TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/23 2003/07/0139

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Veröffentlicht am 23.09.2004
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
WRG 1959 §34 Abs1 idF 1990/252;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des Josef W in L, vertreten durch Mairhofer & Gradl, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Spittelwiese 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft vom 14. Oktober 2002, Zl. 514.418/02-I 5/02, betreffend Abänderung eines Schutzgebietes (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (LH) vom 3. April 1958 wurde zum Schutz des Grundwasservorkommens "Heiliges Bründl", Wasserbuch Postzahl 34 des Verwaltungsbezirkes G, ein engeres und ein weiteres Schutzgebiet festgesetzt und dabei im weiteren Schutzgebiet u.a. angeordnet, dass in diesem Schutzgebietsteil die Errichtung von Bauten und die Durchführung von Grabungen, die Errichtung und der Betrieb von Campingplätzen und Lagerplätzen, die Errichtung und der Betrieb von Brunnen sowie die Ablagerung von Schmutzstoffen jeder Art und das Einbringen solcher Stoffe in den Untergrund verboten sei.

Der Beschwerdeführer wandte sich mit einem Schriftsatz vom 18. Jänner 2002 an den LH und verwies darauf, dass ihm als Grundeigentümer der Parzelle 277/9 KG S mit Schreiben des Stadtamtes G vom 26. November 2001 mitgeteilt worden sei, dass auf Grund eines Gutachtens des Sachverständigen für Wasserwirtschaft und Hydrografie eine von ihm ins Auge gefasste Baumaßnahme auf diesem Grundstück ein Gefahrenpotenzial für die Grundwasserqualität darstelle. Dieses Grundstück sei im Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde G als Bauland ausgewiesen und liege zum Teil im Schutzgebiet des Brunnens "Heiliges Bründl". Einige andere Grundeigentümer, deren Grundflächen ebenfalls das Schutzgebiet tangierten, hätten eine entsprechende Bewilligung für bauliche Maßnahmen erhalten und das Schutzgebiet maßgeblich überbaut. Somit sei er der Meinung, dass im Sinne der Gleichbehandlung ein positiver Bescheid gerechtfertigt wäre. Er ersuche um einen Lokalaugenschein an Ort und Stelle und richte an die Behörde das Ansuchen um bescheidmäßige Feststellung, dass eine Bebauung der Parzelle, allenfalls unter bestimmten Auflagen, nicht im Widerspruch zum Schutzgebiet "Heiliges Bründl" stehe.

Mit Schreiben des LH vom 3. Juni 2002 wurden dem Beschwerdeführer die Gutachten der Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und für Geologie zur Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und ihm eine Frist zur Äußerung eingeräumt.

Davon machte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14. Juni 2002 Gebrauch und zog in Zweifel, ob sein Grundstück überhaupt vom festgelegten Wasserschutzgebiet umfasst sei, weil im Bescheid des LH vom 3. April 1958 verschiedene Grundstücke angeführt würden, sein Grundstück aber nicht genannt werde. Weiters seien auf zwei weiteren, näher bezeichneten Grundstücken bauliche Anlagen errichtet worden, von denen das Vorliegen einer wasserrechtlichen Bewilligung anzunehmen sei. Der Sachverständige für Wasserbau habe in seinem Gutachten dargelegt, dass das Wasser des "Heiligen Bründls" trotz Bebauung des Schutzgebietes immer genusstauglich gewesen sei und dieses Schutzgebiet daher funktioniere. Die auf seinem Grundstück geplanten Baumaßnahmen würden deshalb, weil keine Lagerung wassergefährdender Stoffe erfolge, keine Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes des "Heiligen Bründls" bewirken. Eine Versagung einer wasserrechtlichen Bewilligung für seine Bebauungspläne widerspräche unzweifelhaft dem Gleichheitsgrundsatz, weil für andere bauliche Anlagen eine solche Bewilligung offenbar erteilt worden sei.

