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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Riedinger, Dr. Handstanger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der A Kraftfahrlinienbetriebsgesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Schneider & Schneider Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Stephansplatz 8 a, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 22. Juli 2002, Zl. 841.650/4-II/C/14/02, in der durch den Bescheid vom 25. November 2002, Zl. 841.650/10-II/ST7/02, berichtigten Fassung betreffend Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession (mitbeteiligte Partei: H GesmbH in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 18. September 2001 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke Wien, Europaplatz - Mariahilfer Gürtel - Sechshauser Gürtel - Gaudenzdorfer Gürtel - Margareten Gürtel - Wiedner Gürtel - Landstraßer Gürtel - Anschlussstelle Landstraße - A 23 - Knoten Prater - A 4 - österreichisch/ungarische Staatsgrenze bei Nickelsdorf der geplanten internationalen Kraftfahrlinie Wien - Belgrad.
Mit Schreiben vom 28. September 2001 teilte die belangte Behörde unter anderem der Beschwerdeführerin, welche Inhaberin einer Konzession zum Betrieb der (vom Wiener Südbahnhof ausgehenden) österreichischen Teilstrecke der internationalen Kraftfahrlinie Wien - Belgrad - Pozarevac ist, den Umstand mit, dass um diese Konzessionserteilung angesucht worden war, und ersuchte um Abgabe einer Stellungnahme innerhalb von 30 Tagen. In dieser Anfrage hieß es unter anderem:
"Insbesondere wäre bekanntzugeben, ob ein zusätzliches Verkehrsbedürfnis als vorhanden erachtet wird und ob nach do. Ansicht die Art der Linienführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleistet bzw. ob das Unternehmen auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft.
Sollten Einwendungen gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 lit. b KflG erhoben werden, ist die Höhe des zu erwartenden Fahrgast- und des damit verbundenen Einnahmeausfalls bekannt zu geben und diese Daten mit den Gesamteinnahmen und mit der Gesamtzahl der Beförderungsfälle der betroffenen Linie ins Verhältnis zu setzen."
Die Beschwerdeführerin gab mit Schreiben vom 29. Oktober 2001 die Stellungnahme ab, es werde das zusätzliche Linienbedürfnis bestritten und eine Einwendung gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 lit. b KflG erhoben. Auf Grund der schwierigen politischen Situation und der Abnahme der Zahl jugoslawischer Gastarbeiter in Österreich sei schon derzeit der tägliche Betrieb einer Linie zwischen Wien und Belgrad ein hohes wirtschaftliches Risiko. Eine zusätzliche Linie würde die derzeitigen Einnahmen von durchschnittlich ATS 19.431,38 pro Kurspaar um 50 % reduzieren, wodurch eine wirtschaftliche Durchführung nicht mehr gegeben wäre und die Linie von der Beschwerdeführerin als derzeitiger Konzessionsinhaberin eingestellt werden müsste. Die Beschwerdeführerin würde eine Halbierung des derzeitigen Fahrgastaufkommens von 30 (29,85) auf 15 Personen erwarten. Es werde daher beantragt, das Konzessionsansuchen abzuweisen.
Nach Erhalt der Tarife der Konzessionswerberin gab die Beschwerdeführerin am 11. Dezember 2001 eine weitere Stellungnahme ab, in der es unter anderem nach Anführung der Zahlenangaben, die hier bereits ausgeführt wurden, heißt:
"Ein zusätzliches Kurspaar pro Tag, wie von o.a. Antragswerber gewünscht, würde die Einnahmen bei einem zu erwartenden 50 % - igen Rückgang auf nur mehr ca. ATS 9.716,-- reduzieren, was einen Verlust pro Kurspaar von ca. ATS 8.000,-- bedeuten würde. Unter diesen Voraussetzungen könnten die derzeitig durchführenden Unternehmen den Betrieb nicht mehr weiterhin durchführen."
Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenäußerung, in der sie erwiderte, es sei nicht nachvollziehbar, dass kein zusätzliches Linienbedürfnis gegeben sei, weil auf Grund von eigenen Marktrecherchen und Recherchen der jugoslawischen Botschaft und diverser jugoslawischer Vereine in Wien eine mehr als ausreichende Nachfrage für die beantragte Linienverbindung vorhanden sei. Die Beschwerdeführerin führe die Linie Wien - Belgrad - Pozarevac (7164) und gehe bei der Fahrgastfrequenz und den durchschnittlich erzielten Einnahmen offensichtlich von der Gesamtlinie aus. Nachdem der Antrag der Konzessionswerberin auf die Strecke Wien - Belgrad abgestellt sei, dürfe das Aufkommen auch nur für diesen Streckenteil berücksichtigt werden. Die von der Beschwerdeführerin angegebenen Fahrgastzahlen würden bezweifelt, da die Konzessionswerberin in den letzten sechs Monaten zweimal wöchentlich Fahrgastzahlen überprüft habe und eine wesentlich höhere Auslastung festgestellt habe. An einem Montag, dem 11. März 2002 seien bei der Abfahrt um 19.00 am Südbahnhof 38 Fahrgäste von der Firma L. transportiert worden. An den Wochenenden sei die Fahrgastzahl deutlich höher, sodass sogar Stockbusse eingesetzt würden. Die Mitbeteiligte sei ferner der Meinung, dass der Nachweis der tatsächlichen Fahrgastzahl der Beschwerdeführerin durch die abgestempelten Zolllisten erbracht werden müsse. Die von der Beschwerdeführerin angegebenen Kosten pro Kurspaar seien nicht nachvollziehbar, weil die Mitbeteiligte die Relation Wien - Belgrad wesentlich kostengünstiger durchführen könnte. Die Kursführung der von der Mitbeteiligten beantragten Kraftfahrlinie mit Abfahrt 08.00 Uhr würde in jedem Fall auch andere Fahrgäste ansprechen als die der Beschwerdeführerin, da es eine erhebliche Anzahl von Fahrgästen gäbe, die eine Fahrt tagsüber einer Fahrt nachts vorziehen würden.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Juli 2002 erteilte die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei die beantragte Konzession mit den Auflagen gemäß § 16 Abs. 1 und 2 KFlG:
"1. Die Kraftfahrlinie ist mit einem Kurspaar täglich zu betreiben (Abfahrt in Wien und Belgrad jeweils in den Morgenstunden zwischen 07.00 und 09.00 Uhr).
2. Fahrgäste dürfen nur von Österreich in die Bundesrepublik Jugoslawien und umgekehrt befördert werden.
3. Die Kraftfahrlinie darf nur betrieben werden, wenn für sämtliche Teilstrecken Konzessionen (Genehmigungen) durch die zuständigen Konzessions-(Genehmigungs-)behörden erteilt wurden.
4. Ein Original der Konzessionsurkunde ist bei jeder Linienfahrt im Bus mitzuführen und auf Verlangen hiezu berechtigter Kontrollorgane vorzuweisen."
Begründend wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen ausgeführt, ein konkurrenziertes Unternehmen könne nur in der Relation Fahrgast- bzw. Einnahmeverluste geltend machen, die ein zusätzlicher Verkehr bedienen solle. Daher könne nur von der Verbindung Wien - Belgrad und retour ausgegangen werden. Trotz der unmissverständlichen Rechtsbelehrung im Ermittlungsverfahren und der Tatsache, dass der Beschwerdeführerin als "erfahrenem Kraftfahrlinienunternehmen" dieses Erfordernis bekannt sein müsse, habe sie es unterlassen, zwischen den zu erwartenden Fahrgast- und Einnahmeneinbußen in der Relation Wien - Belgrad - Pozarevac zu differenzieren. Die von der Beschwerdeführerin angegebenen Zahlen und Daten wären daher jedenfalls auf die Beförderungszahlen und Einnahmen zwischen Wien und Belgrad zu reduzieren gewesen. Dass es sich nur um die Daten für die Relation Wien - Belgrad gehandelt habe, sei auf Grund der von der Beschwerdeführerin gemäß § 39 Abs. 2 KflG gemeldeten Frequenzdaten der zum Vergleich herangezogenen Jahre 2000 (182 Kurse/2.268 Fahrgäste) und 2001 (178 Kurse/2.276 Fahrgäste) für die gesamte Linie Wien - Pozarevac auszuschließen. Dass praktisch keine Fahrgäste bis Pozarevac zu befördern seien, sei ebenfalls nicht glaubhaft, weil kein Unternehmen seit 1974 einen Verkehr anbieten würde (die Strecke Belgrad - Pozarevac betrage 89 km), der nicht nachgefragt würde.
Möge auch die Beschwerdeführerin einen Verlust an Fahrgästen und daraus resultierenden Einnahmen befürchten, so sei unabhängig von der Höhe dieser möglichen Einbußen die Frage zu klären, ob die neue Linie der Konzessionswerberin in den Verkehrsbereich der von der Beschwerdeführerin betriebenen Linie Wien - Belgrad - Pozarevac falle. Würde man dieser Annahme zustimmen, so wäre das gesamte Bundesland Wien mit einer Bevölkerung von ca. 1,6 Millionen Einwohnern und einem bekannt hohen Anteil an Menschen, die nicht österreichischen Ursprungs seien, als Verkehrsbereich für einen Linienverkehr in eine andere europäische Hauptstadt sowie eine weitere größere Provinzstadt im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu qualifizieren.
