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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §119 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der B Warenhandelsges.m.b.H. in T, vertreten durch Dr. Martin Schober, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom 12. Oktober 1999, Zl. RV/441- 06/05/99, betreffend Umsatzsteuer 1993 und 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdefall steht im Zusammenhang mit den unter dem Begriff "Mehrwertsteuerschwindel des Werner Rydl" durch zahlreiche Medienberichte und Publikationen in der Öffentlichkeit bekannten Vorgängen.
Die beschwerdeführende GmbH (im Folgenden: Beschwerdeführerin) übt das Handelsgewerbe aus. Strittig ist, ob die belangte Behörde den Vorsteuerabzug aus dem Ankauf von "Gelee-Royal", "DPF-Sinterwerkstoffe" und "Aqua-Save" zu Recht versagt hat.
Der angefochtene Bescheid - mit ihm ist die Berufung neuerlich abgewiesen worden - ist im fortgesetzten Verfahren ergangen, nachdem der Verwaltungsgerichtshof die Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 4. März 1997 mit Erkenntnis vom 22. April 1999, 97/15/0062 - auf die Ausführungen dieses Erkenntnisses wird zur weiteren Sachverhaltsdarstellung verwiesen - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben hatte.
Im fortgesetzten Verfahren wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 31. Mai 1999 eine Stellungnahme des Institutes für Bienenkunde zum Produkt "Gelee-Royal" übermittelt. Es wurde darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der "Sinterwerkstoffe" eine Kopie eines Gutachtens an den Geschäftsführer, der auch die Beschwerdeführerin vertrete, übergeben worden sei. Dabei sei der Satz des TUA-Berichtes, wonach erkennbar sei, dass es sich bei den als "Aqua Save" gehandelten Waren um die gleichen Stoffe (Ytong-Steine) wie bei den DPF-Sintersteinen handle, sehr aufschlussreich. Weiters wurde auf die Möglichkeit der Akteneinsicht bei der Technischen Untersuchungsanstalt der Finanzverwaltung (im Folgenden: TUA) hingewiesen.
Am 16. Juni 1999 wurden dem Vertreter der Beschwerdeführerin diverse Unterlagen des Produktherstellers der Sinterwerkstoffe sowie Berichte der TUA übergeben.
Mit Schreiben vom 27. August 1999 rügte die Beschwerdeführerin, dass die Berichte der TUA keine Gutachtensqualität aufwiesen, weil es sich in wesentlichen Teilen um globale Aussagen handle, denen keine konkrete Produktuntersuchungen zu Grunde gelegen seien. Wenn Waren untersucht worden seien, so seien diese nicht ident gewesen mit jenen, die ausgeführt worden seien. In seinem Erkenntnis vom 22. April 1999, 97/15/0062, habe auch der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die im dortigen Akt befindlichen Berichte der TUA über die Sinterstoffe keine Gutachtensqualität besäßen. Es wurden weiters detaillierte Anträge betreffend die Übermittlung von Beilagen bzw. Untersuchungsergebnissen, auf welche in den TUA-Berichten verwiesen worden sei, gestellt und um Bekanntgabe ersucht, welche Warenmuster wann und von wem zur Verfügung gestellt worden seien, weil bei keiner der strittigen Ausfuhren der Beschwerdeführerin Muster gezogen worden seien. Weiters wurden diverse Ergänzungen der Berichte durch die TUA beantragt. Entsprechende Anträge wurden auch zu den Berichten der TUA bzw. der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau, Institut für Bienenkunde, hinsichtlich Gelee-Royal gestellt. Da in einem dieser Berichte auch auf Angaben der F GmbH, Werner Rydl, vom 17. September 1993 Bezug genommen worden sei, wurde auch um Übermittlung dieser Angaben ersucht. Weiters rügte die Beschwerdeführerin, anlässlich der Akteneinsicht bei der TUA habe ihr Geschäftsführer keine Möglichkeit gehabt, die Untersuchungsergebnisse, auf denen die ihr übermittelten Berichte basierten, zu kopieren, um sie mit von ihr beigezogenen Sachverständigen zu erörtern. Sie stellte den Antrag auf Übermittlung von Kopien gegen Kostenersatz. In der Beilage wurden ein Rechtsgutachten ("Vorsteuerabzug für mangelhaft beschriebene Lieferungen") sowie eine Aktennotiz übermittelt. In der Aktennotiz wurde im Wesentlichen vorgebracht, anlässlich der Akteneinsicht sei hervorgekommen, dass Muster erst seit 1995 zur Verfügung gestanden seien. Weiters seien bei der Erstellung der Berichte "Beilagen", die von anderen Firmen stammten, verwendet worden. Es sei jedoch nicht nachvollziehbar, inwiefern Berichte der TUA vor 1995 auf Grund dieser "Beilagen" erstellt worden und bei welchen Untersuchungen diese herangezogen worden seien.
