TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/15 2003/04/0071

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Veröffentlicht am 15.09.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
16/02 Rundfunk;
19/05 Menschenrechte;

Norm

BVG Rundfunk Art1;
Frequenznutzungsplan 2000;
MRK Art10;
ORF-G 2001 §3;
PrivatradioG 2001 §10 Abs1 Z1;
PrivatradioG 2001 §10 Abs1 Z3;
PrivatradioG 2001 §10 Abs1;
PrivatradioG 2001 §10 Abs3;
PrivatradioG 2001 §11 Abs1;
PrivatradioG 2001 §12 Abs1;
PrivatradioG 2001 §13;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Andreas Sattler in Graz, vertreten durch Dr. Friedrich Piffl-Percevic, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schmiedgasse 31/3, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 6. März 2003, Zl. 611.190/002-BKS/2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 27. November 2002 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Zulassung für die Veranstaltung eines bundesweiten Hörfunkprogramms unter Nutzung sämtlicher im Frequenznutzungsplan, BGBl. II Nr. 112/2000, S. 800, angeführten Übertragungskapazitäten gemäß § 12 Abs. 1 Privatradiogesetz (PrR-G) BGBl. I Nr. 20/2001 in der Fassung BGBl. I Nr. 136/2001, abgewiesen (Spruchpunkt 1.).

Der Eventualantrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms unter Nutzung näher bezeichneter Übertragungskapazitäten (Standorte: Kahlenberg, Pfänder, Patscherkofel, Schoeckl, Gaisberg, Lichtenberg, Jauerling, Dobratsch) wurde gemäß § 12 Abs. 1 PrR-G abgewiesen (Spruchpunkt 2.).

Begründend führte die Erstbehörde aus, dass alle vom Beschwerdeführer (auch eventualiter) beantragten Übertragskapazitäten im Frequenznutzungsplan BGBl. II Nr. 112/2000, S. 800, ausgewiesen gewesen und rechtskräftig dem Österreichischen Rundfunk (ORF) zur Verbreitung des Programms FM 4 zugeordnet seien. Da Voraussetzung für die Zuordnung von Übertragungskapazitäten nach § 12 Abs. 1 PrR-G sei, dass es sich bei den zuzuordnenden Übertragungskapazitäten um noch nicht zugeordnete Übertragskapazitäten handle, stünden Übertragungskapazitäten, die bereits dem ORF oder anderen Hörfunkveranstaltern zugeordnet seien, nicht mehr für eine Zuordnung nach dem PrR-G zur Verfügung. Da sowohl der Hauptantrag als auch der Eventualantrag des Beschwerdeführers auf die Zuordnung von Übertragungskapazitäten abzielen würden, die dem ORF zur Verbreitung des Programms FM 4 zugeordnet seien, wären diese Anträge gemäß § 12 Abs. 1 PrR-G abzuweisen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 6. März 2003 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 12 Abs. 1 iVm §§ 10 und 11 Abs. 2 PrR-G abgewiesen.

Begründend wurde hiezu im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 12 Abs. 1 PrR-G nur noch nicht zugeordnete Übertragungskapazitäten nach den Kriterien des § 10 PrR-G zugeordnet werden könnten, sich der Antrag des Beschwerdeführers jedoch auf Erteilung einer Zulassung unter Nutzung bereits dem ORF zugeordneter Übertragungskapazitäten richte.

Soweit der Beschwerdeführer in der Berufung rüge, dass die Zuordnung an den ORF Art. 10 EMRK widerspreche, sei auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 25. September 2002, B 110/02 u.a., zu verweisen.

Es liege nicht - wie vom Beschwerdeführer vorgebracht - im Ermessen der Behörde, ihm "gleichsam im direkten Weg" die beantragten Frequenzen oder zumindest einen Teil derselben zuzuordnen. Die Behörde sei zwar gemäß § 11 PrR-G verpflichtet, auch die dem ORF zugeordneten Frequenzen regelmäßig auf Doppel- und Mehrfachversorgungen zu überprüfen und bei Vorliegen solcher Doppelversorgungen Entziehungsverfahren durchzuführen. Sie habe jedoch in jedem Fall gemäß § 11 PrR-G die (freigewordenen) Übertragungskapazitäten auszuschreiben. Eine direkte Erteilung an den Beschwerdeführer sei jedenfalls ausgeschlossen, er könne sich jedoch - wie jeder andere Antragsteller - im Rahmen einer solchen Ausschreibung bewerben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem gesamten Vorbringen nach im Recht auf Erteilung einer "Lizenz für bundesweite Verbreitung von Radiosendungen" nach dem PrR-G verletzt.