Mit Bescheid des LH vom 20. Juni 2002 wurde dem Ansuchen des Beschwerdeführers um Abänderung der mit Bescheid des LH vom 3. April 1958 getroffenen Schutzgebietsanordnungen hinsichtlich des Grundstückes Nr. 277/9 KG S gemäß § 34 WRG 1959 keine Folge gegeben. Dies wurde damit begründet, dass auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom 18. Jänner 2002 entsprechende Gutachten von Sachverständigen eingeholt und dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden seien. Diese Gutachten hätten ergeben, dass das Grundstück Nr. 277/9 zum Teil im Schutzgebiet liege (nordnordöstlicher Teil). Weiters sei vom Amtssachverständigen festgestellt worden, dass das Wasser des "Heiligen Bründls" immer genusstauglich gewesen sei, welcher Umstand darauf hinweise, dass ein Schutzgebiet funktioniere (sowohl hinsichtlich seiner räumlichen Ausdehnung als auch hinsichtlich seiner Anordnungen). Weiters könne geschlossen werden, dass dieses Schutzgebiet auch den hydrogeologischen Gegebenheiten entspreche bzw. angepasst sei. Es wäre daher nicht zu verantworten, eine Ausnahme vom Bauverbot zu gestatten, da jeder Bau ein Gefahrenpotenzial für die Grundwasserqualität darstelle, insbesondere auch deshalb, weil der vorgesehene Teil im morphologischen Einzugsgebiet gelegen sei. Jeder zusätzliche Bau im Bereich des jetzigen Schutzgebietes würde eine Erhöhung des Gefahrenpotenziales bzw. eine starke Aushöhlung des Schutzgebietszweckes mit sich bringen.

Unabhängig vom gegenständlichen Ansuchen dürfe angeführt werden, dass bereits in früheren Jahren auf Anfragen bezüglich der Aushöhlung der Schutzgebietsanordnungen gutächtliche Äußerungen eingeholt worden und diese zum gleichen Ergebnis (Unantastbarkeit des Schutzgebietes in der derzeitigen Form) gekommen seien.

Nach Wiedergabe des § 34 Abs. 1 WRG 1959 wies der LH darauf hin, dass es nach dem letzten Satz des Abs. 1 dieser Bestimmung möglich sei, rechtskräftige Schutzgebietsbescheide abzuändern, die im ursprünglichen Bescheid getroffenen Anordnungen zu verschärfen oder zu lockern. Auf Grund des Ersuchens des Beschwerdeführers habe die Behörde von Amts wegen geprüft, ob der Schutz der Wasserversorgungsanlage "Heiliges Bründl" eine Lockerung der Schutzgebietsanordnungen erlaube. Nach dem Inhalt der bereits angeführten Gutachten der Amtssachverständigen für Hydrogeologie sei daher davon auszugehen, dass eine Abänderung der Schutzgebietsanordnungen nicht möglich sei, da dies der Schutz der Wasserversorgung nicht gestatte. Das Gutachten habe vom Beschwerdeführer in keiner Weise entkräftet werden können, weshalb es der Behörde verwehrt gewesen sei, dem Ansinnen des Beschwerdeführers stattzugeben. Eine aus wasserrechtlicher Sicht zulässige Bauführung auf dem im Schutzgebiet liegenden Teil des Grundstückes wäre nur dann möglich, wenn das Verfahren ergeben hätte, dass auf Grund zwischenzeitlich eingetretener, gegenüber dem Zeitpunkt der Erlassung des Schutzgebietsbescheides geänderter hydrogeologischer Verhältnisse eine Abänderung des Schutzgebietsbescheides entweder hinsichtlich der Größe des Schutzgebietes oder der für das Schutzgebiet festgelegten Verbote möglich sei. Unabhängig vom gegenständlichen Verfahren dürfe noch ausgeführt werden, dass auch bereits Anfragen in den Jahren 1979 und 1987, welche ebenfalls eine Änderung (Lockerung) der Schutzgebietsanordnungen begehrt hätten, abschlägig (ohne Bescheid) beurteilt worden seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und begründete diese damit, dass mit ihm kein Lokalaugenschein durchgeführt worden sei, dass der Sachverständige keine konkreten Angaben hinsichtlich der zu befürchtenden Beeinträchtigung erstattet habe und dass auf sein Schreiben vom 14. Juni 2002 in keiner Weise eingegangen worden sei. Insbesondere sei auf die bereits durchgeführten baulichen Anlagen im Schutzgebietsbereich nicht Bezug genommen worden. Er beantrage daher den Bescheid dahingehend abzuändern, dass eine Bebauung des Grundstückes Nr. 277/9 durch geringfügige Inanspruchnahme des Schutzgebietsbereiches an seiner Peripherie allenfalls durch bestimmte Auflagen möglich sei.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten ihres wasserbautechnischen Amtssachverständigen ein, welches (auszugsweise) folgenden Wortlaut hat:

"Aus den dem gegenständlichen Akt angeschlossenen Unterlagen ist ersichtlich, dass das so genannte ‚Heilige Bründl' in den unteren Partien eines nach Westen abfallenden Wiesenhanges gelegen ist. Das morphologische Einzugsgebiet des Bründls ist in den nord- und südöstlichen Hangpartien situiert. Der Untergrund besteht aus Moränenmaterial, über dessen genaue Zusammensetzung keine Angaben vorliegen, An einem Hanganriss (Aufschluss) konnte aber Geschiebelehm, der von Hangschutt überlagert war, beobachtet werden.

Das Heilige Bründl selbst wird als Quellfassung beschrieben. Das Wasser wird in ca. 3,7 m Tiefe in einem Sammelschacht gefasst. Die Schüttung schwankt zwischen 2 und 50 l/s und soll auf Niederschlagsereignisse nicht reagieren.

Über die genauen hydrologischen Verhältnisse liegen keine näheren Untersuchungen vor. Das mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. April 1958 ausgewiesene Schutzgebiet umfasst jene Teile des Einzugsgebietes, in welchen durch die seichte Lage des Grundwassers Beeinträchtigung der Ergiebigkeit und Qualität möglich wären.

In dem genannten Bescheid wurden die Grenzen des engeren (Fassungsgebiet) und des weiteren Schutzgebietes festgelegt. Die Grenzen des weiteren Schutzgebietes sind unter Punkt B des genannten Bescheides beschrieben.

Die verbale Beschreibung des Grenzverlaufes stimmt mit dem in der beiliegenden Plankopie (Urkunden - Wasserbuch) eingetragenen Grenzverlauf mit Ausnahme einer Parzellenbezeichnung, die möglicherweise auf einen Schreibfehler zurückzuführen ist (Parzelle 177/1 an Stelle 277/1), überein.

Einem anderen, dem gegenständlichen Akt beiliegenden Katasterplan (offensichtlich jüngeren Datums) zufolge muss es in den letzten Jahren zu einer Neuparzellierung gekommen sein. Es ist daher möglich, dass aus diesem Grunde die Liegenschaft des Beschwerdeführers, aber auch andere Liegenschaften nicht im Verzeichnis des genannten Bescheides aus 1958 aufscheinen (Erklärungsversuch).

Der genannte Schutzgebietsbescheid aus 1958 normiert u.a. folgende Verbote:

1.

die Errichtung von Bauten und die Durchführung von Grabungen

2.

die Errichtung und der Betrieb von Camping- und Lagerplätzen

3.

die Errichtung und der Betrieb von Brunnen

4.

die Ablagerung von Schmutzstoffen jeder Art und die Einbringung solcher Stoffe in den Untergrund

              5.              die Ausbringung von animalischer Düngung mit Jauche

Die normierten Verbote sind, wenngleich in ihrer Formulierung überarbeitungswürdig, aus nachstehend genannten Gründen geeignet und notwendig den Schutz der Wasserfassungsanlage 'Heiliges Bründl' sicherzustellen.

ad 1:

Durch dieses Verbot soll verhindert werden, dass die das Grundwasser schützende Deckschicht ganz oder teilweise entfernt wird und wassergefährdende Stoffe während der Errichtung aber auch während des Bestandes von Bauten in das Grundwasser gelangen. Damit soll u.a. auch die Errichtung von Tankanlagen (Heizung), Kanälen im Schutzgebiet verhindert werden.

ad 2:

Durch dieses Verbot soll verhindert werden, dass die auf Lagerplätzen gelagerten Stoffe allein oder in Verbindung mit Niederschlagswasser in das Grundwasser gelangen und dort eine nachhaltige Beeinträchtigung der Wasserqualität herbeiführen können.

ad 3:

Durch das Verbot der Errichtung von Brunnen soll sichergestellt werden, dass das vorhandene nutzbare Grundwasserdargebot nicht zu Lasten der Wasserversorgung verringert wird und über zusätzliche Brunnen beabsichtigt oder nicht beabsichtigt Schadstoffe in das Grundwasser eingeleitet werden (Versickerung von Abwasser oder Niederschlagswasser).

ad 4 und 5:

Durch das Verbot der Ablagerung von Stoffen jeder Art und deren Einbringung in deren Untergrund soll verhindert werden, dass derartige Stoffe in den Untergrund und damit in das Grundwasser eingebracht werden können.