Im Schreiben vom 7. September 1999 bestritt die belangte Behörde die Richtigkeit der Aktennotiz und wies hinsichtlich der beantragten Unterlagen darauf hin, dass die Beschwerdeführerin ohnehin im Besitz derselben sei, weil ihr Geschäftsführer angegeben habe, von der Intertrade eine Preisliste und eine Produktbeschreibung der Sinterwerkstoffe erhalten zu haben. Auf Grund dieser Produktbeschreibung habe die TUA die Aussagen über die "DPF-Sinterstoffe" treffen können. Die Beschwerdeführerin sei den Nachweis, dass die Waren (Sinterstoffe, Gelee-Royal) den in der Rechnung ausgewiesenen Wert beim Einkauf tatsächlich besessen hätten, schuldig geblieben. Hinsichtlich der Beweisanträge zu "Gelee-Royal" wurde im Wesentlichen auf die in der Berufungsentscheidung vom 27. Dezember 1995 enthaltenen Feststellungen betreffend die Einkaufs- und Verkaufspreise hingewiesen.
Mit Schreiben vom 27. September 1999 rügte die Beschwerdeführerin, sie habe nicht um die Übermittlung von ihr bekannten Preislisten und Produktbeschreibungen für Sinterwerkstoffe ersucht, sondern um die Übermittlung jener Unterlagen, auf welche die Berichte und Stellungnahmen Bezug genommen hätten. Dem in den Rechnungen ausgewiesenen und bezahlten Entgelt seien Preisvereinbarungen zu Grunde gelegen. Es könne nicht verlangt werden, nachzuweisen, welchen Wert die Sinterstoffe tatsächlich gehabt hätten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und bezüglich "Gelee-Royal" ausgeführt, Christian B habe laut Bericht des Prüfers angegeben, dass er das von ihm der Beschwerdeführerin verkaufte Bienenprodukt von einem anderen Lieferanten bezogen habe. Auf Grund diverser Erhebungen habe nachgewiesen werden können, dass das Produkt in einer Menge von 1.125 kg zu einem Kilopreis von S 172,-- aus Brasilien importiert und von Christian B um netto S 26.150,--/kg an die Beschwerdeführerin fakturiert worden sei. Diese habe es um einen Kilopreis von S 27.500,-- an die Intertrade in Brasilien weiterverkauft. Die dazwischengeschaltete Produktveredelung, für die der Lieferant des B nachträglich fünf Rechnungen von insgesamt rund S 71 Mio. gelegt habe, sei nach Ansicht der Betriebsprüfung nie erfolgt. Aus diesen Tatsachen könne der Schluss gezogen werden, dass die handelsübliche Bezeichnung und auch die Angaben bezüglich des Entgelts unrichtig seien und es sich bei dem Produkt "Gelee-Royal" um ein Billigstprodukt handle.
Auf Grund des vorgehaltenen Untersuchungsergebnisses des Institutes für Bienenkunde, welches im Einklang mit den Untersuchungen der TUA stehe, sei davon auszugehen, dass es sich bei den in Rede stehenden Warenlieferungen um kein "Gelee-Royal" gehandelt habe. Auch sei die Beschwerdeführerin, obgleich sie seit 1993 Zeit genug gehabt habe, für die in den Rechnungen angeführte Ware den Nachweis der Lieferung zu erbringen, einem entsprechenden Auftrag nicht nachgekommen.
