TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/28 2004/18/0281

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Veröffentlicht am 28.09.2004
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
72/01 Hochschulorganisation;

Norm

FrG 1997 §12 Abs2b;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
MRK Art8 Abs2;
UniversitätsG 2002 §75 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des A, geboren 1979, vertreten durch Mag. Dr. Peter Hombauer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weyrgasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 28. Juli 2004, Zl. St 322/03, betreffend Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Fremdengesetz 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 28. Juli 2004 wurde der Beschwerdeführer, ein türkisches Staatsangehöriger, gemäß §§ 12 Abs. 2b, 34 Abs. 1 Z. 2 und 37 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Dem Beschwerdeführer sei am 26. Juni 2001 eine Erstaufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Student" erteilt worden. Der bisher letzte Aufenthaltstitel für diesen Zweck sei am 14. Dezember 2002 abgelaufen. Am 10. Dezember 2002 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels zu diesem Zweck gestellt. Im Zug des daraufhin eingeleiteten Verfahrens sei er mehrmals aufgefordert worden, den erforderlichen Nachweis des Studienerfolges (Mittelstufe II), welcher Voraussetzung für die Zulassung als ordentlicher Studierender sei, beizubringen. Dieser Nachweis sei vom Beschwerdeführer nicht erbracht worden. Eine Zulassung für das vom Beschwerdeführer angestrebte Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, setze voraus, dass der Student den in Deutscher Sprache gehaltenen Lehrveranstaltungen folgen könne. Dies sei beim Beschwerdeführer trotz der bisherigen Aufenthaltsdauer zum alleinigen Zweck des Studiums nicht gegeben. In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer in Aussicht gestellt, die Abschlussprüfung für Deutsch als Fremdsprache (Mittelstufe) Ende Jänner 2004 zu absolvieren. Weiters habe er vorgebracht, an "familiärem Mittelmeerfieber" erkrankt zu sein, was erhebliche Fehlzeiten bedingen würde. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass er im Zeitraum von 1. Oktober 2001 bis 15. März 2003 lediglich 45 Werktage im Spital verbracht habe. Wenngleich diese Erkrankung ein gewisses Handicap darstelle, sei der mangelnde Studienerfolg auch auf mangelnden Fleiß zurückzuführen. Dafür spreche auch die Tatsache, dass mit dem Beschwerdeführer anlässlich seiner Vorsprachen bei der Erstbehörde eine Verständigung in deutscher Sprache nur sehr schwer möglich gewesen sei. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen betreffend seine Erkrankung seien dem Amtsarzt vorgelegt worden. Dieser habe sich gutachterlich dahin geäußert, dass die Erkrankung kein grundsätzliches Hindernis für ein erfolgreiches Studium darstelle.

In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer u.a. darauf hingewiesen, dass er auf Grund seiner Krankheit nicht nur während der Spitalsaufenthalte sondern auch an anderen Tagen am Studium gehindert gewesen wäre. Weiters habe er geltend gemacht, nach dem Tod seines Vaters in der Türkei bei seinem Bruder und dessen Familie gelebt zu haben. Im Jahr 1992 wäre der Bruder nach Österreich emigriert. Nach dem Abschluss des Gymnasiums in der Türkei wäre der Beschwerdeführer zu seinem Bruder gezogen, mit dem er im gemeinsamen Haushalt lebte.

Zweifellos seien die Krankheit des Beschwerdeführers und die dadurch bedingten Krankenhausaufenthalte bei der Beurteilung des Studienerfolgs zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer habe aber noch nicht einmal die Voraussetzungen für die Zulassung als ordentlicher Studierender erfüllt. Selbst wenn man ihm außer den insgesamt 45 Tagen Spitalsaufenthalt auch weitere Krankheitstage vor und nach den Spitalsaufenthalten zugute hielte, hätte er genügend Zeit gehabt, um entsprechende Studiennachweise zu erbringen. Überdies habe der Beschwerdeführer während des bereits ein halbes Jahr dauernden Berufungsverfahrens keinerlei Studiennachweise vorgelegt. Er habe auch nicht vorgebracht, während dieses halben Jahres weiterhin durch seine Krankheit behindert gewesen zu sein. Die Erstbehörde sei daher zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass es dem Beschwerdeführer an Fleiß und Ergeiz mangle. Es seien daher keine unabwendbaren oder unvorhersehbaren Gründe für den mangelnden Studienerfolg, die der Einflusssphäre des Beschwerdeführers entzogen seien, gegeben. Diesbezüglich werde auf die Stellungnahme des Amtsarztes verwiesen, wonach keine Studiumsunfähigkeit vorliege.

Da der Bruder des Beschwerdeführers mit seiner Familie in Österreich lebe, sei die Ausweisung mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch notwendig, um die Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenrechts aufrecht zu erhalten, zumal ein Aufenthaltstitel für den Zweck des Studiums nicht dazu missbraucht werden dürfe, als "Eingangstor" nach Österreich zu dienen. Ein derartiger Aufenthaltstitel sei vielmehr nur für jene vorgesehen, die ein Studium mit dem nötigen Fleiß und Ergeiz betrieben.

Von der Ermessensbestimmung des § 34 Abs. 1 FrG sei insofern zu Lasten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen gewesen, als bei Vorliegen des Versagungsgrundes gemäß § 12 Abs. 2b FrG doch eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bzw. eines geordneten Fremdenwesens gegeben sei. Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer auch während des Berufungsverfahrens keinerlei Anstrengungen dahin unternommen habe, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu erfüllen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 34 Abs. 1 FrG können Fremde, die sich während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn (Z. 2) der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht.

