TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/23 2004/07/0120

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Veröffentlicht am 23.09.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §8;
AWG 2002 §75 Abs3;
MRK Art6;
VStG §24;
VStG §9 Abs7;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der C GmbH & Co KG in B, vertreten durch Dr. Christian Klemm, Rechtsanwalt in Wien, Biberstraße 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 21. Juni 2004, Zl. BMLFUW-UW.2.3.5./0076-VI/6/2004, betreffend Kostenvorschreibung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 26. Februar 2004 verpflichtete die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei gemäß § 75 Abs. 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 (AWG 2002), zum Ersatz der Kosten in Höhe von EUR 1.443,28, die durch die Heranziehung von nichtamtlichen Sachverständigen zur Kontrolle der Einhaltung von in der Verpackungsverordnung 1996 festgelegten Verpflichtungen im Unternehmen der beschwerdeführenden Partei entstanden sind.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 21. Juni 2004 änderte die belangte Behörde ihren Bescheid vom 26. Februar 2004 gemäß § 68 Abs. 2 AVG dahin ab, dass an die Stelle des Betrages von EUR 1.443,28 der Betrag von EUR 1.100,99 tritt.

Auf Grund dieses Bescheides wurde vom Verwaltungsgerichtshof das Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 26. Februar 2004 mit Beschluss vom 23. September 2004, 2004/07/0063, eingestellt.

Gegen den Bescheid vom 21. Juni 2004 richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die Kosten der Überprüfung ihres Unternehmens hätten ihr nicht zum Ersatz vorgeschrieben werden dürfen. Es mangle schon an dem Erfordernis der Beiziehung nichtamtlicher Sachverständiger. Außerdem habe nur ein Teil der eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren mit einer Bestrafung des verantwortlichen Beauftragten der beschwerdeführenden Partei geendet. Die übrigen seien eingestellt worden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 75 AWG 2002 lautet auszugsweise:

"(3) Entstehen bei der Überprüfung besondere Kosten, insbesondere durch Heranziehung von Sachverständigen, so können die durch dieses Bundesgesetz verpflichteten Personen durch Bescheid der Behörde, welche die Überprüfung vorgenommen hat, zum Ersatz dieser Kosten verpflichtet werden, wenn die Überwachung Anlass zur Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegeben und zu einer rechtskräftigen Bestrafung geführt hat."

Im Beschwerdefall ist Verpflichteter im Sinne des § 75 Abs. 3 AWG 2002 die beschwerdeführende Partei, bestraft wurde wegen Übertretung des § 39 Abs. 1 lit. c Z. 7 AWG 1990 mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk vom 26. August 2003 der verantwortliche Beauftragte der beschwerdeführenden Partei.

§ 75 Abs. 3 AWG 2002 verbindet eine rechtskräftige Bestrafung mit der Verpflichtung zum Ersatz der Kosten für die Überprüfung. Die Bestrafung des verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen im Sinne des § 9 VStG hat unmittelbaren Einfluss auf die Rechtsstellung des Verpflichteten im Sinne des § 75 Abs. 3 AWG 2002. Sie führt dazu, dass er zum Kostenersatz verpflichtet wird. Aus der im § 75 Abs. 3 AWG 2002 aus einer Bestrafung abgeleiteten Folge der Verpflichtung zum Kostenersatz folgt, dass der Ausgang des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen auch die Rechtssphäre des Unternehmers berührt, was gemäß § 8 AVG in Verbindung mit § 24 VStG dessen Parteistellung im Strafverfahren gegen den verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen zur Folge hat. Von einer "rechtskräftigen Bestrafung" im Sinne des § 75 Abs. 3 AWG 2002, die Voraussetzung für die Vorschreibung des Kostenersatzes ist, kann daher nur dann die Rede sein, wenn die Entscheidung der Verwaltungsstrafbehörde auch gegenüber dem Verpflichteten rechtskräftig ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juli 2004, 2004/07/0032).

Wie sich aus dem Akt ergibt, wurde die beschwerdeführende Partei dem Verwaltungsstrafverfahren gegen ihren verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen nicht als Partei beigezogen; das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den I./VIII. Bezirk vom 26. August 2003 erging nur gegenüber dem verantwortlichen Beauftragten der beschwerdeführenden Partei. Es liegt somit gegenüber der beschwerdeführenden Partei keine "rechtskräftige Bestrafung" im Sinne des § 75 AWG 2002 vor.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 23. September 2004

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Diverses Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004070120.X00

Im RIS seit

20.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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