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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine willkürliche oder denkunmögliche Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Kaufvertrages aufgrund der Annahme des Vorliegens eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks sowie mangelnder SelbstbewirtschaftungSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Mit Kaufvertrag vom 1. Juli 1983 verkaufte S H sen. das Grundstück 3430 mit 4.946 m2 aus der Liegenschaft in EZ 90057 GBFügen an A D. Die Grundverkehrsbehörde Fügen versagte diesem Rechtsgeschäft mit Bescheid vom 4. Jänner 1984 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde von der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 21. August 1984 als unbegründet abgewiesen.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg. 10942/1986 wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz Folge und hob den angefochtenen Bescheid auf.
1.2. Im fortgesetzten Verfahren wies die Landes-Grundverkehrskommission mit Bescheid vom 22. Juni 1987 die Berufung neuerlich als unbegründet ab. Der Verfassungsgerichtshof gab der von A D dagegen eingebrachten Beschwerde keine Folge (VfSlg. 11675/1988).
1.3. Mit Kaufvertrag vom 21. August 1989 verkaufte S H jun. als Rechtsnachfolger nach S H sen. das verfahrensgegenständliche Grundstück an A D. Die Grundverkehrsbehörde Fügen versagte die Genehmigung mit Bescheid vom 17. November 1989 neuerlich. Die dagegen von beiden Vertragsteilen erhobene Berufung wies die Landes-Grundverkehrskommission mit Bescheid vom 4. Februar 1991 als unbegründet ab. Der Verfassungsgerichtshof gab der dagegen eingebrachten Beschwerde keine Folge (VfSlg. 12964/1992).
2.1. Mit dem vorliegenden Kaufvertrag vom 28. Februar 1997 verkaufte die Verlassenschaft nach S H jun. das Grundstück 3430 mit 4946 m2 aus der Liegenschaft in EZ 90057 GB Fügen an A D. Die Bezirksgrundverkehrskommission Schwaz als Grundverkehrsbehörde erster Instanz versagte diesem Rechtsgeschäft mit Bescheid vom 5. September 1997 die Genehmigung. Die dagegen vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid der Landes-Grundverkehrskommission vom 20. Juli 1998 als unbegründet abgewiesen.
2.2.1. Dies wurde im wesentlichen wie folgt begründet: Aus §2 Abs2 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (GVG) ergebe sich, daß ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb jede selbständige wirtschaftliche Einheit sei, die unter anderem geeignet sei, zum Lebensunterhalt des Bewirtschafters bzw seiner Familie zumindest in relevanter Weise beizutragen. Wesentliches Kriterium sei hiebei die Intention des Eigentümers, die Grundstücke als Basis für einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb zu verwenden. Dem Ausmaß der (Eigen-)Grundausstattung komme zur Beantwortung dieser Frage grundsätzliche Bedeutung zu.
2.2.2. Eine Hoffläche vom 1 ha könne - auch unter Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 8177/1977, 11705/1988) - nicht die Basis für einen Landwirtschaftsbetrieb darstellen und der fragliche Rechtserwerb würde daher auf die Schaffung einer unrentablen Betriebsgröße hinauslaufen.
2.2.3. Weiters könne auch nicht von einer dem Gesetz entsprechenden Selbstbewirtschaftung der im Talbereich gelegenen Grundstücke des Käufers gesprochen werden. Es werde zwar ein eigener Viehbestand gehalten, allerdings erfolge die Betreuung des Viehs im wesentlichen durch den Nachbarbauern sowie die Bewirtschaftung der Eigenflächen und des Kaufgrundstückes durch den "Maschinenring". Der Sachverhalt habe gegenüber den Entscheidungen der Erstinstanz keine entscheidungswesentliche Änderung erfahren. Daher seien die Genehmigungsvoraussetzungen des §6 Abs1 lita und b GVG nicht erfüllt.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.
4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Da der Verfassungsgerichtshof bereits dreimal mit Bescheiden, die eine Veräußerung desselben Kaufobjektes durch
S H sen. bzw. S H jun. an den Beschwerdeführer betrafen, befaßt war, wird zunächst auf die Erkenntnisse VfSlg. 10942/1986, 11675/1988 und 12964/1992 verwiesen. Dem nun angefochtenen Bescheid liegt zwar ein neuer Kaufvertrag zugrunde, in dem die Verlassenschaft nach S H jun. Verkäufer ist; Käufer und Kaufobjekt sind jedoch identisch.
2. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde zunächst eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz vor.
Bei der Unbedenklichkeit der angewandten Rechtsgrundlagen könnte eine Verletzung des Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur vorliegen, wenn die belangte Behörde dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hätte - dies wird gar nicht behauptet - oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hätte.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einem gehäuften Verkennen der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).
2.1. Die Beschwerde behauptet, daß die belangte Behörde die Rechtslage völlig verkenne: Dem Gesetz sei das Erfordernis einer Mindestgröße eines land- bzw. forstwirtschaftlichen Betriebes nicht zu entnehmen. Der Betrieb des Beschwerdeführers erfülle alle Voraussetzungen eines land- bzw. forstwirtschaftlichen Betriebes, die Größe allein könne für eine solche Qualifikation keinesfalls ausschlaggebend sein.
Um als land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb qualifiziert zu werden, sei es nicht erforderlich, daß durch den Betrieb der Lebensunterhalt des Bewirtschafters bzw. seiner Familie völlig gedeckt werde. Es genüge, daß ein derartiger Betrieb einen Beitrag zum Lebensunterhalt leiste.
2.2. Es sei darüber hinaus völlig unberechtigt, dem Beschwerdeführer die Selbstbewirtschaftung seiner Grundstücke abzusprechen: Die Betreuung des Viehs erfolge nicht nur durch den Nachbarbauern, sondern in Zusammenarbeit mit dem Beschwerdeführer. Richtig sei zwar, daß das Mähen der Grundstücke durch den "Maschinenring" erfolge, der Beschwerdeführer beteilige sich daran aber aktiv. Die sonstige Nutzung, wie das Düngen und Heuen, werde vom Beschwerdeführer bzw. dessen Familie selbst vorgenommen.
Zudem sei der Beschwerdeführer Eigentümer der Garalm mit 24 ha bzw 98 ha angrenzender Alm- und Ödflächen; die Liegenschaften im Tal und die Almgrundstücke seien als wirtschaftliche Einheit anzusehen.
2.3. Die belangte Behörde habe es völlig unterlassen, Ermittlungstätigkeiten bzw. Feststellungen hinsichtlich der Art der Bewirtschaftung der vertragsgegenständlichen Grundstücke zu treffen und sei zum Teil nicht auf das Vorbringen des Antragstellers eingegangen.
3. Durch ihre Vorgangsweise habe die belangte Behörde auch das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt, da sie eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewandt habe.
Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewandt hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Bei der Unbedenklichkeit der angewandten Rechtsgrundlagen käme eine Verletzung des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums nur im Falle einer denkunmöglichen Anwendung des Gesetzes in Frage.
4. Es liegt weder Willkür noch eine denkunmögliche Anwendung des Gesetzes vor:
4.1. Die belangte Behörde hat sich - wie dem Akteninhalt entnommen werden kann - mit der Sach- und Rechtslage eingehend und in vertretbarer Weise auseinandergesetzt. In der Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 2. April 1998 wird an die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens angeknüpft und auf inzwischen eingetretene Veränderungen eingegangen. In diesem Erhebungsbericht werden zunächst alle Grundstücke, die im Eigentum des A D stehen, sowie ihre Nutzung vermerkt. Daran anschließend wird näher auf die Nutzung und Bewirtschaftung der einzelnen Grundstücke eingegangen:
A D betreibe die Gewerbebetriebe "Hubertus" und "Garalpe" selbst. Seit dem Jahr 1997 sei er Eigenbewirtschafter der "Garalpe". Mit Ausnahme des eigenen Viehbestandes (lt. Viehzählung am 1. Dezember 1997 2 Milchkühe, 1 Kalbin und 2 Stück Jungvieh) werde durchwegs Lehnvieh aufgenommen. Bis zum Jahre 1996 sei die Rinderalpe von A E bewirtschaftet worden, während A D die Schafe betreut habe. Im Stallgebäude des Wohnhauses (das Wohnhaus werde seit Jahren von einer Tochter des A D bewohnt) seien der eigene Rinderbestand sowie einige Rinder des S H, der im wesentlichen die Betreuung des gesamten Viehs vornehme, untergebracht. Die Bewirtschaftung des Kaufgrundstückes erfolge seit Jahren im Auftrag des A D durch den Maschinenring. Abschließend kommt der Amtssachverständige zum Ergebnis, daß auf Seiten des A D kein landwirtschaftlicher Heimbetrieb vorliege, der vom Eigentümer selbst als selbständiger Betrieb ganzjährig geführt werde.
