TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/21 2002/01/0596

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Veröffentlicht am 21.09.2004
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
92 Luftverkehr;

Norm

AVG §8;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
Zivilluftfahrzeuge Straftatenschutz 1992 §4;
Zivilluftfahrzeuge Straftatenschutz 1992 §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des Dr. K in Wien, vertreten durch Dr. Friedrich H. Knöbl, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Pilgramgasse 22/1/9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. März 2002, Zl. 404.615/2- II/13/02, betreffend Akteneinsicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer brachte mit Telefax bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich einen mit 6. November 2001 datierten Schriftsatz ein. In diesem brachte er vor, es sei "ihm" mit Schreiben vom 25. April 2001 die Einverständniserklärung für seine Tätigkeit als Fluggastkontrollorgan "entzogen" worden. In diesem "Verfahren" habe er (der Beschwerdeführer) als "betroffene und mitbeteiligte Partei" Anspruch auf Akteneinsicht. Da sein Rechtsanspruch auf Akteneinsicht (in den näher bezeichneten Akt) von einem Vertreter der Sicherheitsdirektion Niederösterreich bestritten worden sei, stelle er den Antrag, über die Abweisung seines Akteneinsichtsbegehrens bescheidmäßig zu entscheiden, oder die Akteneinsicht zu ermöglichen.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 27. November 2001 wurde der "Antrag vom 6. November 2001 auf Gewährung von Akteneinsicht in den Verwaltungsakt Rh I-3-238/00 der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich betreffend Einverständniserklärung zur Heranziehung des Dr. K zu Sicherheitskontrollen gemäß § 6 des Bundesgesetzes betr. den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen (SSSZ) und Widerruf dieser Erklärung ... gemäß § 17 Abs. 1 AVG 1991 in Verbindung mit § 8 AVG 1991 abgewiesen."

Mit Bescheid vom 14. März 2002 gab der Bundesminister für Inneres der vom Beschwerdeführer gegen den genannten Bescheid erhobenen Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG.

Zur Begründung führte der Bundesminister - nach Darstellung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage - im Wesentlichen aus, das näher bezeichnete Unternehmen (im Folgenden: VIAS) sei gemäß § 4 des Bundesgesetzes über den Schutz vor Straftaten gegen die Sicherheit von Zivilluftfahrzeugen, BGBl. Nr. 824/1992, (im Folgenden: SSSZ) beauftragt, auf dem (richtig wohl: am) Flughafen Wien-Schwechat die Sicherheitskontrollen durchzuführen. Der Sicherheitsdirektor für das Bundesland Niederösterreich habe gegenüber der VIAS sein Einverständnis zur Heranziehung des Beschwerdeführers zu Sicherheitskontrollen am genannten Flughafen erklärt. Diese Einverständniserklärung sei mit einer an die VIAS gerichtet gewesenen schriftlichen Erklärung vom 25. April 2001 gemäß § 6 Abs. 2 SSSZ widerrufen worden. Sowohl das Einverständnis als auch der Widerruf der Einverständniserklärung seien vom Sicherheitsdirektor ausschließlich gegenüber dem Unternehmen zu erklären. Unabhängig davon, ob Einwilligungserklärung und Widerrufserklärung als Bescheid zu qualifizieren seien, komme dem "betroffenen Menschen" keine Parteistellung zu. Er werde dazu weder gehört, noch werde ihm die "Entscheidung" (richtig wohl: Erklärung) des Sicherheitsdirektors zur Kenntnis gebracht (bzw. zugestellt). Der Antrag auf Akteneinsicht sei daher rechtsrichtig abgewiesen worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 7. Oktober 2002, B 819/02-8, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie mit Beschluss vom 16. Dezember 2002, B 819/02-10, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG iVm § 87 Abs. 3 VfGG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Über diese abgetretene - und mit Schriftsatz vom 4. März 2003 ergänzte - Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift und danach der Beschwerdeführer eine Replik erstatteten, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des SSSZ lauten:

"Aufgaben und Aufgabenerfüllung

Vorbeugender Schutz

§ 1. Den Sicherheitsbehörden obliegt der besondere Schutz von Zivilluftfahrzeugen und der Menschen, die sich an Bord befinden oder an Bord gehen, vor gefährlichen Angriffen (§ 16 Abs. 2 und 3 des Sicherheitspolizeigesetzes-SPG, BGBl. Nr. 566/1991), die mit Waffen, Kriegsmaterial, Munition, Schieß- oder Sprengmitteln oder anderen besonders gefährlichen Gegenständen begangen werden können. Zur Gewährleistung dieses Schutzes haben Flugplatzhalter und Luftbeförderungsunternehmen nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes beizutragen.

