TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/14 2001/10/0057

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Veröffentlicht am 14.09.2004
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E15103020;
L55005 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

31979L0409 Vogelschutz-RL Anh1;
31992L0043 FFH-RL Anh1;
31992L0043 FFH-RL Anh2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
EURallg;
NatSchG Slbg 1999 §24 Abs3;
NatSchG Slbg 1999 §24;
NatSchG Slbg 1999 §51 Abs3 Z3;
NatSchG Slbg 1999 §51 Abs3;
NatSchV Wallersee Wengermoor 1983 §1;
NatSchV Wallersee Wengermoor 1983 §1a Z1;
NatSchV Wallersee Wengermoor 1983 §1a;
NatSchV Wallersee Wengermoor 1983 §2;
NatSchV Wallersee Wengermoor 1983 §3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der Salzburger Landesumweltanwaltschaft, vertreten durch Dr. Wolfram Paumgartner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alpenstraße 48a, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 5. Februar 2001, Zl. 13/01-RI- 393/27-2001, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: JG, K), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde dem Mitbeteiligten die (nachträgliche) naturschutzbehördliche Bewilligung "zur Befestigung des land- und forstwirtschaftlichen Bringungsweges auf der GN 629 KG T. (Stichweg zum Holzlagerplatz) durch Aufschüttungen mit unbedenklichem (Bahn)Schotter" nach Maßgabe näher bezeichneter Planunterlagen und unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen. Unter der Überschrift "Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen (§ 51 NSchG)" wurde festgehalten, dass sich der Mitbeteiligte "zur unentgeltlichen Durchführung von Entbuschungsmaßnahmen auf der GN 628 KG T. im Ausmaß von 1.000 m2 und zwar durch Beseitigung von nicht hochmoortypischem Gehölzaufwuchs wie insbesondere Kiefern und Fichten bis Ende 2001 verpflichtet". Als Rechtsgrundlagen des Bescheides wurden genannt die §§ 19, 24, 47 ff und 51 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999 - NSchG, LGBl. Nr. 73/1999 idgF, die §§ 1a, 2 und 3 der Wallersee-Wenger Moor-Naturschutzgebietsverordnung, LGBl. Nr. 95/1983 idgF, sowie die Richtlinien 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) und 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie). Begründend wurde nach Darlegung des Verfahrensganges, insbesondere wörtlicher Wiedergabe von Befund und Gutachten des naturschutzfachlichen Amtssachverständigen und der Stellungnahmen der Landesumweltanwaltschaft dargelegt, das "gegenständliche Naturschutzgebiet" sei im Jahr 1995 als Natura 2000-Gebiet und im Jahr 1996 als Vogelschutzgebiet nach den EU-Richtlinien nominiert worden. Nach Hinweisen auf die §§ 1 und 2 der Wallersee-Wenger Moor-Naturschutzgebietsverordnung und § 24 NSchG legte die belangte Behörde weiters dar, beim überwiegenden Teil der Maßnahme auf GN 622 (Stichweg zum Holzlagerplatz) in dem auf dem Plan dargestellten Ausmaß bzw. nach Maßgabe der vorgeschriebenen Auflagen handle es sich um einen Eingriff auf einer Fläche, die als Sumpffläche dem Lebensraumschutz des § 24 NSchG unterliege (Ausmaß ca. 200 m2). Bei der Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit seien daher § 24 Abs. 5 NSchG und darüber hinausgehende strengere Bestimmungen der Naturschutzgebietsverordnung heranzuziehen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen führe die Aufschotterung durch das Einbringen von standortfremdem Substrat zu einer schwer wiegenden Beeinträchtigung bzw. Zerstörung der Ökofläche im Ausmaß von 200 m2. Die Maßnahme würde sowohl für die ökologischen Verhältnisse des Lebensraumes (Sumpf) als auch für den Naturhaushalt nicht nur unbedeutende abträgliche Auswirkungen im Sinne des § 24 Abs. 3 NSchG nach sich ziehen. Die Bewilligung wäre somit zu versagen. Nach § 51 Abs. 1 NSchG könne die Behörde jedoch unter näher dargestellten Voraussetzungen an Stelle der Untersagung eines Vorhabens die angestrebte Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen erteilen. Vom Sachverständigen vorgeschlagen und vom Bewilligungswerber angeboten worden sei als Ausgleich die Entfernung standortfremden Gehölzbewuchses im Kernbereich des Zeller Moores, "was sicherlich auch als Projektziel des LIFE-Projektes 'Wenger Moor' als wesentliche Verbesserung des Naturhaushaltes und als ausreichende Kompensation für den Eingriff durch den Wegbau im angebotenen Ausmaß in einem höchstwertigen Bereich angesehen" werden könne. Zu der Voraussetzung, dass die beantragte Maßnahme nicht grundsätzlich der Zielsetzung des Naturschutzgebietes Wenger Moor und dem Lebensraumschutz des § 24 NSchG widersprechen dürfe, sei auszuführen, dass "die Aufschüttung zur Aufrechterhaltung einer naturnahen Waldbewirtschaftung und damit die Errichtung bzw. der Erhalt der hiefür notwendigen forstlichen Bringungswege nach Beurteilung der Naturschutzbehörde nicht grundsätzlich den Zielsetzungen des Naturschutzgebietes widerspricht und vor allem die gegenständliche Fläche im Randbereich der ökologisch wertvollen Nieder- und Hochmoorbereiche liegt. Es wurde ausdrücklich im Rahmen des Verfahrens eine nochmalige Prüfung hinsichtlich möglicher Varianten einer Holzlagerung und der damit verbundenen Zufahrt und Erreichbarkeit auf umliegenden Flächen des Einschreiters durchgeführt, jedoch fand sich keine geeignetere Stelle. Des Weiteren kann auch keine grundsätzliche Gefährdung des dortigen Lebensraumes gesehen werden, da es sich im Vergleich zu der restlichen Sumpffläche nur um einen kleinflächigen Bereich handelt und eine grundsätzliche Beeinträchtigung des Lebensraumes Sumpf im dortigen Bereich durch die Aufschotterung des Stichweges ausgeschlossen werden kann. Von der Landesumweltanwaltschaft wurde in ihrer Stellungnahme auch nicht näher ausgeführt, worin diese negativen Auswirkungen nämlich nicht im Sinne einer kleinflächigen sondern grundsätzlichen (!) Beeinträchtigung gelegen sein sollen."