Wenn die Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 27. August 1999 bemängle, dass in "Punkt 3.0 des Berichtes der TUA vom 28. 12. 1993 ausgeführt worden sei, dass aus den vorliegenden Untersuchungsbefunden Einkaufspreise von 'Gelee-Royal' ermittelt wurden", werde ihr entgegengehalten, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin anlässlich seiner Vorsprache beim Vorstand der TUA hinsichtlich dieser Formulierung hätte nachfragen können, sodass sich das Eingehen auf den darauf folgenden Beweisantrag erübrige, zumal Preisangaben aus dem vorgehaltenen Schreiben des Institutes für Bienenkunde ersichtlich und beim Institut auch einholbar seien. Überdies sei im Vorhalt vom 7. September 1999 darauf verwiesen worden, dass in der Berufungsentscheidung vom 27. Dezember 1995 zur Begründung, weshalb es sich bei einem Einkaufspreis um S 172,33 pro kg nicht um echtes "Gelee-Royal" handeln könne, auf Einkaufs- und Verkaufspreise dieses Produktes Bezug genommen worden sei. Es sei daher von einer "aliud-Lieferung" auszugehen.
Bezüglich der "DPF-Sinterwerkstoffe" und "Aqua-Save" wurde ausgeführt, dass am 7. Dezember 1993 dem Vertreter der Beschwerdeführerin das Gutachten der TUA in Kopie übergeben worden sei. Gegen die in diesem Gutachten und auch in den Berichten über die abgabenbehördlichen Prüfungen des Finanzamtes enthaltenen Feststellungen über den Wert der tatsächlich gelieferten Gegenstände habe die Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 27. August 1999 vorgebracht, dass die beiden letzten Absätze dieses Berichtes, die sich mit der vorliegenden Produktbeschreibung auseinander setzen, nicht begründet seien. Dem werde entgegengehalten, dass sämtliche Berichte der TUA sich auf Angaben in Unterlagen (Produktbeschreibungen) gründeten, die im Besitz der Beschwerdeführerin bzw. der "Rydl-Firmen" seien. Daraus ergebe sich, dass die im zitierten Schriftsatz vom 27. August 1999 vorgebrachte Kritik an Ausführungen, "dass das Produkt nicht mit bloßen Händen berührt werden dürfe und von öligen Materialien festgehalten werden solle", auf Angaben in den zitierten Produktbeschreibungen beruhe. Auch die Angabe der spezifischen Gewichte von "DPF-Sinterwerkstoffen" und von "Aqua-Save" rührten aus diesen Produktbeschreibungen.
Daher seien die im Schriftsatz vom 27. August 1999 vorgebrachten Einwände gegen die Schlussfolgerungen der übergebenen TUA-Berichte unerheblich. Wie aus dem oben zitierten Vorhalt hervorgehe, handle es sich bei den gelieferten Waren um so genannte "DPF-Sinterwerkstoffe", welche laut vorgelegten Unterlagen stoffinhaltlich gleich mit den Produkten "Aqua-Save" seien.
Da die Beschwerdeführerin seit 1993 keinen Nachweis dafür erbracht habe, dass die auf den Rechnungen behaupteten Waren auch tatsächlich geliefert worden seien, sei der Vorsteuerabzug zu versagen gewesen, zumal die vorliegende Diskrepanz zwischen tatsächlich gelieferter Ware und der in der Rechnung enthaltenen Bezeichnung so augenscheinlich gewesen sei, dass die TUA auf Grund des vorliegenden Prospektblattes betreffend "Aqua-Save" zum Schluss gelangt sei, dass das zum Entsalzen von Meerwasser geeignete Produkt bloß angepriesen, jedoch für diesen Zweck (und auch für einen anderen) nicht geeignet gewesen sei (ausgenommen zum Schwindeln "Meines Erachtens wird hier ein Edelprodukt mit Fantasiepreisen vorgetäuscht, was nicht vorhanden ist").