Sicherheitskontrollen

§ 2. (1) Die Sicherheitsbehörden haben dafür zu sorgen, dass der vorbeugende Schutz (§ 1) durch die Durchsuchung der Kleidung und des Gepäcks der Menschen gewährleistet wird, die an Bord eines Zivilluftfahrzeuges gehen wollen. Die Durchsuchung der Kleidung ist von einem Menschen desselben Geschlechts vorzunehmen.

(2) Soweit der vorbeugende Schutz (§ 1) durch gelindere Mittel (zB durch den Einsatz von Röntgengeräten) ausreichend gewährleistet werden kann, hat sich die Sicherheitskontrolle darauf zu beschränken. Sie bedarf in diesem Fall nicht der Zustimmung des Betroffenen.

(3) Der Sicherheitsdirektor ist ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr mit Verordnung für einen bestimmten Zivilflugplatz oder für bestimmte Flüge von einem Zivilflugplatz die Sicherheitskontrollen auf Stichproben zu beschränken, soweit der vorbeugende Schutz nach § 1 damit ausreichend gewährleistet werden kann. Flüge sind entweder ihrer Art nach oder nach technischen Kriterien der eingesetzten Luftfahrzeuge zu bestimmen.

...

Übertragung der Sicherheitskontrollen auf Unternehmen

Beauftragung von Unternehmen

§ 4. (1) Der Bundesminister für Inneres ist im Einvernehmen mit dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr ermächtigt, mit der Durchführung von Sicherheitskontrollen hiefür geeignete Unternehmen oder Gesellschaften (Unternehmen) vertraglich zu beauftragen. Vor dem Abschluss des Vertrages oder der Aufnahme von Vertragsverhandlungen sind die betroffenen Flugplatzhalter zum Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens zu hören.

(2) Im Ausschreibungsverfahren ist darauf zu achten, dass das auszuwählende Unternehmen dafür Gewähr bietet, dass

1. zufolge der Eignung seiner Dienstnehmer, insbesondere des festgelegten Anforderungsprofils, der vorgesehenen Schulung oder der Berufserfahrung leitender Angestellter, die Durchführung wirkungsvoller Kontrollen unter möglichster Schonung der Betroffenen erwarten werden kann;

2. durch die Tätigkeit seiner Dienstnehmer keine Störung des Flugplatzbetriebs und keine Schädigung des Ansehens der österreichischen Zivilluftfahrt entsteht;

3. zufolge seiner finanziellen Ausstattung und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Erfüllung der übernommenen Aufgaben in vollem Umfang erwartet werden kann.

Regelung des Auftragsverhältnisses

§ 5. (1) Ein Vertrag gemäß § 4 hat jedenfalls die Verpflichtung des beauftragten Unternehmens vorzusehen,

...

7. zur Vornahme von Sicherheitskontrollen nur Dienstnehmer heranzuziehen, zu deren Verwendung eine nicht widerrufene schriftliche Einverständniserklärung des Sicherheitsdirektors vorliegt;

8. jene Dienstnehmer, die Sicherheitskontrollen besorgen, zu verpflichten, eine von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zusammenhang mit der Durchführung von Sicherheitskontrollen erteilte Weisung zu befolgen;

9. jene Dienstnehmer, die Sicherheitskontrollen besorgen, zu verpflichten, jedem Betroffenen auf dessen Verlagen den Ausweis gemäß § 6 Abs. 3 vorzuweisen.

...

Auswahl der mit Sicherheitskontrollen betrauten Dienstnehmer

§ 6. (1) Der Sicherheitsdirektor, in dessen örtlichem Wirkungsbereich sich der Zivilflugplatz befindet, hat sein Einverständnis zur Heranziehung eines Menschen zu Sicherheitskontrollen schriftlich zu erklären, wenn

1. glaubhaft gemacht worden ist, dass dieser auf Grund seiner beruflichen Erfahrung oder Schulung hiefür geeignet ist und

2. eine Sicherheitsüberprüfung (§§ 55, 55b SPG) seine Vertrauenswürdigkeit erwiesen hat.

(2) Die Einverständniserklärung ist zu widerrufen, wenn sich ergibt, dass der Dienstnehmer nicht mehr geeignet oder verlässlich ist.