Zur Voraussetzung, dass keine Auswirkungen auf das Natura 2000- Gebiet bestünden, sei festzuhalten, dass als Prüfungsmaßstab derzeit lediglich die Vogelschutzrichtlinie heranzuziehen sei. Es sei zwar richtig, dass das Gebiet nicht nur nach der Vogelschutz-, sondern auch nach der FFH-Richtlinie nominiert worden sei, jedoch sei auf Grund des Fehlens der so genannten "Gemeinschaftsliste" die FFH-Richtlinie bei Prüfung der Kriterien des § 51 NSchG (noch) nicht heranzuziehen. Dem unmittelbar aus der Richtlinie abzuleitenden Verschlechterungs- und Zerstörungsverbot widerspreche die gegenständliche Maßnahme nicht, weil keine erheblichen Auswirkungen im Sinne des Art. 6 der Richtlinie bewirkt würden. Dazu werde auf die Ausführungen des naturschutzfachlichen Sachverständigen mit Schreiben vom 10. Jänner 2001 verwiesen (Randlage, Kleinflächigkeit), die der Behörde nachvollziehbar und begründet erschienen. Betreffend die Vogelschutzrichtlinie habe die Sachverständige festgestellt, dass keinerlei Auswirkungen bestünden. Weder für die im Gebiet vorkommende Anhang 1 - Art (Schwarzspecht) noch für die dortigen Zugvögel gäbe es negative Auswirkungen, die eine Verschlechterung des Lebensraumes und damit einen Widerspruch zu den Zielen der Vogelschutzrichtlinie bewirken würden. Es liege somit weder eine Habitatgefährdung noch eine Lebensraumgefährdung durch die Maßnahme vor. Die Nutzung des Weges lasse durch die geringe Intensität und Frequenz keine negativen Auswirkungen unter diesem Aspekt erwarten. Zudem handle es sich um einen insgesamt so kleinflächigen Bereich (200 m2), dass daraus keine negativen Auswirkungen insgesamt ableitbar seien. Die Landesumweltanwaltschaft habe Auswirkungen zwar behauptet, aber nicht näher konkretisiert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der Landesumweltanwaltschaft, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Es ist im Beschwerdefall unstrittig, dass das vom Vorhaben in Anspruch genommene Gebiet innerhalb des mit der Wallersee-Wenger Moor- Naturschutzgebietsverordnung, LGBl. Nr. 95/1983, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 44/2000, (im Folgenden: VO) zum Naturschutzgebiet erklärten "großflächigen Moor-Feuchtwiesen- und Waldgebiet" liegt.