Auch der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme zugeben müssen, dass er die Angaben über die genannten Produkte niemals einer Prüfung unterzogen habe. So habe er keine Ahnung über Herkunft, den Produktionsstandort und die tatsächliche Qualität der Produkte gehabt. Er habe sie niemals untersuchen lassen bzw. sich über die Ungewöhnlichkeit der Abwicklung keine Gedanken gemacht. Insoweit werde auf die Begründung der Berufungsentscheidung vom 27. Dezember 1995 sowie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1998, 97/15/0061, Bezug genommen.
Gerade die Ungewöhnlichkeit der Abwicklung der Geschäfte und des damit verbundenen Zahlungsverkehrs, der unter Fremden niemals so abgewickelt worden wäre, wie er im UVA-Prüfungsbericht festgestellt worden sei, spreche gegen die Beschwerdeführerin und für die von der Verwaltung dargestellte Feststellung, dass es sich hier um einen nach einem bestimmten Strickmuster geplanten "Vorsteuerschwindel" handle.
Das betreffe den Umstand, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum April 1993 bis Juli 1993 Vorsteuern in Höhe von insgesamt rund S 2,6 Mio geltend gemacht habe. Die Beschwerdeführerin habe in diesem Zeitraum regelmäßig einmal pro Woche jeweils zwei Einheiten der Sinterwerkstoffe DPF 1254 bzw 2454 von der U GmbH gekauft, wobei vom verrechneten Nettoeinkaufspreis 6,5 % Rabatt abgezogen worden sei. Der Umstand, dass noch am selben Tag diese Ware durch die Beschwerdeführerin an ihren ausländischen Abnehmer, die Intertrade in Recife (Brasilien), mit dem gleichen Nettobetrag, jedoch nur mit 1 % Rabatt fakturiert worden sei, sei im normalen Geschäftsleben nicht anzutreffen und erhärte in Verbindung mit den Zahlungsmodalitäten den "Betrugsverdacht". Die Beschwerdeführerin habe die Wareneinkäufe mittels Drahtauftrag bezahlt und von der Intertrade Schecks erhalten.
Der UVA-Bericht habe festgestellt, die Ware sei niemals an die Beschwerdeführerin gelangt, sondern von einer Spedition bei der U GmbH abgeholt, in ein Zollfreilager in Hamburg gebracht und nach den Instruktionen der Intertrade nach Brasilien verschifft worden. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe ausgesagt, dass er selbst das Sintermaterial nie gesehen habe.
Wie im UVA-Bericht ausgeführt, habe der Vorsteuerschwindel nur deswegen funktionieren können, weil der Produzent dieser "Pseudowaren" und der Abnehmer ein und dieselbe Person gewesen seien, nämlich Werner Rydl. Dass das so genannte Reihengeschäft vorgetäuscht worden sei, um auch entsprechende Gewinnspannen zu lukrieren, sei im UVA-Bericht ebenfalls dargestellt worden.
Die Geschäftsverbindung sei vom letzten Glied in der Kette, der Intertrade in Brasilien, angeknüpft worden. Als Zulieferer des "Gelee-Royal" sei der Beschwerdeführerin durch die Intertrade der Betrieb des Christian B empfohlen worden. Es sei doch höchst ungewöhnlich, dass von einem Abnehmer eines Produktes der Zulieferer empfohlen werde. Es könne daher dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin nicht abgenommen werden, dass bei ihm im damaligen Zeitpunkt nicht die Alarmglocken geläutet hätten. Weshalb die Beschwerdeführerin trotzdem die genannten Waren gekauft habe, deren Brauchbarkeit überdies durch kein Dokument erwiesen worden sei, sei für die Versagung des Vorsteuerabzuges irrelevant.
