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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des P, geboren 1949, vertreten durch Dr. Alfred Daljevec, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 23-25, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. Juni 2001, Zl. SD 919/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 21. Juni 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 8 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Bereits am 28. Jänner 1999 sei der Beschwerdeführer von Beamten der Bundespolizeidirektion Wien auf einer Baustelle in Wien beim Wegräumen von Schutt betreten und wegen des Verdachtes des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet gemäß § 110 Abs. 3 FrG festgenommen worden. Schon damals habe der Beschwerdeführer behauptet, für den Zeugen P. unentgeltlich zu arbeiten. P. habe damals angegeben, dass ihm der Beschwerdeführer von seiner Nachbarin als "williger Abnehmer seines Gerümpels vermittelt" worden wäre und dieser sich dafür "Küchenteile" hätte behalten dürfen. Damals sei den Angaben des Beschwerdeführers Glauben geschenkt worden.
Am 31. Oktober 2000 sei der Beschwerdeführer neuerlich von Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion Wien bei der Ausübung einer Beschäftigung betreten worden. Er sei von den Beamten beobachtet worden, wie er in Wien in der Kleingartenanlage B. Maurerhilfsarbeiten ausgeführt habe, indem er Baumaterialien zur bzw. von der dort befindlichen Baustelle transportiert habe. Der Beschwerdeführer habe Arbeitskleidung getragen. Seine Privatkleidung habe er im Keller des dortigen Rohbaus deponiert gehabt. Für die Durchführung der gewerblichen Tätigkeiten an dieser Baustelle sei die Pa. GesmbH zuständig gewesen. Deren Geschäftsführer (Markus T.) habe das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Beschwerdeführer und der Pa. GesmbH bestritten.
Der Beschwerdeführer habe sich damit gerechtfertigt, dass er nur einem Freund (nämlich dem bereits im Jänner 1999 involvierten P.) geholfen hätte. Er wäre von P. benachrichtigt worden, dass er wieder eine Küche abholen könnte. Deshalb hätte er auf der Baustelle gearbeitet. Im Anschluss daran hätte er die Küche von einer ihm nicht bekannten Adresse abholen sollen.
P. habe bei der - im Anschluss an die Ersteinvernahme des Beschwerdeführers vom 31. Oktober 2000 durchgeführten - telefonischen Befragung durch die Erstbehörde angegeben, dass er der Eigentümer des Baugrundstücks wäre und der Beschwerdeführer für ihn eine "größere Plane" als Gegenleistung für die Überlassung von "alten Küchenkasterln" abgeladen hätte.
Das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten habe mit Schreiben vom 6. November 2000 bestätigt, dass es sich bei den ausgeführten Tätigkeiten des Beschwerdeführers um eine nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bewilligungspflichtige Beschäftigung gehandelt hätte. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 30. Mai 2001 habe das Arbeitsinspektorat ausgeführt, dass der Beschwerdeführer auf Grund des als erwiesenen angenommenen Sachverhalts gemäß § 29 AuslBG einen Entgeltanspruch hätte und somit jedenfalls eine entgeltliche Tätigkeit vorläge, unabhängig davon, ob dabei eine Küche in Aussicht gestellt bzw. gefordert worden wäre oder ob der Beschwerdeführer diese erhalten hätte.
Zwischen dem Beschwerdeführer und P. sei ein Beschäftigungsverhältnis zu Stande gekommen, in dessen Rahmen der Beschwerdeführer Bauhilfsarbeiten inklusive das Abladen einer Plane verrichtet habe. Die vereinbarte Gegenleistung habe aus dem Überlassen einer (alten) Küche bestanden. Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 iVm Abs. 4 FrG sei erfüllt. Im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Arbeitsmarktes, das der Beschwerdeführer durch sein Fehlverhalten beeinträchtigt habe und dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zukomme, seien die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch im Grund des § 36 Abs. 1 FrG gegeben. Auf Grund des Nichtbestehens eines Wohnsitzes im Bundesgebiet und des äußerst kurzen inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers sei eine Prüfung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes nach § 37 FrG nicht vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund und in Ermangelung besonderer, zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der belangten Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können. Ein Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit könne nicht vor Verstreichen der festgesetzten Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann ein Aufenthaltsverbot gegen einen Fremden erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.