Im vorliegenden Zusammenhang sind unter anderem folgende

Vorschriften der VO relevant:

"§ 1

(1) Das in den Marktgemeinden Neumarkt am Wallersee und Seekirchen am Wallersee und in der Gemeinde Köstendorf, politischer Bezirk Salzburg-Umgebung, nördlich des Wallersees gelegene großflächige Moor-, Feuchtwiesen- und Waldgebiet zwischen Zell am Wallersee, Weng und Maierhof wird samt demjenigen vorgelagerten Teil des Wallersees, der mit Schilf, Binsen und sonstigen Wasserpflanzen bewachsen ist, zum Naturschutzgebiet erklärt.

...

§ 1a

Diese Verordnung dient:

1. der Erhaltung der weitgehenden Ursprünglichkeit des im § 1 bezeichneten Gebietes in den Kernbereichen und im Bereich der fließenden Gewässer einschließlich seines besonderen ästhetischen Wertes im vorhandenen Landschaftsraum;

2. der Erhaltung geschützter und gefährdeter Pflanzen- und Tierarten;

3. der Erhaltung der ökologischen Funktion des im § 1 bezeichneten Gebietes, besonders der Nieder- und Hochmoore, einschließlich der Übergangszonen und Randbereiche sowie der fließenden Gewässer samt deren Begleitbewuchs als Lebensraum für die typischen Lebensgemeinschaften, insbesondere als Brutplatz für geschützte und gefährdete Vogelarten und als Rastplatz für Zugvögel;

4. der Erhaltung von Lebensräumen nach Anhang I der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG;

5. der Erhaltung von Lebensräumen zum Schutz von Arten nach Anhang I der Vogelschutzrichtlinie 79/409/EWG und nach Anhang II der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG.

§ 2

(1) In dem gemäß § 1 festgelegten Naturschutzgebiet sind alle Eingriffe in die Natur untersagt.

(2) Vom Verbot ausgenommen sind lediglich:

a) auf den bereits meliorierten und landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen die Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung; hiezu gehören auch die Errichtung betriebsnotwendiger ortsüblicher Zäune, die Durchführung üblicher Düngungen und Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen, die Räumung bestehender Abzugsgräben, die Anlage unbefestigter Bringungswege - d. h. nicht mit Aufschotterungen oder Sprengarbeiten verbundene Wegbauten - sowie Bodenverbesserungsarbeiten geringeren Umfanges (kleinere Drainagen u.ä.); ausgenommen sind die Errichtung von Wirtschaftsgebäuden, die Ausführung neuer Drainage- oder Meliorationsprojekte, Kulturgattungsänderungen (Aufforstungen, Rodungen) und Kahlschläge;

b) auf den übrigen nicht in lit. a bezeichneten Flächen die bisher übliche land- und forstwirtschaftliche Nutzung einschließlich notwendiger Pflegemaßnahmen und die Räumung bestehender Abzugsgräben;

