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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richterdurch Zurückweisung der Berufung gegen die Bestätigung der Anzeigeeines Rechtserwerbs an einem Baugrundstück infolge unrichtigerpersoneller Besetzung der Landes-GrundverkehrskommissionSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.556,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Kaufvertrag vom 15. März 2005 erwarb derrömisch eins. 1. Mit Kaufvertrag vom 15. März 2005 erwarb der
Erstbeschwerdeführer das Gst. 58/3 in EZ 67 GB 81005 Gnadenwald im Ausmaß von 2.051 m² von der Zweitbeschwerdeführerin mit dem Zweck, das Grundstück einer Bebauung zuzuführen. Dieser Rechtserwerb wurde der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mit dort am 16. März 2005 eingelangter Eingabe angezeigt. Das in Rede stehende Grundstück ist - zuletzt aufgrund einer Flächenwidmungsplanänderung vom 15. März 2005 - zum Teil als Bauland (Wohngebiet), zum (überwiegenden) Teil als Freiland gewidmet.
Am 19. Juli 2005 stellte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck die "Bestätigung der Anzeige" aus; darin wurde gemäß §25a Abs2 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (im Weiteren: TGVG 1996), LGBl. 61 idF LGBl. 75/1999, bestätigt, dass die Anzeige nach §23 leg.cit. über den gegenständlichen Rechtserwerb erfolgt sei. Wörtlich heißt es u. a.: Am 19. Juli 2005 stellte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck die "Bestätigung der Anzeige" aus; darin wurde gemäß §25a Abs2 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (im Weiteren: TGVG 1996), LGBl. 61 in der Fassung Landesgesetzblatt 75 aus 1999,, bestätigt, dass die Anzeige nach §23 leg.cit. über den gegenständlichen Rechtserwerb erfolgt sei. Wörtlich heißt es u. a.:
"Rechtsgeschäft (Rechtsvorgang)/Datum:
Kaufvertrag vom 15.03.2005 betreffend des im Umwidmungsbeschluss der Gemeinde Gnadenwald vom 16.03.2005, Zl. 004-1/05 als Wohngebiet ausgewiesenen Teiles des Gst. 58/3 in EZ 67, GB 81005 Gnadenwald. Die Kundmachung und der Plan des der Umwidmung zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlusses bildet einen integrierenden Bestandteil dieser Bestätigung."
Die Vertragsparteien erhoben gegen diese Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Berufung an die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung (im Weiteren: LGVK), weil die Bestätigung ihrer Auffassung zufolge über die gesamte Liegenschaft, somit über den gesamten Kaufgegenstand, auszustellen gewesen wäre.
Die LGVK wies die Berufung mit Bescheid vom 27. Dezember 2005 als unzulässig zurück. Die Behörde führte aus, dass der Gegenstand des Berufungsverfahrens die Frage betreffe, ob die in §25a TGVG 1996 vorgesehene Bestätigung als Bescheid zu qualifizieren sei. Da diese Frage zu verneinen sei, müsse auch die Berufung als unzulässig zurückgewiesen werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art144 B-VG, in der eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie eine Verletzung des Art6 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
4. Die Beschwerdeführer haben eine als "vorbereitender Schriftsatz" bezeichnete Äußerung eingebracht, in der sie das Beschwerdevorbringen bekräftigen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:römisch II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die Beschwerdeführer behaupten, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein, weil die bekämpfte Bestätigung als bescheidmäßige Erledigung zu qualifizieren sei und die belangte Behörde daher zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert habe. Überdies sei Art6 EMRK in mehrfacher Hinsicht verletzt worden, insbesondere weil die Beschwerdeführer über die Besetzung des Tribunals nicht rechtzeitig informiert wurden und eine Ablehnung wegen Befangenheit der Mitglieder daher nicht möglich gewesen sei. Weiters verstoße die Besetzung des Tribunals gegen Art6 EMRK, weil der LGVK auch Interessenvertreter angehörten und gemäß §28 Abs5 TGVG 1996 eine "unterschiedliche Zahl von Richtern in willkürlicher Weise an der Entscheidung mitwirken" könne.