(3) Der Sicherheitsdirektor hat jedem Menschen, zu dessen Verwendung er sein Einverständnis erklärt (Abs. 1), einen Lichtbildausweis auszustellen, der dies bescheinigt."

§ 17 Abs. 1 AVG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004) AVG lautet:

"Akteneinsicht

§ 17. (1) Die Behörde hat, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile zu gestatten; die Parteien können sich davon an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten auf ihre Kosten Kopien anfertigen lassen. Nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten kann Akteneinsicht auch im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung gestattet werden."

§ 8 AVG lautet:

"Beteiligte; Parteien

§ 8. Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, sind Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien."

Die belangte Behörde hat bei ihrer Entscheidung offen gelassen, ob die Einverständniserklärung und der Widerruf der Einverständniserklärung des Sicherheitsdirektors - in dessen dafür maßgebend gewesene Aktenunterlagen der Beschwerdeführer Einsicht begehrte - als Bescheid (bzw. bescheidförmiges Handeln) gegenüber dem Beschwerdeführer anzusehen waren. Sie hat - ausgehend von § 17 Abs. 1 AVG - ein Recht auf die begehrte Akteneinsicht allein deshalb verneint, weil dem Beschwerdeführer die dafür erforderliche Stellung als Verfahrenspartei fehle.

§ 17 Abs. 1 AVG gewährt nur der Partei des Verwaltungsverfahrens ein subjektives prozessuales Recht auf Akteneinsicht. Dem an einem Verwaltungsverfahren bloß Beteiligten steht ein subjektives Recht auf Akteneinsicht nicht zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1991, Zl. 90/01/0143). Ob jemand in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung hat, ist aufgrund der in der jeweiligen Verwaltungssache (nach seinem Gegenstand) zur Anwendung kommenden verwaltungsrechtlichen Vorschriften zu beurteilen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I2 (1998), Seite 194, E 31 angegebene Judikatur).

Der Beschwerdeführer nimmt an dem in § 6 SSSZ geregelten Auswahlverfahren (betreffend Personen zur Heranziehung zu Sicherheitskontrollen) nicht als Partei (im Sinne des § 8 AVG) teil, weil ihm nach dieser Bestimmung kein Rechtsanspruch darauf eingeräumt ist und ihm auch sonst kein rechtliches Interesse daran zukommt, dass der Sicherheitsdirektor dem gemäß § 4 SSSZ beauftragten Unternehmen eine auf ihn (den Beschwerdeführer) bezogene Einverständniserklärung abgibt (bzw. eine solche nicht widerruft). Auch der (in diesem Auswahlverfahren gegebene) Umstand, dass das beauftragte Unternehmen (VIAS) eine vom Beschwerdeführer stammende Sicherheitserklärung, mit der er "der Überprüfung seiner Angaben sowie der Übermittlung des Ergebnisses an meinen Dienstgeber oder an die anfragende Behörde" zustimmte, dem Sicherheitsdirektor im Rahmen der Sicherheitsprüfung vorzulegen hatte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Von daher kann dem Beschwerdeführer aber im gesamten in § 6 SSSZ geregelten Auswahlverfahren (Einverständniserklärung und Widerruf derselben) nur die Stellung eines Beteiligten (im Sinne des § 8 AVG), auf den die Tätigkeit der Behörde sich bezieht, zukommen.

Fehlt ihm jedoch nach den Maßstäben des § 8 AVG die Stellung einer Verfahrenspartei und räumt ihm auch das SSSZ eine solche (oder das Recht auf Akteneinsicht) nicht ein, dann entbehrt das vom Beschwerdeführer gestellte Begehren auf Akteneinsicht jedenfalls der Rechtsgrundlage.

Soweit der Beschwerdeführer aus verfassungsrechtlicher Sicht und "als betroffener Arbeitnehmer" es für geboten erachtet, dass ihm Parteistellung und Akteneinsicht einzuräumen gewesen wären, ist er auf den über seine Beschwerde gefassten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes und die darin vom Verfassungsgerichtshof angegebene Judikatur zu verweisen. Demnach (vgl. etwa VfSlg. Nr. 10844/1986 und Nr. 15581/1999) besteht grundsätzlich keine Verfassungsnorm, die Parteirechte in einem Verfahren überhaupt oder in bestimmtem Umfang garantiert. Der Materiengesetzgeber bestimmt den Umfang der Parteirechte in einem Verwaltungsverfahren.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 21. September 2004

Schlagworte

Beteiligter Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002010596.X00

Im RIS seit

20.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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