Im Hinblick auf die bereits erfolgte niederschriftliche Einvernahme des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin vom 19. Oktober 1993 und der zahlreichen Gelegenheiten, sich zu den Feststellungen der Prüfung zu äußern, sei von einer weiteren Einvernahme Abstand genommen worden, zumal die Versagung des Vorsteuerabzuges unabhängig von einer Verschuldensfrage zu sehen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 11 Abs. 1 UStG 1994 müssen Rechnungen u.a. folgende Angaben enthalten: Die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung (Z 3) sowie das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (Z 4) und den anzuwendenden Steuersatz (Z 5).
Nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1972 kann der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1994 setzt der Vorsteueranspruch eine Übereinstimmung zwischen gelieferter und in der Rechnung ausgewiesener Ware voraus. Diese Übereinstimmung ist dann nicht erfüllt, wenn die in der Lieferung gewählte Bezeichnung des Liefergegenstandes eine solche Vorstellung vom Liefergegenstand hervorruft, die mit dem tatsächlich gelieferten Gegenstand nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 2003, 2000/15/0076).
Die belangte Behörde begründet im nunmehr angefochtenen Bescheid die Versagung des Vorsteuerabzuges im Wesentlichen mit der Ungewöhnlichkeit der Geschäftsanbahnung bzw. -abwicklung sowie der fehlenden Übereinstimmung zwischen den in den Rechnungen an die Beschwerdeführerin ausgewiesenen und der tatsächlich gelieferten Waren.
In seinem Bericht zur Umsatzsteuer-Voranmeldung April bis September 1993, in der Beilage zum Aktenvermerk vom 26. November 1993 sowie in seinem Bericht über die Jahre 1993 bis 1995 hat der Prüfer Feststellungen über die im üblichen Wirtschaftsleben ungewöhnliche Geschäftsabwicklung des Beschwerdefalles getroffen. Demnach wurde hinsichtlich der "DPF-Sinterwerkstoffe" die Geschäftsverbindung zwischen der Beschwerdeführerin und der Abnehmerin Intertrade, Brasilien, im Juni 1992 auf Initiative des Werner Rydl als Bevollmächtigter der Intertrade hergestellt. Werner Rydl nannte der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Sinterwerkstoffe die U GmbH als Vorlieferantin und übermittelte eine Preisliste sowie eine Produktbeschreibung. In der Folge bezog die Beschwerdeführerin von Februar bis Juli 1993 von der U GmbH einmal pro Woche jeweils zwei Einheiten der Sinterwerkstoffe, wobei diese von einer Spedition bei der U GmbH abgeholt, in ein Freilager nach Hamburg gebracht und nach Brasilien verschifft worden sind. Die Beschwerdeführerin hat sich vom in Rechnung gestellten Nettoeinkaufspreis 6,5 % als Rabatt abgezogen und an die Intertrade denselben Nettobetrag mit einem Rabatt von 1 % weiterverrechnet.
Bei dem Sinterwerkstoff "Aqua-Save" wurde die Beschwerdeführerin von der U GmbH informiert, dass sie eine Anfrage von der südafrikanischen Abnehmerin GO erhalten werde. Tatsächlich bestellte die GO im August und September 1993 bei der Beschwerdeführerin die genannten Sinterwerkstoffe um S 353.000,-- pro Einheit, die als Ausfuhrlieferungen steuerfrei behandelt wurden. Die Beschwerdeführerin ihrerseits bezog die Sinterwerkstoffe von der U GmbH um S 336.000,-- (zuzüglich 20 % USt) pro Einheit und machte den Vorsteuerabzug dafür geltend. Die U GmbH hatte die Sinterwerkstoffe von der Aqua-Save GesbR, welche ihr ebenfalls von der Endabnehmerin GO genannt worden war, um S 329.280,-- (zuzüglich 20 % USt) bezogen und per Spedition oder Boten zugestellt bekommen. Laut Feststellungen des Prüfers hat die Aqua Save GesbR nicht existiert. Auch die Endabnehmerin GO in Südafrika existierte offensichtlich nicht. Sie konnte durch den Spediteur nicht gefunden werden und verfügte weder über einen Telefon- noch einen Faxanschluss.
