RS OGH 1998/6/10 6Ob148/98b, 1Ob109/02i, 4Ob208/02w, 2Ob98/08p, 3Ob28/11f, 3Ob72/15g, 6Ob153/15s, 8O

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 10.06.1998
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Norm

AußStrG §2 F1
ABGB §176 B
ZPO §219

Rechtssatz

Das durch Art 6 MRK geschützte Grundrecht des fair trial macht für die am Verfahren Beteiligten eine generelle Verweigerung des Rechtes auf Akteneinsicht und Entnahme von Aktenabschriften, die für die wirksame Rechtsdurchsetzung, insbesondere für die Erhebung von Rechtsmitteln unerlässlich sind, unzulässig. Beschränkungen dieses Rechtes sind daher nur in sehr geringem Umfang möglich und bedürfen einer besonderen gesetzlichen Regelung. Die in § 219 ZPO normierten Ausnahmen sind daher, soweit nicht sondergesetzliche Regelungen bestehen, wie durch das Datenschutzgesetz oder bei der Inkognitoadoption, als taxative Aufzählung zu verstehen.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 148/98b
    Entscheidungstext OGH 10.06.1998 6 Ob 148/98b
  • 1 Ob 109/02i
    Entscheidungstext OGH 25.06.2002 1 Ob 109/02i
    Auch; Beisatz: § 2 Abs 3 Z 10 AußStrG macht es dem Gericht nicht nur zur Pflicht, alle zur Wahrung der körperlichen Integrität der Verfahrensparteien erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, sondern auch, den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz zu gewährleisten. Unter diesen Schutz können auch Daten des Privatlebens (hier: Adresse und Name des Arbeitgebers) fallen. (T1) Beisatz: Im Spannungsverhältnis zu dem durch Art 6 MRK geschützten Grundrecht des "fair trial" bedarf es - wie dies auch in dem ebenfalls auf Art 8 MRK bezugnehmenden § 1 DSG normiert ist - einer Interessensabwägung, die gewiss im Allgemeinen nur zu einer Beschränkung der Akteneinsicht in sehr geringem Umfang führen kann. (T2)
  • 4 Ob 208/02w
    Entscheidungstext OGH 15.10.2002 4 Ob 208/02w
    Vgl auch; Beis wie T1; Beisatz: Hier: Sachwalterschaftsverfahren. (T3)
  • 2 Ob 98/08p
    Entscheidungstext OGH 29.05.2008 2 Ob 98/08p
  • 3 Ob 28/11f
    Entscheidungstext OGH 11.05.2011 3 Ob 28/11f
    Vgl; Beisatz: Die in § 298 Abs 2 ZPO vorgesehene Einschränkung der Einsichtnahme in bestimmte Urkunden ist als sondergesetzliche Regelung anzusehen, die die grundsätzlich als taxative Aufzählung zu verstehenden Beschränkungen der Akteneinsicht nach § 219 Abs 1 ZPO auch unter Bedachtnahme auf Art 6 MRK zulässig erweitert. (T4)
    Beisatz: Wenn das Erstgericht spruchmäßig a) die nicht geschwärzten Teile einer von der einen Prozesspartei vorgelegten Urkunde als entscheidungswesentlich feststellt, b) nur diese Teile an die andere Prozesspartei weiterleitet und c) die ungeschwärzte vollständige Urkunde zum Akt nimmt, diese Urkunde aber von der Akteneinsicht ausschließt, handelt es sich um eine einheitliche Anordnung iSd § 298 Abs 2 ZPO, die gemäß § 319 Abs 1 ZPO unanfechtbar ist. (T5)
  • 3 Ob 72/15g
    Entscheidungstext OGH 20.05.2015 3 Ob 72/15g
    Auch
  • 6 Ob 153/15s
    Entscheidungstext OGH 04.01.2016 6 Ob 153/15s
    Auch; nur: Die in § 219 ZPO normierten Ausnahmen sind daher, soweit nicht sondergesetzliche Regelungen bestehen, wie durch das Datenschutzgesetz oder bei der Inkognitoadoption, als taxative Aufzählung zu verstehen. (T6)
    Beisatz: Für Akten des OGH gilt zudem § 20 OGHG. (T7)
  • 8 Ob 29/19a
    Entscheidungstext OGH 29.04.2019 8 Ob 29/19a
    Auch; Beisatz: Gegenstand der Akteneinsicht ist der Gerichtsakt. Die in Verwahrung genommenen bzw. hinterlegten Gegenstände sind nicht Bestandteil des Gerichtsaktes, sondern vielmehr Leistungsobjekt des Hinterlegungsverfahrens. Es ist zwischen der Einsicht in den Akt und der Inaugenscheinnahme der verwahrten bzw hinterlegten Gegenstände zu differenzieren. (T8)
  • 6 Ob 162/21y
    Entscheidungstext OGH 02.02.2022 6 Ob 162/21y
    Beisatz: Hier: Zum Recht auf Akteneinsicht in den Handakt der Familiengerichtshilfe. (T9)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:RS0110043

Im RIS seit

10.07.1998

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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