Auf Grund der vorliegenden Aktenlage und des gegebenen Sachverhaltes schließt sich der Sachbearbeiter den Ausführungen des vorinstanzlichen Amtssachverständigen für Geologie an, wonach unter den gegebenen Verhältnissen eine Ausnahmegenehmigung vom Bauverbot nicht positiv beurteilt werden kann. Dem Sachverständigen der Vorinstanz ist zuzustimmen, dass aus den o.g. Gründen die Errichtung und der Bestand jedes zusätzlichen Bauwerkes eine Erhöhung des Gefahrenpotenzials für das Grundwasservorkommen darstellen würde und somit dem Ziel das Grundwasser im Einzugsgebiet des ‚Heiligen Bründls' zu schützen entgegenstehen würde.

Die Liegenschaft des Beschwerdeführers weist nach ho. Einschätzung eine ausreichende Größe auf. Durch Verschiebung des Bauvorhabens in Richtung Brunnenweg käme das geplante Gebäude außerhalb der Schutzgebietsgrenzen zu liegen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum eine derartige Lösung des anstehenden Problems bis dato nicht in Erwägung gezogen wurde."

Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht; er erstattete dazu eine Stellungnahme, in der er neuerlich auf das Fehlen eines Lokalaugenscheines, auf die Existenz vergleichbarer Bauten im gegenständlichen Schutzgebiet und auf Mängel des Gutachtens hinwies.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. Oktober 2002 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, des Inhaltes des ihr vorliegenden Gutachtens, der Schriftsätze des Beschwerdeführers und der entscheidungswesentlichen Bestimmung des § 34 Abs. 1 WRG 1959 führte die belangte Behörde aus, dass § 34 Abs. 1 letzter Satz WRG 1959 die Behörde in die Lage versetze, entsprechend zu reagieren, wenn sich nach Verfügung von Anordnungen gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 herausstelle, dass diese dem durch das bezeichnete öffentliche Interesse bestimmten Erfordernis nicht adäquat gewesen und auch weiterhin nicht adäquat seien. Die Behörde könne in Durchbrechung der Rechtskraft die ursprünglich getroffenen Anordnungen verschärfen oder lockern. Erlaube es der Schutz der Wasserversorgung, die diesem Zweck dienenden Anordnungen einzuschränken, so sei die Behörde verpflichtet, diese - dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit folgend -

