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26 Gewerblicher RechtsschutzNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch eine Kostenentscheidung des Obersten Patent- und Markensenates; denkmögliche Kostenteilung unter Berücksichtigung des ProzeßaufwandesSpruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist schuldig, der mitbeteiligten Partei zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit S 27.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Mit Bescheid der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamtes wurde ein von der mitbeteiligten Partei initiiertes Löschungsverfahren betreffend eine zugunsten der nunmehr beschwerdeführenden Gesellschaft im Markenregister des Österreichischen Patentamtes eingetragenen Marke eingestellt und die mitbeteiligte Partei schuldig erkannt, der beschwerdeführenden Gesellschaft Verfahrenskosten in Höhe von S 1.906,20 (darin enthalten S 257,70 USt und S 360,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Zwangsvollstreckung zu ersetzen.
b) Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Gesellschaft Berufung an den Obersten Patent- und Markensenat mit dem Begehren auf Zuspruch von Kosten in Höhe von S 10.011,40 (hierin enthalten S 1.608,40 USt und S 366,-- Barauslagen) für das Verfahren erster Instanz erhoben. Weiters begehrte sie für das Berufungsverfahren einen Kostenersatz in Höhe von S 6.386,-- (hierin enthalten S 271,-- USt und S 4.760,-- Barauslagen).
c) Mit dem nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG bekämpften Bescheid vom 29. März 2000 gab der Oberste Patent- und Markensenat der Berufung teilweise Folge und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, daß die mitbeteiligte Partei schuldig sei, der beschwerdeführenden Gesellschaft die mit S 7.597,80 bestimmten Kosten des (erstinstanzlichen) Verfahrens (hierin enthalten S 360,-- an Barauslagen und S 1.206,30 an USt) zu ersetzen. Weiters sprach der Oberste Patent- und Markensenat aus, daß die mitbeteiligte Partei schuldig sei, der beschwerdeführenden Gesellschaft den mit S 2.380,-- bestimmten Anteil an den Barauslagen des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Zwangsvollstreckung zu ersetzen; die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens würden gegeneinander aufgehoben.
Zur Begründung dieses die Kosten des Berufungsverfahrens betreffenden Teils seiner Entscheidung führt der Oberste Patent- und Markensenat - gestützt auf §42 Abs1 MarkenschutzG 1970 (MSchG), §122 Abs1 PatentG 1970 (PatG) iVm §43 Abs1, §50 Abs1 ZPO - aus, daß beide Parteien im Rechtsmittelverfahren rund zur Hälfte durchgedrungen seien, sodaß die Vertretungskosten gegeneinander aufzuheben seien und die beschwerdeführende Gesellschaft Anspruch auf Ersatz der halben Barauslagen habe.
2. Mit ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde bekämpft die beschwerdeführende Gesellschaft nur jenen Teil des Bescheides, der die Kosten des Berufungsverfahrens zum Gegenstand hat. Insoweit erachtet sie sich in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums wegen denkunmöglicher Gesetzesauslegung verletzt und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.
3. a) Dieser Beschwerderüge hält der Oberste Patent- und Markensenat (unter Vorlage der Administrativakten) entgegen, daß die beschwerdeführende Gesellschaft übersehe, daß §43 Abs1 ZPO Grundsätze für die verhältnismäßige Aufteilung der Kosten nicht enthalte. Bei der Kostenaufteilung sei nicht nur auf das Ausmaß der Geldforderungen, mit denen die Parteien obsiegt haben bzw. unterlegen sind, Bedacht zu nehmen, sondern auch auf den jeweiligen Prozeßaufwand: Während die im Berufungsverfahren strittige Frage, ob für einen Antrag Kosten nach TP1 oder TP2 RATG gebührten, eine alltägliche, banale Rechtsfrage sei, erforderte die Beurteilung des Anwendungsbereiches des §23 Abs6 RATG innerhalb des Zivilprozeßrechtes sowie die im Verfahren behauptete analoge Anwendung im Markenlöschungsverfahren (§122 Abs2 PatG iVm §42 Abs1 MSchG) relativ weitwendige Überlegungen. Bei dieser Sachlage sei in der Kostenaufhebung weder eine Ermessensüberschreitung noch eine denkgesetzwidrige Auslegung des §43 Abs1 ZPO zu erblicken.