Die Geschäftsabwicklung hinsichtlich des "Gelee-Royal" lief nach demselben Muster ab. Der Beschwerdeführerin wurde von der Intertrade wieder der Zulieferer, in diesem Fall Christian B, genannt. Christian B, dessen Adresse mit dem Sitz der F GmbH ident ist und der mit der Lebensgefährtin des Werner Rydl verwandt ist, bezog die Waren von der F GmbH, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer Werner Rydl ist. Die F GmbH hatte insgesamt
1.125 kg "Gelee-Royal" zu einem Kilopreis von netto S 172,33 aus Brasilien importiert um einen Kilopreis von S 25.870,-- an Christian B verkauft. Die Beschwerdeführerin bezog von Christian B einmal pro Woche "Gelee-Royal" zu einem Kilopreis von netto S 26.150,--.Jede Lieferung, die aus 48 Dosen zu je 570 g bestand, wurde noch am selben Tag an die Intertrade um einen Kilopreis von S 27.500,-- weiterverkauft. Eine Spedition brachte die Dosen nach Hamburg, wo sie nach Montevideo (Uruguay) verschifft wurden. Diese Lieferungen wurden von der Beschwerdeführerin ebenfalls als steuerfreie Ausfuhrlieferungen behandelt und der Vorsteuerabzug geltend gemacht. Nach Beginn der Aktivitäten der Betriebsprüfung wurden sämtliche genannten Geschäfte eingestellt.
Die Feststellung der belangten Behörde, dass die beschriebenen Geschäftsanbahnungen bzw. -abwicklungen im Beschwerdefall einen im Vergleich zum allgemeinen Geschäftsleben unüblichen Vorgang darstellen, kann nicht als unschlüssig erkannt werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. Juni 2004, 2001/15/0140, im Zusammenhang mit einem ebenfalls mit dem "Vorsteuerbetrug des Werner Rydl" in Zusammenhang stehenden Beschwerdefall ausgeführt hat, ist eine solche Geschäftsanbahnung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Abnehmerin ihrem Lieferer den Zulieferer bekannt gibt bzw. bei deren Auswahl mitwirkt, im allgemeinen Geschäftsleben ungewöhnlich. Auch im Beschwerdefall ist die Zwischenschaltung der Beschwerdeführerin als zusätzliche, Provisionskosten verursachende Zwischenstufe wirtschaftlich nicht verständlich. Die Beschwerdeführerin ist den Feststellungen hinsichtlich der Ungewöhnlichkeit der Geschäftsanbahnung weder im Abgabenverfahren noch in ihrer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof entgegengetreten. Ihr Geschäftsführer hat im Abgabenverfahren lediglich vorgebracht, sich darüber keine Gedanken gemacht zu haben. Wenn die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof nunmehr rügt, die Abgabenbehörde hätte vor solchen Geschäften warnen müssen, weil Werner Rydl bereits 1983 seine Absichten gegenüber der Finanzverwaltung kundgetan hätte, so wird damit noch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
Auch der Ansicht des Prüfers und der belangten Behörde, dass diese Art der Geschäftsabwicklung im allgemeinen Wirtschaftsleben ungewöhnlich sei und nur im beabsichtigten Vorsteuerbetrug einen Sinn ergebe, hat die Beschwerdeführerin nichts entgegengesetzt. Tatsächlich wurde im Fall der Sinterwerkstoffe die in der Rechnung an die U GmbH ausgewiesene Umsatzsteuer von deren Zulieferer Attila D, der nach den Feststellungen des Prüfers mit Werner Rydl ident ist, nicht abgeführt. Die U GmbH führte die von ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer unter Geltendmachung des Vorsteuerabzuges ab, während die Beschwerdeführerin die Lieferung an die Intertrade (unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges) als steuerfreie Ausfuhrlieferung behandelte. Im Fall des "Gelee-Royal" machten Christian B und die Beschwerdeführerin den Vorsteuerabzug hinsichtlich der ihnen in Rechnung gestellten Umsatzsteuer geltend, während Umsatzsteuer nur von Christian B abgeführt wurde und die Beschwerdeführerin wieder steuerfreie Ausfuhrlieferungen tätigte. Die F GmbH führte die von ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht ab. Die Beschwerdeführerin tritt in ihrer Beschwerde diesen Feststellungen, wonach sie Teil des von Werner Rydl initiierten Warenkreislaufes zum Zwecke des Vorsteuerbetrugs gewesen ist, nicht entgegen, sondern beschränkt sich auf das Vorbringen, dass ihr die Nichtabfuhr der Umsatzsteuer durch die F GmbH, mit der sie keine Geschäftsbeziehung gehabt habe, nicht angelastet werden könne. Dabei verkennt sie, dass es im Beschwerdefall nicht um die strafrechtliche Beurteilung des Verhaltens der Beschwerdeführerin geht, sondern darum, ob die belangte Behörde zu Recht den Vorsteuerabzug versagt hat. Im Beschwerdefall ist allein entscheidend, ob - wie die belangte Behörde festgestellt hat - es bei den gegenständlichen Geschäftsfällen tatsächlich an der Übereinstimmung zwischen den in den Rechnungen an die Beschwerdeführerin ausgewiesenen und den gelieferten Waren gemangelt hat, welches im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen ist.