auf ein weniger beeinträchtigendes Maß zurückzunehmen. Bei dieser Entscheidung sei der Behörde kein Ermessen eingeräumt, sondern sie habe bei Vorliegen der im letzten Satz des § 34 Abs. 1 WRG 1959 genannten Voraussetzungen zwingend eine Lockerung der Anordnungen auszusprechen.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei kein Lokalaugenschein mit ihm durchgeführt worden, sei festzustellen, dass Schutzanordnungen gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 Gegenstand amtswegiger Ermittlungen seien, in denen die §§ 104 ff WRG 1959 keine unmittelbare Anwendung fänden. Die Wasserrechtsbehörde sei daher nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und ein Beteiligter oder eine Partei habe keinen Anspruch auf die Durchführung derselben. Der Beschwerdeführer habe daher dem durchgeführten Lokalaugenschein nicht beigezogen werden müssen; eine mündliche Verhandlung sei nicht durchgeführt worden. Aus den der belangten Behörde vorliegenden Planungsunterlagen sei die Abgrenzung des Schutzgebietes (das Grundstück des Beschwerdeführers liege nur zum Teil im Schutzgebiet) klar und deutlich ersichtlich. Das Vorbringen des Beschwerdeführers gehe auch diesbezüglich ins Leere. Die Errichtung von Bauten und die Durchführung von Grabungen seien mit dem Schutzgebietsbescheid aus dem Jahre 1958 unterbunden worden. Damit habe verhindert werden sollen, dass die das Grundwasser schützende Deckschicht ganz oder teilweise entfernt werde und wassergefährdende Stoffe während der Errichtung von Bauten bzw. während der Durchführung von Grabungen in das Grundwasser gelangten. Dasselbe gelte für die Ablagerung von Schmutzstoffen jeder Art und die Einbringung solcher Stoffe in den Untergrund sowie die Errichtung und den Betrieb von Camping- und Lagerplätzen, Brunnen und die Ausbringung animalischer Düngung mit Jauche. Die auf Lagerplätzen gelagerten Stoffe könnten allein oder in Verbindung mit Niederschlagswasser in das Grundwasser gelangen. Sowohl aus dem Gutachten des Sachverständigen der ersten Instanz als auch dem Gutachten des Amtssachverständigen bei der belangten Behörde sei zu entnehmen, dass die Errichtung und der Bestand jedes zusätzlichen Bauwerkes eine Erhöhung des Gefahrenpotenzials für das Grundwasservorkommen darstelle. Aus diesen Ausführungen lasse sich der Schluss ziehen, dass es mit dem öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung nicht vereinbar sei, dass das Grundstück des Beschwerdeführers aus dem Schutzgebiet herausgenommen werden.

Abschließend werde nochmals auf die Möglichkeit der Verschiebung des Bauvorhabens in Richtung Brunnenweg hingewiesen; dabei würde das geplante Gebäude außerhalb der Schutzgebietsgrenzen zu liegen kommen.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid der belangten Behörde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 8. Oktober 2003, B 1753/02, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erblickte eine inhaltliche Rechtswidrigkeit darin, dass die belangte Behörde das Verbot der Errichtung von Bauten und die Durchführung von Grabungen im Verhältnis zum bestehenden Schutzinteresse angemessen hätte abändern müssen. Er verwies auf die den Eigentümern benachbarter Parzellen erteilten wasserrechtlichen Bewilligungen und (erstmals) auch auf eine seinem Vater für das gegenständliche Grundstück im Jahre 1963 erteilte wasserrechtliche Bewilligung, woraus sich schließen lasse, dass es zur Wahrung des öffentlichen Interesses an einer einwandfreien Wasserversorgung ganz offensichtlich nicht erforderlich gewesen sei, die strengen Schutzgebietsanordnungen des Bescheides vom 3. April 1958 in ihrer beeinträchtigenden Weise gegen die Eigentümer dieser Parzellen aufrecht zu erhalten. Seit damals sei es aber zu keiner wesentlichen Änderung gekommen.

Wenn die Abweisung seiner Berufung im Wesentlichen damit begründet werde, dass die Errichtung und der Bestand jedes zusätzlichen Bauwerkes eine Erhöhung des Gefahrenpotenzials darstelle, so stehe diese Ansicht im Widerspruch damit, dass auf dem gegenständlichen Grundstück bereits mit Bescheid vom 10. Oktober 1963 eine bauliche Maßnahme bewilligt worden sei und somit kein "zusätzliches" Bauwerk vorliege. Darüber hinaus wäre nach Ansicht der belangten Behörde lediglich eine Erhöhung einer möglicherweise auftretenden Gefährdung gegeben; die Behörde gehe gar nicht vom Vorliegen einer solchen Gefahr aus. Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei mangelhaft, da in keiner Weise ausgeführt werde, auf welche hydrogeologischen Gründe sich die Behauptung einer Erhöhung des Gefahrenpotenzials stütze.

Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer vor, die Abgrenzung des Schutzgebietes stütze sich auf die Verhandlungsschrift vom 26. November 1957, wonach das Schutzgebiet jene Geländeteile umfassen solle, in denen durch die seichte Lage des Grundwassers Beeinträchtigungen der Ergiebigkeit und der Reinheit des zum "Heiligen Bründl" zuströmenden Wassers möglich seien. Gleichzeitig sei damals ausdrücklich festgestellt worden, dass über die genaue Strömungsrichtung und die Strömungsgeschwindigkeit keine Anhaltspunkte vorlägen. Auch der Äußerung des LH vom 23. Oktober 2001 sowie dem Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen der belangten Behörde sei zu entnehmen, dass keine näheren Untersuchungen über die genauen hydrogeologischen Verhältnisse vorlägen. Zudem fehlten übereinstimmende Feststellungen über die Lage des morphologischen Einzugsgebiets des Bründls und lägen (näher dargestellte) Widersprüche in den Feststellungen zur Situierung seines Grundstückes vor.