Hiezu führt er im Wesentlichen aus, es sei nicht mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 10 Abs. 1 EMRK vereinbar, dass dem ORF vier bundesweite Frequenzketten zur Verfügung stünden, während keine einzige private Frequenzkette bundesweit vergeben werden könne. Der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF rechtfertige eine derartige Monopolstellung nicht, sondern könne mit zwei, allenfalls drei Frequenzketten "voll und ganz" erfüllt werden.

Die Zuordnung der vom Beschwerdeführer beantragten Frequenzen an den ORF führe zu einer teilweisen, nicht gerechtfertigten Doppelversorgung. Aus den §§ 10 Abs. 1 Z 3 PrR-G iVm § 11 PrR-G - insbesondere aus der Verwendung des Wortes "höchstens" im § 10 Abs. 1 Z 1 PrR-G - ergebe sich, dass es (in verfassungskonformer Auslegung dieser Gesetzesstellen) im Ermessen der Behörde stehe, dem Beschwerdeführer die beantragten Frequenzen zur Gänze oder zumindest teilweise zuzuordnen. Darüber hinaus bestehe gemäß § 11 PrR-G die Verpflichtung der Behörde, alle dem ORF zugeordneten Frequenzen im Hinblick auf die Vorgaben des § 10 PrR-G zu überprüfen. Dabei müsse die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen, dass es der öffentlich-rechtliche Versorgungsauftrag nicht rechtfertigen könne, vier Frequenzketten von einer öffentlich-rechtlichen Anstalt zu "besetzen". Nach § 10 PrR-G müssten dem ORF daher Frequenzen entzogen und eine bundesweite Lizenz vergeben werden.

Es widerspreche der Gesetzeslage, wenn die belangte Behörde annehme, der Beschwerdeführer sei verpflichtet gewesen, in seinem Antrag das oben dargestellte Verfahren detailliert aufzulisten und zum Antragsbestandteil zu machen, um Anspruch auf ein solches Verfahren zu haben. Die Unterlassung dieses Verfahrens verletze zudem Art. 6 Abs. 1 EMRK.

Gemäß § 10 Abs. 1 PrR-G hat die Regulierungsbehörde die drahtlosen terrestrischen Übertragungskapazitäten nach Frequenz und Standort dem Österreichischen Rundfunk und den privaten Hörfunkveranstaltern unter Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse, der technischen Gegebenheiten und der internationalen fernmelderechtlichen Verpflichtungen Österreichs nach Maßgabe und in der Reihenfolge folgender Kriterien zuzuordnen:

1. Für den Österreichischen Rundfunk ist eine Versorgung im Sinne des § 3 RFG, BGBl. Nr. 379/1984, mit höchstens vier Programmen des Hörfunks zu gewährleisten, wobei für das vierte Programm der Versorgungsgrad der zum Betrieb eines Rundfunkempfangsgerätes (Hörfunk) berechtigten Bewohner des Bundesgebietes ausreicht, wie er am 1. Mai 1997 in jedem Bundesland besteht.

2. Darüber hinaus zur Verfügung stehende Übertragungskapazitäten sind auf Antrag bereits bestehenden Versorgungsgebieten zur Verbesserung der Versorgung zuzuweisen, sofern sie nicht für weitere Planungen insbesondere für die Schaffung eines Versorgungsgebietes für bundesweiten Hörfunk herangezogen werden können.

3. Nach Maßgabe darüber hinaus verfügbarer Übertragungskapazitäten ist ein Versorgungsgebiet für bundesweiten privaten Hörfunk zu schaffen.

4. Weitere verfügbare Übertragungskapazitäten sind entweder für die Schaffung neuer Versorgungsgebiete oder die Erweiterung bestehender Versorgungsgebiete von Hörfunkveranstaltern heranzuziehen. Bei dieser Auswahl ist auf die Meinungsvielfalt in einem Verbreitungsgebiet, die Bevölkerungsdichte, die Wirtschaftlichkeit der Hörfunkveranstaltung sowie auf politische, soziale, kulturelle Zusammenhänge Bedacht zu nehmen.

Gemäß § 10 Abs. 2 PrR-G sind Doppel- und Mehrfachversorgungen nach Möglichkeit zu vermeiden.

Gemäß § 10 Abs. 3 PrR-G ist bei der erstmaligen Erteilung von Zulassungen nach diesem Bundesgesetz von jener Zuordnung von Übertragungskapazitäten zu Versorgungsgebieten auszugehen, wie sie im Frequenznutzungsplan, BGBl. II Nr. 112/2000, vorgenommen wurde.