Gemäß § 12 Abs. 2b FrG kann die Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis für einen ausschließlich dem Zweck eines Studiums dienenden Aufenthalt versagt werden, wenn der Betroffene über keinen Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 UG 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, verfügt. Die Behörde hat dabei jedenfalls auf Gründe, die der Einflusssphäre des Betroffenen entzogen oder unabwendbar oder unvorhersehbar sind, Bedacht zu nehmen.

Die Universität hat gemäß § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 (UG), einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (acht Semesterstunden) abgelegt hat.

2.1. Nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde hält sich der Beschwerdeführer seit Juni 2001 in Österreich auf. Er verfügte bisher über Aufenthaltserlaubnisse zum ausschließlichen Zweck des Studiums, wobei der zuletzt erteilte Titel bis 14. Dezember 2002 gültig war. Er konnte jedoch bisher keinen Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 UG erbringen und hat noch nicht einmal die ihm für den Erwerb des Status eines ordentlichen Studierenden vorgeschriebene Ergänzungsprüfung aus Deutsch abgelegt.

Auf Grund dieser Umstände kann die Behörde gemäß § 12 Abs. 2b FrG die begehrte Aufenthaltserlaubnis zum ausschließlichen Zweck des Studiums versagen, wobei sie jedenfalls auf Gründe, die der Einflusssphäre des Betroffenen entzogen oder unabwendbar oder unvorhersehbar sind, Bedacht zu nehmen hat.

2.2. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren geltend gemacht, wegen der Erkrankung "an familiärem Mittelmeerfieber" am zügigen Studium gehindert geworden zu sein. Damit hat er sich auf Gründe berufen, die seiner Einflusssphäre entzogen bzw. unabwendbar sind.

Die belangte Behörde hat dazu festgestellt, dass der Beschwerdeführer auf Grund der genannten Krankheit über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren 45 Tage im Spital verbracht habe. Sie vertrat unter Berufung auf ein amtsärztliches Gutachten die Ansicht, dass diese Krankheit auch unter Berücksichtigung von zusätzlichen Zeiträumen, die der Beschwerdeführer in häuslicher Pflege verbringen habe müssen, keinen Grund für das gänzliche Fehlen eines Studienerfolges darstelle. Überdies habe der Beschwerdeführer während des ein halbes Jahr dauernden Berufungsverfahrens ebenfalls keine Prüfung abgelegt, wobei er für diesen Zeitraum keine Hinderung durch Krankheit geltend gemacht habe.

Die bloße Wiederholung des Vorbringens, wonach der Beschwerdeführer - der "Opfer einer strengen Fremdenpolitik" geworden sei - auf Grund seiner Krankenhausaufenthalte und "häuslichen Aufenthalte" am Studium gehindert worden sei, stellt keine konkrete Bekämpfung der behördlichen Feststellungen dar.

2.3. Dem Beschwerdeführer ist es in den sechs Semestern seit seiner Einreise im Juni 2001 noch nicht einmal gelungen, die ihm vorgeschriebene Ergänzungsprüfung für die Zulassung als ordentlicher Studierender zu absolvieren. Für keines der bisherigen drei Studienjahre konnte er einen Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 UG erbringen. Die Krankheit "familiäres Mittelmeerfieber" hat in einem Zeitraum von eineinhalb Jahren Spitalsaufenthalte an 45 Werktagen erfordert, hindert den Beschwerdeführer aber nach dem Gutachten des Amtsarztes nicht gänzlich am Studium. Im vergangenen Semester hat der Beschwerdeführer keine einzige Prüfung abgelegt, wobei er diesbezüglich nicht behauptet hat, durch die Krankheit gehindert gewesen zu sein.

Im Hinblick auf diese Umstände bestehen keine Bedenken dagegen, dass die belangte Behörde nicht zu dem Ergebnis gelangte, einem ausreichenden Studienerfolg stünden Gründe im Sinn von § 12 Abs. 2b zweiter Satz FrG entgegen.

Da somit der Erteilung des begehrten weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht, ist der Tatbestand des § 34 Abs. 1 Z. 2 FrG erfüllt.

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG fällt zu Gunsten des Beschwerdeführers die Haushaltsgemeinschaft mit dem Bruder sowie die Dauer des inländischen Aufenthalts seit Juni 2001, also seit etwas mehr als drei Jahren, ins Gewicht. Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren persönlichen Interessen werden in ihrem Gewicht dadurch entscheidend gemindert, dass dem Beschwerdeführer bisher nur Aufenthaltsberechtigungen zum ausschließlichen Zweck des Studiums erteilt wurden, er aber noch nicht einmal die erforderliche Ergänzungsprüfung über die deutsche Sprache als Voraussetzung für die Zulassung als ordentlicher Studierender abgelegt hat. Die in der Beschwerde vorgebrachte Straffreiheit führt zu keiner Verstärkung seiner persönlichen Interessen.

Den insgesamt nicht schwer wiegenden persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland steht die aus dem Aufenthalt zum ausschließlichen Zweck des Studiums ohne Erbringung eines Studienerfolgs resultierende Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber.

Unter gehöriger Abwägung dieser Umstände ist die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und demnach gemäß § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Angesichts der erheblichen Beeinträchtigung des vorgenannten großen öffentlichen Interesses wiegen die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Es geht somit auch die gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchzuführende Interessenabwägung zu Lasten des Beschwerdeführers aus.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 28. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004180281.X00

Im RIS seit

12.11.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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