Bei Vorliegen ungewöhnlicher Verhältnisse trifft aber den Abgabepflichtigen gegenüber der Abgabenbehörde eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Der belangten Behörde ist es in diesem Zusammenhang nicht aufgegeben, im naturwissenschaftlichmathematisch exakten Sinn die tatsächliche Beschaffenheit der bezogenen und anschließend weiter gelieferten und ausgeführten Gegenstände nachzuweisen. Es genügt vielmehr, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1990, 89/16/0225).
Die Beschwerdeführerin erhielt über den Bezug von Sinterwerkstoffen von der U GmbH Rechnungen, in welchen diese Stoffe mit "DPF-Sinterwerkstoff - 1 Einheit DPF 1254 Verp. B II" bzw. "DPF-Sinterwerkstoff - 1 Einheit DPF 2454 Verp. B II" oder mit "Aqua Save 750/U-S/G" ausgewiesen worden waren. Durch den hohen Preis der genannten Waren im Zusammenhalt mit der Produktbeschreibung, nach welcher es sich um einen "neuartigen Stoff" mit einem Einsatzbereich "als Filterhilfsstoff, Katalysator und im Diaphragmenbereich" handle, wurde die Vorstellung hochwertiger Materialien hervorgerufen. Auch dem Prüfer wurde seitens der Beschwerdeführerin die Auskunft erteilt, dass es sich um hochwertige Produkte zum Entsalzen von Meerwasser handle, die so empfindlich seien, dass man sie mit bloßen Händen nicht berühren dürfe. Ein Schreiben betreffend die Überprüfung der Produktbeschreibung durch die Technische Untersuchungsanstalt der Bundesfinanzverwaltung in Wien vom 11. November 1993, welche im nunmehrigen Beschwerdefall der Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen zugekommen ist, hat jedoch gravierende Mängel in Form und Umfang der Kennzahlen betreffend die physikalischen Eigenschaften der beschriebenen Stoffe ergeben. Darin wird ausgeführt, auf Grund der Produktbeschreibung könne geschlossen werden, dass es sich um eine Pseudoproduktgruppe von geringem Wert handle, die aller Wahrscheinlichkeit nach nur für Scheingeschäfte erzeugt worden sei. Der dafür verrechnete Preis erscheine um ein Vielfaches erhöht. Die belangte Behörde traf auch die - mit Schreiben vom 31. Mai 1999 vorgehaltene und unbestritten gebliebene - Feststellung, dass es sich bei den "DPF-Sinterwerkstoffe" und "Aqua-Save" um gleiche Stoffe, nämlich "Ytong-Steine" handle. Schon in der - im angefochtenen Bescheid mehrmals zitierten - Berufungsentscheidung vom 27. Dezember 1995 hatte die belangte Behörde ausgeführt, dass bereits bei der Ausfuhr der Gegenstände Widersprüche zwischen der Bezeichnung der Ware in der Zolltarifierung (wertlose Steine, Gruppe 68) und dem hohen Verkaufspreis ersichtlich gewesen seien. Wenn auf Grund dieser Ermittlungsergebnisse die belangte Behörde zu der Überzeugung gelangt ist, die in der Rechnung an die Beschwerdeführerin ausgewiesenen und von ihr tatsächlich bezogenen und in der Folge ausgelieferten Sinterwerkstoffen seien nicht ident gewesen, kann dies nicht als unschlüssig erkannt werden.
