TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/21 2004/01/0131

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Veröffentlicht am 21.09.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §60;
StbG 1985 §10a idF 1998/I/124;
StbG 1985 §11 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §18;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des Y in H, vertreten durch Dr. Arnulf Summer, Dr. Nikolaus Schertler und Mag. Nicolas Stieger, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 2. Februar 2004, Zl. Ia-370-648/2001, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft und Erstreckung derselben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in Höhe von EUR 381, 90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10, 11a, 12, 13 und 14 iVm § 10a Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) und die Anträge auf Erstreckung der Verleihung auf dessen Ehefrau sowie auf ihre beiden gemeinsamen Kinder ab. Begründend führte sie unter anderem aus, der Verleihungswerber - ein türkischer Staatsangehöriger - habe seinen Hauptwohnsitz seit 17. November 1976 ununterbrochen in Österreich. Er habe keine Berufsausbildung absolviert, sei von 1970 bis 1982 mit Unterbrechungen bei der Firma C in H beschäftigt gewesen und seit 1983 in Pension. Der Verleihungswerber sei seit 31. Dezember 1971 mit A Y verheiratet und entstammten aus dieser Ehe die Kinder M Y und das minderjährige Kind B Y. Im Folgenden verneinte die belangte Behörde ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache durch den Beschwerdeführer und gab dazu insbesondere den Inhalt eines Gespräches wörtlich wieder, das der Beschwerdeführer am 1. Dezember 2003 anlässlich einer persönlichen Vorsprache mit dem Sachbearbeiter der belangten Behörde geführt hatte. Nach ausführlicher Würdigung des Gesprächsinhaltes folgerte die belangte Behörde, der Beschwerdeführer sei nicht in der Lage gewesen, die einfachsten Fragen, die seinen unmittelbaren Lebensbereich betrafen, folgerichtig zu beantworten. Fragen, deren Inhalt er zwar verstehe, könnten von ihm nur völlig unzureichend in deutscher Sprache beantwortet werden. Für ein Miteinander im Alltagsleben sei es auch erforderlich, dass der Beschwerdeführer sich außerhalb seines Familienkreises, etwa bei Arztbesuchen, Behördengängen etc., in deutscher Sprache verständigen könne. Über derartige - über seinen Familienkreis hinausgehende - Sprachkenntnisse verfüge der Beschwerdeführer jedoch nicht, weshalb die Behörde davon ausgehe, dass der Verleihungswerber nicht über Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge, die seinen Lebensumständen entsprächen, weshalb es an der für alle Verleihungstatbestände maßgeblichen Voraussetzung des § 10a StbG fehle. Nach § 18 StbG könne die Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft nur gemeinsam mit der Verleihung selbst erfolgen. Da der Verleihungsantrag abzuweisen gewesen sei, seien (schon deshalb) auch die Voraussetzungen für die Erstreckung der Verleihung nicht gegeben.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Mit hg. Erkenntnis vom 9. September 2003, Zl. 2002/01/0008, hat der Verwaltungsgerichtshof den im ersten Rechtsgang ergangenen Bescheid der belangten Behörde über den Verleihungsantrag des Beschwerdeführers wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Im vorliegenden Ersatzbescheid hat die belangte Behörde - nach weiteren Erhebungen - umfangreiche Feststellungen über die (mangelnden) Kenntnisse der deutschen Sprache durch den Beschwerdeführer getroffen und sich mit sämtlichen ihr vorliegenden Beweisergebnissen schlüssig auseinandergesetzt. Ihre Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer verfüge nicht einmal über ein Mindestmaß an Sprachbeherrschung, das nach den konkreten Lebensumständen erforderlich sei, um ein dauerhaftes "Miteinander" im Alltagsleben zu ermöglichen, ist auf Grund der im angefochtenen Bescheid festgestellten Sprachkenntnisse nicht zu beanstanden.

Die Beschwerde, die den langjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet in den Vordergrund rückt, übersieht, dass auch ein solcher die in § 10a StbG unter Bedachtnahme auf die Lebensumstände des Fremden geforderten entsprechenden Kenntnisse der deutschen Sprache als Voraussetzung jeglicher Verleihung nicht zu ersetzen vermag (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 12. März 2002, Zl. 2001/01/0018). Insofern hat auch keine - von der Beschwerde geforderte - Interessensabwägung zwischen der Dauer des Aufenthaltes des Einbürgerungswerbers im Bundesgebiet (hier: seit 17. November 1976) und seinen Sprachkenntnissen zu erfolgen. Dass die belangte Behörde - wie die Beschwerde weiter argumentiert - qualifizierte Deutschkenntnisse gefordert habe und das soziale Umfeld des Beschwerdeführers nicht als Wesentlich erachte, lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen. So führte die belangte Behörde im Rahmen der Würdigung des mit dem Beschwerdeführer am 1. Dezember 2003 geführten Gespräches aus, es seien ihm 40 Fragen in einfacher und verständlicher Sprache gestellt worden, die seinen unmittelbarsten Lebensbereich betroffen hätten. Trotzdem sei es nicht möglich gewesen, mit dem Beschwerdeführer ein Gespräch zu führen. Im Einzelnen führte die belangte Behörde - hier nicht näher darzustellende - Antworten des Beschwerdeführers auf die an ihn gestellten Fragen etwa zu seinem Geburtsdatum, seinen Lieblingsspeisen oder seine Freizeitaktivitäten an, die er - anders als etwa im Falle des hg. Erkenntnisses vom 16. Juli 2003, Zl. 2002/01/0147 - inhaltlich im Wesentlichen nicht beantworten konnte und die ein Verständnis- bzw. Sprachdefizit des Beschwerdeführers in relevantem Ausmaß erkennen ließen, das etwa durch einen Sprachkurs noch behoben werden könnte.

Soweit die Beschwerde abschließend rügt, die belangte Behörde habe unberücksichtigt und unerwähnt gelassen, dass die Erstreckungswerber sehr wohl der deutschen Sprache ausreichend mächtig und sohin hinsichtlich dieser Personen die Voraussetzungen für eine Verleihung gegeben seien, verkennt sie, dass eine Erstreckung nach § 18 StbG die Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Verleihungswerber voraussetzt, welche im vorliegenden Fall nicht gegeben ist. Allfällige Kenntnisse der deutschen Sprache durch die Erstreckungswerber sind im Übrigen nicht geeignet, fehlende Sprachkenntnisse des Verleihungswerbers (im Sinne des § 10a StbG) zu ersetzen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 21. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004010131.X00

Im RIS seit

20.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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