2. Soweit das - weitwendige - Beschwerdevorbringen zur Einrichtung der LGVK dahin zu verstehen ist, dass damit Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Organisationsregelungen des TGVG 1996, insbesondere gegen §28 Abs1 und 5 TGVG 1996 artikuliert werden, ist dem die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entgegenzuhalten (s. insbesondere VfSlg. 15.325/1998 mwN).
3. Auch im Übrigen sind gegen die den Bescheid tragenden Rechtsvorschriften beim Verfassungsgerichtshof keine Bedenken entstanden, weshalb die Beschwerdeführer nicht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt wurden.
4.1. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festhält, wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter insbesondere dann verletzt, wenn eine an sich zuständige, aber nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzte Kollegialbehörde entschieden hat (zB VfSlg. 10.022/1984, 14.731/1997, 15.588/1999, 15.668/1999, 15.731/2000 und 16.572/2002).
4.2. Mit dem bekämpften Bescheid hatte die LGVK über eine Berufung gegen die von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als gemäß §26 Abs1 TGVG 1996 zuständige Grundverkehrsbehörde für Baugrundstücke und sonstige Grundstücke ausgestellte Bestätigung der Anzeige gemäß §25a Abs2 TGVG 1996 zu entscheiden. §25a TGVG 1996 lautet:
"§25a
Bestätigung über Ausnahmen
von der Erklärungspflicht,
Bestätigung der Anzeige
4.3. Eine gemäß §25a Abs2 TGVG 1996 ausgestellte Bestätigung der Anzeige kann sich sohin von Gesetzes wegen nur auf einen der Bezirksverwaltungsbehörde gemäß §23 TGVG 1996 angezeigten Rechtserwerb an einem Baugrundstück beziehen. Insofern ist für den vorliegenden Fall zu folgern, dass die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck bei Ausstellung der Bestätigung davon ausgegangen ist, dass der "als Wohngebiet ausgewiesene Teil" des in Rede stehenden Grundstücks als Baugrundstück zu qualifizieren ist.
Unbeschadet der - vom Verfassungsgerichtshof hier nicht zu beantwortenden - Frage, ob die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zu Recht (im angenommenen Umfang) vom Vorliegen eines Baugrundstücks ausgehen konnte, wäre die LGVK infolge der an sie gegen die Bestätigung gemäß §25a Abs2 TGVG 1996 erhobenen Berufung gemäß §28 Abs1 leg.cit. verpflichtet gewesen, als Grundverkehrsbehörde zweiter Instanz in ihrer Besetzung für Baugrundstücke zu entscheiden. §28 TGVG 1996 lautet auszugsweise:
"§28
Landes-Grundverkehrskommission
a) hinsichtlich der Baugrundstücke und der sonstigen Grundstücke aus
...
...
Wie sich daher aus §28 Abs1 lita TGVG 1996 ergibt, besteht die LGVK in ihrer Besetzung für Baugrundstücke aus insgesamt sieben Personen. Sowohl die im Bescheid angeführte Besetzung des Tribunals als auch das diesbezüglich übereinstimmende, dem vorgelegten Verwaltungsakt entnommene Beratungsprotokoll über die nichtöffentliche Sitzung am 22. Dezember 2005 weisen jedoch eine Besetzung von neun Personen und damit eine über die gesetzlich vorgesehene Besetzung hinausgehende Anzahl an (stimmberechtigten) Mitgliedern auf.
Daraus folgt, dass die hier entscheidende Kollegialbehörde in unrichtiger personeller Besetzung einschritt.
Die Beschwerdeführer wurden dadurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Der angefochtene Bescheid war schon aus diesem Grund als verfassungswidrig aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
III. 1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. Der zugesprochene Kostenbetrag enthält einen Streitgenossenzuschlag in Höhe von € 180,-, Umsatzsteuer in Höhe von € 396,- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in Höhe von € 180,-.römisch III. 1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. Der zugesprochene Kostenbetrag enthält einen Streitgenossenzuschlag in Höhe von € 180,-, Umsatzsteuer in Höhe von € 396,- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in Höhe von € 180,-.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Behördenzusammensetzung, BehördenzuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:B187.2006Zuletzt aktualisiert am
18.08.2010