Die belangte Behörde ist weiters auf Grund der Stellungnahme des Institutes für Bienenkunde vom 19. November 1993, welches der Beschwerdeführerin im fortgesetzten Verfahren übermittelt worden ist, sowie auf Grund der Berichte der TUA davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführerin tatsächlich kein echtes "Gelee-royal", sondern ein aliud geliefert wurde. Aus dem Schreiben des Institutes für Bienenkunde geht hervor, dass der Import von "Geleeroyal" aus Südamerika zum Zwecke einer Veredelung bzw. Lyophilisierung schon aus Kostengründen sehr unwahrscheinlich sei. Lyophilisierung diene der Haltbarmachung von "Gelee royal" und erfolge üblicherweise sofort nach dessen Gewinnung, weil "Geleeroyal" andernfalls tiefgekühlt werden müsse. Lyophilisiertes "Gelee-royal" wiederum müsse wegen seiner Neigung zur Wasseranziehung unter Gas in speziellen Behältern aufbewahrt werden. Die Beschwerdeführerin hat die Richtigkeit dieser Ausführungen nicht bestritten. Sie hat auch nicht behauptet, dass die von ihr als "Gelee-royal" bezogenen Waren tiefgekühlt eingeführt und von ihr in speziellen Behältern weitergeliefert worden seien.
Sowohl in diesem Schreiben als auch im Schreiben der TUA vom 28. Dezember 1993 wurde weiters festgestellt, dass die Preise der von der F GmbH importierten Stoffe im Vergleich mit den Marktpreisen für "Gelee-royal" erheblich zu niedrig ausgewiesen worden seien. Die Preise der von der F GmbH nach der angeblichen "Veredlung" der importierten Stoffe weitergelieferten Stoffe hingegen wären bei weitem überhöhte "Fantasiepreise" gewesen. Auch diesen Feststellungen ist die Beschwerdeführerin weder im Abgabenverfahren noch in ihrer Beschwerde konkret entgegengetreten. Sie hat lediglich vorgebracht, während der Abwicklung der genannten Geschäftsfälle sich mit der tatsächlichen Beschaffenheit der Waren nie beschäftigt und aus diesem Grunde auch keine Warenproben gezogen zu haben. Dazu hat die belangte Behörde zu Recht festgestellt, auf Grund der ungewöhnlichen Geschäftsanbahnung und -abwicklung hätten beim Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bereits 1993 "die Alarmglocken" läuten und er sich nähere Kenntnisse über die der Beschwerdeführerin gelieferten Waren verschaffen müssen. Wenn daher die belangte Behörde zur Überzeugung gekommen ist, die in den Rechnungen ausgewiesenen Waren seien mit den tatsächlich empfangenen und weitergelieferten Waren nicht ident gewesen, kann dies nicht als unschlüssig erkannt werden.
Hinsichtlich der Rüge, die belangte Behörde habe dem Antrag der Beschwerdeführerin auf neuerliche Einvernahme des Geschäftsführers nicht entsprochen, ist der Beschwerdeführerin entgegen zuhalten, dass sie es unterlässt darzulegen, an welchem Vorbringen zu erstatten sie dadurch gehindert worden ist. Auch mit dem Vorbringen, das Recht auf Akteneinsicht sei verletzt worden, indem dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bei der TUA das Anfertigen von Kopien verwehrt worden sei, zeigt die Beschwerde keine Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers auf.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 9. September 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:1999150250.X00Im RIS seit
12.10.2004