Gemäß § 36 Abs. 2 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 8) von einem Organ der Arbeitsinspektorate, der regionalen Geschäftsstellen oder der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen. Gemäß § 36 Abs. 4 leg. cit. kommt einer Betretung gemäß Abs. 2 Z. 8 die Mitteilung eines Arbeitsinspektorates oder einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Unzulässigkeit der Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gleich, sofern der Fremde bei dieser Beschäftigung von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten worden ist.
2.1. Die Beschwerde bekämpft die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer Arbeitskleidung getragen habe und seine Privatkleidung im Keller des Rohbaus aufbewahrt habe, komme keinerlei entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Es habe kein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Ausladen der Gummimatte auf der Baustelle und der unentgeltlichen Überlassung von Küchenkästchen bestanden. Die Überlassung der Küchenmöbel habe "lediglich den äußeren Anlass für meinen Aufenthalt in Österreich und nicht für die unvorhergesehenen Hilfsdienste beim Ausladen der Gummimatte" gebildet. Zwischen der Abholung der Küchenkästchen und dem Transport und dem Abladen der Gummimatte habe kein Zusammenhang bestanden. Die daraus abgeleitete Entgeltlichkeit seiner Hilfsdienste sei eine unzulässige Fiktion.
2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die belangte Behörde hat ihre Auffassung, dass der Beschwerdeführer am 31. Oktober 2000 für P. Maurerhilfsarbeiten ausführte, indem er Baumaterialien (inklusive einer Plane) zur bzw. von der dort befindlichen Baustelle transportierte, in erster Linie auf die Wiedergabe der dienstlichen Wahrnehmung von Sicherheitswachebeamten in der Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 31. Oktober 2000 gestützt. Den widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers schenkte sie keinen Glauben. Hatte dieser am 31. Oktober 2000 seine Tätigkeit (Arbeit auf der Baustelle) noch damit erklärt, nur einem Freund zu helfen bzw. "wieder eine Küche abholen" zu können, so hat er in seiner Einvernahme vom 3. November 2000 angegeben, keine Baumaterialien, sondern "alte Reifen" getragen zu haben. Der Zeuge P. (Arbeitgeber des Beschwerdeführers) hat in nochmaligem Widerspruch dazu behauptet, der Beschwerdeführer habe (nur) eine "Plane" bzw. "Gummimatte" getragen. Ferner würdigte die belangte Behörde den Umstand, dass sich die Privatkleider des Beschwerdeführers im Keller der Baustelle befunden haben.
Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um deren Schlüssigkeit - also die Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut - oder darum handelt, ob die gewürdigten Beweise in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Das Vorbringen des Beschwerdeführers erweckt keine Bedenken gegen die Beweiswürdigung durch die belangte Behörde, zumal der Beschwerdeführer schon ein Jahr zuvor durch Schuttarbeiten für den Zeugen P. tätig geworden ist. Wenn die belangte Behörde daher auf Grund der im angefochtenen Bescheid angeführten Ermittlungsergebnisse und Erwägungen in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise zur Auffassung gelangt ist, dass der Beschwerdeführer die in Rede stehenden Bauhilfsarbeiten bzw. Transportarbeiten für den Zeugen P. erbracht und mit diesem vereinbart hat, dass ihm dafür (als Entgelt) eine gebrauchte Küche übergeben werden soll, so ist dies vom Verwaltungsgerichtshof in den Grenzen seiner Prüfungsbefugnis nicht zu beanstanden.
