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58 Berg- und EnergierechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richterdurch einen Bescheid der Energie-Control Kommission betreffend dieAbweisung des Antrags auf Feststellung des Übergangs derZuständigkeit zur Festsetzung von Ausgleichszahlungen auf denBundesminister für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) infolge Ablaufs derEntscheidungsfrist; keine Zuständigkeit der Energie-ControlKommission nach Aufhebung der Abweisung des Devolutionsantrags durchden VerwaltungsgerichtshofSpruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Energie Ried Gesellschaft mbH brachte eine Beschwerderömisch eins. 1. Die Energie Ried Gesellschaft mbH brachte eine Beschwerde
nach Art144 B-VG gegen den Bescheid der Energie-Control Kommission (im Folgenden: ECK) vom 28. Juni 2006, Z K AGZ 01/05, ein. Dieser Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
2. Die Energie-Control GmbH (im Folgenden: ECG) erließ am 6. Juni 2005 zu Z G AGZ 01/04a einen Bescheid, mit welchem Ausgleichszahlungen, die ab dem 1. November 2003 zu leisten sind, für den Netzbereich Oberösterreich auf den Netzebenen 4 bis 7 im Verhältnis zwischen der Energie AG Oberösterreich, der Wels Strom GmbH, der Energie Ried Gesellschaft mbH und der H und K
K Gesellschaft mbH festgelegt wurden. Unter anderem wurde im Bescheid ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, zu Gunsten der Energie AG Oberösterreich ab dem 1. November 2003 Ausgleichszahlungen von € 1,789.269,29 pro Jahr in monatlichen Teilbeträgen von jeweils € 149.105,77 zu leisten. Die ECG ordnete an, dass diese Verpflichtungen bzw. Berechtigungen jeweils bis zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens bzw. der Novellierung von §17 Z3 lite iVm §19 Abs1 Z4 bis 7 jeweils lite Systemnutzungstarife-Verordnung 2003, womit die Tarife für den Netzbereich Oberösterreich Netzebene 4, 5, 6 und 7 bestimmt werden (§17 Z3 lite Systemnutzungstarife-Verordnung 2003), gelten.K Gesellschaft mbH festgelegt wurden. Unter anderem wurde im Bescheid ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, zu Gunsten der Energie AG Oberösterreich ab dem 1. November 2003 Ausgleichszahlungen von € 1,789.269,29 pro Jahr in monatlichen Teilbeträgen von jeweils € 149.105,77 zu leisten. Die ECG ordnete an, dass diese Verpflichtungen bzw. Berechtigungen jeweils bis zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens bzw. der Novellierung von §17 Z3 lite in Verbindung mit §19 Abs1 Z4 bis 7 jeweils lite Systemnutzungstarife-Verordnung 2003, womit die Tarife für den Netzbereich Oberösterreich Netzebene 4, 5, 6 und 7 bestimmt werden (§17 Z3 lite Systemnutzungstarife-Verordnung 2003), gelten.
3. Bereits am 30. März 2005 hatte die Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag gestellt, mit dem sie den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (im Folgenden: BMWA) als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde begehrte. Der BMWA wies den Devolutionsantrag mit Bescheid vom 3. Juni 2005 ab. Dieser abweisende Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. März 2006, Z2005/05/0247, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
4. Gegen den Bescheid der ECG vom 6. Juni 2005 erhoben die Wels Strom GmbH und die Beschwerdeführerin Berufung an die ECK. Im Hinblick auf das beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Verfahren setzte die belangte Behörde mit Bescheid vom 16. November 2005 zunächst das Verfahren gemäß §38 AVG aus, setzte es aber nach Mitteilung über das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs fort.
5. Am 28. Juni 2006 erließ die ECK einen Bescheid, mit welchem der Antrag auf Feststellung, dass die Zuständigkeit zur Festsetzung der Ausgleichszahlungen für den relevanten Zeitraum auf den BMWA übergegangen sei, abgewiesen wurde und mit welchem die Spruchpunkte 1 bis 3 des Bescheids der ECG insoweit abgeändert wurden, dass statt der Energie AG Oberösterreich deren Rechtsnachfolgerin Energie AG Oberösterreich Netz GmbH Ausgleichszahlungs-Empfängerin bzw. -Schuldnerin ist.