Nach einem Hinweis auf bereits vorliegende Ausnahmebewilligungen anderer Bauwerber bringt der Beschwerdeführer neuerlich vor, die Behörde habe bereits rechtskräftig entschieden, dass seinem Vater (Rechtsvorgänger) für das damals projektierte Bauvorhaben mit Bescheid des LH vom 10. Oktober 1963 die wasserrechtliche Bewilligung unter Einhaltung bestimmter Auflagen und Bedingungen erteilt und somit die im seinerzeitigen Bescheid vom 3. April 1958 festgelegten Schutzgebietsanordnungen zu seinen sowie zu Gunsten seines Vaters abgeändert worden seien. Nachdem Schutzgebietsbescheiden dingliche Wirkung zukomme, würden sie durch einen Eigentumswechsel nicht berührt. Die Rechtskraftwirkung des seinerzeitigen Bescheides bezüglich des Grundstückes Nr. 277/9 erstrecke sich sohin auch auf seine Person. Sein in Unkenntnis dieser Bescheidlage gestellter Antrag auf Änderung der mit Bescheid des LH vom 3. April 1958 festgelegten Schutzgebietsanordnung gemäß § 34 Abs. 1 letzter Satz WRG 1959 hätte daher gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werden müssen.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie darauf verwies, dass ein Bescheid des LH vom 10. Oktober 1963 in den zuliegenden Verwaltungsverfahrensakten nicht habe aufgefunden werden können und auch dem Amt der OÖ Landesregierung der genannte Bescheid nicht bekannt sei. Sie beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde und legte auch die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Darin befindet sich eine grüne Mappe mit der Aufschrift "WA Hauserhof II" und einem auf dem Aktendeckel angebrachten Aktenvermerk (des Sachbearbeiters der Erstbehörde) vom 18. November 2002. Diesem Aktenvermerk ist zu entnehmen, dass die Unterlagen zu dem (in dieser Mappe erliegenden) Bescheid vom 10. Oktober 1963, welcher am 12. November 2002 erstmals vorgelegt worden sei, im Archiv aufgefunden und heute vorgelegt worden seien. In dieser Mappe findet sich ein dem Vater des Beschwerdeführers als Grundstückseigentümer des Grundstückes Nr. 277/9 KG S gegenüber erteilter Bescheid, mit welchem die Wasserrechtsbehörde erster Instanz (der LH) die Errichtung des im vorgelegten Projekt dargestellten, auf dem Grundstück Nr. 277/9 KG S geplanten Wohnhauses unter Bedachtnahme auf den Bescheid des LH vom 3. April 1958 (betreffend die "wasserrechtlich-behördliche Festsetzung eines Schutzgebietes" für das städtische Wasserwerk "Heiliges Bründl") gemäß den §§ 34, 99 und 111 WRG 1959 bei Einhaltung von Bedingungen und Auflagen wasserrechtlich bewilligte.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 34 Abs. 1 WRG 1959 (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1990) lautet:

"(1) Zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit kann dies zur Bewilligung dieser Anlagen zuständige Wasserrechtsbehörde durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässer treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen. Die Änderung solcher Anordnungen ist zulässig, wenn der Schutz der Wasserversorgung dies gestattet oder erfordert."

Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Bestimmung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Ermessensentscheidung der Behörde ermöglicht, sondern dass bei Vorliegen der im letzten Satz genannten Voraussetzungen ("wenn der Schutz der Wasserversorgung dies gestattet") zwingend eine Lockerung der Anordnungen auszusprechen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 1992, Zl. 92/07/0116).

