TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/15 2004/09/0006

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Veröffentlicht am 15.09.2004
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/03 Abgabenverwaltungsorganisation;
32/08 Sonstiges Steuerrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28a Abs1;
AVOG EG-AHG DV 2001 §5a Abs3 idF 2002/II/499;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Bundesministers für Finanzen gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 26. November 2003, Zl. UVS-11/10.365/4-2003, betreffend Einstellung eines Strafverfahrens in Angelegenheit Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: O C in S, vertreten durch Dr. Gerhard Schöppl, Rechtsanwalt in 5071 Wals, Walserfeldstraße 375), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Salzburg wurde der Mitbeteiligte schuldig erkannt, er habe als Arbeitgeber zu verantworten, dass, wie bei einer am 9. August 2001 durchgeführten Schwerpunktkontrolle im Bereich der Autobahnraststätte F von Organen des Landesgendarmeriekommandos Niederösterreich und dem Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten in W erhoben worden sei,

a) der jugoslawische Staatsangehörige MR vom 15. Februar 2001 bis zum 9. August 2001

b) der jugoslawische Staatsangehörige MB vom 1. Juli 2001 bis zum 9. August 2001

in Salzburg, E-Straße 8, als Lastkraftwagenlenker beschäftigt worden seien, ohne dass Beschäftigungsbewilligungen, Entsendebewilligungen, Anzeigebestätigungen, "EU-Entsendebestätigungen", Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine vorgelegen seien.

Er habe dadurch § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1075 idF BGBl. I Nr. 136/2001 verletzt.

Die belangte Behörde gab - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - der dagegen erhobenen Berufung Folge, hob das Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG ein.

Die wesentliche Begründung lautet:

"Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hat die Rechtsvertretung des Beschuldigten diverse Unterlagen vorgelegt, so zB einen LKW-Mietvertrag, abgeschlossen zwischen der 'G GmbH'" "und der 'B Doo'" "(allerdings betreffend ein anderes als das von den Brüdern M gelenkte Fahrzeug), eine Vollmacht der letztgenannten Gesellschaft für Herrn OC" (den Mitbeteiligten) "zur Vertretung der Gesellschaft in Österreich, 'Bescheide' über Arbeitsverhältnisse der beiden betreffenden Arbeitnehmer bei der 'B Doo' und einen 'Gerichtsregisterauszug' (offensichtlich gleichbedeutend mit einem hiesigen Firmenbuchauszug) betreffend die 'B Doo'.

Als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens steht - auch vom Beschuldigten unbestritten - fest, dass die beiden 'jugoslawischen' (serbischen) Staatsangehörigen MR und MB am 09.08.2001 als LKW-Lenker auf österreichischen Straßen mit einem in Österreich zugelassenen Fahrzeug unterwegs waren. Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges war damals die G GmbH, welche das Fahrzeug an die B Doo vermietet hatte (dies ist auch Ergebnis der beim UVS Salzburg unter den Geschäftszahlen UVS-11/10.357 ff. geführten Parallelverfahren).

...

Als Beschäftiger" ist "die 'B Doo' und nicht der Mitbeteiligte anzusehen ... Zwar disponiert der Mitbeteiligte in Österreich die Frachtaufträge mit Österreich-Bezug und erteilt im Einzelfall an die Fahrer auch entsprechende Anweisungen, weshalb wohl diese den Mitbeteiligten als 'Vorgesetzten' in Ihren Einvernahmen anlässlich der Amtshandlung des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten am 09.08.2001 bezeichnet haben. Der Mitbeteiligte führt diese Tätigkeiten allerdings nicht auf eigene Rechnung und Gefahr durch, sondern als Vertreter (Repräsentant) der B Doo. Dieses Unternehmen hat seinen Sitz in Serbien, ist dort beim zuständigen Wirtschaftsgericht eingetragen, hat als Unternehmensgegenstand unter anderem den Transport von Waren im Straßenverkehr und ist auch Arbeitgeber der beiden LKW-Lenker. Da somit die Fahrten nicht auf Rechnung und Gefahr des Unternehmens des Beschuldigten durchgeführt werden, liegt auch keine (grenzüberschreitende) Arbeitskräfteüberlassung vor.

Es existieren daher keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Zurechnung der Beschäftigung der LKW-Lenker zum Beschuldigten."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, Rechtswidrigkeit wegen Befassung einer unzuständigen Amtspartei und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung) geltend machende, gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG iVm § 28a Abs. 1 AuslBG erhobene Amtsbeschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und der Mitbeteiligte erstatteten Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt zunächst, die belangte Behörde habe das Hauptzollamt Salzburg zu Unrecht als Legalpartei dem zweitinstanzlichen Verfahren beigezogen, weil diese Parteistellung dem Zollamt Wiener Neustadt zugekommen wäre.

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu ersehen, dass ein Organ des Hauptzollamtes Salzburg bei der durchgeführten mündlichen Verhandlung anwesend war und sich geäußert hat. Was ein Organ des nach Meinung des Beschwerdeführers zuständigen Zollamtes Wiener Neustadt vorgebracht hätte, wird vom Beschwerdeführer nicht dargetan.