6. Zur Zuständigkeit der ECG zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides führt die belangte Behörde aus,
"..., dass der BMWA mit seinem Bescheid vom 3. Juni 2005 über den Devolutionsantrag der Zweitberufungswerberin entschieden hat und diesen abwies. Mit Rechtskraft dieser Entscheidung ist die Zuständigkeit zur Sachentscheidung wieder auf die Unterbehörde übergegangen. Daran konnte auch die nachträgliche Aufhebung des Bescheids des BMWA durch den VwGH nichts ändern (vgl. etwa VwGH v 16.11.1998, Zl 97/10/0203 mwN). Die Energie-Control GmbH war daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids zuständig, die Ausgleichszahlungen festzulegen." "..., dass der BMWA mit seinem Bescheid vom 3. Juni 2005 über den Devolutionsantrag der Zweitberufungswerberin entschieden hat und diesen abwies. Mit Rechtskraft dieser Entscheidung ist die Zuständigkeit zur Sachentscheidung wieder auf die Unterbehörde übergegangen. Daran konnte auch die nachträgliche Aufhebung des Bescheids des BMWA durch den VwGH nichts ändern vergleiche etwa VwGH v 16.11.1998, Zl 97/10/0203 mwN). Die Energie-Control GmbH war daher im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids zuständig, die Ausgleichszahlungen festzulegen."
II. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:römisch II. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. §§12, 16 Abs3 und 30 des Bundesgesetzes über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitäts- und Erdgasbereich und die Errichtung der Energie-Control GmbH und der Energie-Control Kommission (Energie-Regulierungsbehördengesetz - E-RBG), BGBl. I 121/2000 idgF, lauten: 1. §§12, 16 Abs3 und 30 des Bundesgesetzes über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitäts- und Erdgasbereich und die Errichtung der Energie-Control GmbH und der Energie-Control Kommission (Energie-Regulierungsbehördengesetz - E-RBG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 121 aus 2000, idgF, lauten:
"Organisatorische Abwicklung von Ausgleichszahlungen zwischen
Netzbetreibern
§12. (1) Die Energie-Control GmbH hat die Aufgabe, die Höhe der auf Grund der Zusammenfassung von Netzen unterschiedlicher Eigentümer sich ergebenden Ausgleichszahlungen mit Bescheid festzustellen.
Aufgaben der Energie-Control Kommission
§16.
[...]
[...]
Vollziehung
§30. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich
"Entscheidungspflicht
§73.
[...]
[...]"
III. 1. Die Beschwerdeführerin macht die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend und führt hiezu aus, dass die belangte Behörde unzuständig sei, weil - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 17. März 2006 entschieden habe - die Zuständigkeit zur Entscheidung auf den BMWA übergegangen sei.römisch III. 1. Die Beschwerdeführerin macht die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend und führt hiezu aus, dass die belangte Behörde unzuständig sei, weil - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 17. März 2006 entschieden habe - die Zuständigkeit zur Entscheidung auf den BMWA übergegangen sei.
2. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie zur Frage des Übergangs der Entscheidungsbefugnis wie folgt Stellung nimmt:
Der Bescheid erster Instanz gelte in dem Zeitpunkt als erlassen, in dem die Zustellung an die Partei erfolgte, somit am 8. Juni 2005. Da der abweisende Bescheid des BMWA am 7. Juni 2005 zugestellt worden sei, sei damit die Zuständigkeit mit diesem Tage wieder auf die ECG übergegangen. Daran könne auch die nachträgliche Aufhebung des Bescheides des BMWA durch den Verwaltungsgerichtshof nichts mehr ändern.
3. Die beteiligte Partei Energie AG Oberösterreich Netz GmbH erstattete eine Äußerung, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt.
4. Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift der belangten Behörde.
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:römisch IV. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).
2. Gemäß §73 Abs2 AVG geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit nach Ablauf der Entscheidungsfrist auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Der BMWA ist sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (VwGH 17.3.2006, Z2005/05/0247). Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem zitierten Erkenntnis den Bescheid des BMWA, mit dem dieser den Devolutionsantrag abwies, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Damit befindet sich das Verfahren wieder im Stadium vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides (§42 Abs3 VwGG). Die ECG war auf Grund des Devolutionsantrags zur Entscheidung nicht zuständig; zuständig zur Erlassung des Ausgleichszahlungsbescheides ist vielmehr der BMWA.
Da die belangte Behörde verkannt hat, dass die erstinstanzliche Behörde unzuständig war und sie den Bescheid der ECG aus diesem Grund aufheben hätte müssen, statt in der Sache selbst zu entscheiden, hat sie das Recht der beschwerdeführenden Partei auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie eine Eingabengebühr in der Höhe von € 180,-- enthalten.
Schlagworte
Devolution, Behördenzuständigkeit, Säumnis, Verwaltungsverfahren,Entscheidungspflicht, Energierecht, ElektrizitätswesenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:B1467.2006Zuletzt aktualisiert am
18.08.2010