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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AAV §86 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des R S in I, vertreten durch Dr. Utho Hosp und Mag. Wolfgang Wamprechtshamer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Mozartplatz 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 29. März 2001, Zl. UVS- 19/10029/16-2001, betreffend Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. März 2001 wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der W-GesmbH (mit Sitz in Innsbruck) als Arbeitgeberin einer in der Filiale Tamsweg festgestellten Übertretung der AAV für schuldig befunden und hiefür bestraft.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juli 2004 wurde den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, ob der angefochtene Bescheid aus nachstehenden Gründen mit Rechtswidrigkeit belastet sei:
"Der erstinstanzliche Bescheid vom 14. Februar 2000, mit welchem das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes einer Übertretung der AAV eingestellt wurde, wurde von der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg erlassen.
Auf Grund der dagegen vom Arbeitsinspektorat für den
10. Aufsichtsbezirk erhobenen Berufung erging der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid, womit der Beschwerdeführer einer Übertretung der AAV für schuldig befunden und hiefür bestraft wurde, wobei sich aus diesem Bescheid (im Einklang mit der Aktenlage) ergibt, dass der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der W-GesmbH 'mit dem Sitz in Innsbruck ...' zur Verantwortung gezogen wurde.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 3. November 1994, Zl. 92/18/0246, und vom 26. Jänner 1996, Zlen. 95/02/0243, 0244) ist bei Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften als Ort, an dem die Übertretung begangen wurde, jener anzusehen, an dem die gebotene Vorsorgehandlung unterlassen wurde; dies ist der Sitz der Unternehmensführung, der im vorliegenden Beschwerdefall sohin nicht im Sprengel der eingeschrittenen Erstbehörde (vgl. § 27 Abs. 1 VStG) lag.
Da nach der Aktenlage auch keine Übertragung der Zuständigkeit an diese im Sinne des § 29a VStG erfolgt ist, geht der Verwaltungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass die Erstbehörde für die Erlassung des Bescheides vom 14. Februar 2000 nicht zuständig war; dies hat die belangte Behörde nicht wahrgenommen, sodass der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet sein dürfte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zlen. 2000/03/0071, 0072)."
Der Beschwerdeführer pflichtete in seiner Stellungnahme dieser vorläufigen Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bei, die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme jedoch nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof erhebt die im zitierten Beschluss vom 23. Juli 2004 dargelegte vorläufige Rechtsansicht zu seiner endgültigen:
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde in ihrer oben zitierten Stellungnahme kommt es im Beschwerdefall nicht darauf an, ob die gebotene Vorsorgehandlung in Ansehung der Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift in Hinsicht auf eine "Filiale" unterlassen wurde, liegt doch der Tatort dort, wo die "Dispositionen und Anweisungen" zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften gesetzt hätten werden müssen (sodass es - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht auf den Ort der "Umsetzung" ankommt). Dies ist bei einem verantwortlichen beauftragten Filialleiter der Standort dieser Filiale (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1994, Zl. 94/11/0055), wogegen dies bei einem Verantwortungsbereich nicht nur für "eine" Filiale nicht zutrifft, sondern der Sitz des Unternehmens als Tatort anzusehen ist (vgl. zur Bestrafung eines "Filialinspektors" das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/02/0280, sowie betreffend ein nach außen zur Vertretung berufenes Organ nach § 9 VStG das im obzitierten hg. Beschluss vom 23. Juli 2004 angeführte hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1996, Zlen. 95/02/0243, 0244).
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, sodass er - ohne dass in das Beschwerdevorbringen einzugehen war - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 10. September 2004
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort falsche AngabeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001020107.X00Im RIS seit
12.10.2004