TE Vwgh Beschluss 2004/9/23 2001/21/0186

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Veröffentlicht am 23.09.2004
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Index

E1E;
E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
E3L E05204020;
E6J;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
59/04 EU - EWR;

Norm

11997E234 EG Art234;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art8;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art9 Abs1;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art9;
61999CJ0459 MRAX VORAB;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7;
AVG §38;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §44;
FrG 1997 §49 Abs1;
VwGG §62 Abs1;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:* Vorabentscheidungsantrag des VwGH oder eines anderen Tribunals:99/21/0018 B 18. März 2003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, in der Beschwerdesache des F, vertreten durch Dr. Christoph Haffner, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Burgfriedstraße 11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 3. Oktober 2001, Zl. Fr 1291/01, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Vorabentscheidung des in den hg. Beschwerdesachen Zlen. 99/21/0018 und 2002/21/0067 angerufenen Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ausgesetzt.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines ungarischen Staatsangehörigen, der im maßgeblichen Zeitpunkt mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet war, auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes abgewiesen.

Mit hg. Beschluss vom 18. März 2003, Zlen. 99/21/0018 und 2002/21/0067 (EU 2003/0001 und 0002), wurden dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften folgende Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG vorgelegt:

1. Sind die Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (RL), dahin auszulegen, dass die Verwaltungsbehörden - ungeachtet des Bestehens eines innerbehördlichen Instanzenzuges - die Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet ohne Erhalt der Stellungnahme einer (in der österreichischen Rechtsordnung nicht vorgesehenen) zuständigen Stelle nach Art. 9 Abs. 1 der RL - außer in dringenden Fällen - dann nicht treffen dürfen, wenn gegen ihre Entscheidung bloß die Erhebung von Beschwerden an Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts mit nachgenannten Einschränkungen zulässig ist: Diesen Beschwerden kommt nicht von vornherein eine aufschiebende Wirkung zu, den Gerichtshöfen ist eine Zweckmäßigkeitsentscheidung verwehrt und sie können den angefochtenen Bescheid nur aufheben; weiters ist der eine Gerichtshof (Verwaltungsgerichtshof) im Bereich der Tatsachenfeststellungen auf eine Schlüssigkeitsprüfung, der andere Gerichtshof (Verfassungsgerichtshof) darüber hinaus auf die Prüfung der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte beschränkt?

2. Sind die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der unter Pkt. 1. genannten RL auf türkische Staatsangehörige anzuwenden, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder Art. 7 des Beschlusses des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) zukommt?

Gemäß § 44 Fremdengesetz 1997 ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Bei der Beurteilung nach § 44 FrG ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose im Grund des § 36 Abs. 1 FrG dergestalt (weiterhin) zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes im Grund des § 37 FrG zulässig ist. Demzufolge ist eine solche Entscheidung einer Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet iSd Art. 8 der RL sowohl in ihrem Prüfungsinhalt als auch in ihren Auswirkungen gleichzuhalten.

Auf Grund seiner Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen gelten für den Beschwerdeführer nach § 49 Abs. 1 FrG grundsätzlich die Bestimmungen für "begünstigte Drittstaatsangehörige". Ausgehend von der mit der genannten Regelung zum Ausdruck gebrachten Absicht des Gesetzgebers, Angehörige von Österreichern und Angehörige von EWR-Bürgern, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, gleich zu behandeln, bildet die erste wiedergegebene Frage auch im gegenständlichen Fall eine Vorfrage, die zufolge des Auslegungsmonopols des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in Angelegenheiten des (primären und sekundären) Gemeinschaftsrechts von einem anderen Gericht zu entscheiden ist (zur Anwendbarkeit der Art. 8 und 9 der RL 64/221/EWG auf "begünstigte Drittstaatsangehörige" siehe das Urteil des EuGH vom 25. Juli 2002, Rechtssache C-459/99, "MRAX", Randnr. 101 ff).

Da das entsprechende Verfahren zur Einholung einer Vorabentscheidung bereits anhängig gemacht wurde, liegen die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs. 1 VwGG auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 17. Juni 2003, Zl. 99/21/0077).

Wien, am 23. September 2004

Gerichtsentscheidung

EuGH 61999J0459 MRAX VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001210186.X00

Im RIS seit

25.11.2004

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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