehen seien, ist ihr entgegenzuhalten, dass - wie in dem zitierten hg. Erkenntnis vom 18. November 2003 ausgeführt - durch das maßgebliche Gemeinschaftsrecht bestimmte Märkte normativ vorgegeben sind, u.a. der Markt für öffentliche mobile Telefondienste, ohne dass dieser Markt weiter unterteilt wäre. Für den Standpunkt der Beschwerdeführerin lässt sich auch mit ihrem Hinweis der auf die Entscheidung der Kommission vom 18. Dezember 1996 über die dem zweiten spanischen GSM-Mobilfunknetzbetreiber auferlegten Bedingungen, ABl. Nr. L 076 vom 18. März 1997, S. 0019 - 0029, nichts gewinnen, handelt es sich dabei doch um eine nach allgemeinen gemeinschaftsrechtlichem Wettbewerbsrecht, nicht aber nach dem vorliegend maßgeblichen besonderen sektorspezifischen (Wettbewerbs-)Recht (vgl. dazu wiederum das zitierte hg. Erkenntnis) getroffene Entscheidung. Gleiches gilt für den Einwand der Beschwerdeführerin, dass im Lichte des (allgemeinen) gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts kein Zweifel bestehen könne, dass eine Marktbeurteilung auf der Grundlage von Zahlen aus der Vergangenheit unzulässig sei. Den Ausführungen, "der Mobilfunkmarkt (sei) in einem Ausmaß kompetitiv ..., dass ungeachtet der Überschreitung der 25%-Marke keiner der Marktanbieter marktbeherrschend" sei, ist zu entgegnen, dass - wie im zitierten hg. Erkenntnis dargelegt - der dem einschlägigen Gemeinschaftsrecht folgende § 33 Abs. 2 TKG eine Rechtsvermutung begründet, wonach im Falle eines Marktanteils von mehr als 25 % eine marktbeherrschende Stellung i.S.d. TKG vorliegt, und dieses einschlägige Gemeinschaftsrecht davon ausgeht, dass bei Überschreiten dieser Marktanteilsschwelle typischerweise eine Situation vorliegt, die die Anwendung der in den Richtlinien vorgesehenen sektorspezifischen Regulierungsinstrumente rechtfertigt.

Schließlich ist für die Beschwerde mit ihrem unter Hinweis auf die auch im zitierten hg. Erkenntnis angegebene, von der Generaldirektion XIII (nunmehr Generaldirektion Informationsgesellschaft) der Europäischen Kommission veröffentlichte "Explanatory Note" vom 1. März 1999 zum Thema "Determination of Organisations with Significant Market Power (SMP) for implementation of the ONP Directives" (sowie ein darauf Bezug nehmendes mit dieser vorgelegtes, mit 30. August 1999 datiertes "Gutachten") vorgebrachten Einwand, die belangte Behörde hätte in die Berechnung des Marktanteils netzinterne Terminierungsleistungen ("Innenzusammenschaltungsleistungen") und "Zusammenschaltungsleistungen der Festnetzbetreiber aus der Zusammenschaltung von Mietleitungen" einzubeziehen gehabt, andererseits dabei den originierenden Verkehr nicht berücksichtigen dürfen, nichts gewonnen. Im zitierten hg. Erkenntnis wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde im dort angefochtenen Bescheid nachvollziehbar darlegte, auf welchen Überlegungen ihre Entscheidung beruht, nicht nur - wie in der "Explanatory Note" vorgesehen - terminierenden, sondern auch originierenden Verkehr in die Berechnung des Marktanteils einzubeziehen und netzinterne Terminierungsleistungen ("own network traffic") nicht zu berücksichtigen. Diese Ausführungen sind angesichts der vergleichbaren (auch die Frage der Einbeziehung der Umsätze aus Zusammenschaltungen von Mietleitungen einbeziehenden) Darlegungen im bekämpften Bescheid auch vorliegend maßgeblich. Sie werden durch die wiederholte Bezugnahme (auch in dem angesprochenen Gutachten) auf die in der "Explanatory Note" vertretene Meinung nicht erschüttert.

2.3. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

2.4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Vorlageaufwand war der belangten Behörde nicht zuzusprechen, weil eine Vorlage von Verwaltungsakten im vorliegenden Beschwerdeverfahren seitens der belangten Behörde nicht erfolgte.

Wien, am 8. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003030119.X00

Im RIS seit

12.10.2004

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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