c) die notwendigen Betreuungsarbeiten an behördlich genehmigten öffentlichen Betriebsanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der vorhandenen Bauobjekte;

d) die rechtmäßige Ausübung der Jagd mit der Einschränkung, dass Birkwild, alle Sumpfschnepfen und Entenarten - ausgenommen Stock- und Krickenten - nicht bejagt werden dürfen;

e)

die rechtmäßige Ausübung der Fischereiwirtschaft;

f)

der Besuch des Naturschutzgebietes auf öffentlichen Wegen und markierten Wanderwegen sowie der Aufenthalt auf gekennzeichneten Plätzen;

              g)              das Baden an gekennzeichneten Badeplätzen, das Schwimmen im freien See und das Befahren der Seefläche außerhalb der Schilfzonen mit Ruderbooten, Segelbooten und Elektrobooten.

(3) Als verbotene Eingriffe im Sinne des Abs. 1 gelten insbesondere:

a) das Befahren mit Kraftfahrzeugen außerhalb öffentlicher Verkehrsflächen und das Abstellen von Kraftfahrzeugen und Wohnwagen aller Art, ausgenommen für Zwecke der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung von Grundstücken;

b)

das Zelten, Lagern, Errichten von Feuerstellen;

c)

die Anlage oder Erweiterung von Sportplätzen, Park-, Camping-,Zelt-, Badeplätzen, Reitwegen u.dgl.;

              d)              jede Verunreinigung, das Ablagern von Abfällen, Müll und Schutt jeder Form an hiezu nicht vorgesehenen Plätzen (§ 19 des Salzburger Müllabfuhrgesetzes 1974);

              e)              jede Bodenverletzung, wie Aufschüttungen und Abtragungen, das Lagern und Stapeln von Materialien jeder Art, Sprengarbeiten, die Beseitigung oder Beschädigung von Felsen, Findlingsteinen u. dgl., Anlage und Betrieb von Gräben, Torfstichen, Schottergruben, Steinbrüchen u.dgl.;

              f)              alle Baumaßnahmen wie auch die Errichtung von Hütten,Verkaufsständen, Unterständen, Sichtschutzwänden, Zäunen und Einfriedungen, Tisch-, Sitz- und Liegegelegenheiten u.dgl.;

              g)              die Errichtung von Energiefreileitungen oder sonstigen Drahtleitungen, die Einbringung von Leitungen unter der Erdoberfläche;

              h)              unbeschadet der Kennzeichnung nach § 4 jede Anbringung von Werbe- und Inschrifttafeln, sonstigen Schildern und Plakaten, soweit es sich nicht um unentbehrliche Ortshinweise, notwendige Wohn- und Betriebsstättenbezeichnungen, Markierungstafeln u.dgl. handelt;

              i)              unbeschadet der zugelassenen Bewirtschaftung nach Abs. 2 lit. a und b jede Beeinträchtigung oder Beschädigung der Pflanzenwelt, insbesondere das Fällen von Baumgruppen und Einzelbäumen außerhalb des geschlossenen Waldes, die Beseitigung von Latschen, Gebüsch und Hecken sowie von Schilf, Binsen und Wasserpflanzen, das Abreißen von Ästen sowie das Ausgraben und Pflücken von Pflanzen; ferner die Einbringung nicht standortgemäßer Pflanzen und Tiere wie überhaupt jede wesentliche Veränderung des vorgegebenen Naturhaushaltes;

              j)              die Errichtung von Boots- und Badestegen, die Einbringung von Schwimmflößen, Haus- und Kajütbooten;

              k)              jede Veränderung des natürlichen Ufers, wie die Anlage von Ufermauern, Uferbefestigungen, Einbringung von Trittplatten, Sand, Kies u.dgl.;

l)

jegliches nicht unter Abs. 2 lit. g fallende Baden;

m)

