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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
StVO 1960 §5 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des AM in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Fried, Rechtsanwalt in Wien I, Gonzagagasse 11/2/22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 3. September 2001, Zlen. UVS-03/P/13/9452/2000/25 und UVS- 03/V/13/72/2001, betreffend Übertretungen des FSG, des KFG und der StVO,
I. den Beschluss gefasst:
Die Behandlung der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Bescheides (Übertretungen des FSG und des KFG) abgelehnt.
II. zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Spruchpunktes 3. (Übertretung der StVO) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I. Zu den Spruchpunkten 1. und 2. des angefochtenen Bescheides (Übertretungen des FSG und des KFG):
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 750,-- verhängt wurde.
Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde in diesem Umfang sind nach dieser Gesetzesstelle erfüllt. Es wurde jeweils keine EUR 750,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt hier von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
II. Zum Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides (Übertretung der StVO):
Damit wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig befunden, er habe sich, indem er sich vor der Untersuchung entfernt habe, am 26. April 2000 um 23.50 Uhr im Lorenz-Böhler Krankenhaus in Wien 20 gegenüber einem dazu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, sich zwecks Feststellung des Grades der Beeinträchtigung zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei der Bundespolizeidirektion Wien tätigen Arzt bringen zu lassen, obwohl er im Verdacht gestanden sei, am 26. April 2000 um 21.50 Uhr an einem näher umschriebenen Ort einen dem Kennzeichen bestimmten Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben und obwohl eine Untersuchung mittels Alkomaten aus in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Gründen nicht möglich gewesen sei.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 5 Z. 2 StVO begangen; es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In der Begründung führte die belangte Behörde - soweit für die Erledigung der Beschwerde zu diesem Spruchpunkt wesentlich - aus, der Beschwerdeführer sei am 26. April 2000 gegen 21.50 Uhr an einer örtlich umschriebenen Kreuzung auf ein vor ihm anhaltendes Motorrad aufgefahren, wodurch dieses sowie der Fahrer auf das davor bereits haltende Kraftfahrzeug geschleudert worden seien. Beim Eintreffen der Polizeibeamten habe der Beschwerdeführer verwirrende und zum Teil auch sinnlose Angaben gemacht und hätte gehalten werden müssen, weil er zu stürzen gedroht habe. Zwischenzeitig habe er versucht wegzulaufen. Da er Symptome aufgewiesen habe, die als solche einer Alkoholisierung gedeutet werden hätten können, sei er zur Überprüfung der Atemluft mittels Alkomat aufgefordert worden. Er habe dieser zugestimmt und angegeben, alles verstanden zu haben, jedoch habe er sich sodann geweigert, in das dazu vorgesehene Mundstück zu blasen. Er habe auch angegeben, sich keiner Untersuchung durch einen Amtsarzt unterziehen zu wollen, zumal er zu diesem kein Vertrauen habe und habe verlangt, sofort in ein bestimmtes Spital zur Untersuchung durch einen dortigen Arzt verbracht zu werden.
In der Folge sei der Beschwerdeführer nicht in das bestellte Taxi gestiegen, sondern zu Fuß in Richtung 3. Bezirk gegangen, wo er nach einigen Minuten von Polizeibeamten verletzt vorgefunden worden sei. Er sei sodann vom Rettungsdienst in das Lorenz-Böhler Krankenhaus verbracht worden. Dort sei er auf die Polizeibeamten S. und B. getroffen, welche bereits den Unfall aufgenommen hätten und nunmehr die Verletzungen des Motorradfahrers erheben wollten. S. habe den Beschwerdeführer, welcher nun ruhiger als an der Unfallstelle gewesen sei, neuerlich zu einem Alkomattest aufgefordert und ihm gleichzeitig erklärt, dass er sich für den Fall, dass dies auf Grund seiner Verletzung nicht möglich sei, statt dessen einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen habe. Der Beschwerdeführer habe nunmehr ausdrücklich angegeben, zu einer amtsärztlichen Untersuchung bereit zu sein, worauf sich S. zwecks Anforderung des Amtsarztes entfernt habe. Sodann habe der Beschwerdeführer gegenüber der verbliebenen Beamtin B. erklärt, er müsse auf die Toilette und habe sich in eine Richtung entfernt. Als eine Krankenschwester hinzugekommen sei und ihm erklärt habe, dass dort kein WC sei, habe er zu laufen begonnen und sei in weiterer Folge über einen kurzen Stiegenabsatz gestürzt. Da er Schmerzen gehabt und geblutet habe, sei die Beamtin B. zurück zur Wundversorgung gelaufen, um einen Arzt zu verständigen. Als sie mit zwischenzeitlich angetroffenen Kollegen zurückgekommen sei, sei der Beschwerdeführer jedoch verschwunden gewesen und eine Blutspur habe bei der Türe hinausgeführt. Der Beschwerdeführer habe sodann nicht mehr aufgefunden werden können.
Der Beschwerdeführer habe damit den Tatbestand des § 99 Abs. 1 lit. b StVO erfüllt. Ob bereits vorher eine strafbare Verweigerung der Alkomatuntersuchung seitens des Beschwerdeführers vorgelegen habe, sowie der Umstand, dass die Vorführung zu einem Amtsarzt bereits am Unfallort Gesprächsthema gewesen sei, sei aus rechtlicher Hinsicht irrelevant, zumal dem Beschwerdeführer bis zu seinem Eintreffen im Lorenz-Böhler Krankenhaus Gelegenheit gegeben worden sei, sich einer Alkomatuntersuchung oder - weil durch eine mittlerweile eingetretene Verletzung in seiner Person liegende Hindernisse nicht hätten ausgeschlossen werden können - einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Ungeachtet der zunächst erfolgten Zustimmung sei seine Entfernung, während der Amtsarzt verständigt worden sei, als Verweigerung der amtsärztlichen Untersuchung zu bewerten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich vorführen zu lassen.
§ 5 Abs. 5 Z. 2 StVO lautet:
"Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt oder zum diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2
1.
...
2.
aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.
..."
Im Beschwerdefall bezog sich die von der belangten Behörde als vom Beschwerdeführer verweigert angesehene Verbringung zu einem solchen Arzt auf einen Lenkvorgang um 21.50 Uhr an dem im Spruch beschriebenen Unfallort sowie eine "neuerliche Aufforderung zum Alkomattest" im Lorenz-Böhler Krankenhaus. Dabei wird allerdings übersehen, dass der Beschwerdeführer - nach den oben wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde - bereits am Unfallort zur Überprüfung der Atemluft auf Alkoholgehalt aufgefordert worden war und diese Amtshandlung beendet wurde. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kommt dem sehr wohl rechtliche Relevanz zu, weil § 5 Abs. 5 erster Satz StVO ohne die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 StVO nicht anwendbar ist und dies im Beschwerdefall erfordert hätte, dass der Beschwerdeführer "neuerlich" ein Fahrzeug gelenkt hätte bzw. in einem diesbezüglichen Verdacht gestanden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/03/0287), was allerdings nach den Feststellungen der belangten Behörde nicht zutraf.
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, indem sie den Beschwerdeführer der in Rede stehenden Übertretung des § 5 Abs. 5 StVO für schuldig befunden hat, sodass der angefochtene Bescheid hinsichtlich dieses Spruchpunktes - ohne dass in das Beschwerdevorbringen näher einzugehen war - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 10. September 2004
Schlagworte
Alkotest Verweigerung Alkotest Voraussetzung Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001020216.X00Im RIS seit
12.10.2004