TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/15 2002/09/0168

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Veröffentlicht am 15.09.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs6;
AVG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Mag. Gregor Olivier Rathkolb, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 20, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport vom 1. August 2002, Zl. 22/8-DOK/02, betreffend Zurückweisung der Berufung in einem Disziplinarverfahren nach dem BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand als Bezirksinspektor (Sicherheitswachebeamter) in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wurde mit Ablauf des 31. Jänner 2000 (mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Jänner 2000) in den Ruhestand versetzt und steht seit 1. Februar 2000 in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 1. August 2002 hat die belangte Behörde die gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 28. Jänner 2002 erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 63 Abs. 5 AVG in Verbindung mit § 105 BDG 1979 als verspätet zurückgewiesen.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe der Disziplinarkommission erster Instanz mit einem Schriftsatz vom 21. Februar 2000 bekannt gegeben, dass er Rechtsanwalt Dr. Jörg B mit der Vertretung beauftragt habe; diesem rechtsfreundlichen Vertreter sei das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis am 31. Jänner 2002 zugestellt worden. Der Beschwerdeführer habe seine Berufung erst am 20. Februar 2002 zur Post gegeben. Der Lauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist sei - im Hinblick auf die rechtswirksame Zustellung des Disziplinarerkenntnisses am 31. Jänner 2002 - jedoch bereits am 14. Februar 2002 abgelaufen. Zur Frage der augenscheinlich verspäteten Einbringung seiner Berufung sei dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt worden. Auch nach seiner Stellungnahme vom 17. März 2002 sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seine Berufung objektiv verspätet erhoben habe. Der Fristlauf gemäß § 63 Abs. 5 AVG sei - nicht erst durch Zustellung an den Beschwerdeführer am 5. Februar 2002 sondern - bereits durch Zustellung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses an den ausgewiesenen, mit Zustellvollmacht ausgestatteten Rechtsvertreter am 31. Jänner 2002 ausgelöst worden. Eine Auflösung dieses Vertretungsverhältnisses vor Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung sei nicht aktenkundig. Die vorgebrachten Gründe für die Versäumung der Berufungsfrist würden nur das Innenverhältnis des Mandatsvertrages betreffen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) lauten:

"Anwendung des AVG und des Zustellgesetzes

§ 105. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf das Disziplinarverfahren

1. das AVG mit Ausnahme der §§ 2 bis 14, 12, 42 Abs. 1 und 2, 51, 51a, 57, 62 Abs. 3, 63 Abs. 1, 64 Abs. 2, 64a, 67a bis 67g, 68 Abs. 2 und 3 und 75-80 sowie

2. das Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982,

anzuwenden.

...

Zustellungen

§ 108. (1) Zustellungen an die Parteien haben zu eigenen Handen zu erfolgen.

(2) Sofern der Beschuldigte einen Verteidiger hat, sind sämtliche Schriftstücke auch dem Verteidiger zu eigenen Handen zuzustellen. Ist der Verteidiger zustellungsbevollmächtigt, so treten die Rechtswirkungen der Zustellung für den Beschuldigten mit dem Zeitpunkt der Zustellung an den Verteidiger ein."

Die Berufungsfrist betrug zufolge § 63 Abs. 5 AVG zwei Wochen; sie hat für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides begonnen.

Der Beschwerdeführer hat in seiner an die belangte Behörde erstatteten schriftlichen Stellungnahme vom 17. März 2002 die Verspätung seiner Berufung ausdrücklich zugestanden. Nach seinem Vorbringen (in diesem Schriftsatz) sei diese Fristversäumnis allerdings nicht ihm sondern seinem Rechtsanwalt anzulasten. Den im Schreiben der belangten Behörde vom 13. März 2002 u. a. vorgehaltenen Sachverhalt, eine Kündigung der Vollmacht sei nicht aktenkundig, ließ der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme unbestritten.

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, Rechtsanwalt Dr. B habe die Vollmacht "gegenüber der Behörde aufgelöst", und legt in diesem Zusammenhang ein Schreiben dieses Rechtsanwaltes vor, nach dessen Inhalt dieser Rechtsanwalt die Vollmacht "gegenüber der Behörde erster Instanz mündlich aufgelöst" habe, was "vom Vertreter der Kommission erster Instanz zur Kenntnis genommen" worden sei.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde hätte Dr. C bzw. Dr. B befragen müssen. Dadurch hätte sie feststellen können, dass "das Vollmachtsverhältnis durch Herrn Rechtsanwalt Dr. B aufgelöst wurde und nur die Zustellung an mich persönlich rechtswirksam war".

Im gegenständlichen Fall können aber alle aus der Zustellung an den (eventuell vormaligen) Vertreter des Beschwerdeführers resultierenden Fragen dahingestellt bleiben. Denn die Berufung konnte im Verwaltungsverfahren vom Vollmachtgeber selbst eingebracht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1994, Zl. 93/09/0309). Sie wurde auch nach dem Beschwerdevorbringen jedenfalls verspätet eingebracht. Auch unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers, die (ausdrücklich als rechtswirksam bezeichnete) Zustellung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses an den Beschwerdeführer - die am 5. Februar 2002 erfolgte - habe den Lauf der Berufungsfrist ausgelöst, endete die zweiwöchige Berufungsfrist am (Dienstag, den) 19. Februar 2002. Die Berufung des Beschwerdeführers wurde jedoch erst am (Mittwoch, den) 20. Februar 2002 - und daher verspätet - zur Post gegeben. Von daher braucht darauf, ob der Lauf der Berufungsfrist (wie die belangte Behörde dies angenommen hat) schon am 31. Jänner 2002 in Lauf gesetzt wurde, nicht mehr eingegangen zu werden.

Für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ist es rechtlich bedeutungslos, aus welchen Gründen die rechtzeitige Einbringung unterlassen wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Juni 2004, Zl. 2004/09/0040, und vom 30. Juni 2004, Zl. 2004/09/0073).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2001/09/0171, und die darin angegebene Judikatur).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 15. September 2004

Schlagworte

Ende Vertretungsbefugnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002090168.X00

Im RIS seit

12.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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