Der beantragte Verkehr unterscheide sich durch folgende Punkte von der bestehenden Linie:
-
die Haltestelle Wien, Westbahnhof sei ausreichend weit von der Haltestelle der Beschwerdeführerin/S. Transport (Wien Südbahnhof) entfernt;
-
es werde eine durch die bestehende Linie nicht abgedeckte Tagesverbindung angeboten;
-
Der Fahrplan der bestehenden Linie sei prädestiniert für Arbeitnehmer, die zeitsparend eine Nachtfahrt in Anspruch nehmen.
Daraus - so die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - ergebe sich, dass entsprechend dem Argument der Konzessionswerberin ein anderer Fahrgastkreis die neue Linie in Anspruch nehmen könnte. Es sei daher zusammenfassend festzustellen, dass Wien nach Ansicht der Konzessionsbehörde nicht als "Verkehrsbereich" im Sinn der Rechtsprechung anzusehen sei und somit der Einwand gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 lit. b KflG nur "bedingt" zu werten sei. Die von der Beschwerdeführerin in beiden Schreiben mitgeteilten Daten seien trotz vorausgegangener Rechtsbelehrung mangelhaft und rechtfertigten nicht die Abweisung des gegenständlichen Antrages. Weiters komme keinem Konzessionsinhaber ein Rechtsanspruch darauf zu, vor jeglicher Konkurrenz geschützt zu werden. Es sei nicht auszuschließen, dass einige Fahrgäste, die in der Relation Wien - Belgrad eine Tagesverbindung vorzögen, die neue Linie in Anspruch nehmen würden, doch werde das spezifische Fahrplanangebot der Beschwerdeführerin und der Firma S. Transport durch die erteilte Auflage geschützt und entspreche überdies dem Antrag der Konzessionswerberin. Die "anderen Fahrgäste", insbesondere Arbeitnehmer, würden jedoch ebenso wie die Fahrgäste nach Pozarevac weiterhin die Linie der Beschwerdeführerin benützen.
Mit Bescheid vom 25. November 2002 berichtigte die belange Behörde den vorgenannten Bescheid in Ansehung des angegebenen Firmensitzes der mitbeteiligten Partei.
In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und der Antrag gestellt, den Bescheid kostenpflichtig abzuweisen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Voraussetzungen für die Verleihung einer Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie sind im § 7 KflG geregelt. Diese Bestimmung war im Beschwerdefall in der Fassung BGBl. I Nr. 203/1999 anzuwenden und lautet wie folgt:
"§ 7. (1) Die Konzession ist zu erteilen, wenn:
1. der Konzessionswerber oder erforderlichenfalls der nach § 10 Abs. 5 vorgesehene Betriebsleiter zuverlässig und fachlich geeignet ist und der Konzessionswerber überdies die entsprechende finanzielle Leistungsfähigkeit besitzt,
2. der Konzessionswerber als natürliche Person die österreichische
Staatsbürgerschaft besitzt und das Unternehmen (§ 1 Abs. 2 Z 2) seinen Sitz im Inland hat. Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einer sonstigen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und Unternehmen aus solchen Staaten, die auch einen Sitz oder eine ständige geschäftliche Niederlassung im Inland haben, sind österreichischen Konzessionswerbern gleichgestellt;
3. die Art der Linienführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche
Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleistet und
4. die Erteilung einer Konzession auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft. Dieser Ausschließungsgrund liegt insbesondere dann vor, wenn
a) die Kraftfahrlinie auf Straßen geführt werden soll, die sich aus Gründen der Verkehrssicherheit oder wegen ihres Bauzustandes für diesen Verkehr nicht eignen, oder
b) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14 Abs. 1 bis 3) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, zu gefährden geeignet ist, oder
c) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr einer dem öffentlichen Bedürfnis mehr entsprechenden Ausgestaltung des Verkehrs durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14 Abs. 4) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, vorgriffe, und eines von diesen die notwendige Verbesserung der Verkehrsbedienung innerhalb einer von der Aufsichtsbehörde festzusetzenden angemessenen Frist von höchstens sechs Monaten vornimmt.