jede Beeinträchtigung von Gewässern aller Art, wie der bestehenden Tümpel, Hoch- und Niedermoore samt ihren Randzonen (anmoorige Böden und Nasswiesen), und die Anlage künstlicher Wasserläufe oder Teiche;

              n)              der Einsatz und die Anwendung von Mineraldüngern, Schädlingsbekämpfungsmitteln über den Umfang des Abs. 2 lit. a und b hinaus, soferne nicht eine behördliche Anordnung vorliegt;

              o)              die Erregung von ungebührlichem Lärm und sonstigem Unfug, der Betrieb von Radios u.dgl.;

              p)              jede Beunruhigung des Wildes und Störung der Kleintierwelt bzw. der vorhandenen, natürlichen Lebensgemeinschaften von Pflanzen und Tieren.

§ 3

Die Landesregierung kann auf Ansuchen im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten des § 2 bewilligen, soweit diese Maßnahmen dem Schutzzweck des Naturschutzgebietes nicht widersprechen. Eine solche Bewilligung kann auch unter Auflagen und befristet erteilt werden."

Die §§ 24, 25 und 51 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1999, LGBl. Nr. 73/1999 (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Naturschutzgesetz - Novelle 2001) lauten auszugsweise wie folgt:

"Schutz von Lebensräumen

§ 24

(1) Nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs 3 bis 6 sind geschützt:

a) Moore, Sümpfe, Quellfluren, Bruch- und Galeriewälder und sonstige Begleitgehölze an fließenden und stehenden Gewässern;

b) oberirdische fließende Gewässer einschließlich ihrer gestauten Bereiche und Hochwasserabflussgebiete;

c) mindestens 20 und höchstens 2.000 m2 große oberirdische, natürliche oder naturnahe stehende Gewässer einschließlich ihrer Uferbereiche und der Schilf- und Röhrichtzonen;

d) das alpine Ödland einschließlich der Gletscher und deren Umfeld.

...

(3) Maßnahmen, die Eingriffe in diese Lebensräume bewirken können, sind nur mit naturschutzbehördlicher Bewilligung zulässig.

...

(5) Eine Ausnahmebewilligung gemäß Abs 3 ist dann zu erteilen, wenn die geplanten Maßnahmen nur unbedeutende abträgliche Auswirkungen auf die Eigenart oder ökologischen Verhältnisse des Lebensraumes oder auf Teile desselben, auf das Landschaftsbild, den Charakter der Landschaft, den Naturhaushalt oder den Wert der Landschaft für die Erholung bewirken können oder die Voraussetzungen des § 3 Abs 3 zweiter Satz zutreffen. ...

...

Bewilligungsbedürftige Maßnahmen

§ 25

(1) Folgende Maßnahmen bedürfen einer Bewilligung der Naturschutzbehörde:

...

d) die mit erheblichen Bodenverwundungen, Abtragungen oder Aufschüttungen verbundene Anlage und wesentliche Änderung von Schipisten, Sommerrodelbahnen, Straßen und Wegen einschließlich ihrer jeweiligen Nebenanlagen, ausgenommen nicht mit Lastkraftwagen befahrbare unbefestigte Rückewege zur Holzbringung, sofern damit keine größeren Abtragungen oder Aufschüttungen verbunden sind; alle sonstigen Gelände verändernden Maßnahmen dann, wenn diese Maßnahmen auf einer Fläche von insgesamt mehr als 5.000 m2 erfolgen;

....

(3) Die Bewilligung ist zu versagen, wenn das Vorhaben das Landschaftsbild, den Naturhaushalt, den Charakter der Landschaft, oder deren Wert für die Erholung erheblich beeinträchtigt und nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs 3 zweiter Satz zutreffen.

....

Ausgleichsmaßnahmen

§ 51

(1) Auf Antrag des Bewilligungswerbers kann die Behörde an Stelle der Untersagung eines Vorhabens die angestrebte Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen erteilen.

....

