TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/10 2001/02/0191

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Veröffentlicht am 10.09.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
ZustG §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des MW in Wien, vertreten durch Dr. Ursula Xell-Skreiner, Rechtsanwältin in Wien I, Börseplatz 6, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 26. Juni 2001, Zl. MA 65 - 12/321/2000, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Vorschreibung von Kostenersatz nach der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 19. September 2000 wurde dem Beschwerdeführer Kostenersatz nach näher zitierten Bestimmungen der StVO vorgeschrieben. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juni 2001 als verspätet zurückgewiesen.

In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem Rückschein zufolge sei der erstinstanzliche Bescheid nach einem Zustellversuch am 22. September 2000 beim Postamt hinterlegt und ab 22. September 2000 zur Abholung bereitgehalten worden. Da gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag, an dem sie erstmals zur Abholung bereitgehalten würden, als zugestellt gälten, wenn kein Zustellmangel unterlaufen sei und sich auch nicht ergeben habe, dass der Beschwerdeführer wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen hätte können, habe die Rechtsmittelfrist demnach am 22. September 2000 begonnen und am 6. Oktober 2000 geendet. Laut Eingangsstempel der Erstbehörde sei die mit 11. Oktober 2000 datierte Berufung trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung aber erst ab 11. Oktober 2000 auf elektronischem Wege eingebracht worden.

Dem Beschwerdeführer sei diese Sach- und Rechtslage zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit geboten worden, hiezu Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer habe in seinem Schreiben vom 1. Dezember 2000 ausgeführt, in der Zeit vom 21. bis 28. September 2000 ortsabwesend gewesen zu sein. Nach Aufforderung durch die Berufungsbehörde habe er angegeben, sich im genannten Zeitraum bei Konrad L. an einer näher angeführten Adresse in T. (Anmerkung: Im Gemeindegebiet von G. gelegen) befunden zu haben. Auf Anfrage habe das Gemeindeamt G. mit Schreiben vom 25. Jänner 2001 jedoch bekannt gegeben, dass weder der vom Beschwerdeführer bezeichnete Quartiergeber, noch der Beschwerdeführer selbst dort gemeldet oder bekannt seien und beide im Gemeindegebiet auch keinen Haus- oder Grundbesitz hätten. Mit dieser Bekanntgabe des Gemeindeamtes konfrontiert, habe der Beschwerdeführer den Ausdruck einer Internet-Seite des im Wege elektronischer Datenverarbeitung erstellten "Herold-Telefonbuches" vorgelegt, wonach ein Konrad L. über eine Telefonnummer an der vom Beschwerdeführer angegebenen Adresse in T. verfüge. Hiemit habe der Beschwerdeführer aber aus folgenden Gründen kein für ihn günstigeres Ergebnis herbei zu führen vermocht:

Die oben dargestellte Mitteilung des Gemeindeamtes G. stelle eine Auskunft einer Behörde über Meldedaten dar. Über die Auskunft aus dem Melderegister hinaus habe das Gemeindeamt auch die Haus- und Grundbesitzverhältnisse überprüft und eine Beziehung der gesuchten Person zu einer Liegenschaft im Gemeindegebiet nicht feststellen können. Auf Grund dieser Auskunft des Gemeindeamtes G. habe daher mangels Auffindbarkeit des namhaft gemachten Zeugen L. an der vom Beschwerdeführer genannten Adresse der Nachweis der Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Abgabestelle in Wien nicht erbracht werden können. Mit der vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Telefonbucheintragung habe die negative Auskunft des Gemeindeamtes nicht widerlegt werden können, zumal dieser Eintragung keine behördliche Überprüfung vorangegangen sei. Zudem sei mangels jeglicher Datierung auch nicht erwiesen, ob dieser Eintragung überhaupt noch Aktualitätswert zukomme. Abschließend werde bemerkt, dass es beim Beschwerdeführer gelegen wäre, seine behauptete Abwesenheit von der Wiener Abgabestelle belegenden Beweismittel so der Behörde bekannt zu geben, dass sie einer Beweisaufnahme zugänglich seien. Es habe sich somit kein konkreter Beleg dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer infolge Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig habe Kenntnis erlangen können. Dagegen liefere der Rückschein der Post als Zustellurkunde vollen Beweis über einen ordnungsgemäßen Zustellvorgang. Es sei daher als erwiesen anzusehen, dass die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides am 22. September 2000 bewirkt worden sei. Mit diesem Tage habe die Berufungsfrist von zwei Wochen zu laufen begonnen und am 6. Oktober 2000 geendet, sodass die am "27. November" (richtig wohl: 11. Oktober) 2000 eingebrachte Berufung verspätet sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Entscheidungswesentlich ist, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, dass die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Ortsabwesenheit zutraf oder nicht, zumal er im ersteren Fall die Rechtsmittelfrist nicht versäumt hätte (vgl. § 17 Abs. 3 Zustellgesetz).

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde konnte sie sich jedoch mit der von ihr zitierten, namens des Bürgermeisters der Gemeinde G. erteilten Auskunft vom 25. Jänner 2001 insoweit nicht begnügen, lag es doch auf der Hand, diese ersuchte Behörde mit der vom Beschwerdeführer angeführten Telefonnummer des Zeugen L. zu konfrontieren, um ihr Gelegenheit zu geben, den Versuch einer Kontaktaufnahme mit diesem Zeugen (insbesondere durch Ladung zwecks Einvernahme) zu unternehmen, zumal es keineswegs ausgeschlossen ist, dass eine Person zwar nicht polizeilich gemeldet, keinen "Haus- oder Grundbesitz" in der betreffenden Gemeinde hat und auch nicht "amtsbekannt" ist (so der Inhalt des Schreibens des Bürgermeisters der Gemeinde G.) und dennoch in der betreffenden Gemeinde aufhältig ist. Dass der vom Beschwerdeführer beigebrachten Telefonbucheintragung "keine behördliche Überprüfung" vorangegangen ist (was die belangte Behörde - sollte sie dies für erforderlich erachtet haben - durchaus selbst hätte durchführen können), ist ebenso nicht ausschlaggebend wie der Umstand, dass dieser Beleg nicht datiert ist.

Der angefochtene Bescheid leidet daher an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und b VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 10. September 2004

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001020191.X00

Im RIS seit

23.09.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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