(2) Für den Fall der Erteilung einer Genehmigung nach § 1 Abs. 3 haben die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vorzuliegen, und darf der Ausschließungsgrund des Abs. 1 Z 4 lit. a nicht gegeben sein."
§ 14 KflG lautet wie folgt:
"§ 14. (1) Der Verkehrsbereich nach § 7 Abs. 1 Z 4 lit. b erstreckt sich so weit, wie eine beantragte Kraftfahrlinie auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr gefährdend auswirken kann.
(2) Eine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben liegt dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmen in der Führung seines öffentlichen Verkehrs einschneidend beeinträchtigt wird, dies ist dann der Fall, wenn es hinsichtlich der gefährdeten Linie einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleidet.
(3) Behauptet ein Verkehrsunternehmen, durch die Erteilung einer neuen oder einer hinsichtlich der Streckenführung abzuändernden Konzession einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall zu erleiden, so hat es der Aufsichtsbehörde jene zum Teil nur ihm bekannten Daten zu liefern, anhand derer diese in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, wie sich der Einnahmenausfall auf die wirtschaftliche Betriebsführung seiner Linie auswirken wird.
(4) Unter Verkehrsbereich nach § 7 Abs. 1 Z 4 lit. c ist der Bereich zu verstehen, innerhalb dessen die bereits bestehende Kraftfahrlinie das Verkehrsbedürfnis befriedigt."
Wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausgeführt wurde, besteht für ein existentes öffentliches Unternehmen die Möglichkeit, gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 lit. b KflG die nachhaltige Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch ein weiteres in seinen Verkehrsbereich hinzutretendes Unternehmen geltend zu machen. Soll die beantragte Linie in einem "Verkehrsbereich" geführt werden, der sich insoweit auf den Verkehrsbereich einer bestehenden Linie erstreckt, als diese Linie nachhaltig gefährdet werden könnte, so hat die Behörde die vorgelegten Beförderungszahlen und -einnahmen (§ 14 Abs. 2 und 3 KflG) zu prüfen und zu vergleichen und das Ansuchen abzuweisen, wenn nicht durch Vorschreibung von Auflagen ein Schutz des existenten Linienverkehrs gewährleistet scheint. Zur Gewährleistung einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Befriedigung des für eine Linie in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses nach § 7 Abs. 1 Z. 3 KflG darf keine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 lit. b KflG in Kauf genommen werden.
Es kann zunächst nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zu dem Schluss kommt, dass beim maßgeblichen Verkehrsbereich nicht nur die streckenspezifische Komponente betrachtet werden muss, sondern auch eine zeitliche Komponente beachtlich ist. Zutreffend hat daher die belangte Behörde berücksichtigt, dass die mitbeteiligte Partei im gegenständlichen Fall eine derzeit im Kraftfahrlinienverkehr nicht bestehende Tagesverbindung zum Gegenstand ihres Antrages machte, während die Beschwerdeführerin Nachtkurse anbietet.
Dennoch ist die Beschwerde im Ergebnis begründet:
Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung darauf abgestellt, dass bei der Beurteilung der Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben des Verkehrsunternehmens der Beschwerdeführerin nur auf die von der neuen Linie betroffene Teilstrecke Wien - Belgrad abzustellen (und die Prüfung auf die Beförderungszahlen und Einnahmen zwischen Wien und Belgrad zu reduzieren) sei. Damit hat sie jedoch die Rechtslage verkannt. Nach § 7 Abs. 1 Z. 4 lit. b (und auch lit. c) KflG kommt es auf die Erfüllung der Verkehrsaufgaben (bzw. die Ausgestaltung des Verkehrs) durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich die beantragte Linie "ganz oder teilweise" fällt, an. Gemäß § 14 Abs. 1 leg.cit. erstreckt sich der Verkehrsbereich nach § 7 Abs. 1 Z. 4 lit. b so weit, wie eine beantragte Kraftfahrlinie sich auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr gefährdend auswirken kann. Diesen Bestimmungen ist zu entnehmen, dass der gesamte konzessionierte Verkehrsbereich des bestehenden Verkehrsunternehmens bei der Beurteilung der Gefährdung der Erfüllung seiner Verkehrsaufgaben zu berücksichtigen ist, auch wenn die neue Linie nur "teilweise" (§ 7 leg. cit.) in diesen Verkehrsbereich fällt. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig, weil die Auffassung der belangten Behörde, die Prüfung sei auf die Strecke Wien - Belgrad zu reduzieren, verfehlt ist.