(3) Die Erteilung einer Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen gemäß Abs 1 ist nur zulässig, wenn die beantragten Ausgleichsmaßnahmen alle folgenden Voraussetzungen erfüllen:

1. Die Ausgleichsmaßnahmen werden eine wesentliche Verbesserung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes bewirken.

2. Diese Verbesserung überwiegt insgesamt die nachteiligen Auswirkungen jener Maßnahme, die bewilligt werden soll, im betroffenen oder einem unmittelbar benachbarten Landschaftsraum erheblich. Für die Abgrenzung der Landschaftsräume sind die Grenzen der nach § 9 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998 zu bildenden Regionalverbände maßgeblich.

3. Die Maßnahme, die bewilligt werden soll, widerspricht nicht wesentlich den grundsätzlichen Zielsetzungen eines Schutzgebietes oder Naturdenkmales oder des Lebensraumschutzes nach § 24.

4. Die Maßnahme, die bewilligt werden soll, wird keine Auswirkungen auf Gebiete haben, die nach den Richtlinien 92/43/EWG oder 79/409/EWG als Bestandteil des europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000" gelten."

Die Beschwerde macht insbesondere eine Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Bescheides bei der Beurteilung eines "wesentlichen Widerspruches zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Schutzgebietes" im Sinne des § 51 Abs. 3 Z. 3 NSchG geltend. Sie vertritt mit näherer Begründung die Auffassung, bei einer Gesamtbewertung des zur Beurteilung entstehenden Eingriffes sei entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht relevant, ob die Störung nur kleinräumig bzw. regional wirksam werde. Es sei auch nicht von Bedeutung, ob sie sich insgesamt negativ auf die Gesamtgebiete auswirke oder darin eine grundsätzliche Gefährdung des Lebensraumes gesehen werden könne. Vielmehr sei es Ziel des Naturschutzgebietes - mit dem der höchste Schutzstandard verbunden sei, den das Naturschutzgesetz vorsehe - jeden vermeidbaren störenden menschlichen Eingriff zu verhindern. Dabei seien auch kleinsträumige Eingriffe zu "berücksichtigen", die für sich gesehen niemals zu einer Gesamtgefährdung des Gebietes führen könnten. Dies ergebe sich auch aus der VO, die "dezidiert kleinste Eingriffe in die Landschaft verbietet". Die Landesregierung gehe davon aus, dass in einem derart hochwertigen Naturraum bereits sehr geringfügige Maßnahmen, wie das Abstellen von Kraftfahrzeugen, jede Bodenverletzung, das Anbringen von Schildern, ja sogar das Abreißen von Ästen einen Eingriff darstellten, der sich gegen den Schutzzweck des Naturschutzgebietes richte.

Diese ausschließlich an den Verbotskatalog des § 2 VO anknüpfenden Darlegungen der Beschwerde laufen auf ein "absolutes" Verbot der dort aufgezählten Eingriffe hinaus. Damit ist sie nicht im Recht; sie übersieht, dass nach § 3 VO Ausnahmen von den Verboten des § 2 bewilligt werden können, soweit diese Maßnahmen dem Schutzzweck des Naturschutzgebietes nicht widersprechen. Im Grunde des § 51 Abs. 3 iVm § 24 Abs. 3 NSchG können (unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen) selbst Maßnahmen, die Eingriffe in geschützte Lebensräume bewirken können, bewilligt werden, wenn die Maßnahme nicht wesentlich den grundsätzlichen Zielsetzungen eines Schutzgebietes oder Naturdenkmales oder des Lebensraumschutzes nach § 24 widerspricht. Der Begriff "Widerspruch zum Schutzzweck des Schutzgebietes" im Sinne des § 3 VO und des § 51 Abs. 3 Z. 3 NSchG ist nicht an Hand des Verbotskataloges des § 2 VO auszulegen. Ein "absolutes" Verbot auch "kleinsträumiger" Eingriffe ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Die Beschwerde ist aber im Ergebnis insoweit im Recht, als anhand der Begründung des angefochtenen Bescheides dessen Überprüfung auf die Gesetzmäßigkeit der Annahme, es liege kein wesentlicher Widerspruch zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Schutzgebietes im Sinne des § 51 Abs. 3 Z. 3 NSchG vor, nicht möglich ist.