Bevor aber die Frage entschieden werden kann, ob die belangte Behörde im vorliegenden Fall zu Recht nicht von dieser Bestimmung Gebrauch gemacht und die Schutzgebietsanordnungen unverändert gelassen hat, ist auf das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich des von ihm erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides vorgelegten und danach im Archiv der Behörde erster Instanz aufgefundenen Bescheides des LH aus dem Jahre 1963 näher einzugehen. Dieser wasserrechtliche Bewilligungsbescheid für ein konkretes Bauvorhaben, der im Verwaltungsverfahren weder vorgelegt noch dessen Existenz behauptet worden war, stellt nun aber ein Sachverhaltselement dar, welches erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ins Spiel gebracht wurde. Die Existenz dieses Bescheides und sein Inhalt stellen daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar, auf die gemäß § 41 VwGG nicht näher einzugehen war. Soweit die Beschwerdeausführungen auf diesen Bescheid Bezug nehmen, war ein Eingehen darauf entbehrlich.

Betrachtet man nun den angefochtenen Bescheid auf Grundlage der eingeholten fachlichen Ausführungen, so ergibt sich das Bild, dass die Sachverständigen der Behörde erster und zweiter Instanz - im Gegensatz zu der offenbar 40 Jahre zuvor erstatteten Fachmeinung - übereinstimmend die Ansicht vertraten, dass die Errichtung jedes Bauwerkes eine Erhöhung des Gefahrenpotenzials für das Grundwasservorkommen darstelle. Dieser Satz ist aber - im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers - nicht isoliert zu betrachten, sondern ist vor dem Hintergrund der Erläuterungen und Darlegungen zu den Gründen für die Anordnungen des Schutzgebietsbescheides aus dem Jahre 1958 zu verstehen. So solle das Verbot der Errichtung von Bauten verhindern, dass die das Grundwasser schützende Deckschicht ganz oder teilweise entfernt werde und wassergefährdende Stoffe während der Errichtung aber auch während des Bestandes von Bauten in das Grundwasser gelangten. Dass die Errichtung eines Bauwerkes ohne Entfernung der das Grundwasser schützenden Deckschicht nicht möglich ist, nach der Entfernung dieser Deckschicht aber eine Wassergefährdung auftreten kann, wurde fachlicherseits unmissverständlich dargelegt; unter dem Aspekt der Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit begegnet diese Argumentation keinen Bedenken. Auf gleicher fachlicher Ebene ist der Beschwerdeführer den übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen des LH und der belangten Behörde schließlich auch nicht entgegengetreten.

Aber auch die Ausführungen des Beschwerdeführers über Unklarheiten betreffend das morphologische Einzugsgebiet oder die Situierung seines Grundstückes können nicht geteilt werden. Die Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen der belangten Behörde deckt sich mit der Stellungnahme des Wasserbautechnikers des LH vom 1. Juni 1987, betreffend die Situierung des "Heiligen Bründls" auf einem nach Westen abfallenden Wiesenhang. Demnach wird aus dem Geländebefund geschlossen, dass das Einzugsgebiet in den nordöstlichen bis südsüdöstlichen Hangpartien situiert sei. Übereinstimmend haben die Sachverständigen festgehalten, dass das Schutzgebiet jene Geländeteile umfasse, in denen durch die seichte Lage des Grundwassers Beeinträchtigungen seiner Ergiebigkeit und Reinheit möglich wären. Auch die Situierung des gegenständlichen Bauvorhabens in den südöstlichen Partien des Schutzgebietes, somit im morphologischen Einzugsgebiet des Brunnens, ergibt sich widerspruchslos aus dem gesamten Verfahren.

Der vom Beschwerdeführer erblickte Widerspruch in der Beschreibung der Lage seines Grundstückes im Bescheid erster Instanz liegt nicht vor. Dort ist die Rede davon, dass "das Grundstück 277/9 zum Teil im Schutzgebiet liege (nordnordöstlicher Teil)"; damit ist aber nicht die Lage des Grundstückes selbst im Schutzgebiet angegeben, sondern wird auf den Teil des Grundstückes, nämlich den nordnordöstlichen Teil, der im Schutzgebiet liegt, Bezug genommen. Weder die vom Beschwerdeführer aufgezeigten Mängel noch der geltend gemachte Widerspruch sind gegeben; ein Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides wurde somit nicht aufgezeigt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. September 2004

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003070139.X00

Im RIS seit

22.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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