Darüber hinaus ist der angefochtene Bescheid auch noch aus folgendem Grund rechtswidrig: Die belangte Behörde hat zu der hier entscheidenden Frage, wie sich die von der mitbeteiligten Partei beantragte Linie auf das Verkehrsaufkommen hinsichtlich der bestehenden Linie der Beschwerdeführerin auswirken würde, und über den von der Beschwerdeführerin behaupteten Fahrgastausfall für die konzessionierte Linie keine Ermittlungen vorgenommen, sondern hat lediglich die einander widerstreitenden Stellungnahmen zitiert und die Auffassung vertreten, dass die antragsgemäße Erledigung mit einer geänderten Streckenführung ab Wien Europaplatz (Westbahnhof) und Festlegung anderer Verkehrszeiten in Form einer Tagesverbindung in einer Auflage keine im Sinne der Rechtsprechung relevante Gefährdung des Linienverkehrs der Beschwerdeführerin bewirken könne.
Die belangte Behörde hat hierbei außer Betracht gelassen, dass sich die beiden zueinander in Konkurrenz stehenden Linien über einen Großteil der Strecke decken. Ein wesentliches Argument dafür, die angesprochenen Kundenkreise würden erheblich von einander abweichen, weil die Linien einerseits vom Wiener Westbahnhof und andererseits vom nur wenige Kilometer entfernten Wiener Südbahnhof ihren Ausgang nehmen, ist nicht erkennbar. Ob und bejahendenfalls wie sich das unterschiedliche Endziel auf das Fahrgastaufkommen der Beschwerdeführerin auswirken würde, wurde nicht ermittelt. Die belangte Behörde hat vielmehr die Angaben der Beschwerdeführerin, durch die Konzessionserteilung an die mitbeteiligte Partei sei ein Einnahmenrückgang von rund 50 % und damit ein erheblicher Verlust zu erwarten, bei welchem die Beschwerdeführerin den Betrieb nicht aufrecht erhalten könne, als unerheblich abgetan und konkrete Zahlen, wie viele Fahrgäste durch den Betrieb der beantragten Linie dem betroffenen Verkehrsunternehmen verloren gingen und wie sich dies auf deren Einnahmen auswirken würde, nicht erhoben.
Auch wenn man die bestehenden Unterschiede in der Linienführung und in der zeitlichen Führung berücksichtigt, kann ohne nähere diesbezügliche Feststellungen nicht nachvollzogen werden, dass die mitbeteiligte Partei einen - wie die Behörde vermeint, gänzlich - anderen Verkehrskreis anspricht und eine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben des konzessionierten Verkehrs der Beschwerdeführerin nicht zu erwarten ist.
Zur Beurteilung der behaupteten Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben der Beschwerdeführerin wären insbesondere Feststellungen erforderlich über:
-
die Höhe der für eine wirtschaftliche Betriebsführung der Linie Wien - Pozarevac erforderlichen Einnahmen,
-
die Einnahmen aus der Beförderung der von Wien nach Pozarevac bzw. von Pozarevac und der von Wien nach Belgrad bzw. von Belgrad nach Wien reisenden Fahrgäste und
-
den unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Fahr- bzw. Abfahrtzeiten der Linie der Beschwerdeführerin und der geplanten Linie der mitbeteiligten Partei sowie der Fahrgaststruktur zu erwartenden Einnahmenausfall der Beschwerdeführerin auf der Strecke Wien - Belgrad.
Dem Einnahmenerfordernis für die Linie Wien - Pozarevac wären die Einnahmen aus der Strecke Wien - Pozarevac und die nach Abzug der zu erwartenden Ausfälle verbleibenden Einnahmen aus der Strecke Wien - Belgrad gegenüberzustellen gewesen.
Die von der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Stellungnahme zum Antrag der mitbeteiligten Partei erteilte Rechtsbelehrung ließ die für die nach dem oben Gesagten erforderlichen Feststellungen notwendigen Angaben keineswegs so klar erkennen, dass der Beschwerdeführerin wegen der Unvollständigkeit ihrer Angaben die Verletzung der Mitwirkungspflicht vorgeworfen werden könnte. Um die nötigen Grundlagen hiefür zu erarbeiten, wäre es hingegen geboten gewesen, nach Präzisierung, welche Daten die belangte Behörde benötigt, die Beschwerdeführerin zur Vorlage der allenfalls nur ihr zugänglichen Unterlagen aufzufordern. Da die belange Behörde dies unterließ, blieb der angefochtene Bescheid auch aus diesem Grund mangelhaft.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 8. September 2004
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002030242.X00Im RIS seit
12.10.2004Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008