RS OGH 1998/9/15 14Os96/98 (14Os97/98), 1Ob302/04z

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Veröffentlicht am 15.09.1998
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Norm

MedienG §20

Rechtssatz

Das Durchsetzungsverfahren des § 20 MedG ist hinsichtlich gleichartiger (§ 20 Abs 2 dritter Satz MedG) Anträge durch zwei unterschiedliche Beurteilungskriterien für die Auferlegung einer Geldbuße nach Maßgabe der Tatsache gekennzeichnet, ob sich der Antrag auf erschienene Nummern oder Sendetage während der Dauer des Beschwerdeverfahrens bezieht oder nicht. Der materielle Maßstab "gehörige Veröffentlichung" gilt nur für diesen. Für jenen aber reicht es zur (kostenpflichtigen) Abweisung hin, dass die Veröffentlichung "einer gehörigen Veröffentlichung nahekommt" (§ 20 Abs 4 zweiter Satz MedG).

Hat der Erstrichter bei erstmaliger Beschlussfassung in der Annahme einer (sogar vollends) gehörigen Veröffentlichung auf Antragsabweisung entschieden, ist dem Antragsgegner - über die im Durchsetzungsverfahren geltende Privilegierung des § 20 Abs 4 zweiter Satz MedG hinaus - aus Billigkeitsgründen grundsätzlich zuzugestehen, im Vertrauen darauf bis zur Zustellung der Beschwerdeentscheidung, welche die endgültige Klärung der strittigen Frage enthält, zuzuwarten.

Teilt das Oberlandesgericht die Ansicht des Erstrichters nicht, liegt für das auf diese Zeit bezogene Verlangen ein berücksichtigungswürdiger Fall vor, für den, soweit nicht ohnehin nach § 20 Abs 4 zweiter Satz MedG vorzugehen ist (vgl § 20 Abs 3 zweiter Satz MedG), unter der Voraussetzung einer (uU erst jetzt anhand der Kriterien der Beschwerdeentscheidung nachgeholten) gehörigen Veröffentlichung das Nachsichtsverfahren Erfolg verspricht, weil das Wort "kann" in § 20 Abs 3 MedG ein bedingtes Müssen zum Ausdruck bringt.

Entscheidungstexte

  • 14 Os 96/98
    Entscheidungstext OGH 15.09.1998 14 Os 96/98
  • 1 Ob 302/04z
    Entscheidungstext OGH 12.04.2005 1 Ob 302/04z
    Vgl aber; Beisatz: Aus der Entscheidung des EGMR vom 6. 11. 2003 zur Beschwerdenummer 40284/98 (= Newsletter 2003, 305) folgt, dass die vom Obersten Gerichtshofs in der Entscheidung 14Os96,97/98 verfochtene Auffassung zur Auslegung des §20 MedG - insbesondere dessen Abs4 zweiter Satz - dem Art10 EMRK widerspricht. Nach dem vom EGMR erläuterten Verständnis des Art10 EMRK iVm §20 MedG ist somit im Fall eines Beschlusses wie jenes des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17.12.1996 auch nicht zwischen einer Veröffentlichung, die einer gehörigen nahekommt, und einer solchen, die einer gehörigen als Rechtfertigung der nachträglichen Verhängung von Geldbußen für den Zeitraum der Anhängigkeit des Rechtsmittelverfahrens nicht nahekommt, zu unterscheiden. Konventionsrechtlich irrelevant sind nach dem Urteil des EGMR ferner alle Erwägungen des Obersten Gerichtshofs zu einer gehörigen Veröffentlichung nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und der nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs gebotenen Erledigung eines darauf gestützten Antrags auf Strafnachsicht. (T1); Veröff: SZ 2005/53

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:RS0110753

Im RIS seit

15.10.1998

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2016
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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