Die Beschwerde macht geltend, der Amtssachverständige, dessen Darlegungen die belangte Behörde übernommen habe, habe die Wegaufschüttung als eine erhebliche abträgliche Beeinflussung des Landschaftsbildes und des Charakters der Landschaft im Naturschutzgebiet dargestellt. Der Weg führe über Sumpfgelände. Das Einbringen von standortsfremdem Substrat bewirke eine schwer wiegende Beeinträchtigung bzw. Störung einer Ökofläche von 200 m2 (Sumpffläche), wobei diese Maßnahme sowohl für die ökologischen Verhältnisse des Lebensraumes Sumpf als auch für den Naturhaushalt nicht nur unbedeutende abträgliche Auswirkungen habe. Es liege somit ein wesentlicher Widerspruch zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Schutzes vor.

Im angefochtenen Bescheid wird die Annahme des Fehlens eines wesentlichen Widerspruches zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Schutzes allein mit dem Hinweis begründet, dass "die gegenständliche Fläche im Randbereich der ökologisch wertvollen Nieder- und Hochmoorbereiche liegt", wobei es sich "im Vergleich zu der restlichen Sumpffläche nur um einen kleinflächigen Bereich" handle. Im weiteren Zusammenhang verweist die belangte Behörde auch auf das Schreiben des Amtssachverständigen vom 10. Jänner 2001, wonach "der zwar schon als ökologisch wertvoll zu betrachtende Sumpf nicht zum Kernbereich des Naturschutzgebietes zu rechnen" sei und es sich um eine "regional abträgliche Beeinflussung einer randlich exponierten Ökofläche fernab vom eigentlichen Gesamtmoorkomplex des Hochmoorbereiches" handle. Es sei auch "durch den sehr kleinräumigen Bereich - und derartige Sumpfflächen sind über das gesamte Schutzgebiet weit verbreitet - keine grundsätzliche Verschlechterung der natürlichen Lebensräume im Sinne der FFH-Richtlinie zu erwarten".

Diese kursorischen, nicht auf die Feststellung konkreter Tatsachen gegründeten Darlegungen stellen keine gesetzmäßige Begründung eines auf § 51 NSchG beruhenden Bescheides im Zusammenhang mit dem im Abs. 3 Z. 3 genannten Tatbestandsmerkmal dar.

Anzusetzen ist zunächst beim Begriff "grundsätzliche

Zielsetzung" (des Schutzgebietes ... oder des Lebensraumschutzes

nach § 24). Dieser ist im vorliegenden Zusammenhang anhand des in § 1a VO normierten Verordnungszweckes in Verbindung mit dem in § 1 der Verordnung enthaltenen Hinweisen auf das "großflächige Moor-, Feuchtwiesen- und Waldgebiet" sowie den "Teil des Wallersees, der mit Schilf, Binsen und sonstigen Wasserpflanzen bewachsen ist", zu ermitteln. Es handelt sich (vgl. § 1a VO) um die "Erhaltung der weitgehenden Ursprünglichkeit des im § 1 bezeichneten Gebietes in den Kernbereichen und im Bereich der fließenden Gewässer einschließlich seines besonderen ästhetischen Wertes im vorhandenen Landschaftsraum", die "Erhaltung geschützter und gefährdeter Pflanzen- und Tierarten", die "Erhaltung der ökologischen Funktion des in § 1 bezeichneten Gebietes, besonders der Nieder- und Hochmoore, einschließlich der Übergangszonen und Randbereiche sowie der fließenden Gewässer samt deren Begleitbewuchs als Lebensraum für die typischen Lebensgemeinschaften, insbesondere als Brutplatz für geschützte und gefährdete Vogelarten und als Rastplatz für Zugvögel", die "Erhaltung von Lebensräumen nach Anhang I der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG" und die "Erhaltung von Lebensräumen zum Schutz von Arten nach Anhang I der Vogelschutzrichtlinie 79/409/EWG und nach Anhang II der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG".