Gemäß § 11 Abs. 1 PrR-G hat die Regulierungsbehörde die Zuordnung von Übertragungskapazitäten zu den Versorgungsgebieten von Hörfunkveranstaltern sowie zum Österreichischen Rundfunk fortlaufend von Amts wegen auf ihre Überreinstimmung mit den Kriterien des § 10 zu überprüfen und die Nutzungsberechtigung für einzelne Übertragungskapazitäten, die länger als zwei Jahre nicht regelmäßig zur Programmverbreitung genutzt werden, zu entziehen sowie gemäß § 13 auszuschreiben.

Gemäß § 12 Abs. 1 PrR-G kann die Regulierungsbehörde auf Antrag noch nicht zugeordnete Übertragungskapazitäten nach Maßgabe der Kriterien des § 10 leg. cit. und unter Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse, der technischen Gegebenheiten und der internationalen fernmelderechtlichen Verpflichtungen Österreichs, dem Österreichischen Rundfunk, oder bestehenden Versorgungsgebieten von Hörfunkveranstaltern zuordnen oder für die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes heranziehen.

Die belangte Behörde ist im Recht, wenn sie ausführt, dass die Zuordnung neuer Übertragungskapazitäten gemäß § 12 Abs. 1 PrR-G voraussetzt, dass derartige Übertragungskapazitäten noch nicht zugeordnet sind. Gemäß § 10 Abs. 3 PrR-G stellt der Frequenznutzungsplan für die erstmalige Erteilung von Zulassungen klar, welche Basis an Frequenzen besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2002/04/0157). Es ist gerade das Ziel des PrR-G, die Zuweisung von Übertragungskapazitäten, welche (auf Grund technischer Gegebenheiten) eine knappe Ressource darstellen, an Hörfunkveranstalter nach bestimmten Kriterien vorzunehmen, wobei eine exklusive Nutzung einer Übertragungskapazität erteilt wird, die auch durch die Nutzung weiterer Übertragungskapazitäten nicht beeinträchtigt werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 2004, Zl. 2003/04/0011). Daher können Übertragungskapazitäten, die nach dem Frequenznutzungsplan, BGBl. II Nr. 112/2000, bereits dem ORF zugeordnet sind, gemäß § 12 Abs. 1 PrR-G nicht zugeordnet werden.

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, die durch § 10 Abs. 1 Z 1 PrR-G bewirkte Zuordnung der von ihm beantragten Übertragungskapazitäten an den ORF widerspreche Art. 10 Abs. 1 EMRK, ist er auf die Rechtsprechung des VfGH zu verweisen, nach der die Entscheidung des Gesetzgebers, "individuelle Rundfunkfreiheit zunächst im Bereich des - auf Grund des geringeren Frequenzbedarfs leichter herstellbaren - lokalen und regionalen Rundfunks zu gewährleisten und erst in einem zweiten Schritt nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten bundesweites Privatradio zu ermöglichen (vgl. § 10 PrR-G)" in Einklang mit Art. 10 EMRK steht. Die Verpflichtung, "den technischen Versorgungsgrad der Programme des ORF im Umfang des § 3 des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 83/2001, beizubehalten, ergibt sich aus dem aus Art. I BVG - Rundfunk iVm.

§ 3 ORF-G erfließenden Versorgungsauftrag des ORF, ein Umstand, der nicht im Widerspruch zum genannten Grundrecht steht" (vgl. das Erkenntnis des VfGH vom 25. September 2002, B 110/02 u. a. mwN).

§ 10 Abs. 1 Z 3  iVm § 11 PrR-G sehen - entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers - kein Ermessen der Behörde vor, die vom Beschwerdeführer beantragten Frequenzen "direkt" zuzuordnen. Wie die belangte Behörde zu Recht ausführt, ist die Regulierungsbehörde gemäß § 11 Abs. 1 PrR-G verpflichtet, die Zuordnung von Übertragungskapazitäten zum ORF fortlaufend von Amts wegen auf ihre Übereinstimmung mit den Kriterien des § 10 PrR-G zu überprüfen. Wenn sie feststellt, dass einzelne Übertragungskapazitäten länger als zwei Jahre nicht regelmäßig zur Programmverbreitung genutzt werden, hat sie die Nutzungsberechtigung zu entziehen sowie die Übertragungskapazität gemäß § 13 PrR-G auszuschreiben. Es steht jedoch nicht in ihrem Ermessen, eine solche Übertragungskapazität im "direkten Wege" - ohne Durchführung eines Auswahlverfahrens zuzuordnen. Eine solche "direkte" Zuordnung würde auch dem Ziel des Gesetzes widersprechen, die knappe Ressource von Übertragungskapazitäten in einem Auswahlverfahren an Hörfunkveranstalter nach bestimmten Kriterien zuzuweisen (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 28. Juli 2004).

Die sich daher als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr.333.

Wien, am 15. September 2004

Schlagworte

Ermessen VwRallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003040071.X00

Im RIS seit

04.11.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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