Der Beschwerdeführer zeigt sohin nicht auf, aus welchem Grund die Beiziehung eines anderen Zollamtes zu einem anderen Bescheid hätte führen können, weshalb es sich erübrigt, zu untersuchen, ob der behauptete Verfahrensmangel überhaupt vorliegt. Denn auch bei Amtsbeschwerden muss die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargetan werden, sofern diese nicht offenkundig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juli 2001, Zl. 99/20/0317). Offenkundige Relevanz liegt schon deshalb nicht vor, weil sich gemäß § 5a Abs. 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 1/2001 idF BGBl. II Nr. 499/2002 (sie regelt ua., welches Zollamt als Nachfolger eines Arbeitsinspektorates als Behördenpartei dem Strafverfahren vor einem Unabhängigen Verwaltungssenat beizuziehen ist) die zuständigen Zollämter ohnehin durch andere Zollämter vertreten lassen können.

In der Sache selbst bringt die Amtsbeschwerde vor:

"Der Unabhängige Verwaltungssenat führt unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten hinsichtlich eines Anwendungsbereiches der Bestimmung des § 2 Abs. 4 AuslBG aus, dass gerade das Ergebnis dieser Prüfung ergeben habe, dass als Beschäftiger die B Doo und nicht der Beschuldigte" (= der Mitbeteiligte) "anzusehen ist.

Zwar disponiere" der Mitbeteiligte "in Österreich die Frachtaufträge mit Österreich-Bezug und erteilt im Einzelfall an die Fahrer auch die entsprechenden Anweisungen, weshalb wohl diese" den Mitbeteiligten "anlässlich der Einvernahmen vom 9. August 2001 als 'Vorgesetzten' bezeichnet haben.

Der" Mitbeteiligte "führe diese Tätigkeiten jedoch nicht auf eigene Rechnung und eigene Gefahr aus, sondern als Repräsentant der B Doo.

Völlig außer acht gelassen wird dabei, dass die beiden verfahrensgegenständlichen Ausländer anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme, welche unter Beiziehung des gerichtlich beeideten Dolmetsch für die serbokroatische Sprache durchgeführt wurden, unabhängig voneinander angegeben habe, dass der Sitz des Unternehmens, bei welchem sie beschäftigt sind, in Stari Banovac sei. Ihr Vorgesetzter", der Mitbeteiligte, "habe seinen Wohnsitz jedoch in Salzburg.

Desgleichen verhält es sich auch mit dem Umstand, dass Herr MB zu Protokoll gegeben hat, dass sie Anweisungen hinsichtlich Fahrtrouten, Be- und Entladeorten unter der Handy-Nummer ihres Vorgesetzten, namentlich unter der Nummer ... erhalten, dies jedoch ohne die Einschränkung, dass Erteilung von entsprechenden Anweisungen in Einzelfall erfolge, wie dies dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg zu entnehmen ist.

Aufgrund des bestehenden Widerspruches zwischen dem Akteninhalt und dem vom UVS des Landes Salzburg festgestellten Tatsachen ist das MBF der Ansicht, dass der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt aktenwidrig angenommen wurde. ..."

Ein Verstoß gegen die Wahrheitsfindung infolge Aktenwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn sich die Behörde bei der Sammlung der Unterlagen für ihre Entscheidung mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat, nicht aber wenn die Behörde aus dem Inhalt der Akten vermeintlich unrichtige Schlüsse gezogen hat (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 1996, Zl. 95/03/0170). Eine Aktenwidrigkeit führt zudem gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sie wesentlich ist.

Eine wesentliche Aktenwidrigkeit in diesem Sinne ist der belangten Behörde nicht vorzuwerfen. Dass die belangte Behörde den Angaben der Lenker einen anderen Inhalt beigemessen hätte, als sich aus den mit ihnen aufgenommenen Niederschriften ergibt, ist nicht erkennbar. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, dass der in Österreich wohnhafte Mitbeteiligte den Lenkern nach deren Angaben Anweisungen betreffend die zu erbringenden Transportleistungen erteilt hat, gibt keinen Aufschluss über die für den Beschwerdefall wesentliche Frage, ob der Mitbeteiligte Frachtverträge im eigenen Namen oder als Vertreter (Repräsentant) der B Doo geschlossen hat.

Dass die Inanspruchnahme der Leistungen der bei der B Doo beschäftigten Lenker allenfalls gegen § 18 AuslBG verstoßen hat und für den diese Leistungen in Anspruch nehmenden Absender eine Übertretung nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. b leg. cit. darstellen kann, brauchte hier nicht untersucht zu werden, weil eine derartige Übertretung dem Mitbeteiligten nicht angelastet wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Der Antrag der belangten Behörde auf Aufwandersatz war abzuweisen, weil gemäß § 47 Abs. 4 VwGG im Falle einer Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG für den Beschwerdeführer und die belangte Behörde kein Aufwandersatz stattfindet.

Wien, am 15. September 2004

Schlagworte

"zu einem anderen Bescheid"

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004090006.X00

Im RIS seit

12.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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