b) Die mitbeteiligte Partei des verfassungsgerichtlichen Verfahrens erstattete gleichfalls eine Äußerung, in der sie im Hinblick darauf, daß über den Kostenpunkt ein Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof unzulässig ist (§528 Abs2 Z3 ZPO), die Zulässigkeit der Beschwerdeerhebung gegen eine nur den Kostenpunkt betreffende Entscheidung des Obersten Patent- und Markensenates anzweifelt und im übrigen die Entscheidung als zulässige Ermessensentscheidung zu verteidigen sucht. Demgemäß beantragt sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof nach Erschöpfung des Instanzenzuges über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate.
Der Oberste Patent- und Markensenat ist eine kollegiale Verwaltungsbehörde iSd Art133 Z4 B-VG, dessen Entscheidungen gemäß §74 Abs9 PatG nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen. Der Instanzenzug ist daher erschöpft. Entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Partei kommt in Ansehung des im Hinblick auf die Bekämpfbarkeit von (letztinstanzlichen) Bescheiden umfassend zu verstehenden Art144 Abs1 B-VG bei Beurteilung der Beschwerdelegitimation eine (analoge oder sinngemäße) Anwendung der Bestimmungen über Rechtsmittelbeschränkung in Kostensachen vor den Zivilgerichten nicht in Betracht, mag auch die Verwaltungsbehörde, deren Bescheid gemäß Art144 B-VG bekämpft wird, bei ihrer Kostenentscheidung die ZPO (sinngemäß) anzuwenden haben.
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.
2. Sie ist aber nicht begründet.
Der Bescheid stützt sich in seinem bekämpften Teil auf §43 Abs1 ZPO; dieser lautet wie folgt:
"(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Der zu ersetzende Teil kann ziffernmäßig oder im Verhältnis zum Ganzen bestimmt werden. Die von der Partei getragenen Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren, Kosten von Amtshandlungen außerhalb des Gerichtes, Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher, Übersetzer und Beisitzer, Kosten der notwendigen Verlautbarungen sowie Kosten eines Kurators, die die Partei nach §10 zu bestreiten hatte, sind ihr dabei verhältnismäßig mit dem Teil zuzusprechen, der dem Ausmaß ihres Obsiegens entspricht."
Ob der Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung sind Bedenken weder vorgebracht worden noch aus Anlaß dieses Verfahrens sonst entstanden.
Der belangten Behörde kann aber auch nicht vorgeworfen werden, daß sie der angewendeten Vorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen oder einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht widersprechenden Inhalt unterstellt oder daß sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hätte.
Vor dem Hintergrund, daß das Gesetz nur davon spricht, daß die Kosten "verhältnismäßig" zu teilen sind, ohne aber näher festzulegen, welche Umstände denn zueinander in Verhältnis gesetzt werden sollen, findet unter dem Aspekt der vom Gesetz als relevant anerkannten Kriterien des Kostenersatzes jedenfalls auch die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung - also das Abstellen auf den jeweiligen Prozeßaufwand - im Gesetz Deckung (vgl. Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, II. Band, 1962, 331; M. Bydlinski, Kostenersatz im Zivilprozeß, 1992, 198 ff.).
Von einer dem Obersten Marken- und Patentsenat unterlaufenen - und hier allein maßgeblichen - verfassungswidrigen Gesetzeshandhabung kann daher nicht die Rede sein. Ob die bekämpfte Rechtsauffassung richtig ist und ob der dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegte Sachverhalt den Tatsachen entspricht, hat der Verfassungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren nach Art144 B-VG jedoch nicht zu überprüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen eine Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 12.697/1991).
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung gründet auf §88 VerfGG. Im zugesprochenen Betrag ist Umsatzsteuer in Höhe von S 4.500,-- enthalten.
Schlagworte
Anwendbarkeit (ZPO), Patentrecht, Verwaltungsgerichtshof Zuständigkeit, VfGH / Instanzenzugserschöpfung, VfGH / Legitimation, VfGH / Prüfungsmaßstab, Zivilprozeß, ProzeßkostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1177.2000Dokumentnummer
JFT_09989774_00B01177_00