Ein Bescheid, dem die Beurteilung des Vorliegens oder des Fehlens eines wesentlichen Widerspruches zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Schutzes zu Grunde liegt, muss auf in qualitativer und quantitativer Hinsicht konkreten, jeweils auf Lage und Ausprägung innerhalb des Gebietes bezogenen Feststellungen über jene geschützten Güter beruhen, deren Erhaltung die - von der VO, wie soeben dargestellt wurde, festgelegte - "grundsätzliche Zielsetzung des Schutzgebietes (Lebensraumschutzes)" ausmacht. Dazu sind - wiederum anhand in qualitativer und quantitativer Hinsicht konkreter Feststellungen - die Auswirkungen der Maßnahme auf die die Zielsetzungen des Gebietes bestimmenden Faktoren in Beziehung zu setzen (vgl. hiezu auch die Ausführungen unter Pkt. 19.5.1. des Erkenntnisses vom 16. April 2004, Zlen. 2001/10/0156, 2002/10/0212, 2001/10/0081).

Die Darlegungen des angefochtenen Bescheides entsprechen diesen Anforderungen nicht. Darin ist in unbestimmter Weise von der Lage in einem "Randbereich der ökologisch wertvollen Nieder- und Hochmoorbereiche" und von einem "im Vergleich zu der restlichen Sumpffläche nur kleinflächigen Bereich" die Rede.

Der Hinweis des angefochtenen Bescheides auf eine "Randlage" des Vorhabens ist in der vorliegenden Form nicht zielführend. Zwar spricht die Verordnung im Zusammenhang mit der Zielsetzung der Erhaltung der weit gehenden Ursprünglichkeit vom "Kernbereich" (§ 1a Z. 1); dass mit der Lage des betreffenden Gebietes "am Rand" des Schutzgebietes ganz allgemein ein geringerer Schutzstandard verbunden wäre oder den dort gelegenen geschützten Gütern ein geringerer Wert zukäme, kann der VO nicht entnommen werden. Im Übrigen lässt die oben wiedergegebene Formulierung der Bescheidbegründung erkennen, dass die Behörde den fraglichen Bereich - mag er auch "am Rand" des geschützten Bereiches liegen - als "ökologisch wertvollen Nieder- und Hochmoorbereich" einstuft. Aus der Lage eines solchen Bereiches "am Rande" des Schutzgebietes allein können somit Schlussfolgerungen in Richtung der Bedeutung des fraglichen Gebietes bei der Beurteilung des Verhältnisses zur grundsätzlichen Zielsetzung des Schutzes nicht gezogen werden. Der Bescheidbegründung kann auch nicht entnommen werden, dass das Vorhaben in einem Teil des Schutzgebietes liege, das gleichsam als "Pufferzone" in das Gebiet einbezogen worden wäre, dem als solche auf Grund seiner Beschaffenheit aber keine dem "Kerngebiet" des Schutzgebietes vergleichbare ökologische Funktion zukäme.

Mangels in qualitativer und quantitativer Hinsicht konkreter Feststellungen kann auch nicht beurteilt werden, ob die Auffassung, dass es sich um einen "im Vergleich zu der restlichen Sumpffläche" - weder deren Ausdehnung noch deren Beschaffenheit in Ansehung der maßgeblichen Parameter wurde konkret festgestellt - "kleinflächigen Bereich" handle, dessen Beeinträchtigung im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Zielsetzung des Gebietsschutzes keine wesentliche Bedeutung zukäme.

Schon aus diesem Grund ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Vermeidung der soeben aufgezeigten Begründungsmängel zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben. Eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen erübrigt sich.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 14. September 2004

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel AllgemeinGemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001100057.X00

Im RIS seit

27.10.2004

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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