Norm
DSt 1990 §1 Abs1 IRechtssatz
Das Verschulden eines Disziplinarbeschuldigten, welches in der bewußten und vorsätzlichen Verletzung von gesetzlichen Bestimmungen besteht, welche zur Wahrung einer geordneten Strafrechtspflege und in deren Interesse eine Beschränkung der Kommunikation eines Untersuchungshäftlings mit der Außenwelt anordnen, ist keinesfalls als geringfügig anzusehen. Und zwar um so weniger, als der Disziplinarbeschuldigte bei seiner inkriminierten Vorgangsweise als gemäß § 45 Abs 3 StPO privilegierter Verteidiger keiner strengen Eingangskontrolle unterlag, auch ohne Beisein einer Gerichtsperson mit seinem Mandanten sprechen durfte und damit überhaupt erst Gelegenheit hatte, ein Videointerview in der Dauer von 45 Minuten aufzunehmen und in weiterer Folge an einen kommerziellen Rundfunksender bzw. Fernsehsender weiterzugeben. Durch die erfolgte Verbreitung der Videoaufzeichnung und das Bekanntwerden der gesetzwidrigen Vorgangsweise des Disziplinarbeschuldigten in breitester Öffentlichkeit des Inlandes und Auslandes kann auch nicht geschlossen werden, daß das Verhalten das Disziplinarbeschuldigten keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hätte.
Entscheidungstexte
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:RS0110425Dokumentnummer
JJR_19980710_OGH0002_006BKD00002_9800000_001