2.3. Mangelhaft soll das Verfahren geblieben sein, weil die belangte Behörde den Geschäftsführer der an der Baustelle des Zeugen P. tätigen Pa. GesmbH, Markus T., sowie den (ebenfalls an der Baustelle tätigen) Bauarbeiter Muamer R. nicht vernommen habe. Die Einvernahme dieser Zeugen hatte der Beschwerdeführer in seiner Berufung zum Beweis dafür beantragt, dass er "lediglich als Besucher und vollkommen legal in Österreich anwesend war und keine bewilligungspflichtige Arbeitstätigkeit entfaltet hat". Die belangte Behörde hat von der Einvernahme dieser Zeugen mit der Begründung Abstand genommen, dass der Beschwerdeführer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu der an der Baustelle tätigen Pa. GesmbH gestanden sei. Darüber hinaus könnten Zeugen nur über Tatsachen (und nicht über die Rechtsfrage einer "bewilligungspflichtigen Arbeitstätigkeit") aussagen.
Die Beschwerde begründet die Notwendigkeit der Vernehmung des Zeugen Markus T. damit, dass eine Baustelle als organisierte Arbeitsstelle von dem koordinierten Zusammenwirken aller beteiligten Personen, einschließlich der Bauhilfsarbeiter, abhängig sei. Daher wäre für die ordnungsgemäße Durchführung der Bauarbeiten auch die organisatorische Eingliederung der Hilfsarbeiter erforderlich. Mangels irgendeiner Absprache habe jedoch keine Eingliederung des Beschwerdeführers in die Pa. GesmbH stattgefunden. Daher könne die Verrichtung von Bauhilfsarbeiten ausgeschlossen werden.
Bei diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass nach den insoweit nicht bestrittenen Feststellungen als Arbeitgeber nicht die Pa. GesmbH aufgetreten ist, sondern P. Der Frage einer allfälligen organisatorischen Einbindung des Beschwerdeführers in das Unternehmen der Pa. GesmbH kommt daher für das vorliegende Verfahren ebenso wenig Bedeutung zu wie dem Zeugen Muamar R., der nach dem Vorbringen in der Beschwerde "auf Grund persönlicher Wahrnehmungen Auskunft darüber hätte geben können, dass im Zuge des Bauvorhabens keine Gummimatten benötigt wurden".
3. Es liegen auch nicht bloße Gefälligkeitsdienste vor. Als solche könnten nur kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und den Leistungsberechtigten erbracht werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0266, mwN). Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an der Unentgeltlichkeit und an spezifischen Bindungen zwischen dem Beschwerdeführer und P, die derartige Gefälligkeitsdienste erklärlich machen würden. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer schon einmal im Jänner 1999 dabei angetroffen wurde, wie er in verschmutzter Arbeitskleidung für P. Schuttarbeiten durchgeführt hatte.
4. Da der Beschwerdeführer von Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion Wien bei einer Beschäftigung betreten wurde, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen, was das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten am 6. November 2000 unter konkreter Bezugnahme auf den vorliegenden Sachverhalt (vgl. zu diesem Erfordernis das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2000/18/0127) bestätigte, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 iVm Abs. 4 FrG verwirklicht sei, keinen Bedenken.
5. Die weitere Auffassung der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, kann angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Schwarzarbeit (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. März 2004, Zl. 2004/18/0040) nicht als rechtswidrig erkannt werden.
6. Gegen die unbekämpft gebliebene Annahme der belangten Behörde, dass auf Grund des Nichtbestehens eines Wohnsitzes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, seines äußerst kurzen (und bereits wieder beendeten) inländischen Aufenthaltes seit dem 29. Oktober 2000 und seiner fehlenden familiären Bindungen (die Familie des Beschwerdeführers lebt in Rumänien) das Aufenthaltsverbot auch im Licht des § 37 FrG zulässig sei, bestehen keine Bedenken.
7. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
8. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. September 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001180157.X00Im RIS seit
18.11.2004