4.2.1. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, daß die Leistung eines Beitrages zum Lebensunterhalt des Bewirtschafters bzw. seiner Familie zur Qualifikation eines Hofes als land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb ausreiche bzw. vom Gesetz keine Mindestgröße des Hofes gefordert werde, so ist ihm folgendes entgegenzuhalten:
4.2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist das Ausmaß des Eigengrundes im Hinblick auf §6 GVG wesentlich, ist doch Gesetzeszweck die Schaffung und Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Besitzes (vgl. 12463/1990, 12985/1992, 15324/1998). In VfSlg. 11709/1988 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß ein Grundstück dann einem land- oder forstwirtschaftlichem Betrieb gewidmet ist, wenn es von einem Land- oder Forstwirt auf eine für einen Land- oder Forstwirt signifikante Art genutzt wird.
Der Landes-Grundverkehrskommission kann also nicht entgegengetreten werden, wenn sie der Auffassung ist, ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb müsse zumindest "in relevanter Weise" zum Lebensunterhalt beitragen. Dies erfordere eine rentable Betriebsgröße des Hofes. Eine solche liege im Falle des A D nicht vor. Eine Hoffläche von 1 ha könne nicht die Basis für einen Landwirtschaftsbetrieb darstellen. Daran würden auch die im Eigentum des Käufers stehenden Almflächen nichts ändern, da es im gegenständlichen Fall nicht um den Ankauf vom Almflächen, sondern um landwirtschaftliche Nutzflächen im Talbereich ginge.
4.2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, daß zur Beurteilung einer hinreichenden Grundausstattung die Art des beabsichtigten landwirtschaftlichen Betriebes maßgeblich ist. Ein schematischer Vergleich der Grundausstattung ist daher nicht zielführend (VfSlg. 11705/1988).
Gerade ein solches schematisches Vorgehen kann aber der Behörde nicht vorgeworfen werden. Die belangte Behörde hat ein eingehendes ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Nutzung des bestehenden Hofes eingegangen. Auf dem Boden der Ermittlungsergebnisse (Betreuung des Viehs durch den Nachbarbauern, Mähen durch den "Maschinenring") kann der belangten Behörde nicht angelastet werden, das Vorliegen des Untersagungstatbestandes des §6 Abs1 litb (mangelnde Selbstbewirtschaftung) unvertretbar angenommen zu haben.
4.3. Wenn der Beschwerdeführer die Würdigung der Verfahrensergebnisse mit dem Argument bekämpft, "die geplante Eigentumsübertragung entspreche geradezu den Intentionen des Grundverkehrsgesetzes", wird damit lediglich geltend gemacht, daß die belangte Behörde Beweise falsch gewürdigt und damit unrichtig entschieden habe.
5. Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß die Behörde das Gesetz denkunmöglich angewandt hat: A D ist Eigentümer eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes samt Umgebungsgrund in Fügen, Kapfing Nr. 50, sowie von rund 5000 m² Wiesenfläche in Fügenberg und würde daher selbst unter Hinzurechnung der kaufgegenständlichen Grundfläche lediglich über eine Eigengrundausstattung von rund 1 ha verfügen. Der Verfassungsgerichtshof ist in VfSlg. 10764/1986 - unter Hinweis auf Vorjudikatur (VfSlg. 8674/1979) - davon ausgegangen, daß die Annahme, eine Hofstelle von etwa 1,7 ha und 9 ha Alpenweidefläche entspreche nicht den grundverkehrsgesetzlich geforderten Voraussetzungen, nicht abwegig ist.
6. Die behauptete Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt demnach nicht vor.
7. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewandten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinem Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. etwa VfSlg. 13419/1993, 14408/1996, 15493/1999).
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
8. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches, SelbstbewirtschaftungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1672.1998Dokumentnummer
JFT_09989774_98B01672_00